Was ist nur mit Lukas los?

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Was ist nur mit Lukas los?
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Was ist nur mit Lukas los?

Margot H. Weiß

WAS IST NUR MIT LUKAS LOS?

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2012

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche

Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.dnb.de abrufbar.

Copyright (2012) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Coverfoto © Fotolia Mic-03 - Fotolia.com

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

Inhaltsverzeichnis

Die schönste Straße der Stadt

Ngan

Die Abschiedsfeier

Eine schwere Zeit für Ngan

Lukas, der Tischtennismeister

Kim

So eine Blamage!

Lukas benimmt sich komisch

Wo ist Fidschiland?

In der 5a

Wo ist Kims Wörterbuch?

Training für den Wettbewerb

Die Tennismeisterschaft

Weihnachtszeit

Kein Fidschiland in Asien

Das riesige Reiskorn

Die Amseln sind Frühaufsteher. Es war 4.00 Uhr, als Sara von der Amsel, die da irgendwo im Park auf einem hohen Baum saß, geweckt wurde. Sara ärgerte sich nicht wegen dieser frühen Zeit. Sie hatte Ferien. Dieser Gedanke gab ihr ein unbeschreiblich gutes Gefühl. Sie wusste, sie könnte jederzeit wieder unbesorgt einschlafen, brauchte keine Angst zu haben, die Zeit zu verpassen. Der Wecker zeigte off, auch er hatte Ferien. Bevor die Eltern mit dem Auto zur Arbeit fuhren, frühstückten sie so leise in der Küche, dass Sara nichts hörte. Sie gönnten ihr den Ferienschlaf. In der Schulzeit mahnte täglich der Wecker 6.00 Uhr. Das musste ja in den Ferien nicht sein. Die Amsel wusste von diesen Menschenproblemen nichts. Sie hatte ihre eigenen Sorgen. Da waren in der alten Spechthöhle der riesigen Trauerweide, die auf der Wiese im Hof des Wohnhauses stand, sechs hungrige Amseljunge zu versorgen. Sie bettelten piepsschreiend, wenn Vater oder Mutter Amsel mit einem Wurm im Schnabel in das kreisrunde Einflugsloch am dicken Seitenast schlüpften. Aber ein Wurm reicht nur für einen geöffneten Schnabel. Da muss man wohl schon sehr frühzeitig mit der Arbeit beginnen, um die kleine gierige Brut satt zu bekommen. Und spätabends, so gegen halb neun, flogen sie immer noch, beobachtete Sara einmal staunend. Sie lächelte vor sich hin, als ihr diese Gedanken kamen. Mit seinem schönen Lied wollte nun sicher der Herr Papa stolz allen Amseln im Umkreis anzeigen, dass er Nachwuchs zu versorgen hätte und gleich würde es losgehen mit der Nahrungsbeschaffung. Nur noch ein Lied. Ein wunderschönes Lied.

‚Eigentlich müssten wir das von diesem kleinen wundersamen Geschöpf lernen’, dachte Sara. Fröhlich den Tag beginnen, nicht ärgerlich, miesepetrig, wie man das halt als Mensch manchmal so macht. Ihr war der Tag schon morgens vergällt, wenn Minus, der Mathelehrer eine Arbeit angekündigt hatte. Mathe war nicht so ihr Ding. Nein, fröhlich mit einem Lied in den Tag gehen, so wie die kleine Amsel, dann wären bei der Mathearbeit vielleicht nicht diese lähmenden Angstgedanken, es könnte ja eventuell schief gehen, die logischerweise beim Denken störten. Mit einem Lied singt man sich vielleicht den Kopf frei.

Nun war die Amsel wieder ruhig, und Sara dachte daran, dass sie in ein paar Tagen mit den Eltern an die Ostsee fahren würde, an den Darß nach Ahrenshoop. Seit sie vor ein paar Jahren die nette alte Frau Sonntag kennenlernten, die seit dem Tod ihres Mannes ständig eine Wohnung ihres Hauses an Urlauber vermietete, fuhren sie regelmäßig in Saras Ferien nach Ahrenshoop.

„Ist das nicht langweilig?“, fragte einmal Theresa, ihreTischnachbarin in der Klasse.

