Stella - Hart und Zart | Erotischer Roman

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Aus der Reihe: Erotik Romane
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Stella - Hart und Zart | Erotischer Roman
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Stella - Hart und Zart | Erotischer Roman

von Linda May

Linda May hat es sich zur Aufgabe gemacht, erotische Literatur mit viel Gefühl zu schreiben. Erotik in all ihren Facetten nimmt in ihren Büchern einen großen Teil ein, es wird aber immer auch eine Geschichte erzählt. Dabei beschreibt Linda die Charaktere der Protagonisten so, dass im Kopf der Leserin und des Lesers ein Bild entsteht und die Gefühle und das Handeln der Personen nachvollzogen werden können. Eine besondere Rolle spielt Erotik unter Frauen – egal ob zärtlich, dominant oder devot. „Ich freue mich, wenn Ihnen meine Bücher gefallen und Sie mir Anregungen für zukünftige Geschichten schicken. Zögern Sie nicht, mir Ihre Wünsche mitzuteilen – vielleicht lesen Sie in einem der nächsten Bücher ja dann ‚Ihre‘ Geschichte.“

Lektorat: Sabine Wagner

Originalausgabe

© 2018 by blue panther books, Hamburg

All rights reserved

Cover: © sakkmesterke @ shutterstock.com

Umschlaggestaltung: MT Design

ISBN 9783862777747

www.blue-panther-books.de

Der erste Kontakt

Seitdem ich umgezogen war, genoss ich die Ruhe und die Abgeschiedenheit meiner Dachgeschosswohnung. Vom sehr großen Balkon blickte ich über andere Häuser hinweg auf den Park und den äußerst markanten Kirchturm. Vom Schlafzimmerfenster heraus schaute ich auf gegenüberliegende Häuser mit Terrassen und Balkonen, die ungefähr fünfzig Meter Luftlinie entfernt waren.

Ich schenkte diesen Häusern keine Aufmerksamkeit, bis ich zufällig jemand Unbekanntes entdeckte. Vis-à-vis meiner Wohnung befand sich eine Wohnung, die umgebaut wurde und nun über einen eingelassenen Balkon verfügte.

***

Bei schönstem Sommerwetter sah ich dort eine Frau, die sich im Bikini in die Sonne setzte. Sie war hochgewachsen, die brünetten Haare hatte sie hochgesteckt und, soweit es mein Blick zuließ, schien sie vom Alter her vielleicht Anfang/Mitte dreißig zu sein. Leider war die Entfernung so groß, dass ich Details nicht erkennen konnte. Immer wenn sie dort saß oder sich sonst auf dem Balkon bewegte, schaute sie auch zu meinem Fenster. Unsere Blicke trafen sich gewiss, aber leider, ohne es bewusst wahrzunehmen.

***

Eines Tages stand sie auf ihrem Balkon, lehnte sich an das Geländer und sah herüber. Ich goss gerade die Blumen auf der Fensterbank im Schlafzimmer und blickte auch zu ihr herüber. Als sie mich entdeckte, winkte sie mir zu. Ich war baff und verwirrt. Eine solche Art der Kontaktaufnahme hatte ich selten erlebt, stellte allerdings die Gießkanne ab und winkte zurück.

Was sollte ich tun?

***

Die nächsten Tage sahen wir uns gegenseitig dann und wann. Dass sie allein lebte, war anzunehmen, da sich nie eine andere Person dort bewegte.

***

Am Wochenende wurde es sehr heiß. Sie sonnte sich gern und ich hatte mir für diesen Samstag vorgenommen, sämtliche an den Wänden angebrachten Bilder-rahmen der Fotos und Gemälde zu säubern. Ich begann damit im Schlafzimmer und sah sie bequem in einem Liegestuhl Platz nehmen. Trotz der liegenden Stellung war ihr Kopf sichtbar. Sie trug wieder ihren Bikini, der nicht über ihren Schultern gehalten wurde. Als sich unsere Blicke kreuzten, winkte sie herüber und ich erwiderte die Geste. Sie stand jedoch auf, drehte sich in meine Richtung und öffnete das Bikini-Oberteil. Ich freute mich bereits auf den nahenden Blick, sie jedoch nahm das Oberteil ab und bedeckte ihre Brüste mit beiden Händen. So stand sie dort für einige Sekunden, bevor sie wieder in ihrem Liegestuhl Platz nahm. Ich meinte, ein freches Grinsen bei ihr erkannt zu haben.

