Der Tag, an dem Mutti eine Waschmaschine bekam

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Der Tag, an dem Mutti eine Waschmaschine bekam
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Karin Ackermann-Stoletzky

„Der Tag, an dem Mutti eine Waschmaschine bekam“

Geschichten zum

Vorlesen für Menschen

mit Demenz


Zur schnellen Übersicht:

Biografische Fragen

Dekorationsideen

Aktivierungsideen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-86506-978-8

© 2017 by Joh. Brendow & Sohn Verlag GmbH, Moers

Einbandgestaltung: Brendow Verlag, Moers

Satz: Brendow Web & Print, Moers

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2017

www.brendow-verlag.de

Inhalt

Cover

Titel

Zur schnellen Übersicht

Impressum

Einführung

1 Der Ort meiner Kindheit

2 Die ganze weite Welt

3 Winterspiele

4 Tante Leni

5 Eine gute Partie hat eine schöne Aussteuer

6 Als Mutti eine Waschmaschine bekam

7 Die neue Flimmerkiste

8 Der Tag, als es Hawaiitoast gab

9 Lohntüten und Sammelbildchen

10 Kittelschürzenchic

11 1000 Sprichwörter und ein Poesiealbum

12 Die ersten Menschen auf dem Mond

13 Sammelwut

14 Engländer im Café

15 Kalender, Kalender, du bist ja schon so dünn

16 Am Weihnachtsbaum die Lichter brennen

17 Kartoffelsalat, Würstchen und Sissi

18 „Hallo, kleines Fräulein“

19 Wie gut, wenn man Geschwister hat

20 Tanzstunden

21 Blumenkind

22 Der Tag, als Präsident Kennedy starb

23 Im Kindergottesdienst

24 Dauerwellen und Heimtrockenhauben

25 Sturm an der Küste

26 Friedhofsbesuche

27 Marten, ich und die gestohlene Seife

28 Extramaterial: Ein Lexikon alter Begriffe

Einführung

In diesem Buch nehme ich Sie mit in die Zeit meiner Kindheit in den 50er- und 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Meine Eltern hatten damals wohl ihre aktivste Lebenszeit, und so wird es auch vielen Menschen gehen, die inzwischen alt geworden sind. Ich hoffe, dass diese Geschichten viele Erinnerungen bei jener Generation wachrufen und dazu animieren, ein wenig in alten Zeiten zu schwelgen.

Sie können die Geschichten in diesem Buch einfach vorlesen, Sie können sie aber auch zusammen mit den Gesprächs- und Aktivierungshilfen nutzen.

Eingefügt in die Texte und/oder am Ende jeder Geschichte finden Sie Fragen, die helfen können, in ein Gespräch zu kommen.

Außerdem gibt es hier oft auch Ideen zur Dekoration und zur Aktivierung der Sinne. Die Fragen sind immer nur als Auswahl zu verstehen. Je nachdem, wie aktiv Ihre ZuhörerInnen sich beteiligen (können), können Sie diese verwenden oder einfach überlesen.

Bei längeren Geschichten sind in den Fragen verschiedene Themenschwerpunkte angesprochen. Suchen Sie sich den Bereich aus, über den Sie sprechen möchten; alle Themenbereiche zu nutzen ist nur bei noch sehr gut orientierten ZuhörerInnen sinnvoll.

Außerdem habe ich bei längeren Erzählungen Zwischenüberschriften eingebaut. Bei ZuhörerInnen mit einer geringen Aufmerksamkeitsspanne können Sie die Abschnitte auch als eigene Geschichte lesen.

Ich wünsche Ihnen und Ihren ZuhörerInnen viel Vergnügen und gute Begegnungen!

Karin Ackermann-Stoletzky

www.coachenlernen.de

1
Der Ort meiner Kindheit

Es ist schön, nach Hause zu kommen. An den Ort, an dem man aufgewachsen ist, an dem das Elternhaus stand.

So geht es mir jedenfalls. Auch wenn in unserem Haus heute fremde Menschen wohnen, auch wenn meine Eltern schon lange nicht mehr da sind, auch wenn der Ort sich sehr verändert hat: Mein Geburtsort ist immer noch mein Zuhause und wird es immer mehr, je älter ich werde. Das merke ich schon, wenn ich, von Solingen Richtung Norden fahrend, die Grenze meiner alten Heimat Ostfriesland erreiche: Der Himmel scheint mir höher als irgendwo sonst, die Wolkengebilde beflügeln meine Fantasie, und die weiten Landschaften geben mir ein Gefühl von Freiheit, auch nach so vielen Jahren. Nichts gegen Berge, aber ich bin eben eine Ostfriesin!

