Maria: Gott suchen und finden

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Aus der Reihe: Ignatianische Impulse #76
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Maria: Gott suchen und finden
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Klaus Vechtel

Maria: Gott suchen und finden

Ignatianische Impulse

Herausgegeben von Stefan Kiechle SJ, Willi Lambert SJ und Martin Müller SJ

Band 76

Ignatianische Impulse gründen in der Spiritualität des Ignatius von Loyola. Diese wird heute von vielen Menschen neu entdeckt.

Ignatianische Impulse greifen aktuelle und existentielle Fragen wie auch umstrittene Themen auf. Weltoffen und konkret, lebensnah und nach vorne gerichtet, gut lesbar und persönlich anregend sprechen sie suchende Menschen an und helfen ihnen, das alltägliche Leben spirituell zu deuten und zu gestalten.

Ignatianische Impulse werden begleitet durch den Jesuitenorden, der von Ignatius gegründet wurde. Ihre Themen orientieren sich an dem, was Jesuiten heute als ihre Leitlinien gewählt haben: Christlicher Glaube – soziale Gerechtigkeit – interreligiöser Dialog – moderne Kultur.

Klaus Vechtel

Maria

Gott suchen und finden

echter

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

© 2017 Echter Verlag GmbH, Würzburg

www.echter.de

Umschlag: Peter Hellmund

eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheim

www.brocom.de

ISBN

978-3-429-04404-6 (Print)

978-3-429-04943-0 (PDF)

978-3-429-06363-4 (ePub)

Inhalt

Einleitung

Mutterkomplex oder Ritterromantik? Maria im Leben des Ignatius

Maria in den Exerzitien

»Unsere Herrin«

Die Menschwerdungsbetrachtung

Dem kommenden Reich Gottes dienen

Die Erscheinung des Auferstandenen bei Maria

Das Gespräch mit Maria

Maria und die »Tribute von Panem«

Jesus sehen und erkennen: »Mary, show me Jesus«

Die Niedrigkeit seiner Magd: Maria und Luther

»Konkrete Universalität«: Maria, Israel und die Kirche

Heil ist Beziehung: Maria, der erlöste Mensch

Mit Maria auf Jesus schauen – Schriftstellen

Anmerkungen

Einleitung

»Eigentlich habe ich mit Maria keine Probleme.« Eine evangelische Pfarrerin beschrieb so in einem Gespräch mit mir ihr Verhältnis zu Maria. Dabei präzisierte sie: Es gäbe kein Problem für sie mit Maria, weil diese für ihren Glauben keine wesentlich andere Bedeutung besitzt als die vielen anderen Frauen und Männer, von denen in der Hl. Schrift die Rede ist. »Eigentlich hat die Pfarrerin doch Recht« – war meine Reaktion. Tauchen die Probleme mit Maria erst dann auf, wenn man ihr eine herausragende Stellung unter allen Menschen zumisst, wenn man sie in besonderer Weise verehrt, sie um Hilfe anruft, wie es in der katholischen Kirche geschieht? Wie kann man zu Maria beten? Welche Rolle kann der biblischen Gestalt der Maria für den eigenen Glauben und den Weg der persönlichen Gottsuche zukommen?

Im Folgenden möchte ich diesen Fragen aus der Perspektive der ignatianischen Spiritualität nachgehen. Diese kommt vor allen Dingen in den Exerzitien des Ignatius von Loyola zum Ausdruck und ist an Fragen einer persönlichen Marienverehrung letztlich nicht sonderlich interessiert. Ignatius will Menschen dabei helfen, den Ruf Gottes in ihrem Leben zu vernehmen und darauf zu antworten. In diesem Zusammenhang erscheint Maria als Urtyp eines Menschen, der nach dem Ruf Gottes in seinem Leben fragt. Ignatius sieht Maria als Modell dafür an, wie Gottes Gnade in einem Menschen und auch in uns ankommen und erfahren werden kann. Maria wird zur Gesprächspartnerin für den betenden Menschen, der über ein gewöhnliches christliches Leben hinaus danach fragt, wie er »mehr« den Ruf zur Nachfolge in seinem Leben verwirklichen kann.

