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Bleibe Deinem eigenen Weg treu

Betrachtung zum Märchen Rotkäppchen

Buchreihe: Betrachte das Märchen

Autor: Karlheinz Schudt

Künstlerin Märchenbild: Christine Winkel

© 2020 Karlheinz Schudt und Verlag Märchenhaft leben e.V.

Alle Rechte vorbehalten

Autor: Karlheinz Schudt, Bretthorststraße 140, D-32602 Vlotho

einfach@maerchenhaft.net

ISBN: 9783969531846

1 Rotkäppchen ist nicht harmlos

Das Märchen vom Rotkäppchen ist keinesfalls harmlos, schildert es doch den Weg des Menschen vom Ursprung zu seinen geistigen Wurzeln bzw. dem Hohen Ziel.

Dass diese geistigen Wurzeln nicht mehr im Bewusstsein und in Vergessenheit geraten sind zeigt, dass gerade die Großmutter, die Urmutter alles Ursprünglichen, nicht mehr im Besitz ihrer Kräfte ist und dringend neue Nahrung benötigt, um wieder zu gesunden und zu wirken.

Wie wichtig es dabei ist, seinem ureigenen Weg zu folgen und sich nicht davon abbringen zu lassen, zeigt diese Märchen-Betrachtung.

Sie soll den Lesern Anregungen geben, sich selbst immer weiter und tiefer damit zu beschäftigen und vor allen Dingen das Märchen von Herzen zu erleben. Diese Betrachtung hat selbstverständlich keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, sie kann aber durchaus den Blickwinkel der Leserin oder des Lesers auf Dinge richten, die zuvor noch nicht im Bewusstsein waren.

Der Autor möchte in diesem Zusammenhang nochmals besonders darauf hinweisen, wie wichtig es ist, diese erlebnisorientierten Märchen-Erkundungen von Innen heraus zu vollziehen. Er gibt dazu am Ende jedes Kapitels Empfehlungen, wie dies effektiv und individuell getan werden kann.

1 Ihr persönlicher Zugang zur Mediathek

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1 Rotkäppchen (KHM 26)

Aus der Sammlung der Brüder Grimm von 1857

Es war einmal eine kleine süße Dirne, die hatte jedermann lieb, der sie nur ansah, am allerliebsten aber ihre Großmutter, die wusste gar nicht, was sie alles dem Kind geben sollte. Einmal schenkte sie ihm ein Käppchen von rotem Sammet, und weil ihm das so wohl stand und es nichts anders mehr tragen wollte, hieß es nur das Rotkäppchen.

Eines Tages sprach seine Mutter zu ihm: »Komm, Rotkäppchen, da hast du ein Stück Kuchen und eine Flasche Wein, bring das der Großmutter hinaus; sie ist krank und schwach und wird sich daran laben. Mach dich auf, bevor es heiß wird, und wenn du hinauskommst, so geh hübsch sittsam und lauf nicht vom Weg ab, sonst fällst du und zerbrichst das Glas, und die Großmutter hat nichts. Und wenn du in ihre Stube kommst, so vergiss nicht, guten Morgen zu sagen, und guck nicht erst in alle Ecken herum.« »Ich will schon alles gut machen«, sagte Rotkäppchen zur Mutter und gab ihr die Hand darauf.

Die Großmutter aber wohnte draußen im Wald, eine halbe Stunde vom Dorf. Wie nun Rotkäppchen in den Wald kam, begegnete ihm der Wolf. Rotkäppchen aber wusste nicht, was das für ein böses Tier war, und fürchtete sich nicht vor ihm.

»Guten Tag, Rotkäppchen«, sprach er. »Schönen Dank, Wolf.« »Wo hinaus so früh, Rotkäppchen?« »Zur Großmutter.« »Was trägst du unter der Schürze?« »Kuchen und Wein: gestern haben wir gebacken, da soll sich die kranke und schwache Großmutter etwas zugute tun und sich damit stärken.« »Rotkäppchen, wo wohnt deine Großmutter?« »Noch eine gute Viertelstunde weiter im Wald, unter den drei großen Eichbäumen, da steht ihr Haus, unten sind die Nusshecken, das wirst du ja wissen«, sagte Rotkäppchen.

