Spuren intelligenten Lebens

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Spuren intelligenten Lebens

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Spuren intelligenten Lebens

Len Mette

1. Auflage

Oktober 2020

© 2020 DerFuchs-Verlag

D-69231 Rauenberg (Kraichgau)

info@DerFuchs-Verlag.de

DerFuchs-Verlag.de

Lektorat/Korrektorat: Sabrina Georgia

Coverfoto: Fotomanufaktur Wessel

Portraitfoto Len Mette: Bettina Südmeyer

Alle Rechte vorbehalten.

Das Werk, einschließlich aller Teile, ist urheberrechtlich geschützt.

Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, Verbreitung, Übersetzung und Verfilmung liegen beim Verlag. Eine Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen ohne Genehmigung des Verlags ist strafbar.

ISBN 978-3-96713-006-5 (Taschenbuch)

ISBN 978-3-96713-007-2 (ePub)

Gedanken zum Inhaltsverzeichnis

Darf ein Buch, das ausschließlich dem Zweck der seichten Unterhaltung dienlich ist, ein Inhaltsverzeichnis haben? Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht. Ich bin ja weder ein großer Literat noch auch nur ansatzweise eine Leseratte. Das ist kein Scherz: Mit Büchern habe ich gar nicht viel zu schaffen, wenn wir einmal von den drei bisher veröffentlichten Schmökern absehen. So richtig erklären kann ich diesen Widerspruch nicht. Manchmal schreibe ich eben einfach und Leute lesen es. Aber ein Buch-Fan bin ich nicht. Ich kenne dieses oft beschriebene Wohlgefühl nicht, ein Buch in der Hand zu halten und das Papier zu riechen. Ich bekomme davon allenfalls Krämpfe in den Daumenballen und Kopfschmerzen vom Geruch der Tinte. E-Books mit fachlichen Themen sind mir lieber. Noch besser sind billig produzierte Fernsehdokumentationen über Außerirdische. So, nun ist es raus! Ich bin ein Unromantiker. Lange Rede, kurzer Sinn: Nun weiß ich also auch nicht, ob dieses Buch ein Inhaltsverzeichnis haben sollte, oder eben nicht.

Gehen wir es pragmatisch an: Wir haben es in diesem Werk mit in-sich-geschlossenen, kurzen Geschichten zu tun. Ob sie nun alle Eigenschaften von Kurzgeschichten im formalen Sinne aufweisen, weiß ich ebenfalls nicht. Nennen wir sie also stattdessen kurze Geschichten. Du liest hier somit keinen Roman mit durchgehender Handlung, sondern eher eine Ansammlung kleiner, leckerer Häppchen satirischer Couleur, im Format kurzer Geschichten. Wie schön. Damit wäre auch das geklärt.

Aus dieser Sicht macht es dann wohl auch Sinn, ein Inhaltsverzeichnis zu erstellen, um einzelne Storys wiederfinden zu können. Ganz gleich, ob man sie noch einmal lesen möchte, oder schlicht, um zu wissen, bis wohin man schon gelesen hatte, bevor einem Mal wieder das Lesezeichen aus dem Buch fiel – was bei aller Romantik, bei E-Books übrigens nicht passiert. Also gut, der Entschluss steht fest: Dieses Buch bekommt ein Inhaltsverzeichnis!

Nun bleiben noch einige wesentliche Fragen offen, die sich an die echten Kenner richten: Platziert man ein Inhaltsverzeichnis nun vor oder nach dem Vorwort? Bedeutet das Vor im Wort Vorwort nun vor dem eigentlichen Inhalt oder vor allem Anderen? Und wenn das Inhaltsverzeichnis erst nach dem Vorwort käme, würde das Vorwort auch im Inhaltsverzeichnis, nach dem eigentlichen Vorwort erwähnt? Auch das weiß ich nicht. Ich bin ja keine Leseratte. Ich packe es jetzt einfach vor das Vorwort und basta!

Achtung, jetzt kommt´s:

Inhaltsverzeichnis

Gedanken zum Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Epischer Hauptteil mit vielen Geschichten und Buchstaben

Männer

Deutschlands nächstes Top-Möbel

Kriegshelden

Nach dem Kochen Hände waschen!