Es reichte mir, ich wollte und musste sie kennenlernen.

Aber wie? Zu ihr herüberzurufen, war vollkommen unangebracht. Das gegenüberliegende Haus aufsuchen und anhand der Klingelschilder den Versuch unternehmen, die richtige Person zu treffen? Nein, das ging auch nicht. Vor ihrem Haus warten, bis sie es verlässt? Auch unmöglich. Ich zermarterte mir den Kopf und nach einigen Tagen hatte ich die zündende Idee.

***

Ich ging in ein Schreibwarengeschäft und kaufte die passenden Utensilien. So saß ich also in meinem Arbeitszimmer und schnitt festen Karton in verschiedenen Farben zu. Nur was sollte ich darauf schreiben? Ich verwarf sämtliche Ideen, die ich hatte. Es musste etwas vollkommen Unverfängliches sein, es durfte auf gar keinen Fall wie eine »direkte Anmache« wirken.

Spontan entschied ich mich. Ich wählte eine helle Pappe im Maß 60 x 40 cm und schrieb in Großbuchstaben nur ein einziges Wort mit einem Fragezeichen darauf:

»Kaffee?«

Es war mittlerweile früher Abend, daher beschloss ich, den Karton erst am kommenden Vormittag in mein Fenster zu stellen.

***

Am nächsten Morgen klebte ich das Schild in das Fenster und verließ das Haus.

Ich überlegte, wie sie wohl reagieren würde. Wenn sie Papier nimmt und »Ja« darauf schreibt, bin ich angeschmiert. Wie gehe ich dann weiter vor? Ich strich alle meine Gedanken und wollte auf ihre Reaktion warten – wenn es denn über-haupt eine gäbe.

Als ich nach Hause kam, lief ich aufgeregt ins Schlafzimmer und blickte herüber. Es war nichts zu sehen. Ich war ein wenig enttäuscht. Auch die nächsten zwei Tage passierte nichts, wir sahen uns auch nicht. Vielleicht war sie im Urlaub?

***

Am darauffolgenden Freitag erwachte ich fröhlich, ein Tag mit guten Terminen lag vor mir. Ich stand auf und wollte direkt ins Badezimmer, jedoch sah ich aus dem Augenwinkel, dass etwas anders war. Ich stellte mich ans Fenster und blickte zu ihr herüber. Sie hatte ein Schild in ähnlicher Größe innen an ihrer Balkontür befestigt, auf dem sich auch nur ein Wort befand: »Tee!«

Ich musste lachen, das war mal eine schlagfertige Antwort. Fröhlich sprang ich unter die Dusche und verließ das Haus.

Wie sollte es jetzt weitergehen?

Immerhin hatte sie auf meine Kontaktaufnahme reagiert und das stimmte mich sehr zuversichtlich. Den ganzen Tag überlegte ich, wie ich jetzt weiter vorgehen wollte.

***

Am frühen Abend zu Hause nahm ich die nächste Pappe und schrieb wieder nur ein Wort darauf: »Überredet!«

Ich stellte den Karton in mein Fenster, verließ die Wohnung, um ein Restaurant aufzusuchen und zu Abend zu essen. Als ich zurückkehrte und die Wohnung betrat, ging mein Blick automatisch nach rechts in mein Schlafzimmer. Von Weitem konnte ich schon erkennen, dass sie geantwortet hatte.

»Geht doch!«, las ich auf ihrem Schild und musste lachen. Ganz schön frech, dachte ich mir und wollte noch einen Versuch heute Abend wagen. Also Karton raus aus dem Fenster, einen neuen gegriffen und jetzt wollte ich mehr wissen.

»Wann?«, schrieb ich auf das Schild und stellte es in aller Seelenruhe in mein Fenster. Es brannte zwar Licht bei ihr, aber eine Reaktion folgte an diesem Abend nicht mehr.

