Der Sklavenwiderstand

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Der Sklavenwiderstand
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Der Sklavenwiderstand

Impressum

Der Hirsch

Der dunkelgraue Hund

Sklavendasein

Schicksalsschlag

Im Gemach des Meisters

Das Training beginnt

Ein ungebetener »Gast«

Unerwartete Neuigkeiten

Schwangerschaft mit Hindernissen

Das Alchemielabor

Der rote Panda

Wieder zu Hause

Das erste Mal

Fremde Sitten

Die Gala beginnt

Gefahr in Verzug

Sonnenaufgang

Neue Freunde?

Wahnsinn im Übermaß!

Freiheit oder Dienen

Klärung der Fronten

Eine Magierin im Haus

Allianz

Rückkehr in den Turm

Danksagung

Autoren Vita

Jochen Nöller

Der Sklavenwiderstand

Vermächtnis der Winde Teil 2

Impressum

Bibliografische Informatiton durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

http://www.d-nb.de abrufbar.

Print-ISBN: 978-3-96752-079-8

E-Book-ISBN: 978-3-96752-577-9

Copyright (2020) XOXO Verlag

Umschlaggestaltung und Buchsatz: Grit Richter, XOXO Verlag

unter Verwendung folgender Bilder

Shutterstock-Nummer: 496821610, 759473224

Hergestellt in Bremen, Germany (EU)

XOXO Verlag

ein IMPRINT der EISERMANN MEDIA GMBH

Gröpelinger Heerstr. 149

28237 Bremen

Alle Personen und Namen in diesem Buch sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Prolog

Der Hirsch

Informationen waren die Lebensader für den Widerstand. Jede weitere von ihnen konnte die Wende bringen.

Nachdenklich saß der weiße Hirsch auf einem klapprigen Stuhl und studierte die Kurznotiz der Spionageabteilung. Er sah auf und ließ den Blick über die unzähligen Akten wandern. Einen Widerstand zu leiten war oft eine zermürbende Angelegenheit und erforderte einiges an Papierkram: Einsatzbefehle, Spionage- und Versorgungsberichte und vieles mehr stapelten sich auf dem morschen Tisch. Allein die Koordinierung der Rekruten und der vielen Stützpunkte verlangte ihm einiges ab.

Von der niedrigen Decke tropfte es auf das Papier in seinen Pfoten und er verzog missmutig das Maul. Zwar bot ihr Kommandoposten in der Kanalisation einige Vorteile, war aber alles andere als perfekt. Es war immer feucht und es stank erbärmlich, dafür konnten sich seine Rekruten ungesehen unter Tage bewegen. Zudem waren sie hier vor ihren Feinden sicher. Hier gab es keine Menschen – und das war auch gut so. Sollte ihr Aufenthaltsort den felllosen Monstern bekannt werden, dann wäre dies wohl ihr aller Ende.

Es klopfte.

»Herein.«

Kaitou, seine rechte Pfote, betrat den Raum und salutierte. »Ihr habt mich rufen lassen, Primär?«

»Ja.« Primär, das war schon seit mehr als zwei Jahren sein Name. Alle nannten ihn so. Erst die Menschen, denen er als oberster Sklave hatte dienen müssen, dann seine Rekruten, als er den Widerstand ins Leben gerufen hatte. Seinen wahren Namen hatte er nicht mehr ausgesprochen, seit die Menschen ihm alles genommen hatten, was ihm lieb und teuer gewesen war.

Diese Monster hatten seine Untertanen abgeschlachtet und sein Schloss niedergebrannt. Nur ihn hatten sie verschont, um ihn zu verhöhnen und einen Sklaven aus ihm zu machen.

Anfangs hatte er sich noch gewehrt. Gebäude konnte man wieder aufbauen, Bewohner konnte man zeugen. Das Schlimmste, das ihm die Menschen angetan hatten, war jedoch, ihm sein majestätisches Geweih zu stehlen, welches ihn als den König der Hirsche auszeichnete.

Kaitou räusperte sich und holte den Primär zurück in die Gegenwart.