Mit Ostfriesland verbinde ich so viele Erinnerungen, schöne und schwere. Hier bin ich groß geworden, hier lebten meine Familie und meine Freunde. Meine Eltern betrieben hier eine Autowerkstatt und eine Tankstelle, Tante Adda verkaufte in ihrem „Tante-Emma-Laden“ Negerkussbrötchen, Esspapier und einfach alles, was man so zum Leben brauchte. Kleider gab es bei Fimmen, Brot bei Bäcker Eilts, und Schlachter Janssen lieferte sogar nach Hause. Schreib- und Spielwaren kaufte man bei Cassens ein, und unser Gemeindearzt, Dr. Kopas, konnte jeden seiner Patienten mit Namen ansprechen.

An all das erinnere ich mich fast besser als daran, was ich gestern gemacht habe. Und vor allem erinnere ich mich an das Gefühl, ein Kind zu sein. Ein Gefühl, das einen umarmt, wie es nur die eigene Mutter kann. Das Sicherheit vermittelt, wie es der Gedanke an meinen Vater bis heute tut. Das ich immer noch aufrufen kann, obwohl ich jetzt schon fast 60 Jahre alt bin. Ist es nicht seltsam, wie das Gedächtnis funktioniert?

Biografische Fragen

Wo sind Sie geboren?

Steht Ihr Elternhaus noch?

Wie sah der Ort aus? Fallen Ihnen noch Namen von Geschäften ein, in denen Sie immer eingekauft haben?

Sind Sie am Ort geblieben, oder sind Sie später weggezogen?

Wo ist Ihr Zuhause? An Ihrem Geburtsort oder dort, wo Sie später gewohnt haben?

Sehen Sie Ihren Eltern ähnlich?

Haben Sie Geschwister?

Können Sie sich gut an Ihre Kindheit erinnern?

Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an das Zuhause Ihrer Kindheit denken?

Aktivierungsidee: alte Fotos anschauen

Ermutigen Sie die TeilnehmerInnen, eigene Fotoalben mitzubringen und Fotos aus der Kindheit zu zeigen. Eventuell können Sie Kinder- und Jugendfotos der TeilnehmerInnen fotokopieren und gemeinsam eine Collage daraus gestalten.

 

Bringen Sie auch Fotos aus Ihrer eigenen Kindheit mit!

2
Die ganze weite Welt

Manchmal habe ich das Gefühl, dass heute schon die Kinder einen vollen Terminkalender haben und nur noch selten einfach rausgehen und sich mit ihren Freunden treffen, wie wir das früher getan haben. Irgendwie scheint heute auch alles gefährlicher zu sein als zu der Zeit, als ich noch ein Kind war.

Wenn ich mit meinen Schulaufgaben fertig war, winkte ich meiner Mama zu und war weg: Ich ging raus, spielen! Draußen gab es eine ganze weite Welt, die mein Freund Marten und ich wahlweise als Indianer, Cowboys oder auch mal als Rennfahrer durchstreiften. Der Schrottplatz hinter unserem Haus war unser liebster Spielplatz. Im alten Bus richteten wir eine Wohnung ein, wir spielten „Vater, Mutter, Kind“ und Marten backte Sandkuchen, die er fantasievoll mit Gras und Blumen schmückte. Grenzen setzten uns die „Mittagessen-“ und die „Zuhause-sein-müssen“-Zeiten. Zwar hatten weder Marten noch ich eine Uhr, aber wir lernten schnell, die Zeit mehr oder weniger gut einzuschätzen Wenn wir sie aber doch mal vergaßen, brachte uns das eine lange Strafpredigt ein, denn das Essen stand pünktlich um 12.00 Uhr mittags bzw. um 18 Uhr abends auf dem Tisch.

