Tod auf der Massagebank

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Tod auf der Massagebank
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Der Autor wurde 1944 in Chemnitz geboren. Er ist verheiratet, hat eine Tochter und ist seit 1966 im erzgebirgischen Annaberg beheimatet.

Nach Abschluss seines Studiums in der Fachrichtung Maschinenbau war er als Technologe, Technischer Leiter und Bauleiter in verschiedenen Einrichtungen tätig.

Das Buch ist die zwölfte Folge der Ermittlungen von Hauptkommissar Ullmann.

Weitere Werke von Joachim Bräunig:

1.Ein rätselhafter Mord

2.Aus Lust zum Mörder

3.Mord als letzter Ausweg

4.Der eiskalte Mörder

5.Tod im Fitness-Studio

6.Das geheimnisvolle Merkmal

7.Ein Fluch aus der Vergangenheit

8.Was geschah mit Lotte L.

9.Die Magie der Sucht

10.Die Nadel des Todes

11.Mord aus Enttäuschung

Joachim Bräunig

TOD AUF DER

MASSAGEBANK

Kriminalroman

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2018

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Copyright (2018) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Titelfoto: Attractive woman having a back massage ©

WavebreakMediaMicro (Fotolia)

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

1

Der Himmel zeigte sich an diesem Samstag von seiner besten Seite und strahlte in azurblauer Farbe. Die Sonne schickte ihre wärmenden Strahlen und erhitzte die Luft bereits an diesem frühen Morgen auf zwanzig Grad und es war ein sehr schöner und zugleich sehr warmer Tag von den Meteorologen vorausgesagt worden. Die Menschen waren gut gelaunt und freuten sich auf die freien Stunden am Wochenende bei herrlichem Wetter. Die Vögel hatten ihren morgendlichen Gesang beendet und genossen die leichte Brise des Windes bei ihren Ausflügen. Sie waren mit der Versorgung ihres geschlüpften Nachwuchses beschäftigt und ständig auf der Suche nach Würmern oder Insekten. Das Gewitter, welches vor drei Tagen auf die Landschaft niedergeprasselt war, hatte das Gras zum Sprießen gebracht und die Halme strahlten in sattem Grün. Auf der Wiese, welche sich am Rande des Geländes befand und die bis zum Beginn des Waldrandes führte, schossen die Blumen wie Pilze aus der Erde und gestalteten ein buntes Gebilde, welches das menschliche Auge zum Strahlen brachte. Die Blätter des Mischwaldes hatte der Regen vom Staub befreit und sie glänzten im Sonnenschein. Die gesamte Umgebung bot ein Bild der Harmonie und Eintracht.

Die Bewohner der Siedlung und die Gemeinde waren sich einig, die Natur in ihrem Ursprung zu erhalten und nicht durch künstliche Gestaltung zu beeinflussen. Die leichte Brise war den Menschen willkommen und dämpfte die aufkommende Hitze, wobei die Luft sehr trocken war und die Wärme sich erträglich gestaltete. In einigen Vorgärten verrichteten die Rasensprenger bereits ihre Arbeit und befeuchteten den Rasen, der in allen Vorgärten sehr gepflegt wurde und sich in vorzüglichem Zustand befand. Zum Glück der Anwohner war die Gegend frei von Maulwürfen, welche das Bild der Vorgärten negativ beeinflusst hätte.

An diesem wunderschönen Morgen herrschte zu der frühen Stunde in der Siedlung Ruhe und die meisten der Bewohner richteten den Frühstückstisch in ihren Vorgärten und bereiteten sich auf einen erholsamen Tag vor. In einigen Vorgärten wurden, trotz der bereits hochstehenden Sonne, die Blumen und Pflanzen gewässert und der Rasen gemäht, was bei einigen anscheinend zum Hobby gehörte, denn die Rasenfläche war sehr kurz geschnitten.

