Köder Null

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K Ö D E R   N U L L
(EIN AGENT NULL SPIONAGE-THRILLER—BUCH 8)
J A C K   M A R S
Jack Mars

Jack Mars ist der USA Today Bestseller Autor der LUKE STONE Thriller Serie, welche sieben Bücher umfasst (und weitere in Arbeit). Er ist außerdem der Autor der neuen WERDEGANG VON LUKE STONE Vorgeschichten Serie und der AGENT NULL Spionage-Thriller Serie.

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BÜCHER VON JACK MARS
LUKE STONE THRILLER SERIE

KOSTE ES WAS ES WOLLE (Buch #1)

AMTSEID (Buch #2)

LAGEZENTRUM (Buch #3)

UMGEBEN VON FEINDEN (Buch #4)

DER KANDIDAT (Buch #5)

DER WERDEGANG VON LUKE STONE

PRIMÄRZIEL (Buch #1)

PRIMÄRKOMMANDO (Buch #2)

EINE AGENT NULL SPIONAGE-THRILLER SERIE

AGENT NULL (Buch #1)

ZIELOBJEKT NULL (Buch #2)

JAGD AUF NULL (Buch #3)

EINE FALLE FÜR NULL (Buch #4)

AKTE NULL (Buch #5)

RÜCKRUF NULL (Buch #6)

ATTENTÄTER NULL (Buch #7)

KÖDER NULL (Buch #8)

EINE AGENT NULL KURZGESCHICHTE
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Agent Null – Zusammenfassung von Buch 7

Nachdem er wieder zum Service der Agentur zurück gezwungen wurde, wird CIA-Agent Kent Steele auf die Spur einer mysteriösen Ultraschallwaffe angesetzt. Dabei verfolgt er eine radikale Gruppe mit unbekannten Zielen, die sich im Besitz einer stillen doch tödlichen Maschine befindet, die kaum geortet werden kann. Aber neue Erinnerungen plagen sein Gedächtnis mit alten Geheimnissen. Obwohl er von seiner schattenhaften Vergangenheit gequält wird, muss sich Agent Null zuerst um die Sicherheit von Millionen von Menschen kümmern - es könnte aber zu spät für ihn sein, sich selbst zu retten.


Agent Null: Während er die aufständische Gruppe verfolgte, die für die Ultraschallangriffe in den USA verantwortlich war, kamen alte Erinnerungen aus Nulls gespenstischer Vergangenheit wieder hoch. Es ging dabei um Attentate, die er am Anfang seiner CIA-Karriere verübte. Da er sich nicht sicher war, ob sie real oder eine Fantasie waren, suchte Null sich Hilfe bei dem schweizer Neurologen Dr. Guyer. Jedoch stellte dieser ihm eine finstere Diagnose. Es zeigte sich eine Verschlechterung im Zustand seines Gehirnes. Wie schnell die fortschritte, wäre zwar unklar, doch Guyer glaubte, dass sie ihn letztendlich töten würde. Null behielt diese Nachrichten für sich und entschied sich stattdessen dazu, sein Leben so weit wie möglich mit seinen Töchtern und der erneut auflebenden Beziehung mit Maria auszuleben.


Maria Johansson: Nachdem sie sich Befehlen der CIA und des Präsidenten widersetzte, trat Maria von ihrer Stelle als stellvertretende Direktorin zurück und begann wieder auf ihrem alten Posten als Spezialagentin. Null selbst informierte sie über seine erneuten Gedächtnisprobleme und auch darüber, dass er glaubte, in der Vergangenheit ein Auftragskiller gewesen zu sein.


Maya Lawson: Nachdem drei Jungen versucht hatten, sie in einem Umkleideraum in West Point  anzugreifen, verließ Maya die Militärakademie - allerdings fand sie zuvor noch heraus, dass ihre jüngere Schwester Sara aus der Rehabilitationsanstalt verschwunden war, zu der sie geschickt worden war. Maya rettete sie, kurz bevor Menschenhändler sie von einer Strandpromenade kidnappen wollten, und brachte sie nach Hause. Doch auch Maya kämpft mit ihrer eigenen Dunkelheit in sich und fragt sich, ob der von ihr gewählte Weg der beste für sie ist.