In einem ersten Punkt möchte ich skizzieren, welche Bedeutung Maria in der Biographie des Ignatius spielt. Anschließend gehe ich vor allen Dingen auf die Rolle Marias in den ignatianischen Exerzitien ein. Peter-Hans Kolvenbach, der frühere Generalobere des Jesuitenordens, hat in seinen Vorträgen immer wieder die Grundzüge der ignatianischen Spiritualität hervorgehoben. In einer Abhandlung über die Rolle Marias in den Exerzitien des Ignatius geht Kolvenbach von sprachlichen und begrifflichen Beobachtungen im Exerzitienbuch aus. Dabei trifft er eine wichtige Unterscheidung, die die Rolle Marias in den Exerzitien anbelangt1: Im Exerzitienbuch finden sich zum einen erzählende Texte, in denen Maria auftaucht. Diese Erzählungen beleuchten die Rolle Marias im biblischen Heilsgeschehen. Maria erscheint in diesen erzählenden Texten ab der zweiten Exerzitienwoche, wenn das Leben und der Weg Jesu in den Mittelpunkt rücken. Zum anderen finden sich im Exerzitienbuch auch funktionale Texte, in denen Maria eine Rolle spielt. Dieser Unterscheidung möchte ich folgen. So bezieht sich ein zweiter Punkt insbesondere auf die »erzählenden Texte« des Exerzitienbuches, in denen Maria eine Rolle spielt. In einem dritten Punkt möchte ich die Texte des Exerzitienbuches behandeln, in denen sich die Exerzitanten im Gebet an Maria wenden sollen. Anschließend möchte ich kurz Luthers Verständnis von Maria skizzieren: Ist dieses wirklich so diametral dem katholischen Marienbild entgegengesetzt? Welche Bedeutung hat Maria für das Verständnis der Kirche und für das Verständnis von Gnade und Erlösung? Diesen Fragen soll weiter nachgegangen werden, bevor ich in einem letzten Punkt noch einmal die biblischen Hinweise auf Maria im Blick auf das persönliche Gebet skizziere.

Danken möchte ich an dieser Stelle den Herausgebern der »Ignatianischen Impulse« für ihre wichtigen Hinweise und Korrekturen. Mein Dank gilt auch Frau Susanne Wübker und Herrn stud. theol. Martin Höhl für ihre Hilfe bei der kritischen Durchsicht des Manuskripts. Unter dem Titel »Maria – nicht nur für Fromme« habe ich im Sommersemester 2015 an der Hochschule Sankt Georgen ein Seminar zur Mariologie gehalten. Viele Anregungen und Einsichten habe ich dabei in den Diskussionen mit den Studierenden in Sankt Georgen bekommen. Ihnen sei ebenso gedankt wie den Schwestern der »Aliança de Santa Maria« in Portugal, von deren offenem und unbeschwertem Zugang zu Maria ich viel lernen durfte.

Mutterkomplex oder Ritterromantik? Maria im Leben des Ignatius

Es ist nicht überraschend, dass Ignatius eine Beziehung zu Maria hatte, die der traditionellen Frömmigkeit seiner Zeit entspricht: die Andacht vor Marienbildern, das Beten des Angelus, der Besuch der wichtigen baskischen Wallfahrtsorte. Darüber hinaus entwickelt Ignatius im Laufe seines Lebens jedoch eine sehr persönliche Beziehung zu Maria. Diese Beziehung ist geprägt durch die ritterlich-höfischen Ideale seiner Zeit, was in unseren zeitgenössischen Kontexten zunächst befremdlich wirken kann. Auch wenn sich das Rittertum zur Zeit des Ignatius durch soziale und wirtschaftliche Prozesse bereits überlebt hatte, wurden ritterliche Ideale am Hof von Fürstenhäusern weiter gepflegt. Zu solchen Idealen und Werten gehörten unter anderem die Treue und der Dienst gegenüber einem Lehensherrn, Selbstbewusstsein und Ehre (»valer más« – mehr gelten), humane und soziale Werte (die Fürsorge für Arme und Bedürftige). Aber auch die Verehrung einer hohen Dame, einer »Herrin der Gedanken und Gebieterin des Herzens«, stand einem tapferen Ritter an.2

