Albert Schreiner - Schiffsingenieur aus Hamburg-Rissen

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Aus der Reihe: maritime gelbe Buchreihe #106
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Albert Schreiner - Schiffsingenieur aus Hamburg-Rissen
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Vorwort des Herausgebers


Von 1970 bis 1997 leitete ich das größte Seemannsheim in Deutschland am Krayenkamp am Fuße der Hamburger Michaeliskirche. Dabei lernte ich Tausende Seeleute aus aller Welt kennen.


Im Februar 1992 entschloss ich mich, meine Erlebnisse mit den Seeleuten und deren Berichte aus ihrem Leben in einem Buch zusammenzutragen. Es stieß auf großes Interesse. Mehrfach wurde in Leserreaktionen der Wunsch laut, es mögen noch mehr solcher Bände erscheinen.

Inzwischen erhielt ich unzählige positive Kommentare und Rezensionen, etwa: Ich bin immer wieder begeistert von der „Gelben Buchreihe“. Die Bände reißen einen einfach mit und vermitteln einem das Gefühl, mitten in den Besatzungen der Schiffe zu sein. Inzwischen habe ich ca. 20 Bände erworben und freue mich immer wieder, wenn ein neues Buch erscheint. oder: Sämtliche von Jürgen Ruszkowski aus Hamburg herausgegebene Bücher sind absolute Highlights der Seefahrt-Literatur. Dieser Band macht da keine Ausnahme. Sehr interessante und abwechsungsreiche Themen aus verschiedenen Zeitepochen, die mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt haben! Man kann nur staunen, was der Mann in seinem Ruhestand schon veröffentlicht hat. Alle Achtung!

Deshalb folgten dem ersten Band der „Seemannsschicksale“ weitere Bände.

Zufällig erfuhr ich bei einem Gespräch mit der Tochter des Autors davon, dass ihr Vater – von Beruf Schiffsingenieur – seine Lebensgeschichte niedergeschrieben habe, die auch über seine Erlebnisse in der Handelsschifffahrt beschreiben.

Ein fast 100jähriges Leben im entbehrungsreichen 20. Jahrhundert ist hier nachzulesen.

Hamburg, 2019 Jürgen Ruszkowski


im Internet:

https://maritimbuch.hpage.com/willkommen.html

maritimbuch.de

http://seefahrer.klack.org/seite1.html


Ruhestands-Arbeitsplatz

Hier entstehen die Bücher und Webseiten des Herausgebers


Vorbemerkungen

Eine in Hamburg-Rissen lebende Tochter des inzwischen in hohem Alter verstorbenen Albert Schreiner erzählte mir, ihr Vater sei zur See gefahren. Er habe einige interessante Aufzeichnungen über sein bewegtes Leben hinterlassen. Als ich ihr anbot, daraus ein Buch zu gestalten, zeigte sich sehr interessiert, müsse die Frage jedoch zunächst mit ihrer Schwester abklären.

Kurze Zeit später brachte sie mir etwa 20 Seiten ausgedruckte Texte, die ihr Vater hinterlassen hatte. Diese waren zwar recht interessant, schienen mit jedoch nicht ausreichend, daraus ein Buch entstehen zu lassen.

Als ich die Tochter dann fragte, ob noch Bilder und Dokumente, wie Zeugnisse und Seefahrtbücher aus dem Nachlass des Vaters vorhanden seinen, brachte sie mir ausreichendes Material, dass ich nun einscannen und mit verwerten konnte.


Albert Schreiner erzählt:

Wenn ich Leute auf ihre Frage nach meinem Alter in Verlegenheit bringen will, sage ich immer: „Ich wurde in den ersten Tagen des ersten Weltkrieges in Hamburg geboren. Meist sehe ich dann lange Gesichter, bis dann nach einigem Nachdenken und weiteren Fragen herauskommt: Es war der 8. August 1914. Zu dieser Zeit wurden deutsche Soldaten mit ,,Hurra“ nach Frankreich gebracht. Auf den Waggons der Eisenbahnzüge las man Aufschriften wie ,,Siegreich wollen wir Frankreich schlagen“ , „Jeder Stoß – ein Franzos'!“ und ,,Zu Weihnachten sind wir wieder zu Hause“.