Sara Lawson: Da sie immer noch mit ihrer Drogenabhängigkeit kämpfte, checkte ihr Vater sie in eine Rehabilitationsanstalt in Virginia Beach ein. Sie flüchtete während ihrer ersten Nacht und ließ auf der Suche nach einer Dosis alle Vorsicht außer Acht. Nach einem grauenvollen Vorfall an einer Strandpromenade, bei dem Menschenhändler sie fast gekidnappt hätten, wurde Sara von Maya und Alan Reidigger gerettet und nach Hause gebracht.


Mischa: Sie ist die einzige Überlebende der aufständischen Gruppe, die hinter den Ultraschallanschlägen stand. Mischa ist ein zwölfjähriges, russisches Mädchen, das von sehr jung auf indoktriniert und als Spionin und Auftragskiller trainiert wurde. Null und Maria nahmen sie fest und übergaben sie der CIA.


Präsident Jonathan Rutledge: Der ehemalige Sprecher des Hauses war nach der Amtsenthebung seiner Vorgänger zum Oval Office aufgestiegen. Er dachte zwar daran zurückzutreten, doch Rutledge fühlte sich von Nulls Beharrlichkeit  in seiner Entscheidung verstärkt, im Amt zu bleiben und alles Gute zu vollbringen, was er konnte.

VORWORT

Das Schiff an sich war ein modernes Kunstwerk.

Von Bug bis Heck war es sechzehn Meter lang und vierzehn Seelen fanden bequem darauf Platz. Es brauchte aber nur drei, um es effizient zu besetzen. Zwei Innenbordmotoren mit Dualkalibrierung, die zusammen vierzehnhundert PS hergaben, und die eine Höchstgeschwindigkeit von zweihundertvierzig Stundenkilometern an den Tag legten. Die schwer ortbare Technologie machte es praktisch unsichtbar für Radar, Sonar, Infrarot und fast alle Arten von elektromagnetischer Ortung. Sein Rumpf hatte eine reflektierende Schicht, die bei naher Betrachtung silbrig und fast fließend aussah. So ahmte das Schiff den Fluss des Wasser nach, in dem es tief lag, wenn es ruhte. Aus einer Entfernung von etwa dreihundert Metern oder mehr erschien es aber nur unscharf und verschwommen, vielleicht eine Hitzewallung, eine Spiegelung des Ozeans oder auch einfach nur eine Sinnestäuschung.

Genau deshalb nannte man es Banjjag-Im, oder aus seinem muttersprachlichen Koreanisch grob auf Englisch, die gemeinsame Sprache der internationalen Crew, übersetzt: die Glimmer.

Trotz all Glimmers Instrumenten und Einrichtungen war sie trotzdem nur ein Beförderungsmittel - nicht nur wortwörtlich, weil sie ein Schiff war, sondern auch, weil sie etwas beförderte, das weitaus wertvoller war. Wie eine vergoldete Truhe oder ein dekoratives Schmuckkästchen enthielt die Glimmer ein wahrhaftes Meisterstück, das versteckt hinter den gekrümmten Querspanten ihres Rumpfes, unter einer automatisierten Aluminiumluke auf eine hydraulische Hebebühne montiert war. Es war das Magnum Opus jener, die es geheim hielten.

Park Eun-ho fand, dass er unfassbares Glück hatte, zu ihnen zu gehören. Er war zwar erst neunundzwanzig und fast zehn Jahre jünger als der Rest der Besatzung, doch seine Arbeit über theoretische Plasmaballistik zählte als unabdingbar für das Projekt. Und ab heute wäre seine Arbeit auch nicht mehr theoretisch. Der Gedanke machte ihn regelrecht schwindlig. Er gab sich allerdings Mühe, das zu verstecken und die Feierlichkeit seiner Kollegen nachzuahmen. Es stimmte schon, dass sein Interesse in dem Feld anfänglich durch Videospiele geweckt wurde, doch das gab er nur sich selbst zu. Vor anderen schwärmte er stundenlang über den Einfluss von Science Fiction auf Erfindungen in der Welt - Handys, Touchscreens, virtuelle Realität, künstliche Intelligenz, sogar Energydrinks - all diese unmöglichen Träume, die solange bestanden, bis sie wissenschaftliche Tatsachen wurden.