In 10 Schritten zum Kaiser. Oder: Populismus leicht gemacht

Der Fan

Tätowierungen

Ommma

#Metoo

Peppa

Sei wie ein Wasserbüffel

Untenrum geht immer

Political Correctness und Genderfood

Der Blob

Emanzipation

Hotelfluch

Poetry Slam

Corona

Weihnachten

Das Netz vergisst nicht

Menschenallergie

Nachruf

Über den Autor

Vorwort

»Du musst das alles aufschreiben«, haben sie gesagt. »Bring das auf die Bühne«, haben sie gesagt. Und seither sagen sie »Wann bist du fertig? Wie lange noch? Kann ich schon mal was lesen?«.

Freunde, ihr macht euch kein Bild davon, was es heißt, sich ein Buch aus den Ärmeln zu schütteln! Insbesondere dann nicht, wenn man gar nicht weiß, was man da eigentlich gerade zu Papier bringen will. Die Aufforderung »Du musst das alles aufschreiben«, ist ja nun etwas grob gefasst, wenn wir mal ehrlich sind. Im Grunde habe ich ja gar nicht viel zu erzählen. Ich habe keinen roten Faden, kein konkretes Thema. Ich habe nichts dergleichen.

Gut ... ja ... zugegeben: Ich gebe den größten Teil des Tages gequirlten, geistigen Dünnpfiff von mir. Das ist sozusagen meine Kernkompetenz. That´s it. Ich kann nicht einmal malen, um einen unterhaltsamen Bildband zu befüllen. Nö, Dünnpfiff ist mein Thema. Und der findet meistens unter jeglicher Gürtellinie von Otto Normalverbraucher statt. Dafür werde ich folglich wohl in der Hölle schmoren oder Drohbriefe erhalten. Oder ich werde bis in alle Ewigkeit dieses unangenehme Gefühl verspüren, wieder der Einzige zu sein, der sich über einen Spruch amüsiert, den er soeben selbst von sich gegeben hat.

Sei´s drum!

Das Universum hat mich nun mal mit diesem Hirn geschaffen, das mir im Alltag stets Ärger mit meinen Mitmenschen beschert. Auf geheimnisvolle Weise fällt es mir schlichtweg leichter, mich in dieser Welt zu bewegen, wenn ich mich über unsere Zivilisation lustig machen kann. Dabei stelle ich regelmäßig fest, dass ich auch noch ein Teil davon bin. Teil dessen, was ich oftmals für völlig grotesk erachte.

Ich finde es nun mal lustig, wenn ein Bestattungsunternehmen mit dem Antlitz des Messias und dem Slogan »Wir legen Sie nicht auf´s Kreuz« oder mit einem Sarg und »Bei uns werden sie nicht reingelegt«, wirbt. Ich bin erheitert, wenn es einen Polizeieinsatz in einem Saunaclub gibt, weil einem Gast die Herausgabe des Kassenbons verweigert wurde. Ja, ich habe sogar etwa drei Tage lang, tief in meinem Innern gekichert, als der ICE-Schaffner einen offenbar sehbehinderten Gast ohne Fahrschein, mehrfach als Blinden Passagier bezeichnete, ohne den unfreiwilligen Sarkasmus daran zu bemerken.

Ich stelle mir in einer Kirche die Frage, wie man hier wohl den Verbandskasten zuverlässig von den anderen Kisten mit Kreuz darauf unterscheidet, oder ob es eine Klerus-Edition im Webshop von Herstellern von Verbandsmaterial gibt, damit alles im stimmigen Design daherkommt. Andere Menschen finden das nicht lustig. So gar nicht. Die menschlichen Schicksale, die Missachtung ethischer Grundsätze und so.

Ja, ich weiß: Meine Sicht der Dinge mag hier und dort etwas von der Norm abweichen und ich sollte hin und wieder vielleicht weniger schnell den Mund aufmachen. Ich habe mich daran gewöhnt, dass sich nahezu täglich irgendwer findet, der eiligst einen therapeutischen Stuhlkreis bilden möchte, nur weil ich etwas politisch nicht Korrektes von mir gegeben habe.