»Hat der Mensch schon Informationen ausgespuckt?«

»Nein, Primär.«

»Dann werde ich mich ab sofort selbst um unseren Gefangenen kümmern. Für dich habe ich eine andere Aufgabe.« Der Primär zog den linken Maulwinkel nach oben. »Mir liegt ein Bericht vor, nach dem der Bastard unseres verstorbenen Meisters dessen Erbe angetreten hat. Er ist in unser altes Haus eingezogen und hat sich einige Sklaven angeschafft. Ich will, dass du die Lage dort sondierst.«

Warnend hob der Hirsch einen Finger. »Dieser Einsatz dient der Informationsbeschaffung. Sollte sich jedoch eine Gelegenheit ergeben, das Monster auszuschalten und die Sklaven zu befreien, lasse ich dir freie Pfote. Geh und erstatte mir regelmäßig Bericht.«

Kaitou salutierte und machte sich auf den Weg.

Früher oder später würde dem Bastard das gleiche Schicksal widerfahren wie seiner Familie, das schwor sich der Hirsch.

Denn nur ein toter Mensch war ein guter Mensch.

Nico

Der dunkelgraue Hund

»Aufstehen, du Faulpelz«, forderte die strenge Stimme seiner großen Schwester Emily.

»Was? Lass mich in Ruhe. Geh weg«, nuschelte Nico und drehte sich verschlafen um. Im Halbschlaf kugelte er sich auf seinem Strohhaufen zusammen und glitt zurück ins Reich der Träume.

Unsanft wurde ihm in die Seite gestoßen. Er gab ein erschrecktes Jaulen von sich und sprang hastig auf die Beine.

»Ich bin wach, ich bin wach«, gähnte Nico und rieb sich die Augen.

»Wenn Vater erfährt, dass du bei der Arbeit schläfst, dann …«, warnte die Ältere. Es war gar nicht nötig, diese Drohung zu vollenden. Er wusste genau, was sein Erzeuger davon halten würde.

In Gedanken ging er das Szenario durch: Vater würde ausrasten. Er würde toben, ihn als Nichtsnutz und unsagbare Enttäuschung beschimpfen. »Was?! Nico schläft schon wieder? Das ziehe ich ihm vom Lohn ab!« Wie Nico das hasste. Und dann war er auch noch der Jüngste aus dem Wurf.

Emily baute sich vor ihm auf und riss ihn aus seinen Gedanken. »Ach, Nico. Warum schläfst du auch so viel? Was machst du denn nachts?«, stöhnte sie und begann, die Tiere im Stall zu füttern. Nico streckte sich ausgiebig und schnaubte: »Was ich mache, geht dich nichts an. Ich brauche niemanden, der mich bemuttert.«

»So? Du bist dir schon bewusst, dass ich gerade deine Arbeit erledige? Ich kann auch gehen und diese Angelegenheit von Vater regeln lassen. Die Tiere haben Hunger, du Nichtsnutz.« Ihre Worte waren scharf wie Messer und ihr Blick tadelte ihn für seine rücksichtslose Art.

Nun, da sie es angesprochen hatte, vernahm auch er den Lärm im Stall. Die Kaninchen und Hasen sprangen wie wild in ihren Boxen auf und ab. Auch die wenigen Füchse, welche sie aufzogen, machten Radau.

Mit einem Seufzen auf den Lippen fuhr Emily fort: »Was soll nur aus dir werden? Es ist an der Zeit, dass du Verantwortung für dein Handeln übernimmst!« Mahnend sah seine Schwester von ihrer Tätigkeit auf.

Unbewusst zuckte Nico zusammen. Nach so einer Einleitung kam nie etwas Gutes.

»Du hast mit Vater schon oft den Hasen auf der Rennstrecke repariert, oder? Kannst du dich darum kümmern? Der hängt schon wieder.«

»Muss das sein?«, platzte es aus ihm heraus und er kam nicht umhin, seine Augen zu verdrehen.

Emily baute sich zu ihrer vollen Größe auf und hob drohend einen Finger. »In einer Stunde findet die nächste Jagd statt. Entweder der Hase funktioniert oder Vater erfährt, wer die Tiere füttern musste!«

 

Wenn sie sich so resolut verhielt, dann sollte man ihr besser nicht widersprechen. Diesen Charakterzug hatte Emily von ihrer Mutter geerbt und beide wussten damit umzugehen.

»Jaja, ich mach ja schon«, murrte Nico und trollte sich. Was blieb ihm auch anderes übrig? Er wusste, dass seine Schwester es nur gut meinte. Doch viel lieber hätte er in Ruhe sein Nickerchen beendet, als auf allen vieren im Geräteschuppen herumzukriechen, um an die Mechanik zu kommen.