Es war Mobilmachung, und meine Großeltern aus dem Herzogtum Coburg saßen am Wochenbett ihrer Schwiegertochter in Hamburg-Hohenfelde an der Kuhmühle. Sie hatten hier das neu gekaufte Brotgeschäft mit eingeweiht, nachdem sie die Hochzeit, am 25. Juli 1914, in Plau in Mecklenburg gerade gefeiert hatten. Es waren turbulente Zeiten und offenbar auch eine aufregende Familie, in die ich hineingeboren wurde. Mein Vater, der Bäcker und Konditor Reinhard Schreiner aus einem kleinen Dorf bei Coburg, war auf seiner Wanderschaft in Hamburg hängen geblieben und hatte bei einem Bäckermeister am Schwanenwik meine Mutter Meta als Verkäuferin kennen und lieben gelernt. Die beiden konnten nun als Eheleute ihr kleines Geschäft mit: Brot und Kuchen weiter gut ausbauen durch ein großes Sortiment an Konfitüren, Schokolade, Keksen, usw., bis mein Vater Mitte 1915 zum Kriegsdienst eingezogen wurde.

Werbekarte

Die Mutter musste nun viele Besorgungen allein machen. Ich erinnere mich, dass ich, als ich gerade laufen konnte, mich im Schaufenster vor allerlei gaffenden und lachenden Menschen wieder fand. Im Nachthemd aus dem Mittagsschlaf erwacht und mit Schokolade verschmiert sah ich plötzlich meine Mutter von der anderen Straßenseite kommen und verschwand sofort wieder in meinem Bett.

Zu spät, die ersten Schläge auf den Hintern waren fällig und hinterließen bleibende Erinnerungen.

Albert mit Mutter und Schwester Luise

Freiheitsliebend war ich auch. So hat mich etwas später eine Frau am Kuhmühlenteich aufgegriffen, wo ich einen schönen Spielplatz mit vielen Kohlehaufen fand. Sie brachte mich zur Polizeiwache Oberaltenallee. Ein Streifenpolizist brachte mich dann zu meiner schon weinenden Mutter. Ich konnte wohl gerade meinen Namen sagen. Diesmal gab es kein Fell voll, aber ein reinigendes Bad in der Waschbalge.

Albert – 4½ jährig – mit Schwester Luise

Mein nächster Ausflug war dann etwas weiter. Deutschland hatte den Krieg verloren. „Vom Feinde unbesiegt“, wie manche tönten (wegen der Revolution der Matrosen). Ich sollte zur Erholung aufs Land zu meinen Großeltern im Herzogtum Coburg in Bayern. Ein Nachbar, dem ich öfter Brötchen in seine Kneipe bringen musste, wollte mich mitnehmen. Bis Erfurt hatte ich meinen „Onkel Hartung“, den Nachbarn, neben mir und eine Karte mit Adresse und Ziel um den Hals. Im Gespräch interessierte sich ein schmucker Matrose, der aus Kiel entlassen und auf dem Weg nach Hause war, für mich, und ich bewunderte nicht nur seine seine Uniform, auch seine Freundlichkeit. Ich ging also mit ihm zu seiner Schwester in Erfurt, weil es keinen Anschluss nach Coburg mehr gab und mein „Onkel Hartung“ in eine andere Richtung fuhr. Ich habe bei der Familie des Matrosen wunderbar geschlafen und wurde am nächsten Morgen, es war im April 1919, in den Zug mit meinem Ziel ,,Grub am Forst“ gesetzt, nicht ohne mich dem Bahnpersonal anzuvertrauen.

Reinhard Schreiner aus Rohrbach bei Coburg 1912

Ehemann von Meta Schröder

Oma Meta

Dort dann von einigen Onkeln, die mich an der umhängenden Adresse identifiziert hatten, mit einem Pferdegespann nach Rohrbach gebracht und mit: großem „Hallo“ als „dem Reinhard sein Sohn“ vom ganzen Dorf empfangen.

