Der Händler von Serdescht

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Der Händler von Serdescht
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KARL MAY
DER HÄNDLER VON SERDESCHT

REISEERZÄHLUNG AUS DEM ORIENT

Aus

KARL MAYS

GESAMMELTE WERKE

BAND 23

„AUF FREMDEN PFADEN“

© Karl-May-Verlag

eISBN 978-3-7802-1312-9

KARL-MAY-VERLAG

BAMBERG • RADEBEUL

Inhalt

DER HÄNDLER VON SERDESCHT

Der Armenier

Bei den Sebari-Kurden

DER HÄNDLER VON SERDESCHT
Der Armenier

Wir kamen von Serdescht und ritten am rechten Ufer des kleinen Sab hin, den wir später verlassen wollten, um Erbil, das von Alexander dem Großen her berühmte Arbela, zu erreichen. Wenn ich sage ‚wir‘, so meine ich damit nur zwei Personen, nämlich mich selbst und meinen kleinen tapferen Hadschi Halef Omar, der früher mein Diener und Reisebegleiter gewesen war, jetzt aber, seit er den Rang eines Scheiks aller Haddedihn-Araber einnahm, nicht mehr in einem untergeordneten Verhältnis zu mir stand und mich nur aus treuer Anhänglichkeit, nicht aber für Lohn begleitete. Die Leser meiner Erzählungen werden das liebe, wackere Männchen gewiss noch kennen. Wir wollten in Erbil einige Tage ausruhen und dann über den Tigris setzen, um auf den Weiden der Dschesireh seinen Stamm aufzusuchen.

Wir waren nur zwei Tage in Serdescht gewesen und hatten den Ort in sehr großer Aufregung gefunden. Schon im letzten Frühjahr waren drei Mädchen von dort spurlos verschwunden; man hatte erfahren, dass auch an anderen Orten plötzlich welche vermisst wurden, und da die betreffenden die schönsten ihrer Gespielinnen gewesen waren, so musste man annehmen, dass ihre Schönheit ihnen verhängnisvoll geworden sei und es sich nicht um ein zufälliges Verschwinden, sondern um einen Raub handle. Man sprach von einem Kys-Kapan[1], der im Lande umherziehe, um für vornehme Harems hübsche, junge Mädchen zusammenzustehlen, und gab sich alle Mühe, eine Spur von ihm oder seinen Opfern zu entdecken, doch vergeblich. Das war nicht bloß verbotener Handel mit Sklavinnen, sondern Frauenraub, ein Verbrechen, das mit dem Tode bestraft wird. Der Räuber musste ein außerordentlich verwegener und ebenso listiger und verschlagener Mensch sein und zahlreiche Helfershelfer zur Seite haben, da es einem Einzelnen unmöglich war, sich einer ganzen Anzahl von Mädchen zu bemächtigen und den gefährlichen und mühsamen Transport durchzuführen.

Sein verbrecherisches Geschäft war jedenfalls sehr einträglich, denn seit dem Verbot des Handels mit Sklavinnen war deren Preis außerordentlich in die Höhe gegangen und die Nachfrage größer als das Angebot geworden. Gefragt nämlich war die Menschenware trotz des strengen Verbots, und weil die betreffenden Beamten ihren Bedarf selber heimlich und auf ungesetzlichem Wege deckten, fiel es ihnen nicht ein, die Händler zu verfolgen oder gar zu bestrafen.

Nun waren zwei Tage vor unserem Eintreffen in Serdescht wieder drei Mädchen vollständig spurlos verschwunden und alles Forschen nach ihnen hatte nicht das geringste Ergebnis gehabt. Wir beiden ahnungslosen und unschuldigen Menschen wurden sofort bei unserer Ankunft überfallen und in das Sindân[2] geschafft, und wenn ich nicht so vortreffliche Legitimationen besessen hätte, wäre es uns wohl nicht möglich gewesen, den Staub dieses Ortes so bald von unseren Füßen zu schütteln.