Wenn ich hoffte, neigte ich dazu, mir fertige Antworten zu geben. Also dachte ich, sie müsse erst mal ihren Kalender wälzen, um einen passenden Termin zu finden oder sie hatte das neue Schild noch nicht gesehen.

***

Am nächsten Morgen präsentierte sie die Antwort. Diesmal mit roter Schrift auf gelbem Untergrund.

»Abends!«, las ich und musste wieder lachen. Sie spielt mit mir – und wenn ich ehrlich war – gefiel es mir außerordentlich gut. Ich antwortete sehr spontan. »Also Abendessen?«, schrieb ich in meiner schönsten Schrift auf einem ebenfalls gelben Untergrund mit rotem Stift. War ich jetzt zu direkt? Es könnte ja passieren, dass sie etwas ganz anders versteht, als ich es meine. Aber was sollte am Wort »Abendessen« provokant sein? Ich verdrängte meine Zweifel und wartete auf den nächsten Tag.

***

Wieder morgens hing ein neues Schild an ihrem Fenster: »Mit Dessert!«

Diese Worte nahm ich eindeutig zweideutig auf. Warum? Weil ich es so verstehen wollte. Jetzt war es ein Spiel geworden, in dem ich wohlüberlegt handeln sollte. Ich versuchte, sie weiter aus der Reserve zu locken und schrieb: »So anspruchsvoll?«

Ich stellte das Schild in das Fenster und keine 15 Minuten später bekam ich die Antwort: »Nein, selbstbewusst!«

Ich konnte mich vor Lachen kaum halten und schlief gutgelaunt an diesem Abend ein. Jetzt hatte ich die Zusage für ein Abendessen mit Dessert – egal, welche Art von Dessert sie meinte. Ich freute mich.

***

Am Morgen nahm ich die nächste Pappe und schrieb lediglich ein Wort: »Wann?«

Ich rechnete schon gar nicht mit einer konkreten Zeit- oder Datumsangabe und war sehr gespannt auf ihre Mitteilung. Sie überraschte mich mit ihrer Antwort: »Freitag, 20 Uhr!«

»Sehr gerne!«, antwortete ich und hakte direkt nach: »Wo?«

Die Reaktion ließ lange auf sich warten. Sie wollte wahrscheinlich erst eine passende Location suchen, denn eine Antwort wie zum Beispiel »Bei mir« oder »Bei dir« durfte ich nicht erwarten, der Typ schien sie nicht zu sein. Obwohl – meine Fantasien brannten mal wieder mit mir durch und ich holte mich auf den Boden der Tatsachen zurück.

***

Am Mittwoch erhielt ich endlich die ersehnte Mitteilung und war fürs Erste ratlos.

»51.432454908991, 7.0043874717431«, durfte ich lesen und schrieb mir diese Zahlenreihe ab. Sie hatte es geschafft, ich wusste für kurze Zeit nicht weiter.

In solchen Situationen half ich mir oft, indem ich bewusst mein Denken und Verhalten veränderte. Ich steckte mir eine Zigarette an und lief in der Wohnung umher. Nach einiger Zeit kam mir der richtige Gedanke. Ich hatte sie nach dem »Wo« gefragt.

 

Ich setzte mich vor den Computer, rief das Programm »Google Earth« auf und tippte die Zahlen in das Feld. Es waren GPS-Koordinaten und ich fragte mich, warum ich nicht schon eher darauf gekommen war. Ich zoomte die Darstellung von Google Earth immer näher heran und dann bekam ich meine Antwort. Sie hatte das Gin & Jagger auf der Rüttenscheider Straße in unserem Wohnort Essen ausgesucht. Eine Kombination aus Café, Bar, Restaurant und Club. Ich atmete auf. Es waren keine fünf Minuten Fußweg dorthin, sowohl von meiner als auch von ihrer Wohnung ausgehend. Ich war Stammgast dort, das konnte sie aber nicht wissen. Aber es gab mir ein gutes Gefühl, eine Art »Heimspiel« bei unserem Treffen zu haben.

