Wellen meines Lebens

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Wellen meines Lebens
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Inhaltsverzeichnis

Impressum 5

Teil I 6

1. Kapitel - Meine Kindheit 7

Episoden aus meiner Kindheit 11

2. Kapitel - Meine Jugendzeit 29

3. Kapitel - Der stete Weg nach vorn und endlich ein Ziel vor Augen 38

Das Hengst-Depot in Redefin 39

Meine Lehrausbildung auf dem Volkseigenem Gut (VEG) 41

Erste eigene Erfahrungen mit den Pferden 54

4. Kapitel - Endlich erwachsen 60

Die Fahrerlaubnis 64

Das erste Auto 67

Die Katastrophenhochzeit 69

Winter 1978/79 73

5. Kapitel - Hündin „Asta“ und die Geburt meines Sohnes 82

Amigo 91

Der Umzug und der Beginn eines neuen Lebens? 100

Reiterlebnisse mit den LPG-Pferden 101

Mein Unfall mit kuriosen Folgen 108

Die endgültige Trennung nach fast 10 Jahren Ehe 111

Autotour mit kuriosen Folgen 116

6. Kapitel - Neue Liebe neues Glück??? 120

Historischer Rückblick: Die Wende und der Untergang der DDR 120

Die Wende in meinem Leben 126

7. Kapitel - Zweites Eheende in meinem Leben 138

Charlie, ein Freund fürs Leben 140

8. Kapitel - Wieder musste ein Umzug sein 152

Die ersten 4 Jahre auf dem Reiterhof 153

Kuriose Erlebnisse auf dem Reiterhof – Die Ferienkinderbetreuung 158

Der Porsche-Fahrer 161

Amorettchen 163

Die Reithalle 165

Die Hanse-Sail in Rostock 167

Am Film-Set in Warnemünde 168

Fahrt mit den Wessis 171

Weihnachtsfahrten mit Hindernissen 173

Die Einweihung eines neuen Einkaufszentrums 174

Die Fahrten im Korso nach Graal-Müritz 178

Die Männertags-Fahrten 181

Ein folgenschwerer Ausbruch 184

9. Kapitel - Die Arbeit mit Behinderten 187

10. Kapitel - Hartmut 198

Polly und der Unfall mit bleibenden Folgen 201

11. Kapitel - Die Jugendweihe-Fahrt nach London 209

Andere Länder, andere Sitten 210

12. Kapitel - Der Alltag hat uns wieder zurück 213

Teil II 219

13. Kapitel - Eine neue Lebensetappe beginnt 220

Besuch im Tierpark „Hagenbeck“ 221

Der Alltag holt uns wieder ein 221

Der Unfall meines Sohnes Marius 224

Die Einweihung der neuen Reithalle 225

„Charlie“ und der Hengst „Morjan“ 228

Kuriose Reiter auch auf diesem Hof 229

Zunehmende Bedeutung auch des Fahrsportes auf dem Hof 231

Der Fall „Sissi“ 233

Kutschen-Korso in Wismar Juni 2006 234

Lustige Veranstaltungen, die das Leben bereichern 238

Hartmuts Absturz nach einem sehr schönen Jahr 243

Trainingsmaßnahme vom Arbeitsamt 251

Verdacht auf Krebs 257

Die Zeit danach 259

PM-Cup (PM = Persönliche Mitglieder u. Sponsoren des Pferdesportes) 266

„Iwan“, das Dromedar 268

Das „Mönkebergfest“ im Nachbardorf 271

Die Hochzeitsfahrt durch die Stadt 272

14. Kapitel - Joshua 274

Ball der einsamen Herzen 274

Der erste Urlaub mit Joshua 280

Die Pferdekäufe mit Joshua 287

„Stine“ und „Matcho“ speziell 290

„Matjes–Werbung“ auf dem Wochenmarkt 292

Frauentag und Silberhochzeit 295

„Blacky“ und „Juwenta“ 301

Carribean Star, Spitzname Carrie 306

Simba, ehemaliger Traber auf der Rennbahn 314

„Fanja“, „Mita“ und „Fly“ 319

Der totale Reinfall 324

„Lugano“ 329

Das Gespräch 331

„Felix“’ Zahn-OP 334

15. Kapitel - Ereignisse, die mein künftiges Leben veränderten 338

Penny 339

Mein Unfall ohne Pferd 342

Meine Augen-OP 346

Was mich nach 43 Jahren einholte 347

 

Micky, mein Kätzchen 349

Die Pechsträhne geht weiter 352

16. Kapitel - Wohnungsveränderungen 358

17. Kapitel - Die Zeit auf dem letzten Reiterhof 361

„Shadow“ 377

Reiterwechsel für „Shadow“ 379

Und dann kam „Corona“ 386

18. Kapitel - Hundesport und Tierschutz als weitere Alternative 400

„Mietzi“, das 2. Kätzchen 406

19. Kapitel - Meine Zeit bei der Post 410

Epilog 414

Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2022 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-99131-021-1