Mein guter Halef war empört über den Verdacht, mit dem man mich und ihn gekränkt hatte; er konnte unsere Verhaftung gar nicht vergessen, fing immer wieder an, von ihr zu sprechen, und sagte auch jetzt, als wir nebeneinander dahinritten:

„Du bist so still, Sihdi. Gewiss denkst du an das, was wir in Serdescht erleben mussten, und dein Zorn darüber ist so groß, dass er keine Worte findet. Ich aber muss reden, sonst bekommt meine Seele einen Riss und mein Körper zerplatzt vor Wut. Wir sollen Frauenräuber sein? Ist nicht Hanneh, mein Weib, die allerschönste der Blumen unter den Gemahlinnen? Kann ich eine bessere finden? Werde ich mir ein Weib stehlen, das ich gar nicht brauche, eine Gattin, die mir vollständig überflüssig ist? Ich, der berühmte Hadschi Halef Omar, der erste und oberste Scheik der Haddedihn, ein Spitzbube, ein Mädchenräuber! Und du, dessen Seele noch unverheiratet ist, dessen Herz keine Ehe kennt und dessen Verstand lebenslänglich ohne Weib bleiben will, auch du bist mit in das Gefängnis gesteckt worden! Maschallah! Es ist wirklich ein Wunder Gottes, dass wir dieses Serdescht nicht so zugerichtet haben, dass kein Stein mehr auf dem anderen liegt! Wir haben den Löwen erlegt und den schwarzen Panther erschossen, wir haben mit Hunderten von Feinden gekämpft und sind stets Sieger geblieben. Wir kennen alle Wissenschaften und Vorteile, in uns beiden wohnen die Begriffe sämtlicher Gelehrsamkeiten; die größten Helden haben uns um Verzeihung gebeten und die höchsten Beamten der Herrscher uns um unsere Freundschaft ersucht – und kaum sind wir in diese Stadt der Dummheit, in diesen Aufenthalt der gehirnlosen Köpfe eingeritten, so werden wir nach dem Sindân gebracht! Ich hätte mich bis zum letzten Tropfen meines Blutes dagegen gewehrt; da aber du es für klug hieltest, ruhig zu bleiben, so habe ich mich bemeistert und die Flut meines Zorns nicht überfließen lassen; doch Allah mag dieses Serdescht aus dem Lande der Lebenden streichen und den Bewohnern allen die Schnurr- und auch die Backenbärte verbrennen lassen, dass jeder, der einen solchen Serdeschti erblickt, ihm zuruft: ,Ali ’alêk – Schande über dich!‘ Habe ich nicht Recht, Sihdi?“

Halef besaß ein außerordentlich empfindliches Ehrgefühl; er hielt mich für den vortrefflichsten von allen Erdenbewohnern und glaubte im Stillen, dass er wenigstens ebenso vortrefflich sei wie ich; daher sein Grimm über das uns zugefügte Ungemach. Hätte ich ihm widersprochen, so wäre mir eine schier endlose Ermahnung aus seinem beredten Munde geworden; darum antwortete ich:

„Ja, du hast Recht, mein lieber Halef. Aber du bist doch ein Anhänger des Glaubens, dass alles, was dem Menschen widerfährt, im Buch des Lebens vorausbestimmt sei; wir konnten also der Verhaftung nicht entgehen, sie war uns bestimmt und so handeln wir nur nach deinem Glauben, wenn wir das, was nicht zu ändern war, nun unbesprochen hinter uns liegen lassen.“

„Dein Wort ist wahr, Sihdi, und darum soll meine Zunge dieses Serdescht nicht mehr berühren. Mein Pferd scheint zu dürsten und die Sonne brennt heiß. Wollen wir nicht Halt machen, um die Stunde des Mittags vorübergehen und unsere Tiere trinken zu lassen?“

„Ich bin einverstanden. Während der Ruhe können wir versuchen, für das heutige Abendessen einige Fische zu fangen, denn ich glaube nicht, dass uns heute eine Ghasâl[3] vor die Gewehre kommt.“

Wir fanden bald eine schattige, für unseren Zweck passende Uferstelle und stiegen ab. Halef schnitt eine lange Rute aus dem Gebüsch, befestigte seine Ssinnâra[4] daran und gab sich dem von ihm leidenschaftlich betriebenen Fischfang hin, bei dem er heute Glück hatte; denn er brachte es in kurzer Zeit zu einem Vorrat, der mehr als ausreichend für heute Abend war.

