Noah's Offenbarung

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Aus der Reihe: Red Lodge Bären #2
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Noah's Offenbarung
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Noah’s Offenbarung

Noahs Offenbarung Copyright © 2020

by Kayla Gabriel

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln ohne ausdrückliche, schriftliche Erlaubnis der Autorin elektronisch, digital oder analog reproduziert oder übertragen werden, einschließlich, aber nicht beschränkt auf, Fotokopieren, Aufzeichnen, Scannen oder Verwendung diverser Datenspeicher- und Abrufsysteme.

Veröffentlicht von Kayla Gabriel als KSA Publishing Consultants, Inc.

Gabriel, Kayla

Coverdesign: Kayla Gabriel

Foto/Bildnachweis: Deposit Photos: photocosma, kiuikson

Anmerkung des Verlegers: Dieses Buch ist ausschließlich für erwachsene Leser bestimmt. Sexuelle Aktivitäten, wie das Hintern versohlen, die in diesem Buch vorkommen, sind reine Fantasien, die für Erwachsene gedacht sind und die weder von der Autorin noch vom Herausgeber befürwortet oder ermutigt werden.

Inhalt

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Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

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1

„Also was denkst du?”, fragte Aubrey. Sie hielt an den Stufen inne, die von der Küche ins Wohnzimmer führten, und ein erwartungsvoller Blick lag auf ihrem Gesicht. Von seinem Platz auf der Couch aus präsentierte das helle Küchenlicht perfekt Aubreys Sanduhr-Silhouette.

„Über dich?”, fragte Luke und ließ seinen Blick von Kopf bis Fuß über sie wandern. Lange, dunkelrote Locken flossen über ihren Rücken und ihre Schultern und bildeten dicke Wellen, die an ihrer Taille endeten. Sie trug ein figurbetontes schwarzes Kleid mit einem dünnen Lackledergürtel, der ihre Taille zierte. Zusammen mit ihren unverkennbaren kirschroten Stöckelschuhen machte das Ensemble das Beste aus jedem köstlichen Zentimeter ihres kurvigen Körpers.

Luke warf ihr ein langsames, verschmitztes Lächeln zu und Aubrey schnaubte gespielt entrüstet.

„Nicht über mich, über das Haus”, sagte sie und rollte mit den Augen. Sie kam herunter, ihre Absätze klackten auf dem Boden, das Schwanken ihrer Taille lenkte ihn ab … wieder einmal.

Aubrey setzte sich neben Luke auf die Couch und nahm den Laptop, den er auf dem Kaffeetisch liegengelassen hatte. Sie arbeitete einen Moment, mit hochgezogenen Augenbrauen, bis sie den Laptop in seine Richtung drehte.

„Das hier gefällt mir am meisten, glaube ich“, sagte Aubrey. „Das Haus ist größer, als ich für mich selbst geplant habe, aber es hat einen schönen Garten. Und … es ist in der Nähe von vielen Schulen.“

„Schulen, hm?“, fragte Luke und zog eine Augenbraue hoch. „Ich wusste nicht, dass wir uns schon darüber Sorgen machen.“

Aubrey errötete bis zu den feurigen Wurzeln ihres Haares und hob eine Schulter zu einem lässigen Achselzucken.

„Ich schaue nur aus Interesse, das ist alles“, erwiderte sie.

Luke lehnte sich hinüber und küsste sie auf ihre nackte Schulter, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder dem Laptop zuwandte. Seine Finger bewegten die Maus, während er sich die Fotos ansah, die Aubrey ihm zeigte und seine Lippen dabei nachdenklich zusammenpresste. Es war wirklich ein schönes Haus, groß und hell und luftig.

Er klappte den Laptop zu und warf Aubrey einen langen Blick zu.

„Das Problem mit Häusern –“, begann er, aber seine Partnerin schnitt ihm das Wort ab.

„Kostet es zu viel? Es ist zu groß, oder? Glaubst du, wir überstürzen die Dinge, indem wir schon ein Haus suchen, obwohl wir noch gar nicht geheiratet haben?“, platzte Aubrey heraus und trommelte mit ihren Fingern auf ihrem Schoß.