Die Familie Geisler, welche am Rande der Siedlung in Wendisch Rietz wohnte, feierte an diesem Wochenende einen runden Geburtstag von Julia Geisler – sie wurde fünfzig Jahre – und ihr Ehemann hatte sich für diesen Tag einige Überraschungen überlegt. Werner Geisler wollte seiner Gattin einen unvergesslichen Tag bereiten und hatte sich dafür mehrere gute Ratschläge von seinen Freunden eingeholt. Nach reiflichen Überlegungen hatte er diese mehr oder weniger guten Ratschläge alle verworfen und war zu seiner ursprünglichen Überraschung zurückgekehrt. Seine Frau spürte bereits seit einigen Tagen eine gewisse Unruhe ihres Gatten und war sich sicher, dass diese auf ihren bevorstehenden Geburtstag zurückzuführen war. Sie freute sich, dass sich ihr Mann für ihren Ehrentag offensichtlich große Mühe gab und ihr etwas Besonderes bieten wollte, denn er war sehr aufgeregt und sagte wiederholt zu seiner Frau, dass er nochmals außer Haus muss, um Besorgungen zu machen.

Werner Geisler hatte ihre beiden Kinder in seine Pläne eingeweiht und sie gebeten, strengstes Stillschweigen gegenüber ihrer Mutter zu wahren. Die Kinder freuten sich gleichfalls auf das Fest und waren mit den Plänen für die große Geburtstagsfeier einverstanden. Werner Geisler hatte für diesen Tag, außer den Kindern weitere gute Bekannte und Freunde eingeladen, wobei er ihnen den Ablauf der Feier nicht mitteilte. Zu diesem engen Freundeskreis gehörten die Ehepaare Eberhard und Christa Lutter sowie Richard und Lucy Weiland. Die Familie Lutter wohnte in unmittelbarer Nachbarschaft und beide Paare besuchten sich oft, entweder im Haus der Familie Geisler oder bei der Familie Lutter.

Werner Geisler arbeitete als Oberarzt im Helios Klinikum Bad Saarow und war sehr angesehen und beim Personal sehr beliebt. Seine fachliche Kompetenz wurde von niemand angezweifelt und er hatte von der Klinikleitung die Möglichkeit zu privaten Sprechstunden erhalten. Diese waren stets gut besucht, da sich seine fachliche Kompetenz und die Exaktheit seiner Diagnosen weit über die Grenzen des Einzugsgebietes von Bad Saarow herumgesprochen hatten. Seine Frau äußerte gelegentlich, dass er etwas weniger arbeiten sollte, aber Werner Geisler war mit Leib und Seele Arzt, der immer für seine Patienten zur Verfügung stehen wollte. Diese fast ständig währende Bereitschaft ihres Mannes beruflicherseits hatte wiederholt zu Konflikten in ihrer Ehe gesorgt, da nach Meinung von Christa Geisler, ihr Mann zu wenig Zeit mit ihr verbrachte und sie ihn zu wenig sah. Sie wollte mehr gemeinsame Zeit mit ihrem Mann verbringen.

Christa Geisler war gleichfalls berufstätig und besaß eine eigene gutgehende Physiotherapie mit drei Angestellten – zwei Physiotherapeutinnen und ein Masseur. Sie war eine ausgebildete Therapeutin und hatte in den letzten Jahren mehrere Weiterbildungen besucht und sich die neuesten Behandlungsmethoden angeeignet. Dasselbe galt für ihre Mitarbeiter, da sich die Welt der verschiedenen Behandlungsmethoden in den letzten Jahren schnell weiterentwickelte. Sie war jedoch stets bemüht, das Familienleben nicht darunter leiden zu lassen, was jedoch nach ihrer Ansicht in den letzten beiden Jahren der Fall gewesen ist. Die gemeinsamen Unternehmungen des Ehepaares wurden immer seltener und in den wenigen Stunden, welche sie zusammenverbrachten, schwiegen sie sich meistens nur noch an oder unterhielten sich über die Probleme, welche sich zum Großteil auf ihre beruflichen Tätigkeiten bezogen. Infolgedessen gingen beide ein außereheliches Verhältnis ein, wovon der Partner jedoch keine Kenntnis hatte. Beide waren jedoch nicht daran interessiert, die Ehe zu beenden, was sie auch gegenüber ihrem jeweiligen außerehelichen Partner bereits zu Beginn des Verhältnisses unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hatten. Werner und Julia Geisler waren trotz ihrer Verhältnisse noch immer ineinander verliebt und den Grund für ihre Verhältnisse sahen beide in der zu wenig miteinander verbrachten Zeit, wodurch sich beide vernachlässigt fühlten und den Verlockungen eines Verhältnisses nicht wiederstehen konnten.