Der Wolf dachte bei sich: »Das junge zarte Ding, das ist ein fetter Bissen, der wird noch besser schmecken als die Alte: du musst es listig anfangen, damit du beide erschnappst.« Da ging er ein Weilchen neben Rotkäppchen her, dann sprach er: »Rotkäppchen, sieh einmal die schönen Blumen, die ringsumher stehen, warum guckst du dich nicht um? Ich glaube, du hörst gar nicht, wie die Vöglein so lieblich singen? Du gehst ja für dich hin, als wenn du zur Schule gingst, und ist so lustig hier in dem Wald.«

Rotkäppchen schlug die Augen auf, und als es sah, wie die Sonnenstrahlen durch die Bäume hin und her tanzten und alles voll schöner Blumen stand, dachte es: »Wenn ich der Großmutter einen frischen Strauß mitbringe, der wird ihr auch Freude machen; es ist so früh am Tag, dass ich doch zu rechter Zeit ankomme«, lief vom Wege ab in den Wald hinein und suchte Blumen. Und wenn es eine gebrochen hatte, meinte es, weiter hinaus stände eine schönere, und lief darnach, und geriet immer tiefer in den Wald hinein.

Der Wolf aber ging geradeswegs nach dem Haus der Großmutter und klopfte an die Türe. »Wer ist draußen?« »Rotkäppchen, das bringt Kuchen und Wein, mach auf.« »Drück nur auf die Klinke«, rief die Großmutter, »ich bin zu schwach und kann nicht aufstehen.« Der Wolf drückte auf die Klinke, die Türe sprang auf, und er ging, ohne ein Wort zu sprechen, gerade zum Bett der Großmutter und verschluckte sie. Dann tat er ihre Kleider an, setzte ihre Haube auf, legte sich in ihr Bett und zog die Vorhänge vor.

Rotkäppchen aber war nach den Blumen herumgelaufen, und als es so viel zusammen hatte, dass es keine mehr tragen konnte, fiel ihm die Großmutter wieder ein, und es machte sich auf den Weg zu ihr. Es wunderte sich, dass die Türe aufstand, und wie es in die Stube trat, so kam es ihm so seltsam darin vor, dass es dachte: »Ei, du mein Gott, wie ängstlich wird mir's heute zumute, und bin sonst so gerne bei der Großmutter!« Es rief »Guten Morgen«, bekam aber keine Antwort.

Darauf ging es zum Bett und zog die Vorhänge zurück: da lag die Großmutter und hatte die Haube tief ins Gesicht gesetzt und sah so wunderlich aus. »Ei, Großmutter, was hast du für große Ohren!« »Dass ich dich besser hören kann.« »Ei, Großmutter, was hast du für große Augen!« »Dass ich dich besser sehen kann.« »Ei, Großmutter, was hast du für große Hände« »Dass ich dich besser packen kann.« »Aber, Großmutter, was hast du für ein entsetzlich großes Maul!« »Dass ich dich besser fressen kann.« Kaum hatte der Wolf das gesagt, so tat er einen Satz aus dem Bette und verschlang das arme Rotkäppchen.

Wie der Wolf sein Gelüsten gestillt hatte, legte er sich wieder ins Bett, schlief ein und fing an, überlaut zu schnarchen. Der Jäger ging eben an dem Haus vorbei und dachte: »Wie die alte Frau schnarcht, du musst doch sehen, ob ihr etwas fehlt.« Da trat er in die Stube, und wie er vor das Bette kam, so sah er, dass der Wolf darin lag.

»Finde ich dich hier, du alter Sünder«, sagte er, »ich habe dich lange gesucht. « Nun wollte er seine Büchse anlegen, da fiel ihm ein, der Wolf könnte die Großmutter gefressen haben und sie wäre noch zu retten: schoss nicht, sondern nahm eine Schere und fing an, dem schlafenden Wolf den Bauch aufzuschneiden.

Wie er ein paar Schnitte getan hatte, da sah er das rote Käppchen leuchten, und noch ein paar Schnitte, da sprang das Mädchen heraus und rief: »Ach, wie war ich erschrocken, wie war so dunkel in dem Wolf seinem Leib!« Und dann kam die alte Großmutter auch noch lebendig heraus und konnte kaum atmen. Rotkäppchen aber holte geschwind große Steine, damit füllten sie dem Wolf den Leib, und wie er aufwachte, wollte er fortspringen, aber die Steine waren so schwer, dass er gleich niedersank und sich tot fiel.