Ich ging ins Schlafzimmer, nahm einen Karton und schrieb »Sehr gute Wahl!« darauf und platzierte ihn in meinem Fenster. Ihre Nachricht fiel nicht unerwartet aus.

»Stimmt!«, schrieb sie nur auf das Schild. Wie sollte ich reagieren? Diese Frage beantwortete mein Bauchgefühl.

»Freue mich!«, brachte ich mit rotem Stift auf die Pappe und ab damit ins Fenster.

Die Antwort am nächsten Morgen war klassisch, wie ich es mittlerweile von ihr kennengelernt hatte.

»Solltest du auch!!«, hatte sie mit weißem Stift auf schwarzem Untergrund geschrieben und zum ersten Mal zwei Ausrufezeichen benutzt.

Was will sie damit zum Ausdruck bringen? Ich verwarf meinen Gedanken und überlegte mir meine Antwort:

»Bis Freitag!«

Ich rechnete mit allem und der Freitagabend war ja bereits am morgigen Tag.

»Bin sehr gespannt!!«, las ich abschließend und war ein wenig enttäuscht, dass unser »Spiel« nun erst mal pausieren sollte.

Das erste Date

Die Betrübtheit verflog recht schnell, denn morgen sollte ich sie ja endlich persönlich treffen. Ich machte mir in der Nacht und am Freitag viele Gedanken, welcher Mensch hinter einem so selbstbewussten, frechen Humor steckte. Wenn die persönlichen Gespräche ähnlich verliefen, würde es wohl nicht sehr kommunikativ, da sie ja immer nur kurz und knapp geantwortet hatte.

Aber ich sollte mich täuschen.

***

Es tickte den ganzen Freitag eine innere Uhr in mir, ich war aufgeregt und voller Vorfreude. Ich überlegte, was ich anziehen sollte. Nicht zu vornehm, nicht zu sehr auf Freizeit abgestimmt. Ich wählte einen dunkelblauen Anzug, ein weißes Hemd, keine Krawatte und kein Einstecktuch. Dass es in meinem Leben noch mal vorkommen sollte, dass ich dermaßen aufgeregt vor einem Date war, hätte ich nie für möglich gehalten.

Sollte es ihr vielleicht sogar ähnlich gehen?

***

Einige Minuten früher machte ich mich auf den Weg, denn ich wollte bereits einen Platz aussuchen und dort auf sie warten. Ich wählte einen Tisch im vorderen Bereich, so musste sie nicht erst das ganze Restaurant durchqueren, um mich zu finden. Maria, die Kellnerin und gute Seele, erkannte meine Aufgeregtheit und lachte.

»So kenn ich dich ja gar nicht, das muss aber heute etwas ganz Besonderes sein!«

»Das hoffe ich doch.« Ich erwiderte ihr Lächeln.

Ich saß an einem Tisch, von dem ich den Eingangsbereich seitlich überblicken konnte.

Und dann war es so weit. Ich wusste nicht, wie mir geschah. Das musste sie sein. Eine wunderschöne Frau mit hochgesteckten Haaren öffnete die Tür, zuerst bemerkte ich ihren traumhaft roten Lippenstift. Ich erhob mich und winkte ihr zu.

Was dann geschah, kannte man vielleicht aus dem Fernsehen oder Kinofilmen. Sie registrierte mich, blieb kurz stehen und griff in ihr Haar. Sie zog zwei Haarklammern heraus, ihr langes Haar öffnete sich. Sie bewegte den Kopf leicht und sah mir direkt in die Augen.

»Du kennst mich ja nur mit hochgesteckten Haaren, daher wollte ich auf Nummer sicher gehen. Stell dir vor, du hättest mich mit offenem Haar nicht erkannt«, waren ihre ersten Worte an mich.

Meine Atmung wurde schwerer. Sie nahm mich in den Arm und wir begrüßten uns mit Küsschen links und rechts.

»Noch schüchtern?«, fragte sie mich.

»Niemals«, antwortete ich.