Langweilig? Das hatte Sara noch nie empfunden. Sie freute sich jedes Jahr auf die Ferien in dem alten Haus mit dem Reed gedeckten Dach, das mitten in einem Meer von herrlich duftenden lila Apfelrosen lag. Von der Eingangspforte des Gartens bis zum Haus gab es nur einen engen Gehweg. Wenn ihn Frau Sonntag nicht ständig beschneiden würde, wäre auch er wohl bald von diesen Rosen überwuchert.

„Ein kleines Dornröschenschloss“, sagte Sara, als sie das Haus zum ersten Mal sah, verbesserte sich aber sofort, „na ja nicht echt, es sind ja keine Kletterrosen wie in dem Märchen, und ein Schloss ist es auch nicht gerade, aber schön trotzdem. Das waren doch Kletterrosen im Dornröschen?“

„Ich denke schon“, sagte die Mutter, „aber wunderschön ist dieses Häuschen allemal.“

Sie pflückte eine lila Blüte und roch daran.

„Was für ein Duft!“

Dann kam sie ihnen entgegen, diese ältere Frau Sonntag, freundlich, mit vielen Lachfalten, kurzen grauen Haaren und braungetönter Haut von der Ostseesonne. Sie wussten sofort, das wars, was sie brauchten. Keine kalte, wenn auch schöne Schlossfassade, kein besonderes Ambiente in einem komfortablen Hotel, ein ganz altes, einfaches reedgedecktes Haus inmitten von herrlicher Natur, von Leben erfüllt durch einen fröhlichen, guten Menschen, der sie herzlich willkommen hieß. Sara erinnerte sich an den Begrüßungstee aus Kräutern, auf dem vor dem Abgießen lila Rosenblätter schwammen, sodass auch der Tee in den Tassen duftete. Dazu reichte Frau Sonntag selbstgemachten Sanddornsirup zum Süßen.

„Sanddornfrüchte sind etwas ganz Gesundes durch den hohen Gehalt an Vitamin C. Im September, wenn die Früchte reifen, sammle ich soviel, dass der Sirup, denn ich daraus herstelle, ein Jahr für meinen Tee reicht.“

Der Tee schmeckte Sara und ihren Eltern köstlich. Die Zimmer waren klein, sparsam mit den notwendigen Möbeln eingerichtet, alt wie das Haus. Sara bekam eine winzige schräge Bodenkammer mit einem kleinen Dachfenster direkt unter dem Reeddach. Wenn sie durch das Fenster sah, konnte sie über den Apfelrosengarten blicken, über die Landstraße, die vor dem Grundstück vorbeizog, sogar über den Damm, auf dem an manchen Tagen eine Schafsherde weidete und weit, weit hinten war das Meer zu entdecken. Dabei war es eigentlich ziemlich nah. Ein Stück hinter dem Damm war eine dichtbewachsene Böschung mit Sanddorn und Apfelrosen, dann begannen schon die mit Schilfgras bewachsenen Dünen, die nicht betreten werden durften, um den Bewuchs nicht zu zerstören, der so wichtig gegen die Hochwassergefahr ist. Schilder wiesen auf die dazwischen liegenden Wege zum Strand hin, in denen man mit den nackten Füßen in dem feinen Ostseesand versank und nur langsam vorankam.

Der alte dunkelgrüne Bauernschrank, der die ganze Wandbreite einnahm, hatte gemalte Blumenornamente auf seinen Türen. Sara schienen es wieder diese Apfelrosen zu sein. Neben dem Bett mit den verschnörkelten Holzbeinen ein kleines Nachttischchen, das Sara gleich mit ihren wichtigsten Dingen wie dem Tagebuch füllte, dann ein Regal mit den gleichen Schnörkelbeinen wie das Bett und prall gefüllt mit Büchern, meist wohl aus der Kinder- und Jugendzeit von Frau Sonntag oder vielleicht gar von deren Mutter, denn die wohnte auch schon in diesem Haus. Sara blätterte gleich in einigen Büchern. Sie las viel. Aller vierzehn Tage holte sie sich aus der Bibliothek einige Bücher.