Wahrscheinlich steckten Haare in der Kette. Diese Arbeit konnte jeder Trottel erledigen, nur ließ ihr Vater Torsten niemanden an den Apparat. Einzig sein großer Bruder und er selbst durften die Katakomben unter der Rennbahn betreten, ohne dass ihr Erzeuger einen Tobsuchtsanfall bekam.

*

In seine trüben Gedanken versunken, kam der Schuppen, in dem sich die Leiter befand, die zu den Katakomben führte, in Sicht. Mit einem Kopfschütteln kehrte Nico ins Hier und Jetzt zurück und ging langsam auf die versperrte Tür zu. Die vielen Warn- und »Zutritt verboten«-Schilder ignorierte er gekonnt und öffnete mit seinem Spezialschlüssel das Schloss.

Am Absatz der Leiter entspannte er sich ein wenig. Hier unten war alles eng. Es roch nach Öl, Fett und nassen Hundehaaren, dennoch fühlte er sich in den Katakomben sicher. Außer um die Maschine zu warten, kam keiner hier herunter. Hier hatte er seine Ruhe, musste sich nicht verstecken und konnte sein, wie er eben war.

»Früher waren die Hunde noch kleiner«, sprach Nico mit tiefer, vor Sarkasmus triefender Stimme, die Weisheiten seines Vaters nach, »und es herrschte noch Respekt vor dem Alter.«

Alt, das war das richtige Wort für den Mechanismus. Langsam wurde es Zeit für eine Modernisierung, aber sein alter Herr war nun mal ein Geizkragen.

»Was alt ist, muss nicht schlecht sein, mein Junge. Diese Anlage ist älter als ich und sie wird auch dich überleben, wenn man sie mit Liebe wartet. Du musst das Getriebe immer gut ölen.«

Wohl mit Blut – mit seinem Blut, bei den ganzen scharfen Zahnrädern und Metallteilen hier. Wozu Öl? Reichte sein Blut denn nicht? »Aua …«

Schnell steckte er sich den verletzten Finger ins Maul und beäugte böse das scharfe Metall, an dem er sich geschnitten hatte. Hier unten war kaum Platz, nicht mal er – und er war der Kleinste in seinem Rudel – konnte hier aufrecht stehen. Schnell schnappte er sich eine Taschenlampe mit der unverletzten Pfote und ging den Schacht entlang. Während er den Zahnrädern und anderen Teilen der Antriebskette auswich, schaute er sich suchend nach dem Fehler um.

Nach einer Weile fand er das Problem. In der Kette hatte sich ein Fellbüschel verfangen, welches nun mit Öl verschmiert als Klumpen zwischen der Kette und einem der Umlenkzahnräder steckte.

Nico stöhnte ungehalten auf. »Dachte ich es mir doch. Haare in der Kette. Schon wieder …« Erst vor ein paar Tagen war er hier auf Pelzschau gewesen. Unter den Welpen nannten sie so die Arbeit in den Katakomben. Meist waren es Fellbüschel, welche den Mechanismus verklebten.

Mit der Taschenlampe im Maul zupfte er vorsichtig an den Haaren und zog sie Stück für Stück von der Kette. Diese Enthaarung war gefährlich und das war ihm bewusst.

Doch er hatte fast alle öligen Haare entfernt und die Kette zitterte leicht, so stark stand sie unter Spannung. Nun konzentrierte er sich auf die Arbeit. Dieser Teil war am gefährlichsten, immerhin hatte die Kette schon einen Arm, zwei Pfoten und viele Finger erbeutet; er wollte kein Blutopfer an das Metall entrichten. Ganz langsam und vorsichtig zupfte er an den letzten Haaren.

Plötzlich gab das Zahnrad nach und die Kette entspannte sich surrend, indem gut zehn Fuß Metall an ihm vorbeischossen. Das Geräusch, das sie dabei von sich gab, war beängstigend.

Nachdem er sich die Pfoten an der Hose abgewischt hatte, nahm er seine Lampe aus dem Maul und ging langsam den Weg weiter. Wenn er schon hier unten war, konnte er ebenso gut mit den wöchentlichen Wartungsarbeiten beginnen.

In einer nahen Nische fand Nico ein Ölkännchen. Dessen Position zeigte an, bis wohin der letzte Besucher gekommen war. Nun nahm er es und begann, die Zahnräder zu beträufeln. Pfeifend und erneut in seine Gedanken versunken, arbeitete er sich voran. Es war Nachmittag, das wusste er und die Rennstrecke würde bald öffnen.