Ich schaute sie an und registrierte ihr Outfit. Ein dunkelblauer Hosenanzug, dessen Hose nicht bis ganz unten auf die Schuhe reichte – ich glaube, es heißt 7/8-Hose –, eine rosa schimmernde Bluse, schwarze Strümpfe und High Heels.

»Beeindruckt?«, wollte sie lachend wissen.

»Und wie!«, konterte ich mit fester Stimme.

Wir setzten uns gegenüber an den Tisch, Maria kam sofort, um die erste Bestellung aufzunehmen.

»Was darf ich euch bringen«, fragte sie.

Mein Gegenüber grinste mich an. »Einen Tee mit frischen Minzblättern für die Dame und für mich einen Kaffee.«

»Ich bin beeindruckt, Kompliment!«, sagte sie lächelnd zu mir. Ich dachte natürlich sofort an den Beginn unserer Kommunikation und »Tee!« hatte sich bei mir eingebrannt.

»Und jetzt möchtest du meinen Vornamen erfahren? Dann rate mal!«

Sie schaute mir direkt in die Augen.

»Magst du die Sterne?«, fragte sie mich.

»Sehr sogar, sie zu betrachten, ist sehr romantisch.«

Dabei schaute ich in ihre Augen und konnte den Blick nicht lösen. Sie hatte faszinierende grüne Augen, die mich in den Bann zogen. Warum fragte sie mich direkt nach den Sternen in Verbindung mit ihrem Vornamen? Ich hatte nicht viel Zeit, zu überlegen, daher beschloss ich, auf meinen Bauch zu hören und wählte die italienische Übersetzung aus.

»Stella ist ein wunderschöner Vorname«, sprach ich sie direkt an. Sie lachte.

»Noch ein Kompliment, schnell geschaltet.«

Sie fragte nach meinem Vornamen.

»Fynn«, antwortete ich und er gefiel ihr, das merkte man ihr an.

***

Maria kam und stellte den Tee und den Kaffee ab.

»Ich habe mir gedacht, ich lade euch auf ein Glas Prosecco ein«, ergänzte sie und stellte die Gläser in die Mitte des Tisches nebeneinander.

»Du scheinst hier öfter zu sein«, stellte Stella fest.

»Ja, das stimmt wohl. Ich fühle mich hier wie zu Hause.«

Wir kamen ins Plaudern.

»Wenn du damals mein Gesicht hättest sehen können, als ich das Bikinioberteil abnahm, aber nichts zeigte, weil ich meine Hände davorhielt.«

»Lass mich raten, es war ein freches Grinsen?«

»So kann man es vornehm ausdrücken.« Sie lachte los.

»Als ich dann einige Tage später das erste Schild in deinem Fenster entdeckte, war mir klar, dass du mich damit ansprichst. Meinen Humor mag ja nicht jeder, aber ich wollte dich langsam aus der Reserve locken und hatte an diesem Tag noch gar nicht an ein persönliches Treffen gedacht.«

»Und wie kam es zu dem Sinneswandel?«

»Durch deinen Humor, das gesamte Erscheinungsbild. Ich kann ja von meinem Balkon nicht viel sehen, aber die frischen Blumen in den Vasen, die Kerzen auf der Fensterbank, deine Handschrift und dein Humor haben mich dann doch sehr neugierig gemacht. Und ich bin sehr froh, meine Neugierde wird gerade belohnt.«

Ich reichte ihr ein Glas Prosecco und wir stießen gemeinsam an. Als ich ihr das Glas reichte, berührten sich unsere Hände und wir blickten uns direkt an.

»Auf einen tollen Abend mit hoffentlich vielen Überraschungen«, waren ihre Worte.

»Dem schließe ich mich doch sehr gerne an.«

»Gefällt dir mein Outfit? Ich wollte dich nicht sofort überfordern und einen Rock anziehen. Dann wärst du mir zu abgelenkt.«

Wie recht sie doch hatte.

Sie fragt mich etwas und lieferte die Antwort gleich mit. Faszinierend, dachte ich.

***

Maria brachte uns die Speisekarte und wir wählten aus.

»Wollt ihr die Dessertkarte auch jetzt schon haben?«, fragte Maria und schaute Stella an.