„Aub“, seufzte Luke.

„Es ist okay, wir können auch einfach warten”, sagte Aubrey.

So wie ihre Schultern bei dem Gedanken sackten, kicherte er beinahe. Wenn seine Partnerin etwas fühlte, dann fühlte sie es mit ihrem ganzen Herzen und investierte all ihre beträchtliche Kraft dabei. Luke streckte seine Hände aus und nahm ihre Hand, ließ seinen Daumen über den glitzernden Diamant-und-Saphirring fahren, der ihre linke Hand schmückte. Der Ring, den er auf ihren Finger gesteckt hatte, als er sie gebeten hatte, seine Partnerin zu sein, direkt nach dem er ihr versprochen hatte, dass er ihr die ganze Welt zu Füßen legen würde.

Er hatte jedes Wort so gemeint und nichts würde seine Hingabe für Aubrey Rose Umbridge mindern. Wenn überhaupt, dann wuchs seine Leidenschaft dafür, sie glücklich und zufrieden zu sehen, mit jedem Tag den sie miteinander verbrachten, noch mehr.

„Aubrey“, sagte Luke und schnitt ihr das Wort ab, noch ehe sie ihre Tirade weiter loslassen konnte.

„Das Problem mit den Häusern ist, dass es ganz an dir liegt. San Francisco ist deine Stadt, du kennst sie am besten. Und es ist mir egal, wie viele Schlafzimmer es dort gibt oder wie der Garten aussieht oder ob wir begehbare Kleiderschränke haben. Das ist alles nur das Sahnehäubchen, Schatz.“

Aubreys sofortige und offensichtliche Erleichterung ließ ihn kichern.

„Bist du sicher, Luke?“, fragte sie und drehte ihre Hand, um ihre Finger mit seinen zu verschränken.

„Ich bin mir ziemlich sicher. Du wirst das Haus mögen, lass uns das Haus mieten und es mit all unseren Möbeln und Klamotten füllen … und vielleicht ein paar Kindern für diese tollen Schulen, hm?“

Aubrey wurde wieder rot, aber ihre Lippen bogen sich zu einem sanften Lächeln.

„Das hört sich gut an“, flüsterte sie und umfasste seinen Kiefer und berührte mit ihren Lippen die seinen.

Lukes Handy vibrierte und ließ sie beide zusammenzucken. Er seufzte, als er eine Nachricht von seinem Bruder Gavin sah.

Finn und Noah haben das immer noch nicht besprochen. Ich kann sie nicht einmal zusammen in ein Zimmer stecken, sagte der Text. Ein weiteres Vibrieren kündigte eine weitere Nachricht an. Diese sagte: Könnte wirklich die Hilfe meines ältesten Bruders hier gebrauchen…

Luke sah zu Aubrey hoch und ein merkwürdiges Lächeln überkam seine Lippen.

„Was hältst du von einem kurzen Trip nach Montana?“, fragte er.

2

Luke stand auf der Veranda der Lodge und starrte in die Dunkelheit. Es fühlte sich so merkwürdig an, wieder hier zu sein. Es war so ruhig und friedlich. Das Gelächter seiner Freundin kam aus dem Wohnzimmer, wo Lukes Mutter sie ohne Zweifel gut unterhielt mit einer Menge an peinlichen Kinderfotos von Luke und seinen Brüdern. Obwohl er nie an Aubreys Wert gezweifelt hatte, hatte die Tatsache, dass sie und seine Mutter sich sofort gut verstanden hatten, etwas tief in seinem Bewusstsein gelöst.

 

Bei all der Großzügigkeit, Stärke und Schönheit seiner Gefährtin konnte sie manchmal hart sein. Nicht, dachte Luke, ganz so wie Genny Beran selbst. Eine Weisheit sagte, dass Männer am Ende ihre Mütter heirateten. Als er Aubrey und seine Mutter zusammen sah, konnte er dieses Gefühl verstehen. Sie waren beide eigensinnig aber dennoch hilfsbereit, süß aber auch streng, gebend und fordernd.

