Grundriss der Philosophie XI Religionsphilosophie und Philosophische Theologie

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Grundriss der Philosophie XI Religionsphilosophie und Philosophische Theologie
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Joachim Stiller

Grundriss der Philosophie XI Religionsphilosophie und Philosophische Theologie

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Zur Frage der Gnostik

Zur Frage der Theodizee

Die Hölle

Das Gottesbild

Die allgemeine Menschenliebe

Die Gleichwertigkeit aller Religionen

Der Gedanke der Wiedergeburt

Die heilige Kommunion

Bestattung in geweihter Erde

Die Taufe

Die katholische Soziallehre

Das Weltethos

Das neue apostolische Glaubensbekenntnis

Das spezielle Glaubensbekenntnis

Mantren, Sprüche und Gesänge aus der katholischen Liturgie

Die acht Weltreligion

Die Gottesargumente (ursprünglich „Gittesbeweise“)

Bibelexegese

Aphorismen zur Religionsphilosophie

Die Eigenschaften Gottes

Glaubenssätze (Credos)

Thesenpapiere zur Reform der katholischen Kirche

Die Enzyklika „Lumen Fidei - Licht des Glaubens“

Impressum neobooks

Zur Frage der Gnostik

„Gnostik“ heißt eigentlich „Lehre“ oder „Erkenntnis“, oder genauer, „Gotterkenntnis“. In diesem Sinne wollen wir den Begriff der Gnostik hier gebrauchen.

Drei Fragen versucht die Gnostik zu beantworten, jedenfalls nach meinem Verständnis:

1. die Frage nach dem Gottesbild (Trinität),

2. die Frage nach dem Verhältnis von Gott zur Welt, also die Frage nach der Schöpfung

an sich, und

3. die Frage, wie das Böse in die Welt kam, also die Frage nach der Theodizee.

Zur ersten Frage habe ich einen gesonderten Text geschrieben (siehe unten). Die Frage der Theodizee wird zu gegebener Zeit ebenfalls gesondert behandelt. Ich möchte nun in erster Linie auf die Kernfrage der Gnostik schlechthin eingehen, die Frage nach der Schöpfung bzw. die Frage nach dem Verhältnis von Gott zur Welt. Gnostik ist somit auch ein Sprechen „über Gott und die Welt und den ganzen großen Zusammenhang“. (Beuys)

Es gibt hierzu ganz unterschiedliche gnostische Standpunkte. Ich selber unterscheide die

folgenden fünf Positionen:

1. den Theismus, wobei der Deismus nur eine schwache Spielart ist

2. den Panentheismus

3. den Pantheismus

4. den Agnostizismus

5. den Anthropotheismus

6. die anthropomorphe, atheistische Religion, säkularisierte Spiritualität

7. den Atheismus

Der Theismus sieht Gott über, oder besser, außerhalb der Welt; Gott hat die Welt erschaffen,

und er lenkt ihre Geschicke, aber er ist nicht selber „Welt“.

Der Panentheismus ist eine „Welt-in-Gott-Lehre“. Dies ist auch meine Position.

Der Pantheismus ist eine „Die-Welt-ist-Gott-Lehre“, eine Auffassung, die Gott und Welt gleichsetzt, und die in Indien weit verbreitet ist.

Der Agnostizismus ist eine Art Zwischenposition zwischen Theismus und Atheismus, wobei er sich nicht festlegen will. „Vielleicht“ gibt es einen Gott, „vielleicht“ aber auch nicht.

Der Anthropotheismus glaubt, dass der Mensch selbst ein Gott ist.

Die anthropomorphe, atheistische Religion bzw. die säkularisierte Spiritualität steht der Welt mit spirituellen Empfindungen gegenüber, aber sie glaubt nicht an einen Gott. Beispiele hierfür sind der Buddhismus und die säkularisierte Spiritualität von Feuerbach und Metzinger.

Der Atheismus leugnet Gott generell.

Man kann die unterschiedlichen gnostischen Standpunkte mit Hilfe von drei Trippeln näher zu systematisieren versuchen:

Theismus, Panentheismus, Pantheismus

Theismus, Agnostizismus, Atheismus

Theismus, Pantheismus, Atheismus

Ich selber vertrete unbedingt einen Panentheismus. Der Panentheismus ist eine „Welt-in-Gott- Lehre“ und einzig mit der christlichen Mystik vereinbar. Die christlichen Mystiker waren oftmals Panentheisten, so z.B. Angelus Silesius.