 

Die Familie Geisler stand auf guten finanziellen Verhältnissen, wozu beide in den ganzen Jahren ihrer Ehe beigetragen hatten. Die aufgenommenen Kredite zum Erwerb des Grundstückes und zum Bau ihres durchaus als Villa zu bezeichneten Neubaus waren seit längerer Zeit zurückgezahlt und sie hatten sich ein sehr ansehnliches Guthaben angehäuft. Beide waren sich zu Beginn ihrer Ehe einig gewesen, ein gemeinsames Konto zu eröffnen und jederzeit die notwendigen finanziellen Aufwendungen abzusprechen. Diese Vorgehensweise hatten sie bis zum heutigen Tag beibehalten und keiner zeigte Interesse daran, etwas zu ändern. Außer dieses gemeinsamen Kontos, auf das beide Zugriff hatten, waren sie jedoch übereingekommen, zusätzlich noch für jeden ein getrenntes Konto zu eröffnen. Dies war nach der Inbetriebnahme des Therapiestudios von Julia Geisler unumgänglich gewesen und Werner Geisler war sofort damit einverstanden, da er seine Frau bei Leistungen in ihrem Studio in keiner Weise beeinflussen wollte. Er war auf seine Frau und ihre Tätigkeit in ihrem Studio stolz, ohne es ihr direkt zu sagen, aber er unterstützte sie bei der Erledigung dringender Arbeiten, was ihm im Rahmen seiner gering bemessenen Freizeit oft nicht leicht fiel. Und Julia Geisler wusste, dass sie sich jederzeit auf ihren Mann verlassen konnte.

Beide hatten sich vor rund dreißig Jahren bei einem Tanzabend kennengelernt und sich sofort ineinander verliebt. Sie hatten nur sechs Monaten nach ihrem Kennenlernen geheiratet und sich vorgenommen, eine gemeinsame Familie aufzubauen, was ihnen mit der Geburt ihrer zwei Töchter gelungen ist. Während der Zeit des Studiums von Werner hatte Julia als Krankenschwester im Klinikum gearbeitet. Die Erziehung ihrer Töchter lastete zum großen Teil auf ihren Schultern, damit Werner sein Studium erfolgreich beenden konnte.

Die ersten Jahre wohnten sie bei Werners Eltern, welche ein eigenes Haus besitzen und Werner, Julia und deren Töchtern zwei Zimmern zur Verfügung stellen konnten. Auch kümmerten sich die Großeltern gern um ihre Enkelinnen, wenn dies notwendig war. So lebte die junge Familie die ersten Jahre ihrer Ehe sehr bescheiden, aber sie waren sehr ehrgeizig und beschlossen sehr früh, für ihre Familie ein eigenes zu Hause zu schaffen. Nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten bot sich ihnen die Möglichkeit des Erwerbes ihres jetzigen Grundstückes und beide überlegten nicht lange und nutzten diese günstige Gelegenheit. Der Bau ihres Hauses verzögerte sich mehrmals, auch begründet in ständigen Änderungswünschen ihrerseits, was den verantwortlichen Architekten als auch den Bauleiter des Öfteren die Schweißperlen auf die Stirn trieb. Im Laufe der Bauzeit hatte sich jedoch ein gutes Verhältnis zwischen ihnen aufgebaut, sodass trotz vieler Schwierigkeiten, auch wegen der geänderten Materialwünsche von Werner und Julia das Haus, besser gesagt die Villa, exakt nach den Wünschen von ihnen fertiggestellt werden konnte. Die zeitweise auftretenden finanziellen Schwierigkeiten fingen sie durch eine Erhöhung ihres Kreditrahmens und der Unterstützung beider Eltern ab. Werner und Julia waren nach der Übergabe des Gebäudes durch den Architekten an sie sehr stolz und auch ihre Töchter lebten sich sofort ein. Die Lage nahe dem Waldrand war für die Töchter ein wahres Geschenk und sie verbrachten in ihren Kindertagen viele schöne Stunden im Wald und tobten gemeinsam mit den Nachbarskindern im Wald umher.

Werner und Julia Geisler hatten sich ihren Lebenstraum erfüllt und waren sehr zufrieden. Die anderen Familien in der Siedlung waren fast alle im gleichen Alter, sodass viele Interessen übereinstimmten und sie sich gelegentlich zu gemeinsamen Treffen zusammenfanden. Diese verliefen immer sehr harmonisch.