„Meine kleine Leseratte“, nannte sie der Vater manchmal. Und wenn sie sich abends im Bett den Schlaf fortlas: „Nun ist es aber genug, meine Leseratte.“

Dann bekam sie noch einen Kuss auf die Stirn, legte das Lesezeichen zwischen die Seiten und klappte seufzend das Buch zu.

„Schade.“

Am liebsten mochte sie Geschichten, die von früheren Zeiten erzählten. Dann war sie mittendrin in diesen Jahrhunderten, fieberte mit den kleinen Helden der jeweiligen Epoche, und hätte ihnen gar zu gern bei ihren Entscheidungen mit ihrem heutigen Wissen geholfen. Aber sie wusste, solche Überlegungen waren falsch. Viele Erkenntnisse gab es damals noch nicht, und so waren die Handlungen der Menschen nur nachvollziehbar aus ihrer Zeit heraus. Was sich jedoch immer gleichte, waren die verschiedensten Seiten des Menschen. Seit Jahrtausenden gab es das Gute und das Böse, und das nicht nur schwarz und weiß, sondern in allen Facetten. Schon die uralten Märchen berichten davon. Da gab es stets hilfsbereite Menschen, egal ob arm oder reich. Stets gab es Mut, Feigheit, Falschheit, Hinterlistigkeit, und vieles entstand aus Neid und Hass oder Machtgierigkeit. Aber musste denn das immer so sein? Aus jedem Märchen, egal aus welchem Land, welches Volk es sich erzählt, spricht doch die Sehnsucht der Menschen nach Gerechtigkeit, nach dem Guten. Das Gute muss siegen. Sara überlegte, wie es wäre, wenn die böse Königin im Märchen „Die sieben Zwerge“ die Könistochter wirklich getötet hätte. Nein, das ginge nicht, da würde sich wohl jeder im Innersten auflehnen.

 

Als sie einmal mit Oma Doris darüber sprach, meinte diese: „In einem Volksmärchen wirst du immer die Sehnsucht der Menschen nach dem Guten finden.“

Oma Doris war die Mutter von Saras Vati . Sie las selbst viel, mit ihr konnte Sara über so etwas nachdenken.

„Hans Christian Andersen, der große schwedische Dichter, hat sein bekanntes Märchen von der kleinen Seejungfrau einmal anders enden lassen.“

Oma Doris sah Sara gespannt an, denn sie wusste, das war Saras Lieblingsmärchen.

Es war lange her, als Sara das Märchen las, aber es war nicht vergessen. Es lag nur tief verborgen unter anderen wichtigen Erinnerungen. Nun kramte sie es hervor, und ihr wurde bewusst, wie diese kleine Meeresprinzessin ihr selbst ganz nah war, als sie in ihrer großen Liebe zu dem Prinzen ihre wunderbare Stimme opferte und unsägliche Schmerzen für ihn aushielt. Er aber begriff es nicht in seiner Oberflächlichkeit und vergaß sie schnell. Sara las dieses Märchen immer und immer wieder und weinte mit der verlassenen Meeresjungfrau

„Siehst du“, sagte Oma Doris, „du hast geweint. Du wolltest, dass ihr Opfer einen Sinn hat. All das, was die kleine Prinzessin auf sich nahm, durfte doch nicht umsonst sein.“

Sara nickte nachdenklich.

„Im Grunde hast du damit auch diesem Märchen wieder den sehnsuchtsvollen Schluss der Menschheit gegeben: Das Gute muss doch eines Tages die Oberhand gewinnen. Ich denke, Hans Christian Andersen hat das weisheitsvoll genau so gewollt.“

„Aber wenn die Menschen im Grunde ihres Herzens doch eigentlich das Gute wollen, warum setzt es sich denn dann nicht endlich mal durch?“, fragte Sara.