Ich sehe diese Szenen nun einmal so, wie ich sie sehe. Allein das Fernsehprogramm so manchen Senders treibt mich zu der Frage, ob ich im Mitteleuropa des 21. Jahrhunderts, oder auf dem Planeten der Affen lebe. Ich finde es ebenfalls herrlich, mich, einen Espresso in Reichweite, einen ganzen Tag lang in eine Shoppingmall zu setzen und einfach nur Menschen zu beobachten. Ich fühle mich dabei bestens unterhalten. Und weil ich ein soziales Wesen bin, rede ich darüber. Wenn auch meistens zu schnell und zu freizügig. Weil ich gern lache, picke ich mir heraus, was ich lustig finde. Das ist nicht immer ganz nah an den Fakten, aber eben so, dass ich es unterhaltsam finde.

 

Wenn daran also meiner Meinung nach irgendetwas bedenklich ist, dann allein die Tatsache, dass ich diese Dinge wirklich erlebe. Vielleicht bin ich krank, oder eine höhere Macht hat mir einen Chip eingepflanzt, die meine Wahrnehmung verzerrt. Drogen sind´s jedenfalls nicht, die das verursachen. Echt nicht. Ich habe weder eine politische Mission, noch möchte ich Menschen kränken. Ich kann es auch ertragen, wenn man sich über mich lustig macht, während ich mich selbst in einer misslichen Lage befinde.

Hört, hört!

Vielleicht liegt das einfach daran, dass es ohnehin genug ernste Themen in dieser, unserer Welt gibt, die wir auch noch zivilisiert nennen: Der Klimawandel, Kochsendungen, Kriege, Fremdenfeindlichkeit, Hass, Pädophilie, die Schere zwischen Arm und Reich oder das Dschungelcamp.

Nein, all das für sich finde ich kein Stück lustig. Nicht einmal das Dschungelcamp. Aber ich finde es gut, so manchem Thema wenigstens für eine kurze Zeit den Schrecken zu nehmen, indem ich seine ganz eigenen Kuriositäten betrachte. Mir macht es mein Leben einfach leichter. Der Kopf wird für eine kurze Zeit frei, um dann wieder mit frischen Gedanken über die wahren Probleme des Lebens sinnieren zu können. Aber wer will das lesen?

»Is peng«, denke ich mir. »Schreibe ich es halt auf.«

Genug der Rechtfertigung. Ich habe ja noch nicht einmal angefangen. Außerdem ist das hier ein Vorwort nach einem, mit Liebe verfassten, Inhaltsverzeichnis und nicht die Reaktion auf einen kritischen Presseartikel.

Der wiederum würde zumindest bedeuten, dass das hier jemand gelesen haben muss. Na, das wäre ja was! Meine stille Form der Revolte gegen das System. Ich hätte jemanden dazu gebracht, sich tatsächlich eingehend mit meiner Poesie zu befassen!

Schreibt man ein Vorwort normalerweise eigentlich zu Beginn oder lieber, nachdem das Buch fertig ist? Schließlich weiß man anfangs ja nun noch nicht so wirklich, was man alles schreiben wird. Und wenn man es nicht zu Beginn tut, ist es dann noch ein Vorwort oder eher eine Art Nachruf? Nein, das auch irgendwie nicht. Ein Nachruf ist ja etwas für Tote. Spätestens jetzt und nach der Verwirrung um das Inhaltsverzeichnis hat sich die Sache mit dem Nobelpreis für Literatur wohl erledigt, was? Ist ja auch egal.