Werner Geisler hatte im Laufe der Jahre seine Ausbildung zum Facharzt abgeschlossen und Julia ihre Ausbildung zur Physiotherapeutin begonnen und gleichfalls erfolgreich beendet. Werner Geisler war ein gutaussehender Mann mit leicht ergrautem Haar und wirkte auf Grund seiner Statur sehr sportlich und elegant. Er war in der Klinik sehr angesehen und genoss bei allen Kollegen großen Respekt und seine Meinung zu bestimmten medizinischen Problemen war stets gefragt. Bei dem weiblichen Personal fand er großen Zuspruch, aber er versuchte immer eine gewisse Distanz aufzubauen, was ihn bei den Schwestern noch attraktiver machte, da er unerreichbar schien. Julia Geisler war eine Frau von makelloser Ausstrahlung und trotz ihres fortgeschrittenen Alters hatte sie eine tadellose Figur, was auch auf ihre zielgerichtete Ernährung zurückzuführen war. Ihre roten Haare waren ihr Markenzeichen und sie legte großen Wert darauf, weshalb sie wöchentlich ihre Friseuse aufsuchte. Sie hatte rehbraune Augen und ging immer tadellos nach dem neuesten Modetrend gekleidet. Auf Grund ihrer Erscheinung und ihres Erfolges war Julia jedoch nicht bei allen beliebt, was zum Teil auch in ihrem Auftreten begründet war, denn sie stellte an ihre Mitmenschen hohe Anforderungen, was deren Auftreten und ihre allgemeine Erscheinung betraf. Einige ihrer Bekannten bezeichneten sie als hochnäsig, was jedoch, wenn man Julia näher kannte, nicht zutraf.

Die Eheleute Geisler waren vor einigen Jahren dem in der Nähe ansässigen Golfclub beigetreten. Das Gelände des Golfclubs zog sich entlang der Silberberger Chaussee, welche sich direkt entlang des Scharmützelsees von Bad Saarow nach Wendisch Rietz schlängelte. Die Golfplatzanlage, einschließlich der sich anschließenden Tennisplätze, gehörte zu einer der größten Golfanlagen Deutschlands und wurde, außer von den ständigen Clubmitgliedern, auch von Urlaubern, welche sich im angeschlossenen Hotel eingebucht hatten, genutzt. Die Benutzung der Anlage musste bereits Tage voraus beantragt werden, wobei zahlende Clubmitglieder vorrangig behandelt wurden. Sie mussten einen jährlichen nicht geringen Beitrag leisten und konnten dafür kostenlos im Clubrestaurant ihre Mahlzeiten und Getränke zu sich nehmen. Der Clubvorstand entschied einmal jährlich über weitere Aufnahmeanträge, wobei es in letzter Zeit gelegentlich zu Ablehnungen aus unterschiedlichsten Gründen gekommen war. Der Clubvorstand war bemüht, den elenderen Kreis der Mitglieder nicht übermäßig groß werden zu lassen, denn die Clubmitglieder waren nicht an der Aufnahme unbekannter Personen interessiert, sondern wollten den exklusiven Charakter ihres Clubs beibehalten. In Sonderfällen wurden verdienstvolle Bürger zu Ehrenmitgliedern ernannt, was jedoch zumeist mit einer einmaligen größeren Spendensumme verbunden war. Der Vorsitzende des Golfclubs war Wilfried Schutz, welcher streng auf die Einhaltung der Satzung des Clubs achtete. Er übte dieses Amt bereits seit vielen Jahren aus und war bei den letzten Wahlen, die alle zwei Jahre stattfanden, immer wieder gewählt worden. Bei der Wahl im vergangenen Jahr hatte es jedoch nur zu einer knappen Mehrheit für seine Wiederwahl gereicht, da einige Clubmitglieder in letzter Zeit mit seinem Auftreten nicht einverstanden waren. Bezüglich der geschäftlichen und finanziellen Leitung gab es von den Mitgliedern an seiner Person nichts auszusetzen und es wurde allgemein anerkannt, in welcher Form er den Club geleitet hatte. Er hatte in den letzten Jahren Gewinn erzielen können, was zum großen Teil auch in der Durchführung von Benefizveranstaltungen begründet war. Wilfried Schutz war es gelungen, zahlreiche Prominente dafür zu gewinnen und er konnte diese Veranstaltungen auch medial wirksam vermarkten. Die Erlöse wurden zum überwiegenden Teilen für den ausgeschriebenen Zweck der Veranstaltung verwendet, aber eine gewisse Summe hielt Wilfried Schutz für eventuell kurzfristige Maßnahmen zurück, sodass sich der Club immer im finanziellen Plus bewegte. Er wurde als Persönlichkeit für den Club positiv eingeschätzt und niemand zweifelte an seiner Führungskompetenz. Sein Stimmenverlust bei der letzten Vorstandwahl war auf seine in letzter Zeit verstärkt auftretende Arroganz gegenüber neuen Gästen oder Besuchern zurückzuführen. Zudem kursierten Gerüchte über Affären mit Frauen von Mitgliedern, welche aber nicht bewiesen waren. Allerdings hielt seine Frau stets zu ihm und vertraute ihm ohne jeden Zweifel. Und so ahnte niemand in seinem Umfeld etwas von seinem heimlichen Begehren auf Julia Geisler, was ihn bereits einige Zeit beschäftigte, aber Julia hatte seine zunehmenden Annäherungsversuche stets mit kalter Schulter abgewiesen.