Es war ein schönes, zwischen Hügeln gelegenes Bauerndorf, mit drei schönen Fischteichen in der Mitte, die nacheinander von einem Quellbach durchflossen wurden. Mein Großvater hatte die Gastwirtschaft mit kleinem Festsaal, Musikzimmer für den Gesangverein und natürlich der Wirtsstube, wo man gemütlich beim Bier saß und wo „gekartet“ wurde. Für mich eine neue Welt mit vielen freundlichen Menschen. Nur an die neue Ernährung und Mundart musste ich mich erst gewöhnen. Mehr Bier als Milch, wenig Gemüse, viel Fleisch und Wurst, aber das kräftige, im Dorfbackofen selbst gebackene Brot war lecker. Nach bester Erholung brachte mich meine Patentante dann wieder zurück in die Großstadt an der Elbe, die sie selbst auch mal kennen lernen wollte.

Ich kam in das schulpflichtige Alter. mit den großen Jungs spielte ich auf der Straße, wo nur die Straßenbahnen und Pferdewagen fuhren; das erste Auto eines Töpfers wurde gebührend bestaunt. Aber die Ärzte urteilten über mich: „Zu schwach für die Schule wegen der mangelhaften Kriegsernährung“, also zur Erholung aufs Land. Aber diesmal, im Frühjahr 1920, musste ich allein den Weg nach Rohrbach finden, was auch mit Hilfe der Brustkarte und Bahnbeamten gelang. In der Wirtschaft des Großvaters hing ein Kurbeltelefon, so dass ich vorangemeldet war und wieder mit Freude empfangen wurde.

Aber die Enttäuschung für mich kam bald, denn Ostern hieß es: „Jetzt bist du 6 Jahre alt, und ab in die Schule. Die war aber im nächsten Dorf. Dorthin mussten wir Kleinen eine Stunde hin und eine Stunde zurück laufen, um dann in einer Gemeinschaftsklasse der vier Grundschuljahre von nur einem Lehrer unterrichtet bzw. beaufsichtigt zu werden.

 

Als Städter mochte man sich damals vor Scham noch nicht vor den Mädchen zum Pinkeln an einen Baum stellen, und so gab es manchmal bei nasser Hose auch noch Schläge von der Oma. Das ABC habe ich trotzdem gut gelernt. Auch andere Arbeiten, von der Oma aufgetragen, wie Kartoffeln entkeimen, die Feldstiefel einfetten oder den Schweinen Streu geben, konnte ich nach diesem Sommer prima. Vor allem lernt man in jungen Jahren gut andere Sprachen, und so konnte mich im Winter in der Hamburger Klasse kein Junge in meinem Dorfbayrisch verstehen. Aber auch hochdeutsch lernt man schnell, und auf der Straße kam Hamburger Platt dazu.

Wir hatten hier in Hamburg einen verständnisvollen, die Jugend begeisternden Lehrer, der verwundet aus dem Krieg gekommen war. Er brachte uns in die Natur und zum Wandern. ,,Aus grauer Städte Mauem, wir ziehen in das Feld, wer bleibt, der mag versauern, wir reisen in die Welt“, sang die kleine Schar dabei. Treffpunkt war Sonntags morgens der Uhrturm am Hauptbahnhof, dann ging es per Bahn billig in die Hamburger Umgebung, die damals noch nicht zersiedelt war, später dann mit dem ,,Norddeutschen Wanderbund“ in die Lüneburger Heide, den Sachsenwald oder auch zum Klövensteen bei Rissen, in die Wedeler Marsch und das Elbetal.

Mit Hans Peters, einem Sohn vom Porzellangeschäft an der Kuhmühle, stritt ich mich lange um den ersten Platz in der Klasse, im Zeugnis, nicht als Bandenführer wie heute. Er war später oft in Rissen, hat mir geholfen, aber er fiel 1942 in Russland.