Luke spannte sich an bei dem Geräusch von nackten Füßen hinter sich. Er zwang sich, ruhig zu bleiben, erinnerte sich daran, dass dieser Ort sicher war. Und dann fand er Noah direkt hinter sich stehend.

„Laufen wir?“, fragte Luke seinen Bruder.

Noah zog eine Augenbraue hoch. Er war wahrscheinlich überrascht, weil Luke normalerweise alles gerne alleine machte. Noah nickte und zuckte mit den Achseln und dann traten sie beide von der Veranda. Das vertraute Geräusch des Knackens und Schnappens und Knirschens erklang leise in der Nacht als beide sich verwandelten und als zwei riesige Grizzlys nebeneinander standen.

Luke begann zu laufen und lief zu einer beliebten Stelle nur ungefähr eine Meile entfernt. Noah lief neben ihm; sogar in seiner Bärenform konnte Luke sehen, dass ihn etwas beschäftigte. Die Spannungen mit Finn schien ihn zu zermürben.

Luke nahm den langen Weg und umkreiste eine Felszunge, welche die Beran Jungen als Kinder geliebt hatten. Direkt darunter befand sich ein kleiner Teich, ein Ort, den sie in den Sommermonaten oft besucht hatten. Jetzt jedoch versuchte Luke mit Noah zu sprechen und versuchte die Dinge zwischen ihm und Finn zu klären. Er kannte die Zwillinge, seit sie auf der Welt waren und Luke hatte keine Zweifel, dass es irgendwie Noah war, der für den Grund des Streits verantwortlich war. Es lag einfach nicht Finns Natur, Streit mit seinem Bruder anzufangen.

Luke verwandelte und streckte sich und schüttelte die Nachwirkungen der Verwandlung ab. Er streckte sich auf die andere Seite des breiten, flachen Steins aus und legte sich auf den Rücken und starrte die Sterne an. Noah fand ein paar Meter entfernt eine Stelle und legte sich hin und verschränkte seine Hände unter seinem Kopf, während er in den sternenvollen Himmel anschaute.

Lange Zeit sprach keiner von ihnen. Luke war zufrieden zuzuhören und zu schauen, er war ganz in die Schönheit der Natur getaucht, die er so sehr vermisste, sobald er in die Stadt kam, in jede Stadt. Er fühlte Noahs Atem und er wusste, er musste etwas sagen, wenn er mit seinem Bruder sprechen wollte, ehe Noah einschlief.

„Wusstest du, dass Pa einen Zwillingsbruder hat?”, fragte Luke. Er schaute nicht zu Noah herüber, aber er konnte sehen, dass sein Bruder nicht länger mehr döste.

„Nein“, sagte Noah nach einem langen Moment der Stille, seine Stimme klang angespannt. Irgendwie schien er zu wissen, worüber Luke mit ihm sprechen wollte und er war schon dickköpfig genug bei dem Thema.

„Hör mich an. Ich bitte dich nicht um viel“, bestand Luke darauf. Als Noah immer noch still und ruhig war, fuhr er fort. „Pa hatte einen Zwilling, ein paar Minuten älter als er.“

Mehrere Sekunden vergingen.

„Hatte?”, fragte Noah und seine Neugier gewann die Oberhand.

„Hatte. Ich kenne nicht die ganze Geschichte, aber Tante Lindsay hat gesagt, dass sie irgendeinen Streit wegen einem Mädchen hatten. Pa und Jericho waren beide so stur, hat Tante Lindsay gesagt, dass das nur noch das I-Tüpfelchen war. Jericho ist gegangen und hat das Mädchen mitgenommen und ist nie wieder zurückgekommen. Oma Anne hat einmal im Jahr an Weihnachten eine Postkarte von Jericho bekommen und das war alles.“

Noah schien Lukes Wörter eine Minute lang zu bedenken.

„Das ist eine traurige Geschichte“, sagte Noah schließlich.

Luke setzte sich hin und starrte Noah mit hartem Blick an.

„Ich versuche hier, Parallelen zu ziehen, Noah. Pa war der dominantere Zwilling, genauso wie du. Ich nehme an, er war genauso schrecklich wie du auch.“

„Und das ist deine Angelegenheit, weil …?“ keifte Noah.