Vor drei Jahren hatten sich, auch zur Freude ihrer Töchter, Werner und Julia Geisler eine Bootsjacht zugelegt, welche im Hafen von Wendisch Rietz vor Anker lag. Dieser Entschluss war ziemlich kurzfristig gefasst worden, nachdem auch ihre kleine Tochter das elterliche Haus verlassen hatte. Die Eheleute und ihre Schwiegersöhne hatten gemeinsam den Bootsführerschein erworben, sodass alle die Jacht benutzen konnten. Der Schlüssel dafür war im Haus der Familie an einem festgelegten Ort hinterlegt, wobei sie sich ständig abstimmten, wer sie an welchem Tag nutzen konnte. Auf Grund der unterschiedlichen Arbeitszeiten waren gemeinsame Ausflüge in letzter Zeit selten geworden, aber sie waren bemüht, oft gemeinsame Ausflüge zu unternehmen. Die Eheleute waren sehr stolz auf ihre Töchter, die eine gute berufliche Entwicklung genommen hatten und sich ihr Leben selbstständig aufgebaut hatten. Ihre Ehemänner waren gleichfalls gut ausgebildet und in sicheren Berufen tätig.

An diesem Samstagvormittag, zur Geburtstagsfeier von Julia Geisler, waren die Kinder bereits am frühen Morgen im elterlichen Haus erschienen und freuten sich auf die Feier und waren gespannt , wie ihre Mutter auf die Überraschung ihres Mannes reagieren würde. In der Wohnstube waren die überreichten Geschenke der Kinder und ihres Ehemannes bereits aufgestellt und Julia hatte sich drüber sehr gefreut, wobei ihr ein Gutschein für einen Urlaub nach ihrer Wahl die größte Freude bereitete.

Julia hatte einen kleinen Imbiss vorbereitet, welcher auf der Terrasse mit einigen Getränken aufgebaut worden war. Es war bereits zehn Uhr und Werner Geisler wartete ungeduldig auf das Eintreffen der Familien Lutter und Weiland. Erhard Lutter hatte die Familie Geisler während der Bauphase ihres Hauses kennengelernt. Er war Versicherungsvertreter und beruflich während dieser Bauphase mehrmals mit der Familie Geisler zur Klärung von Sachverhalten zusammengetroffen. Sie hatten ihn als sehr kompetenten und zugänglichen Bearbeiter in Fragen der Klärung von Problemen in Versicherungsangelegenheiten kennen und schätzen gelernt, wobei sich daraus im Laufe der Zeit eine Freundschaft entwickelte. Julia Geisler und Lucy Weiland verstanden sich vom ersten Augenblick an gut, was maßgeblich zur Entwicklung der Freundschaft beigetragen hatte. Die Familie Weiland hatten Werner und Julia im Golfclub kennengelernt. Beide hatten sich im gleichen Zeitraum für die Aufnahme in den erlesenen Kreis beworben und schnell Kontakt zueinander gewonnen. Der glückliche Umstand, dass die Familie Weiland ebenfalls in der neu geschaffenen Siedlung, nur vier Häuser vom Grundstück der Familie Geisler entfernt, wohnte, führte die beiden Familien schnell zu einer Freundschaft zusammen. Die beiden Frauen waren nicht die hochkarätig begeisterten Golfer, aber ihren Männern schien dieser Sport etwas zu bedeuten, weshalb sie nach einer gewissen Anlaufphase gleichfalls Begeisterung dafür entwickelten, auch wenn ihr Ehrgeiz sich zu profilieren in Grenzen hielt. Die Männer entwickelten großen Ehrgeiz für diesen Sport, auch wenn er von vielen ihren Bekannten belächelt wurde, und sie versuchten ständig, ihr Können zu verbessern, wobei beide, nach ihrer eigenen Ansicht, die dafür erforderliche Zeit zu gering war.