 

Sein Mentor, Dr. Lee von der Universität von Seoul, hatte ihn empfohlen und abgesehen von der erwünschten Nutzlast hatte Eun-ho während der ersten Monate kaum eine Ahnung gehabt, woran er eigentlich arbeitete. Aufgrund seiner Forschungsarbeit wusste er, dass es sich offensichtlich um eine Waffe handelte. Letztendlich mussten die verschiedenen Stränge der Forschung zusammenkommen, weshalb mehrere Ingenieure, die an dem streng geheimen Vorhaben teilnahmen, versammelt wurden.

Eun-ho entdeckte später, dass nur der zwei Männer von Anfang an ganz über die Details informiert waren: Ein General, der dem Verteidigungsministerium angehörte, und ein hochrangiger Politiker, der dem Präsidenten nahestand. Beide gehörten zu der Regierung des Landes, das er Hanguk nannte (romanisiert aus seiner Muttersprache zu Korea, wenn sie Englisch sprachen). Die westliche Welt nannte diesen Staat Südkorea. Eun-ho hatte keinen dieser beiden Männer bisher kennengelernt und sie waren auch nicht an Bord der Glimmer, als sie ihre Jungfernfahrt machte, auf der er einer der zwölf anwesenden Personen war.

Das war ein Privileg, das nur ein kleiner Teil von ihm bereute.

Fast drei Stunden zuvor hatten sie von der südwestlichen Küste abgelegt. Es war zu dieser seltsamen Uhrzeit, die man entweder als sehr spät nachts oder sehr früh morgens bezeichnen könnte, je nach Perspektive. Das Zuhause der Glimmer an der Küste war ein ländlicher Wasserdurchlass an einem steinigen Strand, der von Gefahrenschildern umringt war. Die warnten Reisende davor, dass die Gegend voller nicht explodierter Landminen aus der Zeit des Koreakriegs war. Das stimmte natürlich nicht. Im Schutz der Dunkelheit bestiegen die zwölf das Wunderschiff und fuhren damit hinaus in den Nordpazifik. Während der ersten achtzig Kilometer hielten sie eine nicht eindrucksvolle Geschwindigkeit bei. Die Glimmer war wahrhaftig nicht ortbar, doch sie wollten kein Risiko eingehen, was Satellitenüberwachung der USA oder ihrer spionierenden nördlichen Nachbarn anging. Die waren das Land, das sich immer noch Choson nannte.

Eun-ho bereute weder die Uhrzeit noch die Umstände, sondern vielmehr die Jahreszeit. Im frühen Februar war es sowieso noch ziemlich kalt, aber draußen auf dem Ozean fühlte die Kälte sich schneidend an. Der Wind glitt leicht über den stromlinienförmigen Rumpf des Schiffes und durchdrang Eun-ho erbarmungslos. Die gelegentlichen eiskalten Spritzer aus dem Ozean stachen ihn in die Wangen. Die Innenbordmotoren waren erstaunlich leise, eher ein Brummen unter seinen Füßen als ein hörbares Geräusch. Das könnte jedoch auch teilweise an der Kapuze seines Daunenparkas gelegen haben, die er sich über den Kopf und fest um sein Gesicht gezogen hatte.

Obwohl die Motoren kaum Lärm machten, blieb die Besatzung ernst und still, als ob die Exkursion eine Art von Ehrfurcht verlangte. Unter ihnen befanden sich Forscher, Experten, Doktoren verschiedener Wissenschaften, die Eun-ho nicht erraten konnte. Es war ihm allerdings auch nicht gestattet nachzufragen. Sie selbst kannten nicht einmal ihre vollständigen Identitäten untereinander. Eun-ho war seinen elf Kollegen nur als „Park” vorgestellt worden. Die anglisierte Aussprache seiner nicht-koreanischen Kollegen ärgerte ihn ein wenig. In seiner Muttersprache klang die Aussprache mehr wie „Bahk”.

Trotzdem machte er sich nicht die Mühe, sie zu verbessern.

Zu seiner Linken, auf der gepolsterten Bank in der Nähe des Hecks der Glimmer, saß ein Mann, der ihm als Sun vorgestellt worden war. Er war ebenfalls ein koreanischer Wissenschaftler, doch seine Finger und Knöchel waren so verhornt, dass er auch ein Schreiner oder sonst ein Handwerker hätte sein können. Zu seiner Rechten befand sich ein Europäer mit einem kantigen, glattrasierten Gesicht und aschblondem Haar, das so perfekt gescheitelt und mit Haarpomade poliert war, dass nicht einmal der eiskalte Wind es verwehen konnte. Es war schwer, das Alter des Europäers zu erraten. Er lag irgendwo zwischen verlebten Dreißig und gesunden Vierzig. Er sprach kaum und wenn, dann nur leise. Eun-Ho riet, dass er wahrscheinlich Holländer war.