Während wir die ausgenommenen Fische der Hitze wegen in saftige Wildkürbisblätter einschlugen, hörten wir Huftritte, die am Fluss aufwärts kamen, und gleich darauf bog ein Reiter, der ein Packpferd bei sich führte, um das vorstehende Gesträuch. Er hatte jedenfalls nicht erwartet, in dieser einsamen Gegend auf Menschen zu treffen, und schien über unseren Anblick nicht nur betroffen, sondern sogar erschrocken zu sein. Er fasste sich aber rasch, hob die rechte Hand bis zur Höhe der Brust und grüßte:

„Sabahinis chajr ola – guten Tag, meine Herren! Allah schenke euch Ruhe und neue Kräfte der Glieder.“

Wir erwiderten seinen Gruß in türkischer Sprache, deren er sich bedient hatte. Er musterte uns mit scharf forschendem Blick und fuhr dann fort:

„Mein Herz ist über euren Anblick erfreut. Wie heißt der Ort, von dem ihr kommt?“

„Serdescht“, antwortete ich.

„Und wo wollt ihr hin?“

„Nach Erbil.“

„Das ist ein weiter Weg und ihr tut wohl, euch auszuruhen. Ich will nach Serdescht, woher ihr kommt, und meine Pferde sind ermüdet. Würdet ihr mir erlauben, hier bei euch abzusteigen?“

„Jeder gute Mensch ist uns willkommen.“

„So will ich hoffen, dass ihr mich nicht für einen schlechten haltet.“

Er stieg vom Pferd und setzte sich zu uns. Ich hatte ihm auf seine letzte Frage absichtlich diese Antwort erteilt, denn er gefiel mir nicht. Er war ein langer, hagerer, aber starkknochiger Mann, der sich wie lauschend vornübergebeugt hielt. Er trug als Kopfbedeckung nur einen Fez, der so weit zurückgeschoben war, dass man die schmale, sehr niedrige Stirn vollständig sehen konnte. Ein sehr dünner, fast ruppiger Bart hing über seine blutleeren Lippen herab; darüber ragte eine starkgebogene, breitflügelige Habichtsnase, zu deren beiden Seiten zwei kleine, listige Augen unter den weit und vorsichtig herabfallenden Lidern nur halb zu sehen waren. Die stark entwickelten Kauwerkzeuge und das breit vortretende Kinn ließen auf Egoismus, Rücksichtslosigkeit und überwiegend tierische Affekte schließen, während die obere Hälfte des Gesichts eine bedeutende, absichtlich verborgene Verschlagenheit verriet. Wenn dieser Mann nicht ein Armenier war, so gab es überhaupt keine Armenier!

Ein Jude überlistet zehn Christen, ein Yankee betrügt fünfzig Juden, ein Armenier aber ist hundert Yankees gewachsen: So sagt man und ich habe gefunden, dass dies zwar übertrieben ausgedrückt ist, aber doch auf Wahrheit beruht. Man bereise den Orient mit offenen Augen, so wird man mir Recht geben. Wo irgendeine Heimtücke, eine Verräterei geplant wird, da ist sicher die Habichtsnase eines Armeniers im Spiel. Wenn selbst der gewissenlose Grieche sich weigert, eine Schurkerei auszuführen, es findet sich ohne allen Zweifel ein Armenier, der bereit ist, den Sündenlohn zu verdienen. Sind die so genannten Levantiner überhaupt und im Allgemeinen berüchtigt, so ist unter ihnen der Armenier derjenige, der sie alle übertrifft.