Nach einer Weile hörte er das Signal kurz vor dem Start des Hasen. Hastig brachte er seine Gliedmaßen in Sicherheit. Das Öl stellte er in eine der Nischen neben sich, bevor er das Licht ausmachte und sich auf den Boden legte.

»Solange der Mechanismus in Betrieb ist, sollte man nicht hier herumlaufen«, gähnte er in die Dunkelheit hinein, denn es war an der Zeit für ein Schläfchen. Der Bereich am Boden war sicher, also streckte er die Glieder und rollte sich zu einer Kugel zusammen.

*

Laute Geräusche rissen Nico aus seinem Schlummer. Irritiert spitzte er die Ohren. Er konnte gedämpfte Schreie hören. »Verdammt noch mal. Müssen die schon wieder durchdrehen? Ist doch nur ein Rennen. Immer diese schlechten Verlierer«, stöhnte er in die Dunkelheit und tastete den Boden nach seiner Taschenlampe ab.

Irgendetwas schien anders zu sein. Die Stimmen waren nicht zornig, eher panisch. Seltsam. Was war oben los? Im Licht der Lampe kontrollierte er kurz, ob der Mechanismus außer Betrieb war, dann kroch er so schnell er konnte den Gang zurück. Einige Minuten später hatte er die schmale Leiter erreicht und sah einen roten Schimmer durch die offene Tür.

»Oh nein. Ich habe vergessen, die Tür zu schließen! Ich hoffe, Dad hat das nicht gesehen. Oh, das könnte Ärger geben«, quengelte er reuevoll vor sich hin. Rasch legte er die Taschenlampe in ihre Box zurück und kletterte hoch. Oben schloss er schnell die Tür und sah sich schuldbewusst um, konnte jedoch niemanden sehen.

»Gut gegangen«, atmete Nico erleichtert auf und ging pfeifend in Richtung der Rennstrecke. Nebelschwaden hingen in der Luft und er hatte ein seltsames Gefühl, so als würde er neben sich stehen.

Eine unnatürliche Stille legte sich um ihn hernieder und er hielt erschrocken den Atem an. »Wo sind denn all die Gaffer und Läufer?«, fragte er sich verwundert und sah sich suchend um. Es war keine Hundeseele zu sehen, nur der undurchdringliche Nebel. Die Luft roch eigenartig; war das Eisen? Oder verbrannte Haare? Beides?

Auf seine Füße achtend, tapste er vorsichtig umher. Plötzlich durchzog ein durchdringender Schrei die Stille, bei dem sich seine Nackenhaare aufstellten. Panisch schaute Nico in die Richtung des Lärms und erschrak. In diesem Moment lichtete sich der Nebelschleier.

Mitten auf der Rennbahn lagen Hunde kreuz und quer, manche aufeinander, manche in seltsam verrenkten Posen. Einige von ihnen waren Läufer, das konnte er an den Trikots erkennen, die anderen mussten Zuschauer sein. Keiner bewegte sich, nur ihr Fell strich mit dem einsetzenden Wind hin und her.

Etwas abseits stand eine fremde Gestalt, die in eine schwarze Kutte gekleidet war. Vor dem Fremdling schwebte Nicos Vater in der Luft. Die ganze Situation hatte etwas sehr Surreales an sich, ganz wie ein übler Albtraum.

Hastig rieb sich Nico die Augen. Hunde konnten nicht in der Luft schweben. Als er erneut hinsah, hatte sich die Szenerie nicht verändert. Der wütende Schmerzensschrei seines Vaters wurde von einem lauten, gehässigen Lachen seitens des Fremden begleitet. Torsten erblickte trotz seiner Pein seinen Sohn und riss die Augen auf. Mit den Lippen formte er das Wort: Lauf!

Nico verstand nicht, was vor sich ging. Kaum waren die Geräusche verklungen, legte sich abermals Totenstille über das Areal. Träumte er etwa noch?

Ein lautes Knacken durchdrang die Stille.

Torstens Kopf ruckte zur Seite. Wie gelähmt und mit aufgerissenem Maul starrte Nico zum zuckenden Leib seines Vaters.