In diese frühe Hamburger Schulzeit fiel auch die Todeserklärung für meinen Vater. Er war einer von 9 Millionen Toten des 1. Weltkrieges. Er war bei den ersten englischen Panzerangriffen in Nordfrankreich bei Albert in der Höhe Amiens in seinem Unterstand am 8.08.1918 verschüttet worden. Nach vergeblichem Hoffen die große Enttäuschung im zukunftsfrohen Leben meiner Mutter. Sie wollte danach ihre zwei Kinder alleine großziehen, hat auch das Angebot ihres Schwagers Albert, der sie ins Dorf bei Rohrbach holen wollte, abgelehnt.

In Hamburg gab es inzwischen einen kleinen Bürgerkrieg zwischen Kommunisten und Nationalisten, wobei wir Kleinen uns vor den Kugeln der Kämpfenden hinter den Pfeilern der über den Kuhmühlenteich führenden Hochbahntrasse verstecken mussten. Tage später wurde dann die zerfetzte Gasleitung über der Eilenau und die aufgerissenen Straßen in der näheren Umgebung (von-Essen-Straße) besichtigt.

Dann kam die Inflationszeit, in der ich meiner Mutter helfen musste, jeden Abend einen Waschkorb voll mit Papiergeld; erst mit Millionen, dann mit Billionen und Ende 1923 sogar mit Milliardenscheinen zur Post in der Ifflandstraße zum Tausch zu bringen. In dieser Zeit zwischen 1921 und 1923 brachten uns die größeren Jungs das Kriegsspielen bei, indem wir größere Knallkörper auf die Schienen der Straßenbahn legten. Wenn die Bahn dann eine Knallerei verursachte, hatten wir unseren Spaß. Aus sicherem Versteck beobachten, wir, wie die Passanten um ihr Leben liefen. Ein anderes Erlebnis waren die Hochseil-Vorführungen über dem Kuhmühlenteich unter der Hochbahn oder die Schwimmwettkämpfe im Eilbeck-Kanal vor der Mundsburger Brücke. Von der Armgartstraße, wo später die Schule für Mode, damals das Gymnasium stand, hatten wir beste Sitzplätze. In der Nähe der Mundsburger Brücke war damals die Badeanstalt Schwanenwik, in der wir 7-8jährigen Kinder der Umgebung uns gegenseitig das Schwimmen beibrachten. Unsere Spielplätze lagen an der Eilenau in der Nähe der St.-Gertrud-Kirche, mit dem schon erwähnten Kohle-Löschplatz einerseits und auf der anderen Seite Uhlandstraße, mit einer schönen Parkanlage und Sandkiste. Unter der Hochbahn ging ein langer Tunnel, in Richtung Berliner Tor, in dem man andere gut erschrecken konnte.

Die schönsten Kinder- und Jugendtage habe ich aber immer während der Schulferien bei meinen Großeltern und Onkeln im Coburger Land auf den Bauernhöfen verbracht, hauptsächlich in der Gastwirtschaft von Andreas in Rohrbach. In den kleinen Ferien ging es jedes Mal mit meiner Schwester Luise zu den Geschwistern meiner Mutter mach Plau in Mecklenburg, die dort auch Landwirtschaft betrieben, aber mit Pferden, während in Oberfranken noch mit Ochsen gezogen wurde. Es waren herrliche Zeiten, in denen ich im Alter von 10-15 Jahren zu vielen verschiedenen Hilfsdiensten herangezogen wurde. Man kannte mich im ganzen Ort, weil ich jeden Abend die bei der Feldarbeit geleerten Bierflaschen aus den Häusern abholte, um sie dann mit meinem Großvater zu spülen und mittels Handschlauch aus dem Holzbierfass wieder zu füllen. Das Öffnen und Ansaugen mit Hilfe von Mund und Schlauch aus der oben liegenden Öffnung war immer wieder interessant.

Zu meinen weiteren Aufgaben bei den Großeltern gehörte das Pflücken der Lindenblüten von den hohen Bäumen an den Teichen vor der Wirtschaft, das Herausbringen der leeren Ochsengespanne zum Einfahren der Ernte oder das Säubern und Ölen der Landstiefel am Sonnabend, Holz räumen oder Kartoffeln entkeimen. Alles unter Befehl der Großmutter.