Am nennenswertesten war jedoch die winkelige Pistole, die an seiner Hüfte eingehalftert war. Sie war matt schwarz und in ein passendes Nylonhalfter geschnallt. Trotz der Tatsache, dass er wortwörtlich auf einer der stärksten und revolutionärsten Waffen der Welt saß, fand er den Anblick der Pistole an der Hüfte des Mannes irgendwie noch verstörender.

„Entschuldigen Sie bitte“, fragte Eun-ho über den Klang des sanften Windes hinweg. Sein Englisch war hervorragend, er lernte es, seit er sieben war. „Wozu dient die?“

Der Europäer schaute ihn ruhig an. „Sicherheit.“

Ah. Er war doch nicht Holländer. Um sich bei dem Wind zu verständigen, musste er seine Stimme erheben. Sie betonte die Konsonanten stark und in Eun-hos Ohr klang sie deutsch. Dennoch befriedigte ihn die Antwort nicht ganz. Wozu bräuchten sie hier draußen, fast fünfhundert Kilometer südöstlich von Japan, Sicherheit? Niemand wusste, dass sie hier waren. Niemand suchte nach ihnen. Die Glimmer war fast unsichtbar.

Vielleicht wäre sie notwendig, dachte Eun-ho, falls sie ihre Meinung über das änderten, was wir hier tun. Er blickte sich so gelassen wie möglich die geröteten, spröden Gesichter seiner Kollegen an. Würden es sich einige von ihnen anders überlegen, nachdem sie die zerstörerische Kraft der Waffe gesehen hatten?

Das Summen der Innenbordmotoren verstummte, gerade als ob es eine Antwort geben wollte, und das Schiff verlangsamte sich. Eun-ho lief ein Schauer über den Rücken, der nicht von dem eisigen Wasser oder dem beißenden Wind stammte. Die Sonne ging auf, verwandelte das dunkle Wasser in Blau und zierte den Himmel mit rosaroten Streifen.

„Meine Herren.” Der Mann namens Kim - nur Kim - stand in der Nähe des Bugs und wandte sich an alle, die Innenflächen seiner mit Handschuhen bekleideten Hände drehte er dabei nach außen. Dann wiederholte er die Phrase auf Englisch für die nicht koreanischen Freunde. Seine eulenhafte Brille und seine Geheimratsecken machten ihn zum wahrhaftigen Stereotypen eines Wissenschaftlers, der Waffen erfindet. Es schien Eun-ho, als stammte er direkt aus einem Science Fiction Roman. „Heute ist ein bedeutsamer Tag. Es ist der Höhepunkt von zwei Jahren unserer gemeinsamen, harten Arbeit. Es ist schade, dass dieses Ereignis von nur so wenigen gesehen wird. Doch seien Sie versichert, meine Freunde, die Welt wird sich an Ihre Namen erinnern.“

„Nur, wenn das verdammte Ding funktioniert“, brummte Sun leise.

Eun-ho hielt ein Lachen zurück.

„Lassen Sie uns anfangen“, fuhr Kim fort. Er nickte zu einem anderen, der hinter einer komplizierten Systemsteuerung für drei Personen stand, direkt hinter der Lenksäule und dem Steuerrad der Glimmer. Er war vom Rest des Schiffes durch eine dicke Windschutzscheibe getrennt, von der Eun-ho wusste, dass sie schusssicher war. Der Mann schob einen Schlüssel in einen Schlitz, drehte ihn um und gab eine vierstellige Kombination in das Tastenfeld ein.

Die Aluminiumtüren im Zentrum des Schiffes hoben sich mit einem schweren Wirren an, sie öffneten sich nach außen wie eine Falltür. Ein tieferes, resonanteres Dröhnen begann, als der hydraulische Aufzug aktiviert wurde. Nach einigen Augenblicken stieg die Waffe aus dem Rumpf der Glimmer wie eine engelhafte Gestalt hervor, die sich bekannt gab. Es war ein schöner Anblick.