Wie aus dem Nichts machte die unbekannte Person eine wegwerfende Handbewegung – und Torsten flog durch die Luft, genau auf seinen zitternden Sohn zu. Vor diesem stoppte der leblose Körper. Nico konnte seinen Blick nicht abwenden. Das war sein Vater und er hatte Schmerzen. Gebannt schaute er in die gelben Augen. Kein Lebenslicht brannte mehr darin. Sie starrten tot und für ewig dunkel zu ihm auf.

»Das ist ein Scheißtraum. Ich will aufwachen«, schluchzte Nico und Tränen liefen ihm über die Wange.

»Aufwachen?«, fragte eine gehässige Stimme ganz nahe bei ihm. »Du wirst dir noch wünschen, dass das hier ein Traum ist.«

Entsetzt sah er auf und blickte direkt in die Kapuze des Fremden. Aber dort befand sich kein Hundegesicht. Das erschreckend hässliche Antlitz eines schaurigen Monsters schaute zu Nico herunter. Blank und ohne Fell, mit platt gedrückter Schnauze verzog er die fleischigen Lippen zu einem höhnischen Grinsen. Weiße Stummelzähne schauten zwischen den seltsam rosafarbenen Lefzen hervor. Seitlich aus dem Kopf ragten winzige Ohrmuscheln. Noch nie hatte Nico von so einem unheimlichen Wesen gehört oder eines in der Flimmerkiste gesehen.

»Ja, du gefällst mir. Wie alt bist du?«, erkundigte sich der Fremde zuckersüß.

»Ich … ich …«, stammelte Nico entsetzt.

Das Monster schüttelte unzufrieden den Kopf. »Wie konnte ich auch erwarten, von einem niederen Wesen eine klare Antwort zu erhalten? Dein Alter ist ohnehin egal. Lass dich mal ansehen.«

Plötzlich blitzte ein drei Fuß langer goldener Stab unter der schwarzen Robe hervor. Das Ding erinnerte Nico an eine Art Zauberstab. Die Oberfläche glänzte makellos und verjüngte sich leicht zur Spitze hin. Am anderen Ende sah er die Pfote des Monsters – felllos und ohne Krallen. Mit dem Stab drehte das Ungetüm seinen Kopf grob auf die Seite. Wut stieg in Nico auf und er bleckte die Zähne.

Das Monster nickte. »Das Gebiss scheint in Ordnung zu sein.« Erbost versuchte Nico, den Stab zu ergreifen, doch das Metall machte eine schnelle Bewegung abwärts und entkam so seiner Pfote. Bevor er auch nur einen weiteren Gedanken fassen konnte, spürte er, wie sein T-Shirt und seine Hose sich von ihm lösten. Erschrocken griff er nach dem Stoff, um diesen zurückzuhalten und blickte an sich herab. Mit offenem Maul sah er seiner Kleidung beim Fallen zu. Sie bestand nur noch aus etwa klauenlangen Stofffetzen, welche sanft wie Konfetti zu Boden schwebten. So schnell er konnte, verschränkte er die Arme vor seinem Intimbereich und drehte sich weg.

»Du bist ein perfektes Geschenk für meine kleine Schwester. Ja, dich werde ich mitnehmen«, überlegte das Monster laut.

»Bruder!«, rief Emily ängstlich hinter ihm und Nico wandte sich ihr zu.

»Du störst, Abschaum«, stieß der Fremde hervor.

»Lauf!«, schrie Nico, aber es war schon zu spät. Aus den Augenwinkeln sah er die Spitze des Goldstabes hervorschnellen. Sie zeigte direkt auf Emily. Plötzlich tauchten seltsame leuchtende Symbole auf der Oberfläche des Metalls auf. Ein Zischen erklang. Dieses Geräusch erinnerte Nico an die Entspannung der Antriebskette unter der Rennbahn.

Vor dem Stab erschien ein bläulicher, spitzer Kristall. Kürzer als einen Wimpernschlag schwebte dieser in der Luft, dann schoss er davon. Ein grauenhaftes Gurgeln erklang und Nico blickte erschrocken zu seiner Schwester. Das Geschoss steckte in ihrer Brust. Aus ihrer Kehle sickerte gurgelnd Blut hervor. Ihre Augen waren weit aufgerissen und zuckten haltlos. Urplötzlich erlosch auch deren Glanz und Emilys lebloser Körper sackte zu Boden. Nebel verschluckte sie in Bruchteilen von Sekunden.