Da waren alle drei vergnügt; der Jäger zog dem Wolf den Pelz ab und ging damit heim, die Großmutter aß den Kuchen und trank den Wein, den Rotkäppchen gebracht hatte, und erholte sich wieder, Rotkäppchen aber dachte: »Du willst dein Lebtag nicht wieder allein vom Wege ab in den Wald laufen, wenn dir's die Mutter verboten hat.«

Es wird auch erzählt, dass einmal, als Rotkäppchen der alten Großmutter wieder Gebackenes brachte, ein anderer Wolf ihm zugesprochen und es vom Wege habe ableiten wollen.

Rotkäppchen aber hütete sich und ging gerade fort seines Wegs und sagte der Großmutter, dass es dem Wolf begegnet wäre, der ihm guten Tag gewünscht, aber so bös aus den Augen geguckt hätte: »Wenn's nicht auf offener Straße gewesen wäre, er hätte mich gefressen.« »Komm«, sagte die Großmutter, »wir wollen die Türe verschließen, dass er nicht herein kann.«

Bald darnach klopfte der Wolf an und rief: »Mach auf, Großmutter, ich bin das Rotkäppchen, ich bring dir Gebackenes.« Sie schwiegen aber still und machten die Türe nicht auf: da schlich der Graukopf etliche mal um das Haus, sprang endlich aufs Dach und wollte warten, bis Rotkäppchen abends nach Haus ginge, dann wollte er ihm nachschleichen und wollt's in der Dunkelheit fressen. Aber die Großmutter merkte, was er im Sinn hatte.

Nun stand vor dem Haus ein großer Steintrog, da sprach sie zu dem Kind: »Nimm den Eimer, Rotkäppchen, gestern hab ich Würste gekocht, da trag das Wasser, worin sie gekocht sind, in den Trog.«

Rotkäppchen trug so lange, bis der große, große Trog ganz voll war. Da stieg der Geruch von den Würsten dem Wolf in die Nase, er schnupperte und guckte hinab, endlich machte er den Hals so lang, dass er sich nicht mehr halten konnte und anfing zu rutschen: so rutschte er vom Dach herab, gerade in den großen Trog hinein, und ertrank.

Rotkäppchen aber ging fröhlich nach Haus, und tat ihm niemand etwas zuleid.

1 Höre auf Dein Innerstes und bleibe Deinem Weg treu!

 

Das Märchen vom Rotkäppchen gehört zu den bekanntesten Märchen aus der Sammlung der Brüder Grimm, aber auch zu jenen, die eine Menge Rätsel aufwerfen und dafür nicht selten unzählige Male belächelt, verniedlicht oder zynisch missbraucht wurden.

Mit dem ersten oberflächlichen Blick betrachtet ist das wohl auch nicht verwunderlich, denn wer hat schon einmal einen Wolf gesehen, der sprechen kann, gleichzeitig eine alte Frau verschluckt, anschließend ein kleines Mädchen verschlingt und am Ende beide wieder lebendig heraus lässt?

Doch schauen wir einmal, welche Rätsel im Rotkäppchen zu entschlüsseln sind und nehmen uns dazu die Fassung des Märchens aus der Grimmschen Ausgabe von 1857 mit der Bezeichnung KHM Nr. 26 (Kinder- und Hausmärchen) zur Grundlage.

Es war einmal eine kleine süße Dirne, die hatte jedermann lieb, der sie nur ansah, am allerliebsten aber ihre Großmutter, die wusste gar nicht, was sie alles dem Kind geben sollte. Einmal schenkte sie ihm ein Käppchen von rotem Sammet, und weil ihm das so wohl stand und es nichts anders mehr tragen wollte, hieß es nur das Rotkäppchen.

Es wird von einem Mädchen berichtet, das offenbar allseits beliebt war. Die Großmutter jedoch hatte eine besondere Beziehung zu dem Kind und diese Beziehung drückte sich in ihrer Liebe zu ihm aus und in dem Geschenk, das es von der Großmutter erhalten hatte: einem roten Käppchen aus Samt.

Die Mutter wird zunächst gar nicht erwähnt in dieser Beziehung und von einem Vater hören wir im Verlauf des ganzen Märchens überhaupt nichts. Es geht anscheinend um einen mehr weiblichen Prozess, der allerdings nicht alleine auf „Frau“ und „Mann“ reduziert werden sollte. Wie so oft im Märchen werden wir als Betrachter auf einen inneren Prozess vorbereitet, der sich im weiteren Verlauf der Geschichte immer deutlicher heraus kristallisieren wird.

Auch das Mädchen selbst kann sich mit dem Geschenk der Großmutter so verbinden, dass es nichts anderes mehr tragen wollte. Ja selbst die Großmutter war ratlos, da sie nicht mehr wusste, wie sie ihre Liebe zu dem Kind noch ausdrücken hätte können.