 

Damit soll nicht etwa gesagt sein, dass dieses Urteil für jeden Armenier gelte, o nein! Ich habe ja selbst so manchen Ärmeni als einen braven, ehrlichen und zuverlässigen Menschen kennengelernt. Aber wer die Verhältnisse kennt, der weiß, dass sich unter zehn Personen, die gegen Bezahlung für alles zu haben sind, wenigstens sechs oder sieben Armenier befinden. Das Betrübendste dabei ist, dass die Armenier Christen sind. Es ist mir nicht nur einmal, sondern sogar sehr oft vorgekommen, dass Muhammedaner mich nur deshalb als Christen verachten zu müssen glaubten, weil sie mit armenischen Schismatikern[5] schlimme Erfahrungen gemacht hatten. Und hier berühre ich einen wichtigen Punkt, indem ich mit Absicht das Wort Schismatiker gebrauche, denn gerade diese sind es, auf die ich mein Urteil angewendet wissen möchte. –

Ich habe überhaupt keine Vorliebe für den armenischen Typus, und da der Ankömmling dieses Gepräge im Superlativ besaß, fühlte ich wenig Lust, mich mit ihm in Auseinandersetzungen über uns und unsere Verhältnisse und Absichten einzulassen. Dem gesprächigen Halef aber war es unmöglich, bei jemandem zu sitzen, ohne mit ihm zu sprechen; er sah, dass uns der Fremde noch immer forschend anblickte; das mochte ihn ärgern, darum sagte er:

„Du betrachtest uns, wie ein Vogel die Würmer betrachtet, die er fressen will. Dieser mein Sihdi hier ist der berühmte Emir Hadschi Kara Ben Nemsi, der alles kann, was er will, und sich vor keinem Löwen fürchtet; er ist der Stärkste unter den Starken, der Klügste unter den Klugen und hat noch keinen Gegner gesehen, der ihn zu besiegen vermochte. Ich bin der Scheik der Haddedihn und mein Name ist Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah. Wenn du von meinen Taten hören willst, so geh an die Lagerfeuer und in die Zelte aller Araber und Kurden; da wirst du erfahren, wen du vor dir hast!“

Der Orientale spricht gern blumenreich und in überschwänglichen Ausdrücken. Halef pflegte sich besonders dann gern dieser Redeweise zu bedienen, wenn von mir und ihm die Rede war. Der andere ließ ein ironisches Lächeln sehen und antwortete:

„Allah w’ Allah! Welch große Ehre ist es für mich, dass ich die Nähe so herrlicher Männer genießen darf! Ich bin ganz entzückt davon, in eurem Schatten sitzen zu können.“

„So öffne deinen Mund und sage uns, wer du bist und woher du kommst! Du hast unsere Namen gehört und die Höflichkeit erfordert, nicht zu zögern, uns auch mit dem deinigen bekannt zu machen.“

„Ich komme von Dijarbekr herüber und bin ein Basirgian[6] namens Dawud Sulejman[7].

„Ein Muslim?“

„Nein, sondern ein armenischer Christ; aber ich gestehe dir offen, dass mir eure Religion, der Islam, lieber ist als die meinige.“

„Pfui!“, rief ich da aus. „Nur ein Halunke kann solche Worte sprechen! Mach dich fort von uns! Ich bin auch Christ und mag von dir nichts wissen.“

„Himmel, auch ein Christ!“, antwortete er erschrocken. „Verzeihe mir, Effendi! Wir armen Händler werden unseres Glaubens wegen so oft angefochten, dass wir häufig gezwungen sind, ihn zu verleugnen.“

„Du hast das Christentum nicht nur verleugnet, sondern es unter den Islam gestellt. Beides darf ein Christ selbst in der größten Todesgefahr nicht tun. Ich verachte dich!“

„Du wirst mich nicht verachten, wenn du siehst, was ich dir verkaufen kann. Warte nur einen kleinen Augenblick!“

Er stand auf, ging zu seinem Packpferd und kam mit einem Kistchen zurück, das er öffnete, während er sich wieder niedersetzte. Es enthielt viele winzig kleine Fläschchen, er hielt mir eins hin und forderte mich auf:

„Betrachte dies Fläschchen und errate, was es enthält! Du wirst bereit sein, mir Geld, sehr viel Geld dafür zu geben.“

Ich hatte kein einziges Wort mehr mit ihm wechseln wollen und war überzeugt, dass mit den Fläschchen irgendein Schwindel verbunden sei; aber es war vielleicht doch von Nutzen, diesem Schwindel auf die Spur zu kommen. Darum nahm ich es. Es enthielt eine ölige Flüssigkeit, auf dem geschriebenen Etikett standen die Worte ‚Jâgh-i mukaddas‘[8], der Stöpsel war zugesiegelt. Das Siegel zeigte in Neskhi-, also arabischer Schrift, doch so klein, dass ich es kaum lesen konnte, den Namen Musa[9] Wartan. Sofort flog mein Blick zu seinen Händen. Er trug an der rechten einen Siegelring, dessen Platte genau die Größe und Gestalt des Siegels auf dem Fläschchen hatte. Die Gravierung konnte ich natürlich nicht erkennen.