Solltest du mit Ironie und Sarkasmus nicht umgehen können, ist es genau jetzt an der Zeit, panisch nach dem Kassenbon dieses Buches oder nach mindestens zwei weiteren Personen zur Bildung eines Stuhlkreises zu suchen. Selbstverständlich benötigst du einen Stuhl. »Guter Stuhl ist wichtig«, hat ein weiser Mann einmal gesagt, was in unserem Kontext aber rein gar nichts zur Sache tut. Egal, was du nun tust, bedenke eines: Vielleicht erkennt irgendein Psychologe der Zukunft, 200 Jahre nach meinem Ableben, irgendetwas Sinnvolles in den Zeilen, die vor dir liegen. Der Theodor Fontane des Zeitalters vor dem Weltuntergang in der Literaturgeschichte gewesen zu sein, würde meinen Erben vermutlich unglaubliche Tantiemen bescheren. Insbesondere für Erstauflagen! Vielleicht können sie mit der Kohle sogar den Weltuntergang verhindern und die Rechte an diesem verfickten Dschungelcamp und allen verdammten Kochsendungen kaufen, um sie endgültig ins Nirwana zu schicken. Und wenn es danach noch reicht, sollten sie auch Hochzeits- und Einkaufsdokus aus der weiteren Menschheitsgeschichte streichen. Pseudowissenschaftliche Sendungen über UFOs und Außerirdische sind aber nach wie vor okay. Ich finde, die Maya und Azteken sollten Astronauten gewesen sein dürfen. Außerirdische sind toll! Und urzeitliche Astronauten auch. Und Freimaurer. Die haben ohnehin irgendwie mit allem zu tun, jawohl! Was gäbe ich darum mitzuerleben, wie Außerirdische in einer fernen Zukunft die Vermächtnisse und all die kleinen Eigenheiten unserer Zivilisation beäugen würden! Vermutlich würden sie eine Comedy-Show daraus kreieren!

Was auch immer die Zukunft bringen mag: Du könntest aus dem Jenseits heraus behaupten, den in diesem Buch steckenden Genius schon ganz früh, vielleicht direkt nach dem Lesen des Inhaltsverzeichnisses, erkannt zu haben! Verbrenne also deinen Kassenbon und bestelle sicherheitshalber noch einige Exemplare zusätzlich. Wer weiß, was sie einmal wert sein werden. Tu es jetzt! Lesen kannst du später!

So, jetzt aber noch eine Widmung. Die schreibt schließlich jeder Möchtegern-Autor in sein Vorwort:

Dieses Buch sei jenen Dummbatzen gewidmet, die mich dazu überredet haben, es zu schreiben. Wehe, ihr lest es nicht ganz durch! Ich mach mir hier ne scheiß Arbeit damit.

Echt.

Bisschen Spaß macht´s auch.

Bisschen.

Ist aber auch Arbeit!

Epischer Hauptteil mit vielen Geschichten und Buchstaben

Männer

Das Mysterium Mann. Eine Geschichte voller Missverständnisse. Liebe Frauen, ich glaube, ihr macht es euch zu leicht. Auch wir Männer sind hochkomplexe, von Emotionen getriebene Individuen. Vielleicht unterscheidet sich die Art der Emotionen ein wenig von den euren, aber grundsätzlich sind wir nicht jene Neandertaler, für die ihr uns immer haltet. Vielleicht vergesst ihr auch einfach, dass ein Neandertaler ebenfalls emotional war. Vermutlich jedenfalls. Immerhin war er schon mehr Homo sapiens, als bloßer Homo erectus. Nein, liebe Damen, Letzterer hat nichts mit eurem Bild vom erectus zu tun. Das ist hier jetzt außerdem nicht wichtig. Es geht um Emotionen! Und um Evolution!

Wenn wir aber doch mal ehrlich sind, liegen bei aller Political Correctness, Gleichberechtigung und Moderne, noch immer viele Themenschwerpunkte in unser aller Gene verankert, oder? Nein, ich will damit nicht sagen, dass Frauen an den Herd gehören oder sowas. Von solcher Machodenke bin ich kein Fan. Dennoch glaube ich, dass es klassisch weibliche und eben klassisch männliche Denkweisen und Themen gibt. Wäre ja auch schlimm, wenn nicht.

Wir Männer sind also nicht einfach nur diese männlichen Wesen, die Fleisch essen und Bier trinken wollen. Nein, wir wollen GUTES Fleisch und LECKERES Bier. Das ist für uns Luxus, so wie es für euch Luxus ist, den guten Eyeliner und die Handmaske mit Vitamin E zu kaufen. Ganz so, wie es auch Klopapier mit Vitamin E und eingeprägten Blumen und Kamillen-Duft gibt!