Hugo Rahner, ein großer Kenner der ignatianischen Spiritualität, macht darauf aufmerksam, dass sich in der Schlosskapelle von Loyola unter einem Gemälde der Verkündigung des Engels an Maria der Wappenspruch der Familie Loyola befindet: »Warum nicht« (pour quoy non).3 Darin wird ausgedrückt, dass der adelige Mut eines Ritters nicht vor einem ängstlichen »Warum« zurückweicht. In den Wochen nach seiner Verwundung, die sich Ignatius bei der Verteidigung der Festung Pamplona zugezogen hatte, betete er vor dem Verkündigungsbild. Für ihn wird immer klarer, dass ein Mensch, der Gott dienen will, sich nicht von Angst und Kleinmut hindern lassen kann: »Warum sollte Gott jemanden wie mich rufen?« Der ängstlichen Frage nach dem »Warum« wird ein großmütiges »Warum nicht« entgegengehalten. Ist Maria für Ignatius ein Mensch, der sich nicht ängstlich auf die Frage »Warum« zurückzieht? Welche »Stationen« kennzeichnen den Weg des Ignatius mit Maria?4

• In der Zeit seiner schweren Krankheit in Loyola phantasiert Ignatius in seinen ritterlichen Tagträumen, was er im Dienst einer hohen Dame – vermutlich handelte es sich dabei um Catalina, die jüngste Schwester Karls V. – tun würde, »welche Sprüche und Worte er ihr sagen und welche Waffentaten er vollbringen würde« (BP 6). Eines Nachts zeigt sich ihm eine andere Dame, Maria mit dem Jesuskind. Im Blick auf Maria ergreift Ignatius eine »Abscheu vor seinem vergangenen Leben, insbesondere vor den Dingen des Fleisches, dass ihm schien, er habe aus seiner Seele alle Vorstellung entfernt, die er vorher in ihr trug. Seit jener Stunde […] gab er niemals mehr auch die geringste Zustimmung in Dingen des Fleisches« (BP 10).

 

• Auf eine fast schon anrührende Weise beschreibt Ignatius seine Leseerfahrung und die Bedeutung Marias für ihn: Mangels Alternativen beginnt er die Betrachtungen über das Leben Christi des Kartäusers Ludolf von Sachsen und eine Sammlung von Heiligenlegenden, die Legenda aurea des Dominikaners Jacobus de Voragine, zu lesen. Nachdem diese Bücher eine tiefere Zufriedenheit in ihm hinterlassen als die herkömmlichen Ritterromane, intensiviert er seine Lektüre und macht sich Notizen in einem Buch, das schließlich 300 Seiten umfasst. Seine besondere Beziehung zu Christus und zu Maria macht sich folgendermaßen fest: »Die Worte Christi schrieb er mit roter Tinte, die Unserer Lieben Frau mit blauer« (BP 11). Eine Hervorhebung in einer Zeit, in der es Textmarker noch nicht gab. Er markiert die Worte der Personen, die für ihn in der Heilsgeschichte am wichtigsten sind. Diese Worte sollen ihn prägen und verändern.

• Nach seiner Genesung bricht Ignatius auf aus seiner Heimat Loyola. Sein Ziel ist Barcelona, wo er die Erlaubnis für eine Wallfahrt ins Heilige Land erbitten will. Seine erste Station ist der baskische Marienwallfahrtsort Aránzazu, wo er wahrscheinlich ein Keuschheitsgelübde ablegt.

• Auf dem weiteren Weg gerät er mit einem Mauren in ein dogmatisches Streitgespräch um Maria. »Mauren« nannte man die nach der spanischen Rückeroberung von Granada (1492) im Land gebliebenen Muslime, die sich taufen ließen, um einer Vertreibung zu entgehen. Der Maure glaubt zwar, »dass die Jungfrau ohne Mann empfangen habe; dass sie aber beim Gebären Jungfrau geblieben sei, das könne er nicht glauben« (BP 15). Ignatius ereifert sich über die Frage nach der »virginitas in partu« (der Jungfrauenschaft Marias in der Geburt) derart, dass er seinem Gesprächspartner einige Dolchstöße versetzen will, was glücklicherweise dann doch nicht geschieht.