Selbst die erfahrensten Experten würden argumentieren, dass ein Plasma-Schienengewehr allerhöchstens Theorie war, doch wahrscheinlich eher Fantasie - und dennoch hatten sie eines gebaut. Nach zwei Jahren Einsatz rund um die Uhr, zerbrochenen Beziehungen, vernachlässigtem Privatleben und einer offen gesagt obszönen Menge an Geld hatten es einige der hellsten Köpfe der östlichen und westlichen Welt geschafft, eine Waffe zu bauen, von der niemand geglaubt hatte, dass sie existieren könnte.

Wenn der hydraulische Aufzug ganz nach oben gefahren war, so ragte die Waffe etwa drei Meter über den Rumpf der Glimmer hinaus. Die beiden parallelen Schienen - sie waren im Grunde genommen der „Lauf“ der Waffe - waren sechs Meter lang. Sie bildeten ein Paar von sehr robusten Elektroden, an denen eine Armatur von ionisierten, gasähnlichen Partikeln mit mehr als siebenfacher Schallgeschwindigkeit rutschen würde. Die effektive Schussweite des Schienengewehrs, soweit ihre Vorhersagemodelle vorsahen, lag bei zweihundertvierzig bis dreihundertzwanzig Kilometern.

Suns Worte hallten in Eun-hos Gedächtnis nach. Nur, wenn das verdammte Ding funktioniert. Natürlich waren alle Systeme des Schienengewehrs wesentlich, doch er dachte gerne, dass seine eigene Arbeit an der Waffe die wichtigste war. Könnte die Waffe schließlich nicht ihr Plasmaprojektil feuern, dann wäre sie komplett nutzlos.

Er war nicht abergläubisch, doch er kreuzte dennoch die Finger einer Hand.

„Hier“, brummte Sun und hielt ihm ein dickes schwarzes Fernglas hin.

Eun-ho nahm es mit einem Nicken an. „Wo?“

Sun deutete mit dem Finger und Eun-hos Blick folgte ihm. Er konnte es kaum erkennen, es war eine undeutliche Form in der immer noch aufgehenden Sonne. Der Müllfrachter war siebzig Meter lang und voll von Abfall aus Seoul. Er war unbemannt und einige schwache Lichter in seinem Umfeld waren die einzige Warnung, damit andere Schiffe nicht mit ihm zusammenstießen. Der Frachter war dort drei Wochen zuvor verankert worden; genau hier, an diesem Ort, speziell für diesen Zweck.

Er war nur achtzehn Kilometer entfernt. Der heutige Test war sozusagen eine Jungfernfahrt. Es ging nicht darum, die volle Reichweite zu testen, sondern vielmehr wollte man Effizienz, Zielgenauigkeit und Kraft ausprobieren. Und natürlich wollte man wissen - wie Sun so clever bemerkt hatte - ob das verdammte Ding funktionierte.

„Bereit“, sagte Kim.

Das Schienengewehr erwachte zum Leben. Eun-ho wusste, dass es acht Sekunden brauchte, um seine Ladung zu rüsten. Während dieser Zeit gäbe der Bediener gekonnt die Koordinaten ein und einige Sekunden später würde die Waffe ihre Geschossbahn selbst verbessern.

„Bereit“, wiederholte der Mann an dem Kontrollpult.

Kim blickte seine erwartungsvollen Kollegen an. Dann nickte er kurz und sagte: „Feuer“.

Es geschah so schnell, dass Eun-ho es nicht einmal registrieren konnte. Es dauerte nur einen Augenblick oder sogar noch weniger, bis ein blauer Plasmafunken an den Elektroden des Schienengewehrs entlangtanzte. Genauso schnell war er verschwunden. Es gab keinen ohrenbetäubenden Donner, der ihn begleitete, keinen Überschallknall, keinen hohen Heulton in seinen Ohren. Es war einfach nur ein seltsames Geräusch - wie ein Zzzummm! - und dann eine Mikrosekunde von blauem Plasma. Kaum mehr als ein Blitz, ein flüchtiger Blick.