Seit Jahrzehnten stelle ich mir übrigens die Frage, ob ein weiblicher Arsch überhaupt in der Lage ist, gleichzeitig Vitamin E zu absorbieren und sich an geprägten Blumen zu erfreuen. Riecht er tatsächlich nach dem Gebrauch des Tuches nach Kamille? Ich stelle mir diese Frage und auch, ob Frauen Topfpflanzen kaufen und sie dann umbringen, nur um ihren Männern plakativ darzulegen, wozu sie in Wahrheit fähig sind. Diese und viele andere Themen werden wohl ewig ein Mysterium bleiben. Mein Arsch jedenfalls kann das nicht, mit dem Absorbieren irgendwelcher Vitamine. Glaube ich. Also, nicht, dass ich das wüsste. Bisher ist es mir jedenfalls nicht gelungen, meine Nase an meinen Allerwertesten zu führen. Kamillenduft macht Sinn. Aus Gründen. Ich weiß allerdings nicht, wie sich ein Vitamin E-Mangel an einem Arsch bemerkbar macht.

Wir stellen uns folgende familieninterne Konversation vor:

»Schatz! Mein Arsch ist so rau heut´ morgen. Auch nicht so rosig wie sonst isser. Da stimmt doch was nicht.«

»Da hast du recht, Hase. Zeig mal her! ... Das sieht mir stark nach einem Mangel an Vitamin E aus. Hier, nimm dieses Papier! Das wird dir helfen! Es ist mit Kamille und Vitamin E!«

»Danke Schatz! Übrigens, eine schöne neue Topfpflanze hast du da erstanden!«

Ich frage mich darüber hinaus, warum es bei Klopapier der Werbung oder eben neuer Funktionen, wie Vitaminen bedarf. Wer zum Geier würde das Zeug denn nicht trotzdem kaufen, wenn es keine solchen Maßnahmen geben würde? Was wäre die Menschheit ohne die Erfindung des Klopapiers mit Vitamin E und Kamillenduft und warum haben Hersteller ein Werbebudget dafür? Was zum Henker denkt sich die Industrie bei solchen Produkten? Ich weiß es nicht. Es mag daran liegen, dass ich zu männlich bin, um es zu verstehen.

Zurück zum Thema:

Handmaske? Ja! Handmaske. Ich wollte es selbst nicht glauben, aber es gibt nicht nur Gesichts-, sondern auch Handmasken! Das ist nicht etwa ein Karnevalskostüm ... Also man verkleidet sich nicht etwa und behauptet: »Ich gehe als Hand und das hier ... das ist ... Ich trage eine Handmaske.«. Nein, es ist noch viel komplexer: Das muss man sich wie einen Handschuh vorstellen, der irgendwelches Zeug beinhaltet. Als Handmaskenanwenderin sitzt du also mit Pranken auf der Couch, die aussehen, als seist du eine Mischung aus Astronaut und Tatortreiniger. Mit diesem Outfit könntest du Atommeiler rückbauen, so viel ist klar.

Nun ist es also so, dass du eine halbe Stunde dasitzt, wie Juri Gagarin in der Kapsel, um Vitamin E, Chiabutter sowie Macadamianussöl, für eine reichhaltige und tiefgehende Pflege in deine vom Alltag gebeutelten Flossen einwirken zu lassen. Nur, damit sie nicht mehr so trocken sind. Im Grunde ist es genau das, was den Trümmerfrauen zum Wiederaufbau gefehlt hat. In Gruppen hätten sie sich am Abend zusammengefunden, sich rund um ein altes, zu einer wärmenden Feuerstätte umgewandelten Ölfass versammelt, um gemeinsam eine Handmaske zu genießen. So entstehen Legenden.

Sei´s drum.

Nach 30 Minuten ziehst du die Dinger also wieder aus, wirfst jene nicht-biologisch-abbaubaren Einweghandschuhe in den Müll oder in die brennende Tonne und erfreust dich der weichsten Hände der Welt. Das Ganze hätte man ebenfalls mit einer Ladung Olivenöl erreichen können. Mit dieser Methode geht aber vermutlich der romantische Wellnessaspekt verloren. Als Frau bist du nun glücklich. Du hast dich um dich selbst gekümmert, etwas für dich getan. Du bist erneut bereit für die Welt. Und so macht auch eine Handmaske wieder irgendwie Sinn.