Zitternd sackte Nico zusammen und seine Tränen waren wie Flüsse. Das durfte nicht wahr sein! Seine Schwester und sein Vater konnten doch nicht tot sein …

Ein seltsames Gefühl überkam Nico. Er fühlte sich wie in Watte eingepackt und sein denken wurde träge. Dann plötzlich durchfuhr ihn ein brennender Schmerz in seinem Kopf. Seine Sicht verschwamm und die Welt wurde schwarz.

Nico

Sklavendasein

Stimmen drangen in sein Bewusstsein. »… gefangen. Kümmere dich darum, dass es erzogen wird. Ich werde es in drei Monaten abholen und erwarte einen perfekten Sklaven. Es soll alle Hausarbeiten erledigen können und als Bettspielzeug erzogen werden. Wenn ich deine Arbeit als angemessen empfinde, wirst du deine Belohnung erhalten.«

Nico kannte diese Stimme, sie gehörte dem Monster, dem Mörder seines Rudels. Der Mann sprach so gelangweilt und hochnäsig wie einer der Reinrassigen. Er schien es gewohnt zu sein, immer das zu bekommen, was er wollte.

Eine zweite männliche Stimme antwortete in ehrfürchtigem und demütigem Ton: »Mein Herr Magier …« Bei diesen Worten erschauderte Nico. Das Monster war tatsächlich ein Magier. Magie existierte also wirklich und war nicht nur etwas aus Filmen und Büchern. In seinem Kopf drehte sich alles, dennoch spitzte er die Ohren und lauschte angestrengt.

 

»… ich fühle mich geehrt, für Euch einen Sklaven einzuarbeiten. Bescheiden bitte ich um eine Erweiterung der Schutzrunen meines Hauses. Ich plane zu expandieren und bräuchte somit stärkere Sicherheitsmaßnahmen, wenn Euer Würden verstehen.«

»Ja, ich verstehe, Ursay. Diese Wesen sind bestimmt nicht sehr kooperativ. Jedenfalls am Anfang.« Ein gehässiges Lachen erklang und ließ Nico das Nackenfell zu Berge stehen. »Deine Sklaven, so sagen die Leute, sollen mit Abstand die Besten sein. Daher erwarte ich nicht weniger als Perfektion!« Die Schärfe und Kälte in der Stimme des Monsters jagten Nico einen Schauer über den Rücken. Der Magier musste nicht mal eine Drohung aussprechen, um sein Gegenüber einzuschüchtern.

Langsam versuchte Nico sich zu bewegen. Etwas hinderte ihn daran und er öffnete einen Spaltbreit die Augen. Halb sitzend, halb auf dem Rücken liegend hatte man ihn mit gespreizten Beinen auf einen eigenartigen Stuhl gefesselt. Seine Gelenke waren mit Metallringen fixiert worden. Auch um seinen Hals spürte er die Kälte von Metall. Mehrere Lederriemen spannten sich über seinen Körper und schränkten seine Bewegungen zusätzlich ein. Zudem war er vollkommen nackt.

Panik kroch in ihm hoch. Er riss und zerrte an seinen Fesseln. Erfolglos. Da bemerkte er die zwei Gestalten vor sich. Die eine war der Magier in seiner schweren schwarzen Kutte. Mit dem Rücken zu Nico stand eine weitere Person – das musste Ursay sein. Der Sklavenhändler war fülliger als der andere und trug eine blaue Robe. Der Stoff sah sehr fein und teuer aus. Mehr konnte Nico in diesem Moment nicht erkennen. Ein Wimmern entrann seiner Kehle. Bei diesem Geräusch warf der Magier ihm einen verächtlichen Blick zu und grinste süffisant, als sich ihre Augen trafen. »Drei Monate!«

Ergeben verbeugte sich der Händler und der Magier hob seinen Zauberstab. Ein Ring aus Runen erschien um ihn. Einen Wimpernschlag später war der Magier verschwunden.

»Drei!«, stieß Ursay aus und wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. »Drei Monate? Und dann auch noch ausgerechnet Logan, Magier des 10. Grades. Da darf ich mir keine Fehler erlauben.« Ursay drehte sich mit einem Seufzen um.

Panisch schrie Nico auf und kämpfte verzweifelt gegen seine Fesseln an. Dieser Mann war ebenfalls eines dieser Monster. Ohne Fell und mit einem aufgedunsenen, platten rosa Gesicht.

Ursays Mine verzog sich ungehalten und er befahl unwirsch: »Halt dein Maul, Sklave!« Nico dachte gar nicht daran, sich zu beruhigen und schrie noch lauter.