„Es ist meine Angelegenheit, wenn du ein Mitglied dieser Familie vertreibst. Ich weiß nicht, was du getan hast, dass Finn so wütend ist, aber du machst es besser rückgängig, und zwar schnell“, sagte Luke.

„Ich kann nichts ungeschehen machen, was ich nicht verstehe“, sagte Noah und stand auf. Luke stand ebenfalls auf und schüttelte seinen Kopf.

„Er wird auch nicht für immer warten, und dich ansehen, als wenn du der einzige Stern im Himmel bist. Du musst mit ihm reden und herausfinden, was los ist. Ich will die Angelegenheit geklärt haben, ehe ihr alle nach St. Louis geht.“

Noah grunzte, und drehte sich um, er verwandelte sich mit einem weichen Sprung und landete in seiner Bärenform. Luke zuckte zusammen, wissend, dass so eine prahlerische Verwandlung ziemlich schmerzvoll war. Noah lief, ohne anzuhalten davon, obwohl er ein wenig humpelte. Luke spottete nur und dachte, dass dieser Moment Noah Beran perfekt beschrieb.

3

Noah Beran rutschte unruhig auf dem engen Flugzeugsitz hin und her und versuchte sich auf den angeschalteten Bildschirm vor ihm zu konzentrieren. Die Stimme seiner Eltern und seines Bruders erhoben sich und verebbten um ihn herum, sie klangen in sein Bewusstsein trotz der Tatsache, dass er Kopfhörer aufhatte und die Musik leise spielte.

Er hob die Armlehne hoch, die sich zwischen seinem und dem leeren Platz neben ihm befand, froh darüber, dass seine Eltern den ersten Klassebereich des Flugs von Billings nach St. Louis gebucht hatten. Es war eine belanglose Geste, wenn man die seltsamen Forderungen, die sein Vater seit Kurzem machte, bedachte. Zumindest konnte er sich so ein wenig während des Flugs ausstrecken und ein wenig arbeiten. Es gab Noah auch die Möglichkeit, ein lang überfälliges Gespräch mit seinem Zwillingsbruder Finn zu führen.

Dieses Gespräch würde stattfinden, es wäre nicht zu vermeiden. Aber nach dem Beschluss des Alpharats, dass alle verfügbaren Berserker Bären Partner nehmen sollen, konnte Noah leicht verschwinden und die Einsamkeit zu suchen. Das erste große kulturelle Ereignis, um die Verkupplung zu ermutigen, war ein großes Fest im Schuppen von seinen Eltern in der Red Lodge gewesen und hatte Noah für eine ganze Woche entlastet.

Und jetzt saßen sie hier im Flugzeug und reisten zu einer zweiten riesigen Kennlernparty, weitere Alphafamilien, noch mehr wählbare Frauen und wenn das Universum gnädig war, gäbe es eine weitere offene Bar, an der Noah das ganze bescheuerte Szenario vergessen konnte.

Noah schaute sich nach seiner Familie um: Seine Mutter und sein Vater saßen hinten, und schienen in eine hitzige Diskussion verwickelt zu sein. Ohne Zweifel versuchte Genny Beran ihrem Partner etwas einzureden, was gemäßigt und vernünftiger schien, was immer das Thema auch war und Josiah widerstand dem mit all seiner Willenskraft.

Gavin und Finn standen halb in ihren entsprechenden Sitzen gegenüber dem Gang von Noah und unterhielten sich nett miteinander über die Sitze hinweg. Als die beiden Brüder, die am nächsten von ihrem Elternhaus wohnten, sahen sie sich öfter als der Rest der Beran Männer.

Camerons großer Fuß ragte ein paar Reihen vor Noah hervor. Er lag im Sitz und kämpfte zweifellos mit großer Übelkeit. Cam war immer luftkrank, seekrank und ihm wurde im Auto schlecht schon von Geburt an, etwas was Noah lustiger und lustiger fand, je größer und dominanter Cameron mit jedem Jahr wurde. Ein großer, muskulöser Bärverwandler, der grün an den Kiemen aussah, war total lustig, besonders für seine genauso großen muskulösen Berserker Brüder.