Und im nächsten Augenblick explodierte achtzehn Kilometer entfernt der Müllfrachter. Die Gewaltigkeit ließ ihn sogar aus dieser Entfernung erschauern. Gerade noch konnte man den Frachter selbst mit einem Fernglas kaum am Horizont erkennen, doch jetzt war er eine feurige Kugel, die sich in den Himmel wölbte. Stücke von ihm segelten hunderte von Metern weit in verschiedene Richtungen, erleuchteten die frühen Morgenstunden.

Sekunden darauf zischten diese flammenden Stücke und versanken in den eiskalten Gewässern des Nordpazifik.

In solchen Momenten waren viele großartige Männer weise genug, um eine Erklärung vorzubereiten. Sie wussten oder vermuteten  zumindest, dass ihr Zitat später in einem Geschichtsbuch erscheinen oder im Internet wiedergekäut würde. Zumindest würden sie so von weiteren Anwesenden bemerkt werden. Doch Eun-ho hatte keine Erklärung vorbereitet und in diesem Moment entfloh nur eine Silbe seinen Lippen.

“Ha.“

Der Test war spektakulär erfolgreich. Das verdammte Ding funktionierte perfekt. Wo gerade noch ein Frachter stand, war jetzt nichts mehr außer aufgeschäumtem Wasser. Die Zerstörkraft des Schienengewehrs war immens - nicht annähernd die eines Sprengkopfes, doch es war keine explosive Waffe. Es war eine taktische, präzise Waffe. Ihre Ziele waren klein, eher strategisch, und konnten sogar mobil sein. Das Schienengewehr wäre perfekt geeignet, um Schiffe zu versenken, Flugzeuge herunterzuschießen oder sogar Raketen abzuwehren. Seine Fähigkeit fast sofortig den Kurs zu korrigieren und die Mach 7 Geschwindigkeit des Plasmaprojektils machten es fast unmöglich, sich davor zu schützen. Sein einziger Nachteil waren die acht Sekunden, die es brauchte, um sich vor dem Abschuss zu laden. Doch im Vergleich zu Langstreckenraketen, Torpedos oder Schlachtschiffgeschützen erblasste auch der. Aufgrund seiner recht kleinen Größe war es mobil und konnte sich tarnen, sodass es selbst aus der Nähe kaum von seinen Feinden geortet werden könnte.

 

Das Plasma-Schienengewehr könnte die moderne Kriegsführung für immer verändern. Doch das war nicht die Absicht, zumindest nicht, soweit Eun-ho und seine Kollegen wussten. Trotz der vielen Milliarden, die man in die Entwicklung der Waffe investiert hatte (Südkorea hatte das zehnthöchste Militärbudget der Welt), würde man fünf weitere produzieren. Zusammen würden das halbe Dutzend Schienengewehre nicht nur die Grenze zwischen ihnen und jenen im Norden beschützen, sondern auch jeglichen Feind oder Eindringling abwehren. Sie waren nicht daran interessiert, eine stärkere Militärkraft zu werden oder jemanden zu zerstören, der kein Angreifer war. Es ging darum, ihr Volk zu beschützen, nichts weiter.

Und er, Eun-ho Park, gehörte zu jenen, die für das Wohlergehen seines Volkes verantwortlich war. Er hatte geholfen, das zu ermöglichen. Selbst der beißende Februarwind auf dem Ozean konnte nicht das immense Gefühl des Stolzes verringern, das unter seinem Parka glühte.

„Dr. Kim!“ rief der Mann hinter dem Kontrollpult plötzlich. „Ein Boot!“

Eun-hos Kopf drehte sich schnell nach dem Warnruf um und seine Augen weiteten sich, als er bemerkte, dass der Mann nicht auf den Radarbildschirm seines Pults blickte - sondern über den Bug zeigte. Es näherte sich tatsächlich ein Boot an. Nicht mehr als fünfzehnhundert Meter vor ihnen wog es über die Wellen und kam näher an sie heran.

Der Waffentest hatte sie alle davon abgelenkt, die Augen offen zu halten. Sie waren davon ausgegangen, dass sie hier draußen sicher waren.

„Was zum Teufel?“ brummte Dr. Kim. „Wer…?“

Eun-ho bemerkte plötzlich, dass er immer noch Suns Fernglas in der Hand hatte. Er hob es sich ans Gesicht. Er wusste nicht viel über Boote, doch es reichte aus, um zu sehen, dass das sich annähernde Schiff nicht zum Militär gehörte und auch nicht annähernd so neu wie die Glimmer war. Der verblasste Rumpf mit der gesplitterten Farbe sagte ihm, dass dieses Boot schon einiges miterlebt hatte… waren das Einschusslöcher an seinen Seiten?