Wir hören also von einer sehr innigen Beziehung zwischen einem jungen und einem alten Leben. Die Beziehung zur eigentlich nahe stehenden Mutter hat nicht die Bedeutung, als die räumlich distanzierte Beziehung zur Großmutter.

Nun ist das eigentlich gar nicht einmal so abwegig, da Mutter und Kind, insbesondere die Tochter, in vielerlei seelisch-emotionalen Angelegenheiten gerne miteinander verstrickt sind. Dieser unvorteilhafte Umstand wirkt sich leider nicht immer förderlich auf beide aus.

Die Großmutter hingegen hat in vielen Fällen eine wohltuende Distanz zu dem Kind und kann so von einer höheren Warte aus verständnisvoller als die Mutter reagieren. Gerade die Großmutter besitzt in vielen Fällen aufgrund ihrer größeren Lebenserfahrung mehr Weitblick und Weisheit.

Das Mädchen erhielt also ein rotes Käppchen von der Großmutter. Zu welchem Zweck diese Kappe gut war, wird nicht berichtet. Wohl wird gesagt, dass es sich um ein Kleidungsstück handelt, welches das Mädchen gar nicht mehr ablegen wollte und das offenbar eine besondere Rolle in seinem Leben spielte.

Wenn im Märchen etwas auf diese Art und Weise betont wird, dann hat es immer eine besondere Bedeutung, Schauen wir uns dieses rote Samtkäppchen etwas genauer an. Es handelt sich also um etwas, was den Kopf bedeckt. Wie schon erwähnt wissen wir nicht, wie groß es ist und ob es überhaupt eine praktische Funktion hatte. Es könnte sich auch um etwas Ähnliches gehandelt haben, wie z. B. eine Krone. Jene „Kopfbedeckung“ hat keinen praktischen Nutzen, ist aus schwerem Stoff und schützt weder vor Kälte, noch vor Wind oder Regen. Das Einzige was wir über das Käppchen als Kleidungsstück wissen, ist die Farbe, die Beschaffenheit und die Eigenschaft, dass es etwas mit dem Kopf zu tun hat.

Wenn wir nun davon ausgehen, und das ist in den meisten Volksmärchen der Fall, dass diese Kappe nichts mit dem Ohren wärmen oder dergleichen zu tun hat, dann handelt es sich hier um einen inneren oder seelisch-spirituellen Prozess. Jener ist keinesfalls nur auf das kleine Mädchen in diesem Märchen beschränkt, sondern zeigt uns mit dieser Figur des Rotkäppchens, dass es eigentlich um jeden Menschen geht.

Doch zurück zur Kappe. Sie wird auf dem Kopf getragen und deutet auf einen Zustand hin, der sich in unserem Bewusstsein ausdrückt. Welcher Zustand es wohl sein mag, darauf weist uns die Farbe rot. Rot hat etwas mit Fließen zu tun, mit ständig in Bewegung sein, Leidenschaft und Aktivität. Die Farbe Rot wird gerne mit dem Zustand der Liebe in Verbindung gebracht.

Es kommt offenbar nicht von ungefähr, dass unser menschliches Blut auch diese Farbe und schließlich die bereits genannten Eigenschaften aufweist. Im Volksmund kennt man gut das Sprichwort: „wenn das Blut in Wallung gerät“ oder „ich koche vor Wut“.

Diese sinnbildlichen Ausdrücke beschreiben einen Prozess, der tatsächlich so in der Regel nicht im physischen geschieht. Das Blut wird wohl immer die notwendige Körpertemperatur haben und nicht plötzlich zu kochen beginnen, wenn wir Menschen uns gerade in einem leidenschaftlichen Prozess befinden. Es sei denn, wenn dieser emotionale Prozess (Wut, Ärger, Aggression, Übermut, etc.) längere Zeit anhält, so kann es durchaus möglich sein, dass dieser seelische Zustand auf unseren Körper übergeht und somit unseren Blutdruck dauerhaft steigen lässt mit allen unangenehmen Begleit- und Folgeerscheinungen.

So weist dieser Prozess darauf hin, dass unser Bewusstsein etwas von uns fordert, das es zu erledigen oder zu verwandeln gilt. Hinzu kommt, dass diese Kappe keine gewöhnliche, kratzige aus Wolle war, sondern aus weichem, anschmiegsamem Samt.