Oft wusste keiner, wo wir waren, und am liebsten mochten wir verbotene Plätze. Geheime Hütten im Wald oder ein leer stehendes Haus waren unsere Verstecke. Angst hatten wir nicht (oder nur ganz selten ein klein wenig), denn wir waren ja Helden und außerdem bewaffnet mit Pfeil und Bogen. Die Pfeile hatten wir mit Messern scharf gespitzt. Sie hätten einem Gegner sicherlich Wunden zufügen können, wenn sie denn getroffen hätten, das taten sie aber nie. Denn wir zielten ja nicht auf andere Kinder, sondern auf aufgemalte Zielkreise – die wir aber auch nicht trafen. In unseren Spielen wurden wir zu wahren Schauspielern: vom Feind getroffen starben wir in dramatischen Todeskämpfen, von unseren Freunden betrauert und von den Feinden mit Jubel ins Totenreich begleitet. Die einzigen wirklichen Verletzungen waren aufgeschlagene Knie vom Rennen und blutige Finger beim Spitzen der Pfeile mit dem Messer.

Oft befanden wir uns auch auf der Jagd nach „wilden“ Tieren: Stichlinge, Frösche und Molche, Schnecken und anderes Getier wurden gefangen. Die hielten wir kurze Zeit in Einmachgläsern gefangen, um sie dann wieder unbeschadet in die freie Wildnis zu entlassen. Ob ihnen das gefallen hat? Wahrscheinlich nicht.

Biografische Fragen

Sind Sie in der Stadt oder auf dem Land groß geworden?

Wo haben Sie in Ihrer Kindheit am meisten gespielt: draußen oder drinnen?

Was waren Ihre Lieblingsspiele?

Gehörten Sie zu einer Bande?

Wer waren Ihre Spielkameraden?

Haben Sie sich beim Spiel einmal ernstlich verletzt?

Haben Sie Stichlinge oder andere Tiere gefangen? Was haben Sie dann mit Ihnen gemacht?

Dekorationsideen

Besorgen Sie eine Friedenspfeife und Indianerfedern, vielleicht einen Cowboyhut, eine Puppe, einen Stoffbären, Blechspielzeug und was immer Ihnen an ähnlichen Requisiten in die Hände fällt. Dann dekorieren Sie damit den Tisch. Alles soll so hingelegt werden, dass die TeilnehmerInnen die Sachen erreichen und in die Hand nehmen können.

Internettipp

www.puppenhausmuseum.de/spielzeug-50er-jahre.html

3
Winterspiele

Vielleicht bildet man sich das ja nur ein, aber ich habe das Gefühl, in meiner Kindheit hat es mehr Schnee gegeben als heute. Rückblickend kommt es mir vor, als ob wir jeden Winter reichlich Schnee gehabt hätten. Ich erinnere mich gut an viele Schneemänner in vielen verschiedenen Größen. Und immer hatten sie einen Topf auf dem Kopf, eine Karottennase im Gesicht, Augen aus Kohlen und Münder aus Kieselsteinen.

So einen Schneemann zu bauen war gar nicht so einfach. Zuerst rollte man einen kleinen Schneeball immer weiter durch den Schnee, bis daraus eine dicke Kugel geworden war. Dann eine etwas kleinere für den Bauch und die kleinste für den Kopf. Jetzt musste man die Kugeln noch übereinanderstapeln und dem Schneemann ein Gesicht geben: fertig! Danach war man so richtig durchgefroren und konnte einen heißen Kakao gebrauchen. Schneeballschlachten konnte ich nicht leiden. Zu oft flog mir dabei die Brille von der Nase, zu oft rutschte mir Schnee in den Kragen. Aber man konnte es sich ja nicht immer aussuchen, ob man in ein solches Schlachtengetümmel geriet: Wenn irgendwer anfing, dann musste man sich schließlich wehren.

Im Winter liebte ich besonders die Zeiten, wenn es lang genug gefroren hatte, um den Schlossteich in Lütetsburg mit einer Eisschicht zu überziehen. Dann befuhren wir mit unseren Schlittschuhen und Schlitten die vielen verzweigten Gräben, die rund um das Schloss und kreuz und quer durch den Schlosspark führten. Das war vielleicht ein Spaß! Sobald das Eis fest genug war, wimmelte es nur so von lärmenden, fröhlich über das Eis sausenden Kindern.

Der weitläufige Park umgibt Schloss Lütetsburg, und jeder durfte ihn kostenlos besuchen. Das Schloss konnten wir nur im Winter mal näher betrachten, denn es ist von allen Seiten von Wasser umgeben. Deshalb fuhren wir im Winter auf dem Eis bis zur hinteren Treppe und spähten heimlich durch die hohen Fenster. Ich hoffte immer, die Schlossbewohner einmal beobachten zu können, und erwartete irgendwie, sie würden lange Kleider und Perücken tragen. Aber ich sah sie nie.