Noah zwinkerte und sein Blick ging zurück zu seinem Laptop. Er scrollte durch ein Dutzend Fotos seines letzten Auftrags, ein langwieriger Aufenthalt in Libyen mit dem Ziel, das zu einzufangen, was sein Redakteur humorvoll „die wirklich herzzerreißenden Momente im Film“ nannte. Noah arbeitete jetzt fast ein Jahrzehnt für die Tribune. Er hatte ganz unten angefangen mit dem Schießen von B-Rollen auf Flusseln, Geschichten über Feuerwehrmänner, die Katzen retteten und Damen, die immer auf der Jagd nach dem neuesten Schnäppchen waren. Jetzt hatte ihm die Tribune einen Ort zugewiesen und ihn dort hingeschickt, wissend, dass er mit der Ware zurückkehren würde. Eine lange, bewegende Geschichte über Armut und Vergebung. Lebendige Fotos von heiligen kulturellen Ereignissen. Noah wusste, was die Redakteure liebten; er hatte mehrere Kisten mit Journalismus-Preisen im Wohnzimmer seiner fast leeren Wohnung in L.A. stehen, die seine Fähigkeit und seinen Wert bewiesen.

Noah schloss seine Augen und lehnte seinen Kopf in den Nacken und hielt ein wütendes Seufzen zurück. Er ließ die Musik in seinen Kopfhörern ihn überwältigen und die Geräusche seines Lieblings Arcade Fire Albums lullten ihn ein. Er hatte in letzter Zeit nicht gut geschlafen. Nein, streich das. Er hatte seit dem letzten Jahr nicht mehr gut geschlafen, seit dieser Laos Auftrag schlecht ausgegangen war.

Er drückte die dunklen Gedanken weg, die aufsteigen wollten, Noah zögerte, als er spürte, wie der Sitz neben ihm sich herunterdrückte. Er öffnete seine Augen und wusste bereits, was er sehen würde: sich selbst, eine genaue Reflexion von sich selbst. Wer brauchte einen Spiegel, wenn man einen identischen Zwilling hatte?

„Finn“, sagte Noah und hielt seine Stimme unter Kontrolle. Er zog seine Ohrstöpsel heraus und machte seinen Laptop zu.

„Großer Bruder“, stimmte Finn mit einem Grinsen an.

„Nur um sieben Minuten”, erwiderte Noah und entspannte sich, während er in den Rhythmus der Brüderschaft glitt, den er seit der Geburt kannte. Noah schaute Finn an und bemerkte, dass sein Bruder sein dunkles Haar nahe an seine Kopfhaut gekämmt hatte. Noah bevorzugte sein Haar kurz an den Seiten und oben länger. Er ließ die sonnengebleichten, kastanienfarbenden Locken in einen stylishen, strubbeligen Look wachsen, den die Frauen zu mögen schien.

Sie hatten dieselben breiten, dunklen Augenbrauen, dieselbe fein gemeißelte Nase und das strenge Kinn. Beide hatten ein breites blitzendes Lächeln, das die Frauen liebten, besonders wenn Noah und Finn nebeneinander saßen. Obwohl Noah Stunden unter der starken Äquatorsonne verbracht hatte, hatten er und Finn dieselbe gebräunte Haut. Sie waren groß und muskulös, weniger breit als ihre muskulösen Brüder, ihre Arme und Beine und Hände waren eleganter als die von Luke oder Gavin oder Wyatt. Bei kleineren Männern schien das vielleicht drahtig, aber Noah und Finn waren einfach schlank.

Und dann gab es noch Noahs beste Eigenschaft und so auch Finns: Die lebendigen blaugrünen Augen, genau die Farbe des Ozeans vor einem Sturm, Pupillen eingefasst in einem Hauch von kanariengelb. Wenn Noah glücklich war, zogen seine Augen Menschen in Strömen an. Seine Wut stieß die meisten weg, wenn seine Augen vor Wut blitzten. Wenn es um Ausdruck und ums Herz ging, dann lag das bei den Männern der Beran Familie alles in den Augen.