Die Geschichte des Samts war immer eng mit der Seidenweberei verbunden. Samt wurde ganz plötzlich in Europa beliebt zu Zeiten der Renaissance und fand besonders in der Damenbekleidung ein großes Anwendungsgebiet. In Deutschland entfaltete sich die Samtindustrie in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

So macht die Beschaffenheit und die Wichtigkeit, welche die Kappe für das Mädchen spielte, deutlich, dass hinter diesem Verhalten mehr steckt, als nur der Besitz eines schönen Käppchens.

Wenngleich es nicht von der Hand zu weisen ist, dass durchaus ein wenig Eitelkeit bei diesem zur Schau stellen dieses einmaligen Samt-Käppchens mitgespielt hat. Schließlich ist diese Farbe kaum zu übersehen und auch der Name des Mädchens deutet darauf hin, dass gerade dieses „Markenzeichen“ sie einzigartig macht, aber auch stolz und eitel.

Von letzteren Eigenschaften ist der Schritt zur Überheblichkeit, zum Egoismus und schließlich zur Gier nicht mehr weit, vor allen Dingen, wenn man mit seinem wahren Weg und Ziel nicht mehr verbunden ist.

Praktische Hinweise zur Selbstbetrachtung:

Nehmen Sie sich nun ausreichend Zeit und Muße und suchen einen Ort der Stille auf, an dem Sie nicht gestört werden können. Machen Sie es sich dort gemütlich und stimmen sich innerlich auf die nun folgenden Fragen ein.

Nehmen Sie die Bilder des Märchens wahr!

Wenden Sie sich nun in Ihren inneren Bildern der Figur des Rotkäppchens und der Großmutter zu, da die Mutter selbst in diesem Märchen eine weitaus geringere Rolle spielt, als die Großmutter.

Nehmen Sie zunächst einmal ihre äußeren Erscheinungen wahr, und beschreiben Sie in Stille für sich, welche Kleidung sie tragen, wie sie sonst aussehen und in welchem Umfeld sie leben.

Nehmen Sie die Stimmungen und Gefühle wahr!

Wenden Sie sich nun den Gefühlen und Stimmungen zu, die Ihnen beim Betrachten der beiden Figuren in den Sinn kommen. Welche Charaktereigenschaften strahlt das Rotkäppchen für Sie aus? Welche die Großmutter?

Nehmen Sie alles wahr, sowohl die positiven, wie auch die negativen Gefühle. Werten Sie oder urteilen Sie bitte nicht, nehmen Sie nur wahr. Notieren Sie am Ende alles, was Sie an Bildern und Stimmungen wahrgenommen haben.

Fragen Sie sich nun, welche Prozesse das Rotkäppchen und welche Prozesse die Großmutter in Ihnen ansprechen, welche Reaktionen sie in Ihrer Seele, Ihrem Gemüt auslösen?

Nehmen Sie die „Botschaften“ für Ihr Leben wahr!

Was möchten die beiden Figuren Ihnen sinnbildlich „zurufen“? Welche innere Botschaft(en) möchten sie Ihnen für Ihr Leben mitteilen? Können Sie diese „Botschaft“ an Sie in einen kurzen, aussagekräftigen Titel, eine Art Motto bringen (z. B.: „Lass Dich nicht ablenken, bleibe Dir und Deiner Lebensaufgabe treu!“, etc.)?

Notieren Sie, was Ihnen dazu einfällt!

Verfahren Sie bei den nun noch folgenden sechs Kapiteln auf ähnliche Weise. Die Kunst bei dieser einfachen Betrachtung ist jetzt nicht, die Weisheiten, die in dem Märchen stecken, wissen zu wollen, sondern alles in Ihrem Gemüt in Ruhe und Muße zu bewegen und zu beobachten und wach zu bleiben, wenn sich diese Weisheiten ganz natürlich und von selbst offenbaren.

Bitte vergessen Sie nicht, Ihre Wahrnehmungen gleich zu notieren, ohne zu werten oder zu urteilen. Sie sind alle flüchtig und es ist sehr ratsam, wirklich GLEICH zu notieren. Wie schnell vergisst man all diese Bilder und Stimmungen aus dem Inneren wieder.

Ähnlich verhält es sich beim Aufwachen und anschließendem Reflektieren eines Traumes, den man im Schlaf hatte. Wie schnell schwinden die Erinnerungen an diesen Traum wieder, wenn man ihn nicht gleich unmittelbar niederschreibt.

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