Wenn man zu den Fenstern gelangen wollte, musste man sehr aufpassen, nicht in das Eisloch zu geraten, das für die Enten und Schwäne offen gehalten wurde. Aber soweit ich weiß, ist nie etwas passiert. Trotzdem hat mir das Loch immer etwas Angst gemacht, denn ich war nicht besonders gut im Bremsen. Meine Methode bestand darin, mich im Notfall einfach aufs Eis fallen zu lassen. Weil ich dann aber leider auf dem rutschigen Untergrund nicht mehr auf die Füße kam, krabbelte ich auf Händen und Füßen bis zum Rand und hangelte mich am Gras wieder hoch. Das sah leider ziemlich albern aus!

Der Schlosspark Lütetsburg wurde den englischen Landschaftsgärten nachempfunden. Der ganze Park ist von Gräben durchzogen, und wir alle sausten in wilder Jagd durch die Kurven. Das war ein Verkehr! Und endlich konnten wir auch die kleinen Inseln besuchen, die im Sommer nicht erreichbar waren. Besonders abenteuerlich war der Besuch der „Toteninsel“, auf der die Schlossbewohner bestattet wurden. Ich hatte schon immer viel zu viel Fantasie und erfand ständig irgendwelche Geschichten, die ich dann selbst glaubte. Und so war ich fest überzeugt, den Geist des alten Fürsten gesehen zu haben. Er lief über die Insel und schüttelte seinen Spazierstock, weil er uns von der Insel vertreiben wollte, davon war ich fest überzeugt. Marten meinte allerdings nur: „Du spinnst mal wieder!“, und fuhr lachend um die Insel herum: Bumms – legte er sich auf die Nase. Jetzt war ich dran, zu lachen. „Das hast du davon, die Rache des Fürsten hat dich erwischt!“

Ich weiß, meine Kindheit war auch nicht nur schön, aber wenn ich zurücksehe, erinnere ich mich an so viele Tage, für die ich dankbar bin!

Biografische Fragen

Wie waren die Winter in Ihrer Kindheit?

Was waren Ihre Winterspiele?

Konnten Sie Schlittschuhlaufen?

Mögen Sie Schnee und Kälte, oder sind Sie ein Sonnenkind?

Hatten Sie als Kind viel Zeit zum Spielen?

Internettipp

www.schlosspark-luetetsburg.com

Aktivierungsidee: gemeinsam Kakao mit Sahne trinken und „Schneebälle“ essen

Die „Schneebälle“ können Sie sehr gut vorbereiten und sie dann mit den ZuhörerInnen gemeinsam vollenden.

Zutaten

7 Eier, 1 Prise Salz, 2 Pck. Vanillezucker, 250 g Zucker, ½ TL Backpulver, 250 g Quark (Magerquark), 150 g Crème fraîche, 125 ml Amaretto oder ersatzweise etwas Bittermandelaroma, 400 ml Sahne, 2 Pck. Sahnesteif, 150 g Kokosraspel, 5 EL Wasser, 200 g Mehl

Biskuitteig

(Den Biskuitteig können Sie vorher zubereiten und mitbringen) Eier trennen. Eiweiß, Salz und 5 EL Wasser steif schlagen. Gegen Ende 1 Pck. Vanillezucker und 200 g Zucker einrieseln lassen. Eigelbe einzeln darunterheben.

Mehl mit Backpulver mischen und unter die Eimasse ziehen. Auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech streichen. Bei 150 Grad Umluft ca. 25 - 30 Minuten backen. Biskuit auf ein Tuch stürzen und auskühlen lassen.

In der Gruppe vollenden Sie gemeinsam die Schneebälle:

Quark, Crème fraîche, Amaretto bzw. Bittermandelaroma, 50 g Zucker und 1 Pck. Vanillezucker in einer großen Schüssel glatt rühren.

Sahne mit Sahnesteif aufschlagen und unter die Crememasse ziehen.

Das Biskuit in feine Stücke zupfen und zu der Creme geben. Alles gut vermengen.

Einen tiefen Teller mit Kokosflocken füllen. Aus der Masse gleichmäßige Bällchen formen und in den Kokosraspeln wenden.

Die einzelnen Schneebälle in kleine Muffinförmchen aus Papier setzen und gemeinsam genießen.

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