„Nun, was ist’s?“, fragte er.

„Öl.“

„Aber was für Öl?“

„Ganz gewöhnliches.“

„Du irrst. Es ist das heilige Salböl, vom heiligen Katholikos in Etschmiadzin am Berge Ararat eigenhändig bereitet, eingepackt und versiegelt.“

„Von ihm selbst?“

„Ja, sogar mit seinem eigenen Petschaft und Namenszug.“

„Das verkaufst du?“

„Ja. Ich bin sein Liebling und Abgesandter und der Allereinzige, dem er erlaubt hat, es zu verkaufen.“

„Kann ich ein Fläschchen haben?“

„Ja.“

„Zu welchem Preis?“

„Es führt jeden Toten, der damit gesalbt wird, sofort in den Himmel und ist darum sehr teuer. Das Fläschchen kostet eigentlich zweihundert Piaster, ich will es dir aber für hundertfünfzig lassen.“

Das waren ungefähr achtundzwanzig Mark für ein bisschen profanes Öl, das kaum zehn Pfennige kostete. Ich gab es ihm mit den Worten zurück:

„Da nimm es wieder! Ich mag es nicht.“

„Warum? Ist es dir zu teuer? Was bietest du?“

„Nichts, gar nichts.“

„Nichts? Gott! Für ein Öl, das den damit Gesalbten direkt in den Himmel führt!“

„Doch nicht etwa dieses Öl? Schwindel!“

„Das wagst du zu behaupten?“

„Ja. Ich war viermal in Etschmiadzin und habe während meines Aufenthalts dort in dem Dorfe Wagharschabad gewohnt. Ich kenne den Namen des Katholikos, mich betrügst du nicht.“

„Das ist doch sein Name hier auf dem Siegel.“

„Du scheinst anzunehmen, dass ich nicht lesen oder die Schrift nicht erkennen kann. Der Name auf dem Fläschchen heißt Musa Wartan und scheint der deinige zu sein.“

„Bist du toll? Der meinige?“

„Ja, zeig her!“

Ich fasste seine Hand, zog sie nahe zu mir heran, warf einen Blick auf den Ring und fügte dann hinzu:

„Dieser Ring gehört dir?“

„Ja.“

„Er trägt denselben Namen. Du bist ein Schwindler und Betrüger und ich habe nichts mit dir zu schaffen.“

„Effendi, gehe ja nicht zu weit!“, rief er drohend, während seine Hand nach dem Gürtel fuhr. „Ihr habt euch als berühmte und tapfere Leute gebrüstet, ich fürchte euch aber nicht!“

„Pah! Lass dein Messer stecken, sonst schlage ich dir deine Habichtsnase so breit, dass man sie für eine Boghatscha[10] hält. Du nennst dich Dawud Sulejman und heißt doch Musa Wartan; ist das nicht Schwindel? Der Katholikos selbst soll sein Siegel aufgedrückt haben; ist das nicht Lüge? Deine schismatische Kirche erlaubt nur, dass die Leichen der Priester, nicht aber diejenigen der Laien gesalbt werden, und du willst dieses so genannte Jâgh-i mukaddas an alle Menschen verkaufen; ist das nicht Betrug oder etwas noch viel Schlimmeres? Du hörst, dass mir die Lehren und Gebräuche eures Schismas wohl bekannt sind, obgleich sie mich nichts angehen; mich kannst du nicht täuschen.“

„Wie? Sie gehen dich nichts an? Du bist also kein gregorianischer Christ wie ich?“

„Nein.“

„So hole dich der Teufel, du Hund von einem Ungläubigen. Ich werde mich dreimal waschen müssen, weil dein Anblick mich verunreinigt hat.“

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