• Wenig später hält Ignatius am Montserrat vor dem Altar Unserer Lieben Frau vom Montserrat eine Nachtwache, in der er seine bisherigen Kleider ablegt und sein Schwert und seinen Dolch am Altar zurücklässt. Der »alte« Ignatius erinnert sich, wie ihn damals der spanische Ritterroman Amadís de Gaula, in dem der Held Esplandián eine solche Nachtwache vor dem Marienaltar hält, zu dieser Nachtwache inspirierte.

• Auch nach dem Studium und der Priesterweihe behält Maria eine wichtige Rolle im Leben des Ignatius: Das Vorhaben, mit seinen Gefährten ins Heilige Land zu gehen, scheitert, so dass man sich in Rom dem Papst zur Verfügung stellen will. In dieser Zeit bittet Ignatius Maria, sie möge bei ihrem Sohn die Gunst erwerben, ihn und die Gefährten in die Gemeinschaft mit Jesus hineinzunehmen. Er bittet, »sie möge ihn ihrem Sohn beigesellen« (BP 96). Diese Bitte erhält für Ignatius und seine Gefährten in einer ungewöhnlichen Vision einige Kilometer vor Rom in der Kapelle von La Storta eine Bestätigung. Ignatius, der nicht weiß, was ihn und seine Gefährten in Rom erwartet, spürt einen Umschwung in seiner Seele. Er sieht, »dass Gott, der Vater, ihn Christus, seinem Sohn, zugesellte, dass er nicht mehr daran zu zweifeln wagte, dass Gott, der Vater, ihn seinem Sohn zugesellte« (BP 96). Maria hat für Ignatius in den Fragen, wie er und seine Gefährten Christus nachfolgen sollen, eine »Vermittlerrolle«. Immer wieder legt er bei der Abfassung der Konstitutionen des jungen Ordens schwierige Fragen, wie etwa die Frage nach der konkreten Form der Armut im Orden, Gott, dem Vater, Christus und auch Maria vor.

Im Blick auf die Marienfrömmigkeit des Ignatius stellt sich die Frage, ob Ignatius insbesondere in der Zeit nach seiner Bekehrung eigentlich nur weltliche Ideale »umpolt« auf geistliche Inhalte hin. Aus der weltlichen Dame wird eine geistliche – Maria.5 Erscheint Maria, wie es so oft in der katholischen Kirche und ihrer männlich-klerikal dominierten Auslegungstradition der Fall ist, auch bei Ignatius als die »reine Magd«, als idealistische Überhöhung der Frau in ihrer Mutterrolle? Vor allen Dingen durch ihre Jungfrauengeburt wurde Maria als diejenige gesehen, die von Sexualität und Erotik befreit ist. Gilt dies auch für Ignatius, der sich durch Maria in seinem Wunsch nach einem keuschen Leben bestärkt weiß? Entsprechendes legen psychologische Deutungen der Biographie des Ignatius nahe: Ignatius verlor seine Mutter kurz nach der Geburt und wuchs in seinen ersten Lebensjahren bei einer Amme auf. Drückt sich in seiner Beziehung zur Mutter Gottes ein Verlangen nach Bindung und Wiedervereinigung mit der verlorenen Mutter aus, so dass aus der unerreichten, weil verstorbenen Mutter die unerreichbare, weil heilige Gottesmutter wurde?6