ISBN e-book: 978-3-99131-022-8

Lektorat: Marie Schulz-Jungkenn

Umschlagfoto: Iris Ducht, Mykhailo Polenok, Fewerton, Chansom Pantip | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

Teil I

Ein weiterer Lebensabschnitt beginnt nun. Ich schaue aus dem Fenster am Heiligabend des Jahres 2020 und erinnere mich an die vergangene Zeit. Das Jahr 2020 war auch für mich ein Horrorjahr. Musste ich doch wegen der weltweiten Corona-Pandemie, die auch an mir nicht vorbeiging, meine langjährige Laufbahn als Reitlehrerin beenden. Auch meine Rückenprobleme traten nun schon längere Zeit ganz massiv auf. Darum gab ich dann nach 18,5 Jahren meine selbstständige Tätigkeit leider endgültig auf.

Deshalb beschloss ich dann, meine ereignisreiche Lebensgeschichte einfach der Nachwelt mal aufzuschreiben und viele nicht so schöne Abschnitte im Nachhinein zu verarbeiten und mich auch an die schönen Momente in meinem Leben zurückzuerinnern.

Mein Leben war den Tieren gewidmet, aber nun sind diese Abschnitte endgültig vorbei, denn meine Gesundheit lässt die schwere Arbeit mit den Tieren nicht mehr zu. Die Schmerzen verlangen immer höhere Dosen an Tabletten, und das kann ich nicht bis ins Unendliche machen. Darum habe ich schweren Herzens beschlossen, alles noch einmal an mir vorüberziehen zu lassen.

1. Kapitel - Meine Kindheit

Als Erstgeborene erblickte ich Ende der 50er-Jahre in einer Villa, in der sich der Frauenarzt eine Praxis eingerichtet hatte, mit viel Verspätung das Licht der Welt. Meine Mutter war noch ziemlich jung und die Geburt war nicht einfach.

Meine Eltern hatten sich auf der Werft kennengelernt. Mein Vater arbeitete im Schiffbau und meine Mutter war Lehrling zur Industriekauffrau. Sie hatte gerade ausgelernt, als ich unterwegs war. Meine Oma (mütterlicherseits) war davon gar nicht begeistert und ließ meine Mutter das auch spüren. Mein Vater war 9 Jahre älter als meine Mutter, alleine das war schon ein Streitpunkt. Die Mutter meines Vaters war streng evangelisch und sehr konservativ. Sie hatte in ihrem Wohnort bereits eine Frau für meinen Vater auserkoren, die dieser aber nicht liebte. Schon deshalb war meine Oma (väterlicherseits) auch nicht so gut auf meine Mutter zu sprechen. Mein Vater setzte seinen Willen durch und blieb bei meiner Mutter und brach dafür sogar die Beziehung zu seiner Mutter für einige Zeit ab.

Als ich dann endlich da war, musste ich sofort in die Kinderklinik, da meine Eltern eine Blutgruppenunverträglichkeit hatten und ich die sogenannte Neugeborenengelbsucht hatte. In der Kinderklinik wurde dann ein Blutaustausch bei mir vorgenommen, und dann war alles gut.

Zur Beobachtung musste ich einige Zeit in der Kinderklinik bleiben. Aber ich durfte besucht werden. Meine Oma (mütterlicherseits) hatte sich inzwischen mit meiner Anwesenheit abgefunden und begann, ein sehr enges Verhältnis zu mir zu entwickeln. Sie gab mir den Kosenamen „Kathinka Rosenrot“ und nannte mich die ganze Kindheit über auch immer so. Wenn sie mich in der Kinderklinik besuchten, brauchten sie sich nicht lange nach meinem Bettchen zu erkundigen. Meine Oma sagte immer: „… da, wo das lauteste Gebrüll herkommt, da ist sie. Unser Baby wird wohl mal eine Lehrerin.“ Wie recht sie damit haben sollte. Sie liebte mich abgöttisch und zog mich dann auch bis Schulbeginn auf. Auch für mich war sie zeitlebens mehr meine Bezugsperson als meine Mutter.