Julia Geisler war soeben mit Getränken auf dem Weg zur Terrasse, als sie die Familien Lutter und Weiland auf dem Weg zu ihrem Haus erblickte. Die beiden Familien hatten vereinbart, dass sie gemeinsam zur Feier erscheinen wollten. Julia hatte mit dem frühen Erscheinen der Gäste nicht gerechnet, da sie nichts von der geplanten Überraschung wusste. Werner hatte die Freunde gebeten, bereits gegen zehn Uhr bei ihnen zu erscheinen.

Sie gingen auf Julia zu, die ihnen freudig entgegenlief. „Das ist eine tolle Überraschung, euch schon jetzt zu sehen“, sprach sie.

„Einen solchen Tag soll man mit Freunden begehen“, sagte Lucy

„Wir möchten dir ganz herzlich gratulieren“, ergänzte Christa Lutter.

„Kommt rein und nehmt auf der Terrasse Platz“, bat Julia und zeigte auf den bereits von ihr liebevoll vorbereiteten Imbiss.

„Du hast dich wieder einmal selbst übertroffen“, stellte Lucy mit einem Blick auf den Imbiss fest.

 

„Erwartest du noch viele Gäste?“, fragte mit einem Lächeln Erhard Lutter.

„Wie kommst du darauf?“

„Wenn ich das Büfett sehe, rechne ich mit hundert Leuten.“

„Das ist nur eine kleine Verkostung“, erwiderte Julia.

Sie ging mit ihren eingetroffenen Gästen zum Haus, wo bereits die Kinder und Werner auf sie warteten. Sie alle strahlten und freuten sich mit der Jubilarin auf das Fest. Julia bat ihre Gäste Platz zu nehmen und Werner setzte sich zu ihnen, während die Kinder die Gläser der Anwesenden mit Sekt als Begrüßungstrunk füllten. Werner bat um Aufmerksamkeit.

„Zuerst möchte ich meiner Gattin zu ihrem heutigen Ehrentag alles Gute und für die weitere Zukunft beste Gesundheit wünschen“, begann er seine Ausführungen und fuhr fort: „Liebe Julia. Wir kennen uns jetzt runde dreißig Jahre und wir haben viele schöne und auch schwere Stunden miteinander verbracht. Wir hatten es anfangs nicht leicht und mussten auf einige Annehmlichkeiten verzichten, aber wir hatten immer ein festes Ziel vor Augen und konnten uns aufeinander verlassen. Ich möchte den heutigen Tag zum Anlass nehmen, mich bei dir für deine Liebe und Treue von ganzem Herzen zu danken. Wir haben gemeinsam zwei tolle Kinder großgezogen, an deren Erziehung du den größeren Anteil hast. Du warst mir stets ein zuverlässiger und treuer Partner und ich konnte mir deiner Zuverlässigkeit immer sicher sein. Ich hoffe, dass ich dir in unserer gemeinsamen Zeit einige schöne Augenblicke bereiten konnte. Der heutige Tag wird noch einige Überraschungen für dich bereithalten, welche ich dir jedoch erst später verraten werde und hoffe, dass ich dir eine kleine Freude bereiten kann. Ich hoffe, dass ich dir mit der Einladung unserer Freunde recht getan habe, denn solch einen Tag soll man im Kreis seiner Freunde verbringen. Die Überraschung beginnt in ungefähr einer Stunde und führt uns vom Haus weg, mehr möchte ich noch nicht verraten. Lasst euch den kleinen Imbiss gut schmecken und jetzt bitte ich euch gemeinsam mit mir auf das Wohl von Julia anzustoßen.“

Alle Anwesenden erhoben sich von ihren Sitzen. Die sichtlich beeindruckte Julia blieb nach den ersten Schlucken Sekt, nachdem alle wieder Platz genommen hatten, stehen und wandte sich mit erhobenem Glas an ihren Mann.