»Das ist ja nicht zum Aushalten! Primär, ich überlasse es dir, diesem Frischfleisch das Maul zu stopfen. Aber sieh zu, dass er keine bleibenden Schäden davonträgt. Sonst rollt dein Kopf. Verstanden?«

»Ja, Meister«, erwiderte eine Stimme aus dem Schatten heraus. Sich die kleinen fleischigen Ohren zuhaltend, flüchtete Ursay überstürzt aus dem Raum.

Mit einem Satz sprang etwas ins Licht und versetzte Nico einen kräftigen Schlag gegen den Kopf. Er verstummte, vor Schmerz stöhnend. Eine mächtige Pranke schnappte nach seinem Kopf und drehte diesen. Schnell versuchte Nico, die Finger seines Peinigers mit seinen Zähnen zu erwischen, doch der Griff war zu stark. Der Schmerz in seinem Unterkiefer verstärkte sich und er glaubte, dass seine Knochen dieser Belastung nicht mehr lange standhalten würden.

Mit Tränen in den Augen sah Nico in das Antlitz eines seltsamen Wesens. Erschreckt riss er die Augen auf. Dieses Ding sah keinem Hund, den er kannte, ähnlich. Wenn er raten müsste, würde er sagen, es war eine hundegroße humanoide Katze. Entfernt erinnerte das Wesen ihn an einen Tiger, immerhin hatte es gelbes Fell mit schwarzen Streifen, wie die im Zoo. Aber gab es so etwas überhaupt?

»Wir haben nur wenig Zeit. Beginnen wir gleich mit der ersten Lektion. Unser Meister ist ein Mensch. Ich bin ein Tiger und der Primär – der Oberaufseher aller Sklaven - dieses Hauses. Du bist ein Sklave. Wenn der Meister etwas befiehlt, dann tust du genau das, was er sagt, sonst prügle ich dich zu Brei! Verstanden?«

Zitternd vor Angst versuchte Nico zu nicken; was blieb ihm in dieser Situation anderes übrig?

Erneut fing er sich eine. »Das heißt: Ja, mein Primär! Also von vorne. Hast du verstanden?«

Wut loderte in Nico auf und er biss sich auf die Unterlippe. Was immer hier vor sich ging, er würde nicht mitspielen.

»Wie du willst, dann eben die harte Tour«, sagte der Primär gierig und leckte sich über die Lippen. »Jetzt zeige ich dir, wie ich mit Ungehorsam umgehe. Es ist nur zu deinem Besten.« Lachend ließ er Nicos Kopf los und entfernte sich zwei Schritte. Aus der Distanz konnte Nico gut sehen, wie groß der andere war. Das Wesen musste ihn um mindestens einen Kopf überragen. Breitschultrig und mit muskelbepackten Armen und Beinen stand der Primär oberkörperfrei vor ihm. Seine Brust und Bauchmuskeln verrieten Jahre harter Arbeit und Nico konnte nur erahnen, wie stark der Primär sein musste.

Einen Augenblick fummelte der Primär an seiner einfachen Stoffhose herum. Dann glitt diese zu Boden. Nico schluckte schwer, als er das aufgerichtete Glied zu Gesicht bekam. Der Rüde war eindeutig erregt.

»Was soll das werden?«, fragte Nico ängstlich und sah zu, wie der Primär um ihn herumging.

»Wonach sieht es denn aus?« Direkt vor ihm stehend grinste der Primär ihn bösartig an. Plötzlich erklang ein mechanisches Geräusch und der Stuhl kippte nach hinten. Zudem fuhr er nach oben. Mit einem Wimmern stellte Nico fest, dass sein Hintern nun auf einer Höhe mit der Hüfte des Primärs war. Dieser wollte doch nicht etwa …? Oder doch?

Nico war noch Jungfrau, aber kein Kind mehr. In seinem Alter hatte er sich schon heimlich mit dem Thema Sex beschäftigt.