Biblische Frauengestalten wie Maria werden heute nicht mehr herangezogen, um eine untergeordnete Rolle der Frauen in der Kirche zu begründen. Nicht zuletzt durch die Befreiungstheologie wurde die Maria, die im Magnifikat Gott preist mit den Worten »er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen« (Lk 1,52) zur Gestalt der Befreiung. Soweit die getrennten Kirchen in Maria ihre gemeinsame israelitische Wurzel erkennen können, stellt Maria auch nicht mehr das kirchentrennende »Hindernis« schlechthin dar. In einem dramatischen Sinne als kirchentrennend erscheinen vielmehr das »Männerbündische« der katholischen Kirche und ihre männlich dominierten Machtstrukturen, weil, so Antje Vollmer, der Glaube von Frauen nicht entscheidend in die Strukturen und die Hierarchie der katholischen Kirche eingeht und als »gemeindegründend« verstanden wird. Der Glaube der Frauen sei zwar innig mit der Volksfrömmigkeit verbunden, aber er werde nicht als tragend und fundamental für die Kirche angesehen.7 Auf katholischer Seite hält Bettina Jarasch, Politikerin und Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, fest: »Wenn die Kirchenmänner nicht ernsthaft auch ihre Macht(erhaltungs)strukturen in Frage stellen, dann kommt die Kirche nicht aus der Vertrauenskrise heraus, in der sie seit Jahren steckt.«8 Kann Maria gegen eine »grässlich vermännlichte Kirche« (so Gisbert Greshake im Anschluss an ein Wort von Teilhard de Chardin) in Anschlag gebracht werden? Muss die Kirche als Ganzes marianischer werden, das heißt: weniger männlich-funktional und machtkonzentriert, sondern »bräutlicher« im Gegenüber zu Christus, kontemplativer und spiritueller, wie es (meist männliche) Theologen fordern?9 Oder werden auf diese Art und Weise doch wieder gesellschaftlich bedingte Rollenklischees weitergeführt?

Bei Ignatius finde ich bemerkenswert, dass er die Bedeutung Marias für ihn im Zusammenhang seiner eigenen persönlichen und geistlichen Entwicklungsgeschichte und somit auch im Zusammenhang von persönlicher Unreife thematisiert. Insbesondere die aggressiv-gewaltbereite Art und Weise, wie er sich gegenüber dem Mauren in der Frage nach der Jungfrauengeburt Marias verhält, zeigt Ignatius im Rückblick auf sein Leben, dass er in seinem Übereifer noch »blind war« und noch nicht wusste, »was Demut, Liebe und Geduld eigentlich waren« (BP 14). Die Frage nach der Jungfrauengeburt Marias wird für Ignatius zum Lehrstück über persönliche geistliche Unreife und mangelnde Fähigkeit zur Unterscheidung der Geister. Demut, Liebe und Geduld sind Haltungen, die auch dann nicht aufgegeben werden dürfen, wenn für uns die »kostbarsten« Inhalte des Glaubens auf dem Spiel stehen. Bei allem höfisch-ritterlichen Gebaren, das die Marienfrömmigkeit des Ignatius prägt: Das Ablegen der Waffen und seiner höfischen Kleidung vor dem Marienaltar auf dem Montserrat ist für ihn nur ein äußeres Zeichen für eine innere Wandlung, die er ersehnt. Maria soll Zeugin dafür sein. Der noch recht eigenbrötlerische Pilger Ignatius hat in den Heiligen, in Maria, doch so etwas wie eine »kirchliche Ansprechpartnerin«, mit der er sein neues Lebensprojekt teilt.

Ist Maria für Ignatius damit nur die Passive? Oder kann an ihr deutlich werden, was Demut, Liebe und Geduld wirklich sind? Wenn die Demut Marias als eine geduldige und hinhörende Haltung verstanden wird, als ein »furchtloses Annehmen dessen, was Gott für uns bereithält«10, wäre es denkbar und wünschenswert, dass sich eine »grässlich vermännlichte Kirche« an Maria ein Beispiel nimmt? Wie versteht Ignatius Maria in seinen Exerzitien? Erscheint Maria in den Exerzitien mehr als eine idealistische Überhöhung des Weiblichen, allein mütterlich und passiv? Diese Frage stellt sich auch deshalb, weil Ignatius die Exerzitien am Anfang vorwiegend Klerikern gab, die eine kirchliche Karriere vor Augen hatten.

Zur persönlichen Reflexion

Welche Rolle spielt Maria in meiner persönlichen (Glaubens-)Biographie?

Welche Vorstellungen von Maria haben mich geprägt? Wie gehe ich mit diesen Prägungen um?

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