»Das Dessert nehmen wir woanders ein«, antwortete sie und wechselte den Blick von Maria direkt zu mir.

Sie grinste.

»Du hast ja viel vor«, bemerkte ich lachend.

»Dies ist ja erst der Beginn der vielen Überraschungen, die du heute noch erwarten darfst.«

Sie schaute mich ernst an.

Als sie meine Verunsicherung wahrnahm, lachte sie mich an.

»Magst du es nicht, wenn die Frau die Initiative ergreift?«

»Doch, sehr sogar. Daher werde ich nichts kommentieren und eine Überraschung nach der anderen erleben.«

Sie lachte. Wir bestellten eine Flasche Barolo Dagromis von Angelo Gaja aus dem Piemont und Mineralwasser, Maria brachte den Wein in einem Dekanter.

»Ich habe das vorsichtshalber mal so vorbereitet.«

Sie wusste, welchen Winzer ich bevorzugte und für besondere Anlässe auswählte.

»Vielen lieben Dank«, sagte ich zu ihr.

»Du bist einfach perfekt.«

Sie lächelte stolz und goss den Rotwein in die Gläser.

***

Stella fragte, was ich beruflich machte, denn ich hätte ja keine geregelten Arbeitszeiten und wäre fast nur zu Hause. Ich erzählte ihr, dass ich als Berater freiberuflich für einige Mandanten tätig war, einige Auftraggeber auch in Medienfragen betreute und ansonsten mein Hobby als Fotograf ausübte. Das machte sie doch sehr neugierig und ich versprach ihr, zu einem späteren Zeitpunkt gerne mehr darüber zu erzählen.

Bevor die Frage nach dem Alter kam, preschte ich vor.

»Und vor einigen Wochen bin ich zweiundvierzig Jahre jung geworden.«

»Das passt ja hervorragend – und mehr erfährst du auch nicht von mir.«

Sie grinste. Ich nahm es so hin, schätzte ihr Alter auf vierunddreißig oder fünfunddreißig Jahre.

»Außerdem ist eine jüngere Frau gut für dich, die hält dich auf Trab.«

Das genau liebte ich an ihr. Ihre Frechheiten, die aber sehr liebevoll gemeint waren. Sie erzählte mir von ihrer beruflichen Tätigkeit. Sie arbeitete als leitende Angestellte bei einem großen Energieversorger, der seinen Hauptsitz in unserer Stadt hatte. Ab und zu musste sie im Rahmen ihres Jobs Dienstreisen innerhalb Europas antreten. Das erklärte mir sofort ihre Abwesenheiten und die manchmal späte Antwort bei unserem Austausch. Sie war ehrgeizig, das merkte ich ihr an.

***

Maria brachte unsere Hauptgerichte und goss den Rotwein nach. Stella und ich redeten viel und hatten Spaß. Nachdem wir gegessen hatten, hielt ich mich bewusst zurück. Stella platzierte ihre Hand unter das Kinn und blickte mich mit ihren wunderschönen grünen Augen an.

»Lust auf einen Spaziergang?«, fragte sie mich und ich bejahte sofort. Stella verschwand noch in den Waschraum und kam mit knallroten Lippen zurück.

»Hast du schon bezahlt?«

»Ja, alles erledigt.«

Wir standen auf und gingen hinaus aus dem Gin & Jagger. Es war ein wunder-voller Freitagabend. Die Sonne war verschwunden, aber es war warm.

Als wir das Restaurant verließen, griff Stella nach meiner Hand. So gingen wir Händchen haltend den Weg, den Stella vorgab.

»Du fragst ja gar nicht nach dem Dessert«, neckte sie mich.

»Das gefällt mir«, ergänzte sie.

»Wohin gehen wir?«, wollte ich wissen.

»Dahin, wo es das beste Dessert der Welt gibt«, antwortete sie selbstbewusst.

Wir gingen durch einen Park, in dem alle Bänke besetzt waren. Das milde Wetter treibt den Menschen nach draußen, dachte ich. Immer wieder bewegte sie zwischendurch ihre Finger und strich sanft über meine Handinnenfläche.

Ich genoss es.