Bis zu meinem 6. Lebensjahr lebte ich meistens bei ihr. Sie bewohnte eine 2-Raumwohnung mit Küche, Speisekammer, Flur und einem schmalen Bad in einem Altbau. In dem Haus wohnten noch weitere 7 Familien, immer 2 Familien auf einer Etage. Die Wohnungen waren sehr hoch, hatten aber auch schon Etagenheizung, welche von der Küche aus beheizt wurden. Gegenüber der Wohnung befand sich eine Schule und man konnte aus dem Fenster immer das Treiben auf dem Schulhof in den Pausen beobachten. In der Straße befanden sich auch noch ein Bäcker, bei dem es sehr schöne frische Brötchen gab, ein Schuster und ein Schneider. Auch war sie verkehrsmäßig nicht sehr stark belebt. Im Keller befand sich außer den Kellerräumen auch eine Waschküche. Da wurde einmal im Monat der Kessel angeheizt und große Wäsche gewaschen. Das war immer eine körperlich anstrengende Angelegenheit, die sich dann auch über den ganzen Tag hinzog. Besonders schmutzige Wäsche wurde am Waschbrett noch mit der Wurzelbürste extra geschrubbt. Aufgehängt wurde dann auf dem Hof, auf dem man auch in einer Sandkiste spielen konnte als Kind. Später wurde dann die Wäsche zur Wäscherei, ein paar Straßen weiter, gebracht und sie von dort schrankfertig wieder abgeholt, als die Arbeit für meine Oma zu schwer wurde. Auf dem Weg zur Werft, wenn wir meinen Opa von der Arbeit abholten, kamen wir an einer Reinigung vorbei. Da wurden Anzüge, Kostüme, Hemden und Blusen gereinigt. Das Bad meiner Oma verfügte zwar über eine Badewanne, aber die Möglichkeiten der Wäschetrocknung waren begrenzt. Auch später war ich oft am Wochenende bei ihr oder besuchte sie. Sie konnte wunderbar kochen, backen und nähen. Für die Faschingsfeiern im Kindergarten nähte sie mir immer sehr schöne Kostüme, für die es so manches Mal eine Auszeichnung für das schönste Kostüm gab. Hatte sie doch in der Kriegszeit bei reichen Leuten als Hausmädchen gearbeitet. Einen Beruf hatte sie nicht erlernt, sie war dann Hausfrau, als mein Opa aus dem Krieg kam. Wir machten oft Spaziergänge, Ausflüge in die nähere Umgebung, machten Dampferfahrten auf der Warnow, holten meinen Opa von der Arbeit ab (er war auch Industriekaufmann und arbeitete im Büro auf der Werft).

Meine Oma hatte vor dem Mauerbau eine Freundin aus dem Haus, deren Tochter etwa gleichaltrig mit meiner Mutter war. Als die Mauer dann 1961 erbaut wurde und niemand mehr in den Westen kam, ging die Freundin noch legal mit ihrer Familie dorthin und sie ließen sich in Köln nieder. Jedes Jahr bekamen wir ein Weihnachtspäckchen aus Köln mit duftenden Süßigkeiten, abgelegten, aber sehr schönen Klamotten und einigen Sachen, die es bei uns im Osten nicht gab, z. B. Apfelsinen und Bananen. Meine Oma und später auch meine Mutter hielten lange noch Briefkontakt zu der Familie.

Im Haushalt meiner Oma gab es ein Radio mit integriertem Plattenspieler. Ich kann mich an viele schöne Stunden erinnern, in denen wir Märchen hörten, oder auch an die kuscheligen Abende, an denen ich länger aufbleiben durfte, und meine Oma und ich auf der Couch gemeinsam die Abendsendungen verfolgten. Das waren dann Sendungen wie „Ein Kessel Buntes“ und Ähnliches. Kriminalfilme durfte ich in dem Alter noch nicht anschauen. Aber auch die Wochenendnachmittagssendungen, wie „Professor Flimmrich“ oder „Meister Nadelöhr“ mit „Pittiplatsch“ und „Schnatterinchen“ waren sehr beliebt bei uns Kindern. Da lernte man auch die vielen russischen Volksmärchen oder die Märchen der Gebrüder Grimm kennen. Da ich sehr gerne las, bekam ich zu Geburtstagen, Weihnachten und anderen Anlässen sehr häufig diese Märchen auch in Bücherform geschenkt. Das waren dann meine Dauerbrenner, und ich behandelte diese Bücher sehr lange Zeit meines Lebens als sehr wertvolles Eigentum.