»Ich … ich bin keiner von denen. Ich bin nicht schwul.« Sein Herz raste und er hoffte, den Tiger überzeugen zu können, von seinem Plan abzulassen. Er hatte sich nie zu einem anderen Rüden hingezogen gefühlt. Nein, er stand auf Hündinnen, mit großen Brüsten. In seiner Heimat wurden Schwule und Lesben toleriert, solange diese ihre Neigungen nicht öffentlich zur Schau stellten. »Geh in eine Schwulenbar und such dir einen, der das will.«

Der Primär lachte. »Wir befinden uns nicht auf deinem Heimatplanteten, Sklave. Du bist jetzt auf dem Planeten Jusmin. Hier herrschen die Menschen. Die Menschen sind unsere Herren und Meister. Wesen wie wir sind Sklaven der Menschen. Ein Sklave wird nicht gefragt, ob er schwul ist oder was er will. Du hast zu tun, was dein Meister von dir verlangt!«

»Bitte nicht«, wimmerte Nico.

»Genug der Worte. Meine Aufgabe ist es, dich zu einem braven Sklaven zu formen.«

Nicos Gedanken wanderten fort, als der Tiger sich zwischen seinen Beinen aufstellte. Mit einer der mächtigen Pranken nahm er eine Tube zur Pfote und goss sich eine klare, zähe Flüssigkeit auf die andere.

Verzweifelt begann Nico einen weiteren Versuch, seinem Schicksal zu entkommen: »Ich werde gehorchen, mein Primär.«

»Sei lieber froh, dass du ein Eilauftrag bist. Normalerweise würde ich kein Gleitgel benutzen.« Der Tiger lachte und seine ölige Pfote verschwand zwischen Nicos Beinen aus seinem Sichtfeld. Panisch riss und zerrte er an den Fesseln. »Ich will das nicht. Lass das!« Er begann zu zittern und unbändige Angst stieg in ihm auf. Das durfte der Tiger ihm nicht antun. Das konnte er ihm einfach nicht antun.

»Entspann dich«, sagte der Primär. »Du hast viel zu lernen und wir haben nicht viel Zeit.«

Mit roher Gewalt wurde Nicos Hüfte von den Pranken seines Peinigers umschlossen. Er winselte, aber es half nichts. Etwas berührte ihn an seinem Hintern. Es war feucht und warm. Ein Schauer lief ihm den Rücken hinunter. Der Primär würde es wirklich tun und Nico konnte sich ihm nicht entziehen.

»Bringen wir es schnell hinter uns«, lachte der Tiger und ließ die Hüfte vorschnellen. Mit einem einzigen Stoß drang das Glied des anderen komplett in Nico ein und nahm ihm seine Jungfräulichkeit.

Schmerz.

Unbändiger Schmerz jagte durch seinen Körper. Es fühlte sich an, als würde er innerlich zerrissen. Das Einzige, was Nico noch tun konnte, war zu schreien, während der Primär ihn hart und unerbittlich nahm.

*

Nico verlor jegliches Zeitgefühl. Waren nur Minuten oder ganze Stunden vergangen? Er wusste es nicht. Er hatte geweint, solange bis keine Tränen mehr da waren. Als der Tiger endlich von ihm abließ, hatte er sich heiser geschrien.

Stumm schluchzte Nico und versuchte, gegen die Schmerzen anzukämpfen. Sein ganzer Körper bebte und seine Atmung ging stoßweise. Sein Hintern brannte entsetzlich und er spürte, dass etwas aus ihm herauslief. Noch nie in seinem Leben hatte er solch eine Qual erleiden müssen. Gefangen in seiner Pein, dachte er daran, dass der Tod diesem Schicksal vorzuziehen war.

Nach dieser Tortur griff der Tiger nach einer anderen Tube und verteilte deren Inhalt auf Nicos Muskelring. Das war unangenehm, aber er war wie erstarrt. Er hatte nicht einmal mehr die Kraft, sich gegen die Fesseln zu stemmen.

»Schade um die gute Heilsalbe«, brummte der Primär. »Aber was sein muss, muss sein.«

Der Schmerz ließ nach und Nico sackte zusammen. Bis zu diesem Moment war ihm gar nicht bewusst gewesen, dass jeder Muskel in seinem Körper angespannt gewesen war.

Ohne ein weiteres Wort zog sich der Tiger seine Hose an und ging. Erschöpft schloss Nico die Augen und glitt in einen unruhigen Schlaf.

Kurze Zeit später wurde er unsanft geweckt. Der Primär war zurück und befingerte ungeniert Nicos Muskelring.

»Bitte«, wimmerte Nico.

Anstelle von Erbarmen schenkte der Tiger ihm Schmerzen. Sein Oberschenkel brannte, als hätte er sich geschnitten. Nico schrie mit zittriger Stimme auf und beobachtete, wie der andere sich zwischen seinen Beinen aufrichtete.

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