„Mein lieber Werner“, begann sie ihre Dankesrede, „vielen herzlichen Dank für deine mich beeindruckenden Worte. Wie du bereits gesagt hast, haben wir in unseren gemeinsamen Jahren viele Höhen und Tiefen erlebt, wobei die Höhen in der Überzahl waren Aber wir wussten beide, dass sich jeder auf den anderen verlassen konnte. Wir haben viele schöne gemeinsame Stunden erlebt und dafür möchte ich mich herzlich bei dir bedanken. Es war, bedingt durch unsere beiderseitige berufliche Tätigkeit, nicht immer einfach, alle Probleme ohne Hindernisse zu bewältigen, aber wir haben stets einen gemeinsamen Weg gefunden. Es ist uns gelungen, auch mit Unterstützung unserer Eltern, unseren Kindern eine sorglose Kindheit zu bieten und ihre Ausbildung zu gewährleisten. Bei unseren Freunden möchte ich mich bedanken und hoffe in Zukunft noch viele gemeinsame Stunden mit euch zu verleben. Ich möchte mich auch für eure Geschenke bedanken und finde den Gutschein für einen gemeinsamen Urlaub, von unseren Kindern, eine gute Idee.“

„Eine Geburtstagsüberraschung kennst du noch nicht“, warf ihr Ehemann ein.

„Du hast mir schon genug geschenkt“, gab Julia zurück.

„Die Überraschung kommt gleich nach dem Verzehr des Imbisses“, schmunzelte Werner.

„Muss ich was Besonderes anziehen?“, fragte Julia.

„Nein, du bist stets perfekt gekleidet, was ich schon immer an dir bewundert habe.“

„Das hast du mir noch nie gesagt“, entgegnete Julia.

„Das gehört mit zu der Überraschung“, lächelte Werner seine Frau an.

„Du bringst mich immer wieder zum Staunen.“

„Deshalb ergänzen wir uns großartig.“

„Ich hoffe, dass diese Überraschungen niemals enden.“

„Das kann ich dir ruhigen Gewissens versprechen.“

„Sag jetzt bitte, welche Überraschung du für uns bereit hältst.“

„Wenn wir mit dem Imbiss fertig sind, gehen wir zu unserem Boot.“

„Und wie geht es weiter?“, fragte Julia gespannt.

„Das ist die Überraschung.“

„Sag wenigstens, wohin die Reise gehen soll“, bat Julia.

„Wenn ich das Ziel verrate, ist es keine Überraschung mehr“, blieb Werner hart.

„Kennt ihr das Ziel?“, fragte Julia ihre Kinder.

„Ja, aber du musst dich gedulden.“

„Ihr habt euch wieder einmal mit eurem Vater verbündet.“

„An deiner Stelle würde ich einfach die Überraschung auf mich zukommen lassen“, sagte Silke, die ältere Tochter.

„Ich freue mich ja, aber wüsste gern, was heute noch geschieht.“

„Da kommt wieder deine Ungeduld zum Ausdruck“, ergänzte die jüngere Tochter ihre Schwester.

„Wir wissen auch nichts vom Fortgang des Tages“, warf Erhard Lutter ein.

„Vielleicht sind wir mit zu dieser Überraschung eingeladen“, fragte lächelnd Lucy Weiland.

„Selbstverständlich bleibt ihr unsere Gäste“, sprach Julia.

„Sind wir für den Anlass entsprechend gekleidet?“, fragte Christa Lutter.

„Du siehst immer toll aus“, erwiderte Werner.

„Danke für das Kompliment, aber ich wüsste auch gern wie es weitergeht.“

„Alles zu seiner Zeit“, schmunzelte Werner.

„Nun spann uns nicht weiter auf die Folter“, sagte energisch Julia.

„Also gut. Ich verrate aber noch nicht die eigentliche Überraschung.“

„Ich bin trotzdem gespannt“, sagte Julia.

„Wir begeben uns jetzt zu unserer Jacht und werden einen kleinen Ausflug unternehmen“, sprach Werner Geisler und schaute fröhlich in die Runde.

„Ich habe es geahnt und gehofft“, strahlte Julia.

„Wohin soll die Reise gehen?“, fragte Erhard.

„Das ist ein Teil der Überraschung.“

„Eigentlich bin ich von Julias Imbiss gesättigt und wir könnten von mir aus starten“, sprach Richard Weiland, welcher im Allgemeinen ruhig und zurückhaltend war.