Der Theismus meint, Gott stünde außerhalb der Welt, die Welt sei nicht Gott, hingegen lenke

Gott die Welt, aber eben von außen.

Der Pantheismus setzt, wir sagten es bereits, Gott und Welt gleich. Es handelt sich praktisch um einen Identitätsgedanken, dem aber leider ein ungemein materialistischer Zug anhaftet Der Panentheismus hingegen ist eine „Alles-in-Gott-„ oder eben eine „Welt-in-Gott-Lehre“. Die Welt ruht „in“ Gott, und Gott ist in der Welt. Aber: Gott steht doch über der Welt. Oder: Gott ist „mehr“, als die bloße Welt.

Während man sich den Theismus wie zwei übereinanderliegende Kugeln vorstellen könnte, den Pantheismus aber als zwei genau deckungsgleich inneinanderliegende Kugeln, so könnte man sich den Panentheismus als ein sehr große Kugel (oder sogar ein Ei) und ein ganz in ihr liegende kleinere Kugel vorstellen. Eine Kugel steht dann jeweils für Gott, die andere für die Welt.

Ich möchte dafür einmal den folgenden Glaubenssatz gebrauchen:

Gott hat die Welt erschaffen, und die Welt ruht in Gott, und durch den Menschen kehrt die Schöpfung zu Gott zurück.“

Und weiter: „Im Namen des Vaters, und des Sohnes, und des heiligen Geistes. Amen.“

Ein ganz einfaches Mantra. Es kann von jedem jeder Zeit gebetet werden.

Zur Frage der Theodizee

„Wie kommt das Böse in die Welt?“ Mit dieser Frage fallen mir die Zeugen Jehovas regelmäßig mit der Tür ins Haus. Ich sage dann immer, das sei eine zutiefst gnostische Frage. Es sei die Frage nach der Theodizee. Meistens können die Zeugen Jehovas damit schon nichts mehr anfangen, denn sie haben noch nie etwas von Gnostik gehört.

Theodizee nennt man in Theologie und Philosophie den Versuch, den Widerspruch zwischen Gottes Allmacht und Güte und dem in der Welt vorhandenen physischen Übel, dem moralisch

Bösen und den vielfältigen Leiden zu erklären. Der Begriff „Theodizee“ stammt übrigens von Leibnitz, der dem Thema ein ganzes Werk gewidmet hat. Leibnitz sah das Böse als einen bloßen Mangel an Gutem, von Gott im Rahmen seiner Schöpfung als Mittel der Prüfung und Bewährung zugelassen, damit schließlich auch aus ihm Gutes entspringe. Sicherlich eine gute und brauchbare Erklärung.

In der Philosophie sahen J. Böhme, F.W. Schelling und F.X. von Baader den Ursprung des Bösen in Gott als dem einzigen Urgrund der Welt. Dagegen stehen Auffassungen, die das Böse lediglich als Mangel an Gutem, also als „nicht seiend“, charakterisieren (Platonismus, Augustinus, Thomas von Aquin, G.W. Leibnitz).

Die Möglichkeit einer freien Willensentscheidung wird entweder betont (Pelagius, Leibnitz) oder aber aufgrund der Erbsünden- und Prädestinationslehre verneint (Augustinus, Luther). In diesem Punkt wenigstens stimme ich mit Pelagius und Leibnitz überein. Einige grundsätzliche Überlegungen zur Theodizee: Ich selber bin davon überzeugt, dass Gott die Welt als Dualität schuf, als Licht und Finsternis schuf er sie, als Mann und Frau, und eben auch als Gut und Böse. Gott nahm also das Böse tatsächlich billigend in Kauf, um diese Welt eben als Dualität schaffen zu können, was unabdingbar für die Schöpfung ist. Damit schuf Gott diese Welt aber auch als gefallene Welt (in Gott). Damit kann das Böse tatsächlich als ein Mangel an Gutem interpretiert werden, ein Prüfstein, aus dem letztendlich wieder das Gute hervorgeht. Gott ist das Böse auch, aber er ist es eben nur „der Möglichkeit nach“. Gott ist nämlich die „Summe aller Möglichkeiten“.

 

Literaturhinweis:

- G.A. Bondarew: „Das Gute und das Böse“ – Ergänzungskapitel zu „Anthroposophie auf der

Kreuzung der okkult-politischen Bewegungen der Gegenwart“

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