Bei Männern ist das ein bisschen anders. Wären wir pünktlich zum Wiederaufbau zu Hause gewesen, hätten wir abends gemeinsam ein Bier getrunken und unsere Hände in Motoröl getunkt, um kurz darauf damit zu prahlen, wer die fetteste Hornhaut an den Flossen hat.

So sind wir halt verschieden. Ich selbst bin in Teilen meines Lebens nicht weniger archaisch. Einmal im Jahr besuche ich heiligen Grund, pilgere zu einem der heiligsten Orte, die der Herr uns geschenkt hat, um mich selbst zu finden und Kontakt zu meinen Ahnen, zu den männlichen Wurzeln meines Stammes aufzubauen. Ich norde mich ein, kalibriere mich neu, nehme Kontakt zu den Vorvätern auf, um auch künftig ein guter und produktiver Mensch sein zu können. Ich fahre gen Norden, dorthin wo die Götter wohnen, wie man sagt. Und sobald ich dort angekommen bin, rufe ich ihn aus, den Gruß der Götter: »Wackööööööönnnn!!!«. Ja, Wacken. Das Mekka des Metals. Hier bist du Mann. Hier darfst du sein.

Eigentlich fahre ich dort nicht einmal primär wegen der Musik hin. Nein, ich reise gen Norden, um Gleichgesinnte zu treffen, mich auf einem der größten und gleichzeitig friedlichsten Festivals der Welt zu tummeln, Bier zu trinken, einfach in der Masse der Menschen unterzugehen und mit ihnen gemeinsam den Elementen ausgeliefert zu sein.

Es ist wahrlich nicht nur das Mekka des Metals, es ist auch das Mekka der Entspannung, wenn im Laufe einiger Tage der Ausruf »Wacköööööön!«, zum verzweifelten Schrei »Kacköööööön!« mutiert, das Dixie-Klo überläuft und aus eben jener Not ein Wir-Gefühl entsteht, das seines Gleichen sucht!

Kacken in Wacken, ein Abenteuer für sich. Dort, wo Vitamin E im Klopapier zur Erleuchtung wird. Genießt du am ersten Tag noch die Landluft, mischt sich selbige an Tag zwei und drei mit einem leichten Bouquet aus Urin. Alles danach ist nur noch mit dem alten Rom zu assoziieren. Es ist so romantisch, gar wunderbar! Wenn man Mann ist und du nicht weißt, ob es noch feinster Schleswig-Holsteinischer Schlamm ist, in dem du bis zum Knöchel einsinkst, oder sich der innere Kreis des mobilen Pissoirs nebenan, durch eine Undichtigkeit im von Urin zerfressenen Kunststoff, um einige Meter erweitert hat.

 

Das ist nicht einfache Naturverbundenheit, das ist Leben am Limit. Nicht nur Neandertaler. Das ist die wahre Liebe zu den Wurzeln des eigenen Seins. Das ist etwas sehr Emotionales, fast wie Religion. Bei den Göttern des Nordens.

Fahre ich nach Wacken, mögen andere eine Modelleisenbahn bauen und ihren Spieltrieb ausleben oder in einen Männerchor eintreten, um Verbindung zu ihren Emotionen zu finden. Sie entspannen sich. Und das ist wichtig für sie, vor allem in einer Welt, in der viele so unentspannt sind. Es ist wichtig, damit sie nicht komplett am Rad drehen. Es ist fundamental. So wie es eine Handmaske sein kann. Es ist der Ruf unserer Gene nach Ausgleich und Entspannung. Es ist nicht unbedingt weiblich oder männlich. Es ist nicht Homo neanderthalensis oder Homo erectus. Nein, das ist es nicht. Es ist allenfalls ein ganz wunderbares, emotionales und hochkomplexes Individualmysterium, das uns doch irgendwie zu dem macht, was wir sind. Frauen und Männer.