„Du sagst nicht viel, aber triffst dennoch meist den Nagel auf den Kopf“, sprach Lucy und schaute mit einem verliebten Blick ihren Mann an.

„Ich stimme dir völlig zu“, ergänzte Erhard und schaute zu Richard.

„Also gut, wenn ihr alle gesättigt seid, können wir uns zu unserer Jacht begeben und in See stechen, wobei ich ergänze, dass für Notfälle, betreffs der Verköstigung, an Bord gesorgt ist“, sprach Werner.

Die Gratulanten halfen Julia noch beim Abräumen des Imbisses, der nicht komplett verzehrt worden war.

„Eigentlich könnten wir den Imbiss mit auf die Jacht nehmen“, schlug Lucy vor.

„Das kommt nicht in Frage“, sagte Werner mit strenger Stimme.

„Warum eigentlich nicht?“, fragte Christa.

„An Bord gibt es nichts Gebrauchtes. Wir brauchen nichts mitzunehmen. Ich habe an Bord alles für mögliche Eventualitäten vorbereitet.“

„Davon bin ich überzeugt. Werner überlässt nichts dem Zufall“, sagte Julia.

„Du musst es ja wissen“, schmunzele Christa.

„Schließlich sind die beiden lange genug verheiratet, um sich genau zu kennen“, warf Richard ein.

„Ich hoffe, dass kannst du von uns auch sagen“, lächelte Lucy ihren Mann an.

„Sicher, du bist für mich wie ein offenes Buch.“

„Ich bin mir nicht sicher, ob du alle Seiten gelesen hast“, schmunzelte Lucy Richard an.

Die Anwesenden mussten über den Dialog der Eheleute Weiland lächeln und waren sich bewusst, dass beide ein perfekt harmonisierendes Paar bildeten.

Lucy Weiland war der aktivere und treibende Partner, während Richard eher den zurückhaltenden Part spielte. Beide hatten vor zwei Jahren ihre Silberhochzeit gefeiert und niemand hegte Zweifel an der tiefen Verbundenheit des Paares. Sie hatten in vielen Angelegenheiten die gleichen Ansichten und jeder ließ dem anderen bezüglich seiner Hobbys den erforderlichen Freiraum, sodass sie sich bestens ergänzten und sich keiner eingeengt fühlte. Richard Weiland war Ingenieur und als Technischer Leiter in einer großen Firma tätig. Er hatte einen durchtrainierten Körper, was im Wesentlichen auf seine sportliche Aktivitäten zurückzuführen war. Er hatte kräftiges dunkles Haar, strahlend weiße Zähne und fast blaue Augen sowie eine makellose Haut, die er ständig pflegte und mehrmals im Monat besuchte er eine Kosmetikerin zu einer Hautbehandlung. Auf Fremde machte er einen eitlen Eindruck, was jedoch nicht stimmte, sondern in seinem zurückhaltenden Auftreten begründet war. Seine Frau liebte besonders an ihm, dass er sich nie in den Vordergrund drängte und sich geschickt zurückhielt. Er sprach wenig, aber seine Bemerkungen waren stets zutreffend und von einer gewissen Leichtigkeit und einem eigenen Humor getragen. Lucy Weiland trug ihr blondes Haar wie immer streng anliegend nach hinten gekämmt und formte das lange Haar zu einem Pferdeschwanz, was sie nach ihrer Auffassung jünger wirken ließ. Sie war nicht auffallend schlank, sondern hatte für ihr Alter eine angemessene gute weibliche Figur und ging gut gekleidet, ohne besonderen Wert auf Schmuck zu legen, was ihr Mann ihr gelegentlich empfahl und ihr wiederholt Schmuckstücke gekauft hatte, die sie jedoch nur zu besonderen Anlässen trug. Sie war eine sehr umgängliche Frau und hatte keine Schwierigkeiten mit ihren Mitmenschen in Kontakt zu kommen. Die Familien Lutter und Weiland hatten nach ihrem ersten gemeinsamen Treffen im Golfclub schnell guten Kontakt zur Familie Geisler aufgenommen und seit diesem Treffen hatte sich eine Freundschaft zwischen den drei Familien entwickelt, was sie in der Vergangenheit zu mehreren gemeinsamen Unternehmungen nutzten, bei denen stets die Belange aller berücksichtigt wurden.