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Tausend und ein Tod - Leseprobe

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Tausend und ein Tod - Leseprobe
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Kathrin Brückmann

Tausend und ein Tod - Leseprobe

Ein Dialog zwischen Philosophie und Groteske

Dieses eBook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Du wirst wunderlich, Otto

Otto Weber, angenehm

Lass mich nicht dumm sterben

Impressum

Du wirst wunderlich, Otto

Otto Weber schaltete den Fernseher aus und rieb sich den linken Arm, in dem es ihn leicht zwackte. Er hatte sich schon den ganzen Tag unwohl gefühlt und auch nur wenig zu Abend gegessen. Trotzdem schienen ihm die paar Happen jetzt schwer im Magen zu liegen. Er fühlte sich schlecht.

»Es wird wohl das Beste sein, wenn ich mich hinlege«, verkündete er dem Sessel gegenüber, in dem früher immer Minna gesessen hatte. »Vielleicht lese ich noch etwas.«

Als ihm bewusst wurde, dass er mit sich selbst gesprochen hatte, fügte er hinzu: »Du wirst wunderlich, Otto.«

Er seufzte: »Wunderlich, na wunderbar. Ist ja auch kein Wunder, wenn man immer allein ist«, und lächelte über seine Wortspielerei.

Nach Minnas Tod und seiner Pensionierung lachte niemand mehr über seine Scherze.

Morgen würde Jörg nach ihm sehen. Vielleicht konnte er seinen Sohn dazu überreden, ihn zum Arzt zu fahren? In seinem Alter musste man Wehwehchen schon etwas ernster nehmen. Und so würde er auch endlich wieder einmal aus der Wohnung kommen.

Ottos Lippen kräuselten sich leicht, als er daran dachte, was Jörg dazu sagen würde.

Oh Papa, muss das sein? Ich habe um halb zwölf einen wichtigen Termin - oder so ähnlich.

Natürlich war er froh, dass Jörg ihm einige der Aufgaben abnahm, die er nicht mehr allein bewältigen konnte, aber: »Er könnte es mir weniger zeigen, wie lästig ihm das ist.«

Er schlurfte in seinen braunen Cordpantoffeln ins Badezimmer und bleckte seinem Spiegelbild im Vorbeigehen die falschen Zähne.

Viel zu langsam tröpfelte der Urin in die Toilettenschüssel. Selbst das fiel ihm inzwischen schon schwer. Als er anschließend begann, sich zu entkleiden, brach ihm vor Anstrengung der Schweiß aus.

»Was ist denn heute mit dir los, Otto?«

Ganz gegen seine Gewohnheit ließ er Hemd und Hose auf dem Badezimmerboden liegen. Er stützte sich auf den Rand des Waschbeckens und zwang sich dazu, sich mit dem Waschlappen kurz abzuseifen, bevor er sich in die Beine der Pyjamahose kämpfte.