Nach langer Fahrt, zuerst mit Reisezielkarte um den Hals, wieder zurück in Hamburg, ging es dann weiter mit Brötchen austragen, vier Stück für einen Groschen, der leere Beutel hing jeweils an der Tür, Milchflasche stand an der Erde. Im Laden war gegen Abend Hilfe nötig oder es musste Brot ausgefahren werden, für die Großfamilien, bis zum Feenteich. Dann ging ich ja auch noch zur Schule, bis 1924 am Steinhauerdamm, dann zur Oberrealschule in der Averhoffstraße.

Ich will damit andeuten, dass ich unter dem Willen von Frauen in der Jugend viele Tätigkeiten ausgeübt habe, was mir noch heute selbstverständlich ist. Menschen gegenüber bin ich heute noch unsicher, obwohl meine oberfränkische Herkunft die Kommunikation sehr erleichtert.

Zu meinem 14. Geburtstag, 1928, bekam ich ein Luftgewehr, damit war ich für die Dorfjugend natürlich Spitze. Wir hatten überall Zielscheiben, später hatten wir auch Bleikugeln und haben damit auch auf Spatzen und Elstern geschossen. Oft genug war ich Gast in der Dorfschmiede, wo das helle Feuer brannte und der Schmied auf das rot glühende Eisen hämmerte. Ich durfte auch den Blasebalg ziehen, aber am interessantesten war es, wenn die Pferde beschlagen wurden.

Dort traf ich auch einen ehemaligen Freikorpskämpfer, der mich in die politische Welt der Erwachsenen einführte, noch immer sehr national (reaktionär) dachte und meinen Großvater unterstützte, der meinte die landlosen Arbeiter wären meistens „Rote“.

Als Junge hatte ich noch Kindheitserlebnisse in Rohrbach, wir waren auf einer Mainüberquerung bei Lichtenfels mit einer geborenen Rohbacherin, die aber jetzt in Hamburg lebte, na ja mit Mutter und Louise. Die Fähre hing an einem Seil, das im Main gespannt war, dabei habe ich die Bootsleine von dem Seil gelöst, was der Fährmann spät merkte. Alles schimpfte auf mich ein, aber er bekam die Leine noch mit seinem Peekhaken zu fassen, und wir kamen über den Strom.

Eine andere Wanderung sollte uns nach Schloss Bands, 14 Heiligen, Staffelstein (Adam Riese) bringen, ich bekam Streit mit meiner Mutter und Louise und wanderte allein die vorgesehen Orte an, in der Hoffnung die beiden dort wiederzutreffen. Aber Oma und Louise waren wegen des frühen Aufstehens eingeschlafen, und ich kam allein in Lichtenfels an. Da ich mich überall aufgehalten hatte, glaubte ich, dass die Beiden schon alleine nach Rohrbach gefahren wären. Ich hatte ein Portemonnaie im Rucksack und fuhr mit der Bahn nach Rohrbach. In Rohrbach war die Enttäuschung groß, dass von Mutter und Schwester nichts zu sehen war. Erst abends erfuhr ich, dass die Beiden sich eine Fahrkarte erbetteln mussten, da sie kein Geld hatten. Ich bekam wieder riesige Vorwürfe von der ganzen Verwandtschaft.

Die Bewohner des Herzogtums Coburg hatten sich bei einer Abstimmung 1922 gegen Thüringen, sondern für Bayern entschieden. Dadurch haben sie ihren Nachkommen 40 Jahre rote DDR erspart. Sie wurden als Zonengrenzgebiet bis zur Wiedervereinigung finanziell gefordert. Die Nationalsozialisten wollten laut Propaganda beide Richtungen vereinigen und hatten in den Städten von 1927 bis 1929 schon großen Zulauf. Aber wir ahnten noch nichts Böses.

Die Weimarer Republik wurde von den „gehorsamen Deutschen“ nicht angenommen, es gab kein Demokratieverständnis, da immer noch obrigkeitsstaatliches Denkenvorherrschte, es gab wenige eigene Meinungen. Das Radio als zweites Medium neben den Zeitungen kam langsam unter das Volk und wurde später von Hitler und Goebbels zur Propaganda ausgenutzt.

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