Er blickte zum Deck und schnappte fast laut nach Luft. Die Männer, die dort versammelt waren, trugen zwar Kleidung für kaltes Wetter, doch ihre dunkle Haut sagte ihm, dass sie afrikanisch waren. Und die Gewehre, die sie in ihren Händen hielten, sagten ihm, dass sie nicht freundlich waren.

Eun-ho wusste zwar nicht viel über Boote, doch er kannte sich sehr gut mit Waffen aus. Er erkannte eine AK-47, wenn er ihr gegenüberstand.

„Sir“, sagte er leise zu Kim. „Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll, aber ich glaube, sie sind… Piraten.“

„Geben Sie mir das!“ Kim riss das Fernglas fast aus Eun-hos Händen. Dem kahl werdenden Doktor fiel leicht der Mund auf, während er das Fernglas noch gegen seine Augen hielt.

Natürlich hatten sie alle schon Geschichten über moderne Piraten gehört, besonders über jene aus Somalia. Doch die waren sehr territorial und ihre Opfer segelten durch Golf von Aden, im Arabischen Meer. Ganz bestimmt nicht im Nordpazifik. Sie waren tausende von Kilometern von ihrem Jagdrevier entfernt.

Dann sprang der Deutsche auf und starrte mit einem Adlerblick über den Bug. Er öffnete das Nylonhalfter an seiner Hüfte und zog die matt schwarze Pistole in einer solch flüssigen Bewegung heraus, dass es schien, als ob sie einfach in seiner Hand erschienen wäre.

Doch Sun sprach als nächstes.

„Wenden Sie die Waffe auf sie.“

Dr. Kim wandte sich um und sah ihn mit einem Blick voller Unglauben an. „Sind Sie verrückt? Sie wollen, dass wir die einfach umbringen?“

„Die haben Waffen“, murmelte der Deutsche. „Sturmgewehre.“

„Die haben sie gesehen“, beharrte Sun. „Die haben gesehen, wie wir die Waffe abgefeuert haben und jetzt wollen sie sie. Ganz zweifellos. Zielen Sie auf sie.”

In Eun-hos Magen formte sich ein Knoten aus Panik. Während der ganzen Zeit und Forschung hatte er nicht einmal daran gedacht, dass diese meisterhafte Waffe dazu verwendet werden könnte, Leben zu enden. Das war schon seltsam. Er war daran beteiligt. Er selbst hatte die Projektile geschaffen. Hier waren sie nun, standen einer ernsthaften Bedrohung gegenüber und hatten kaum die Wahl.

„Sie haben etwa fünfzehn Sekunden Zeit, um sich zu entscheiden“, kündigte der Deutsche mit seinem harten Akzent an. Seine Worte waren lauter, als Eun-ho ihn je hatte sprechen hören.

„Nein“, sagte Kim standhaft. „Wir können sie leicht abhängen. Werft die Motoren an!“

„Wir müssen zuerst die Waffe herunterfahren…“ stotterte der Mann an der Konsole.

„Dann los!“ schrie Kim. „Jetzt, schnell!“

„Aber sie haben es gesehen!“ beharrte Sun erneut.

„Zehn Sekunden“, unterbrach der Deutsche.

Eine Salve Maschinengewehrfeuer zerriss die Luft. Man vernahm sie so laut und krachend über das Wasser, dass Eun-ho sich instinktiv die Hände auf die Ohren legte. Er spürte das Summen des hydraulischen Aufzugs, der das Plasma-Schienengewehr zurück in den Rumpf der Glimmer fuhr. Er hörte die Schreie - zuerst die panischen Streitereien seiner Kollegen, doch dann auch andere, die kehlig, zornig und für ihn unverständlich waren. Sie sprachen weder Koreanisch noch Englisch noch Mandarin, das Eun-ho ebenfalls fließend konnte. Aber sie klangen wütend, fordernd und gleichzeitig tödlich.

Als er es wagte wieder aufzublicken, war das Piratenboot - zu diesem Zeitpunkt hatte er sich selbst davon überzeugt, dass sie tatsächlich Piraten waren - näher herangefahren und verlangsamte seine Fahrt vor dem Bug der Glimmer, sodass es unmöglich war, nach vorne zu fahren.