„Tja, etwas wollen ist wohl viel leichter, als dann den Weg dahin zu beschreiten. Aber Wege sind ja nicht immer eben, nicht immer asphaltiert. Da gibt es steinige, sumpfige, ansteigende, abwärtsführende. Da gibt es enge Schluchten und Pisten und die Wüste. Mahatma Gandhi hat gezeigt, wie man gewaltlos etwas erreichen kann. Berühmt geworden ist sein Protestmarsch mit Hunderttausenden zum Meer, um gegen das britische Salzmonopol zu kämpfen. Seine Worte: „Der Weg ist das Ziel“ sind berühmt geworden. Gewaltlos schaffte er es auch, Indien die Unabhängigkeit zu bringen.“

„Christus hat ja auch Gewaltlosigkeit gepredigt“, sagte Sara.

„Und Nächstenliebe. Du sollst sogar die Größe haben, deinen Feind zu lieben. Darauf hat er in seiner Bergpredigt hingewiesen.“

„Oh, dazu gehört aber bestimmt Überwindung.“ Sara dachte an Berthold aus ihrer Klasse, der sich ständig über die Schwächen der anderen lustig machte. „Dieser Berthold in meiner Klasse, das ist zwar kein Feind für mich, aber doch ein sehr unangenehmer Typ und den lieb haben? Also, ich weiß nicht, ob ich das könnte.“ Sara schüttelte zweifelnd den Kopf.

„Vielleicht hat er selbst große Schwächen und will dadurch von ihnen ablenken“, meinte Oma Doris.

„Möglich.“

„Manchmal muss man eben auch die Ursachen kennen, um die Handlung besser zu verstehen.“

Sara sah Berthold vor sich, wie er Theresas Stottern nachäffte, wenn sie aufgeregt war. In ihr regte sich Widerstand. „Aber akzeptieren muss ich nicht immer, was derjenige macht.“

„Blödmann“, hatte sie Berthold mit giftigem Blick zugeraunt und die vor Scham rotgewordene Theresa aus der Klasse geschoben.

„Auf keinen Fall dulden, aber wie macht man es richtig. Dein Wort Blödmann ist ja auch Gewalt, genau wie Bertholds Verspotten“, sagte Oma Doris. „Du vergiltst also Gleiches mit Gleichem. Einer schlägt, der andere schlägt zurück, und plötzlich ist Hass da, und aus Hass wird Krieg. Mit all seinem Leid. Mahatma Gandhi wusste schon, warum er als Hindu auch die Bergpredigt lesen sollte.“

Oma Doris philosophierte gern. Aber sie hatte Recht. Bevor Sara die Klassentür schloss, zischte wie ein Geschoss noch Bertholds Gegenwehr zu ihr: „Alte Giftnudel!“

Sie überlegte. Vielleicht hätte sie besser gar nichts zu Berthold sagen sollen. Und sie malte sich aus, wie verdutzt sein Gesicht dann aussah, richtig doof, und sie musste lachen.

Oma Doris hatte noch eine jüdische Weisheit auf Lager. „Mal sehen, ob ich es noch zusammenkriege.“ Sie biss sich kurz auf die Lippen, schloss für einen Moment die Augen, dann war die Weisheit wieder griffbereit, und sie deklamierte langsam, den Text genau überlegend.

„Achte auf deine Gedanken, denn sie werden deine Worte.

Achte auf deine Worte, denn sie werden deine Taten.

Achte auf deine Taten, denn sie werden dein Schicksal.“

„Das ist gut“, sagte Sara, „das muss ich mir mal aufschreiben.“

Viele Bücher in Frau Sonntags Dachkammer waren schon von der Zeit vergilbt. Plötzlich fand Sara ein Buch und meinte den Titel zu kennen: Heidi. Da kannte sie einige Fernsehfilme. Sie wusste nicht, dass diese Geschichten schon so alt waren. In einem Buch stand die Jahreszahl 1890. Da lebte die Schriftstellerin, diese Johanna Spyri, ja schon vor über hundert Jahren. Ein Name in ordentlicher Schülerschrift stand auch darin, aber Sara konnte ihn nicht lesen; diese Buchstaben kannte sie nicht.

„Das ist deutsche Schrift, Sütterlin“, erklärte Vati und las: „Margarete Radecker“.

„Das war meine Mutter“, erklärte Frau Sonntag, als Sara sie danach fragte.