Noah schloss seine Augen kurz und wunderte sich über diese genetische Eigenschaft, die nicht nur sein Zwillingsbruder besaß, sondern seine ganze Familie.

„Du siehst erschöpft aus. Sicherlich nicht das Ergebnis vom Fliegen, denn du bist der Weltreisende in der Familie”, sagte Finn und schüttelte seinen Kopf. Noah öffnete seine Augen und fühlte seinen eigenen Kopf auf die Seite fallen und die Bewegungen seines Bruders nachmachen. Ein weiterer nerviger Zwillingsfaktor war, dass keiner von ihnen in der Lage zu sein schien, zu zittern. Egal wie weit sie voneinander entfernt waren.

„Ich habe nicht gut geschlafen“, erwiderte Noah und richtete sich aus seiner gespiegelten Haltung.

„Mann, seit Papa uns gesagt hat, dass der Alpharat uns quasi verheiratet hat, wälze ich mich nur noch im Bett rum.“

„Wirklich? Seit ich mir mit dir die letzten Nächte das Zimmer teile, habe ich noch nichts bemerkt”, sagte Noah. Er musste sich keine Sorgen machen, dass Finn seinen Sarkasmus nicht verstehen würde; anders als jede andere Person auf der Welt las sein Zwilling seinen Ton immer korrekt.

„Hey, es ist nicht meine Schuld, dass Ma dein Zimmer in ein Töpferzimmer verwandelt hat. Du bist derjenige, der seit zwei Jahren nicht mehr regelmäßig nach Hause kommt.“

Noah hörte die offensichtliche Anschuldigung im Ton seines Bruders, obwohl es vielleicht freundlich und lässig klang, für alle die zuhörten. Er warf Finn ein schwaches Lächeln zu und schüttelte seinen Kopf.

„Ich war beschäftigt“, antwortete Noah schulterzuckend.

„Du hast viel verpasst“, informierte Finn ihn und lehnte sich in seinen Sitz und schaute nach vorne.

 

„Ja? Was denn? Kühe werden geboren, Pferde sterben, der US-Präsident blamiert das Land ...” Noah winkte abweisend mit der Hand.

„Ja. Weil nichts Interessantes in der Red Lodge passieren kann. Das Einzige was es wert macht dort hinzukommen, ist dort draußen, in der weitläufigen Gegend“, sagte Finn und wandte seine Hand genauso wie Noah.

„Finn …“

„Mach dir keine Sorgen, Noe”, sagte Finn und ließ Noah bei der Nutzung seines Spitznamens aus der Kindheit zusammenzucken. „Wir wissen alle, dass du zu beschäftigt und zu wichtig bist, um nach Hause zu kommen. Oder um zu mailen oder anzurufen. Oder zu texten. Mama hat dir ja das Satellitentelefon nicht aus dem bestimmten Grund gekauft, damit du uns von überall in der Welt kontaktieren kannst.“

„Das Telefon ist tot. Seit vier Satellitentelefonen schon. Manchmal habe ich lange keinen Strom für Lichter im Inneren, erst recht nicht, um ein Telefon oder Laptop einzustöpseln. Libyen ist zu sehr damit beschäftigt für die Freiheit von staatlicher Unterdrückung zu kämpfen. Einige Menschen haben größere Sorgen als andere.“

Finn schnaubte.

„Genau. Du bist ein Massetrenner, ein Abenteurer, der die Welt mit einem Tribune Artikel rettet. Und hier ist der Rest von uns, der einfach untätig herumsitzt.“

„Das habe ich nicht gesagt“, keifte Noah.

„Du sagst nicht viel im Moment. Ich höre mehr von Luke als von dir und er hat im Krieg gekämpft. Wortwörtlich.“

„Wir müssen alle unseren Weg gehen“, sagte Noah.

„Ja. Dein Leben ist äußerst erfolgreich, schnelllebig und meins ist langweilig und bedeutungslos. Das habe ich verstanden.“

Noah schaute herüber und merkte, dass sein Bruder wieder einmal in derselben Haltung saß wie er. Verschränkte Arme, zusammengepresster Kiefer und nach vorne starrend, als wenn er Löcher in die Sitze vor ihnen brennen würde.