„Volle Fahrt zurück, jetzt!“ schrie Kim, während sich die Türen über dem Schienengewehr schlossen.

Der Mann an dem Schaltpult legte seine Hand über den Gashebel und gleichzeitig ließ ein einziger, scharfer Knall Eun-ho zusammenzucken. Der Kopf des Piloten wurde nach rechts gerissen, während eine Wolke roten Dunstes auf das Meer hinter ihm hinausfegte.

Der Deutsche nahm seine Pistole herunter. Die Stille und Unfassbarkeit des folgenden Momentes war erdrückend. Der Mann am Schaltpult rutschte zu Boden. Die Piraten beobachteten das. Eun-hos Kollegen wurden ganz still. Seine Beine fühlten sich an wie aus Stein, sie wurzelten ihn an das Deck des Schiffes fest.

Und in diesem stillen Moment drehte sich der Deutsche um und feuerte kaltblütig einen zweiten Schuss in Dr. Kims Stirn.

Das beendete ihre Starre. Mehrere schrien. Zwei stürmten nach vorn, Sun und ein weiterer Mann - Bong, falls Eun-ho sich richtig erinnerte. Sie griffen nach dem Deutschen, doch der drehte einfach seinen Körper weg. Statt seine Pistole zu verwenden, schlug er mit seinem Ellenbogen aus. Er traf mit einem widerwärtigen Krachen auf Suns Nase. Blut spritzte nach hinten, als er seinen Kopf drehte, und verspritzte über Eun-hos Parka. Mit derselben fließenden Bewegung, mit der er seine Pistole gezogen hatte, drehte der Deutsche sie jetzt in seiner Hand um und holte damit gleichzeitig aus. Der Griff traf Bong direkt hinter dem Kiefer.

Eun-hos Beine begannen nun zu zittern und seine Knie gaben nach. Schmerz fuhr ihm durch die Beine, als sie zu Boden fielen. Zwei weitere Schüsse erklangen, pop-pop, schnell hintereinander. Obwohl er seine Augen geschlossen hielt, erkannte er das typische Geräusch von zwei Körpern, die zu Boden fielen.

Anschließend hörte man zwei Platscher - es waren Kollegen, deren Reflexe sie zur Flucht animierten. Obwohl Eun-ho voll Panik war, verstand er, dass sie letztendlich in der Kälte des Ozeans erfrieren würden. Im eisigen Nordpazifik im Februar wären sie in weniger als einer Minute tot.

Pop.

Pop-pop.

Das waren nicht mehr die reißenden Maschinengewehrsalven, es waren einzelne Schüsse aus der matt schwarzen Pistole. Er bemerkte, dass die Piraten nicht feuerten, sondern warteten. Sie warteten darauf, dass er fertig würde, damit sie das Schienengewehr stehlen könnten. Der Deutsche hatte sie betrogen. Der Mann, der für ihre Sicherheit verantwortlich war, wurde zu ihrem Verderben.

Als Eun-ho schließlich den Mut aufbrachte, seine Augen wieder zu öffnen, waren Teile des Decks der Glimmer voll von Blut, aber andere noch strahlend weiß. Vier der afrikanischen Piraten waren an Bord gekommen. Zu zweit warfen sie die Leichen seiner Kollegen über die Reling.

Der Deutsche stand neben ihm, hielt die Pistole lässig in seiner linken Hand, als wäre sie nur ein einfaches Accessoire.

„Warum?“ fragte Eun-ho, oder versuchte es zumindest. Aus seiner Kehle entfloh jedoch nur ein heiseres Zischen.

„Nur ein junger Mann“, murmelte der Deutsche wieder mit seiner leisen Stimme. Jetzt hatte er wieder den gleichen Tonfall wie zu dem Zeitpunkt, als Eun-ho fälschlich gedacht hatte, dass er ein Holländer wäre. „Doch es sind oft junge Männer, die bei dieser Art von Angelegenheiten am meisten leiden.“

Eun-ho zuckte unwillkürlich ein wenig zusammen, als der Lauf der Pistole gegen seine Schläfe gelegt wurde. Er schloss wieder seine Augen. Die Brise war kalt, doch die Morgensonne fühlte sich angenehm auf seinem Gesicht an.