Einige Tage nach der Ankunft lernte Sara am Strand Wiebke kennen, groß und schlank wie sie selbst, nur dunkelhaarig. Sara war blond. Sie verstanden sich sofort. Darüber hatte sich Sara oft Gedanken gemacht, wie das so ist mit dem Verstehen zwischen den Menschen. Da kennt man einige schon jahrelang, findet sie ganz okey, aber man hat keinerlei innerliche Bindung zu ihnen. Dann sieht man jemanden und fühlt sich zu diesem eigenartigerweise so hingezogen, als hätte er einen bestimmten Magnetismus an sich. Und mit der Liebe scheint es ja ähnlich zu sein.

„Wie war das eigentlich bei euch?“, fragte Sara einmal die Eltern am Abendbrotstisch. „Habt ihr euch gleich gemocht?“

„Na eben“, hakte auch Matthias, Saras Bruder ein. Er war jetzt in der elften Klasse und so ein Thema interessierte ihn natürlich brennend. Matthias war schon öfter mal verliebt gewesen, aber eben nur verliebt, noch nie ernsthaft.

„Wie war das bei euch?“

Die Eltern sahen sich an, lächelten und packten die Erinnerung aus.

„Haben wir uns gleich gemocht?“, fragte Saras Mutti.

„Sofort, als ich dich bei diesem Konzert in der Schlosskirche sah. Neben mir war ein Platz frei, und als du kamst, drängeltest du dich sofort an den besetzten Plätzen vorbei zu mir, als wüsstest du, dass ich den nicht gerade schon für jemanden freihalte.“

Saras Mutti lachte. „Ja, war das so? Das muss irgendwie automatisch gewesen sein. Gedacht habe ich in dem Moment wohl nichts. Der Platz war frei, und ich steuerte ihn an.“

„Aber während des Konzerts haben wir uns öfter ansehen müssen. Das war schon eigenartig“, überlegte Saras Vati.

„Zum Schluss hast du mich dann gefragt, ob wir uns wiedersehen. Ich wusste nicht so recht, was ich sagen sollte und meinte schnell, beim nächsten Konzert.“

„Und ich rannte dann zu jedem Konzert in dieser Schlosskirche!“

Saras Vati versuchte seiner Stimme einen vorwurfsvollen Ton zu geben, musste aber lachen.

„Und ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil mir einfach die Zeit für den Konzertbesuch fehlte. Immer kam etwas dazwischen.“

„Aber beim Schubert-Oktett hat es dann endlich geklappt.“

„Von da an, na ja,“ Saras Mutti zog ein wenig verlegen die Schultern hoch, „wir wussten ganz einfach, wir gehören zusammen. Stimmts?“

Sie sah ihren Mann verliebt an.

„Stimmt“, sagte er und küsste sie.

„Wie ist das eigentlich bei dir, Matze?“, richtete sich Sara an ihren Bruder. Sie nannte ihn immer nur Matze, genau wie seine Freunde.

Er lachte verschmitzt. „Oho, was Schwesterlein alles wissen will!“

„Na, sag schon“, bettelte nun auch die Mutter, neugierig geworden.

„Bei mir hats leider noch nicht so richtig gefunkt“, stellte Matthias klar. „Hab wohl auch gar nicht so echt Zeit dafür.“

„Na warte es nur ab, wenn die Richtige da ist, wirst du schon Zeit haben“, meinte der Vater.

Auch mit Wiebke sprach Sara über dieses wunderbare Phänomen.

Beide saßen unterhalb der Düne und ließen den feinen Sand durch die Zehen rieseln.

„Das ist schon komisch“, sagte Wiebke. „Wir kennen uns ja auch erst ein paar Tage und mir ist, als seist du meine Schwester.“

„Hast du eine Schwester?“

„Nein.“

„Ich auch nicht, aber einen Bruder.“

„Ich bin allein.“

„Na, jetzt hast du ja mich“, sagte Sara.“

„Das ist schön.“ Wiebke lächelte Sara an. Ihre blauen Augen strahlten.

Seltsam, dunkle Haare und blaue Augen, fand Sara. Ihre eigenen Augen hatten so ein Graugrüngemisch, meinte sie jedenfalls im Spiegel zu erkennen.

Sie mochten sich und spürten, dass dies nicht an Äußerlichkeiten lag.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?