„Noah!“, rief seine Mutter. Noah sackte vor Erleichterung in seinem Sitz zusammen. Er wollte nicht wirklich mit Finn streiten und jetzt wo er angefangen hatte, wusste er nicht, wie er es enden sollte. Sollte er sich dafür entschuldigen, wie er sein Leben lebte und die Red Lodge hinter sich gelassen zu haben? Es schien verrückt.

„Die Pflicht ruft”, sagte Noah und erhob sich und schob sich an Finn vorbei zum Gang. Sein Vater war nach vorne gegangen, um mit Gavin zu sprechen, also ließ sich Noah in den leeren Sitz neben seiner Mutter fallen.

„Ma’am“, antwortete Noah. Seine Mutter warf ihm ein sanftes Lächeln zu und legte ihre zarte Hand über seine. Sie berührte ihn immer, wenn er zu Hause war, als wenn sie unsicher war, ob er echt war oder nicht.

„Okay, hör zu. Über diese Kennlernparty, wo wir hinfliegen“, sagte Ma und warf ihm einen suchenden Blick zu.

„Oh, ja. Die tolle Stadt St. Louis. Wie man es nimmt“, sagte Noah und unterstrich seine Worte mit Shakespeare.

„Ich will, dass du dem eine Chance gibst, ja? Ich habe etwas Besonderes für dich arrangiert.“

Noah runzelte die Stirn.

„Und was könnte das vielleicht sein? Eine Tour zur Gateway Arch vielleicht?“

Ma lachte und schüttelte ihren Kopf und weigerte sich, seine Worte als unfreundlich zu betrachten.

„Nein, besser als das, ich habe dir eine Journalistin gefunden”, sagte sie.

„Eine Journalistin.“

„Ja, die Tochter von Alpha Krall.“

„Ist sie das TV Wetter Mädchen oder so?“, fragte Noah argwöhnisch.

„Nein, sie berichtet über Politik. In Washington D.C.“, antwortete seine Mutter und warf ihm einen strengen Blick zu.

„Politik, hm?”, Noah war berührt, dass seine Mutter überhaupt an ihn gedacht hatte, wenn man bedachte, dass sie fünf andere Söhne hatte und die meisten von ihnen ab und zu nach Hause kamen.

„Ja, sie heißt Abby und sie soll sehr schön und sehr klug sein. Deine Tante Susan kennt den Krall Clan ziemlich gut und als sie mir von Abby erzählt hat, habe ich an dich gedacht.“

Noah hatte überhaupt kein Interesse daran, von seiner Mutter und seiner Tante Susan verkuppelt zu werden, aber er würde nicht unhöflich sein. Zumindest hätte er so vielleicht jemanden Interessantes mit, der er auf der Kennlernparty sprechen könnte.

„Danke, Ma“, sagte er und lehnte sich hinüber, um sie zu umarmen.

„Ich will, dass du dich an Finn hältst während der Party“, befahl sie und zeigte mit einem strengen Finger auf ihn.

„Damit ich keine Probleme mache?“, fragte Noah. Ein Witz … größtenteils.

Ma warf ihm einen ungemütlichen Blick zu, Sorge war in ihrem Blick zu lesen.

„Es ist besser für euch beide, wenn ihr zusammenseid, nicht dass einer von euch das verstehen würde“, spottete sie.

„Aha, also soll ich diesmal auf Finn aufpassen”, neckte Noah. Seine Mutter rollte ihre Augen und seufzte.

„Tu es einfach, wenn ich dich schon einmal drum bitte.“

„Für dich tu ich alles, Ma“, versprach Noah mit einem Kichern.

Die Lichter gingen plötzlich oben an, die Anschnallzeichen erschienen überall in der Kabine.

„In dem Fall kannst du meinen Koffer tragen, wenn wir zum Gepäckband kommen”, sagte sie und streichelte seine Hand. „Also los!“

Noah widerstand dem Drang mit seinen Augen zu rollen, während er sich anschnallte und darauf wartete, dass das Flugzeug in St. Louis landete.

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