Ich hatte eine sehr schöne Kindheit. Auch wenn meine Großeltern wenig Geld hatten. Sie hatten den Krieg überlebt und waren sehr bestrebt, mir ein schönes Leben zu bieten. Mein Opa war im 2. Weltkrieg in Leningrad im Kessel eingeschlossen gewesen. Seine Beine waren erfroren, sodass das linke Bein bis zum Knie amputiert war und das rechte keine Zehen mehr hatte. Er musste ein Holzbein tragen oder an Krücken gehen. Die Schwester meiner Mutter war 1943 an Lebensmittelvergiftung gestorben mit ½ Jahr. So hatte ich aus mütterlicher Verwandtschaft keine Tanten oder Onkel. Mein Opa starb schon früh mit 55 Jahren am 3. Herzinfarkt. Das war ein herber Verlust für uns alle. Meine Oma verstarb mit 61 Jahren an Organversagen nach einer Lungenembolie, nachdem sie schon ein Jahr lang gelähmt und ans Bett gefesselt war. Es war für mich das schlimmste Erlebnis meiner Kindheit und Jugendzeit. Bei der Verwandtschaft meines Vaters sah es schon anders aus. Sein Vater starb bereits mit 25 Jahren an Lungenentzündung. Meine Oma war mit 4 Kindern, mein Vater war der älteste Sohn und musste schon teilweise die Vaterstelle für seine 3 kleinen Brüder ersetzen, aus Schlesien, dem heutigen Polen, geflüchtet. Unterwegs hatten sie sich sogar einmal verloren. Der Hunger und die Frage, wo kommen wir für die nächste Nacht unter, waren immer präsent. Oft gab es Kohlsuppe, Rote Beete oder gefundene Kartoffeln. Da mein Vater, und auch später seine Brüder, genau in die Kriegszeit hineingeboren wurden, und meine Oma immer mit den 4 Kindern auf der Flucht war, war die Kindheit meines Vaters von Not, Hunger und Entbehrungen geprägt. Er arbeitete überall, wo es möglich war, bei den Russen, bei den Polen, aber vor den Deutschen sind sie geflohen. Da Russen und auch Polen nach dem Krieg nicht gut auf die Deutschen zu sprechen waren, haben sie diese natürlich nicht gut behandelt und schwere Arbeit machen lassen. Sie haben aber zum Glück eingesehen, dass nicht alle Deutschen Kriegsverbrecher waren. Mein Vater hat sich nie der Hitlerjugend angeschlossen, ist nie einer Partei beigetreten in seinem Leben. Als die Familie endlich nach dem Krieg sesshaft wurde, strandete sie in Warin. Später schloss er sich der Kampfgruppe an, weshalb er keinen Wehrdienst abzuleisten brauchte. Er fuhr dort alle möglichen großen Autos, die bei Kriegszwecken zum Einsatz gekommen wären. Mein Vater fing eine Lehre in Wismar an, arbeitete aber nebenbei noch beim Bauern, um den Familienunterhalt mitzufinanzieren, denn meine Oma war häufig krank und konnte nur Hausarbeiten machen (Nähen, Flicken für andere). Nach der Lehre im Schiffbau begann mein Vater ein Studium, welches lange dauerte. Da hatte er meine Mutter schon kennengelernt. Mein Vater war sehr ehrgeizig und willensstark, was ich wohl von ihm geerbt habe.

Da meine Oma (mütterlicherseits) sehr konservativ war, durfte mein Vater mit meiner Mutter nur bis 19.00 Uhr was unternehmen, als sie sich kennenlernten. Kinobesuche mussten abgebrochen werden, damit meine Mutter pünktlich zu Hause sein konnte. Kaffeenachmittage oder kleinere Ausflüge wurden nur mit den Eltern zusammen unternommen. Meine Oma schikanierte die beiden auch manchmal ganz schön, aber sie wollte sehen, ob mein Vater es mit meiner Mutter ernst meinte. Aber mein Vater hielt durch. Sie heirateten, als meine Mutter mit mir im 3. Monat war. Dafür verkaufte er sogar sein geliebtes Motorrad, um die Hochzeit zu finanzieren.

Meine Oma väterlicherseits hatte sich dann auch mit meiner Mutter an der Seite meines

Vaters abgefunden. Sie bestand aber darauf, dass ich evangelisch getauft wurde. Das passierte dann auch bald nach meiner Geburt. Ich bin aber nie zur Kirche gegangen. Meine Eltern traten auch Anfang der 70er-Jahre aus der Kirche aus. Meine Eltern waren 44 Jahre verheiratet. Mein Vater pflegte meine Mutter, die sich 1 Jahr lang mit dem Bauchspeicheldrüsenkrebs quälte, bis zu ihrem Ende, zu Hause. Sie wurde nur 60 Jahre alt.

 

Meine Oma väterlicherseits hatte auch mit den harten Entbehrungen des Krieges zu kämpfen und starb mit 66 Jahren an Leberkrebs, nachdem sie noch ein paar schöne Jahre im Altenheim hatte, wo wir sie auch häufig besuchten.

Episoden aus meiner Kindheit

Die Werft, auf der mein Vater arbeitete, hatte auch für die Kinder ihrer Beschäftigten Kindergartenplätze. Meine Oma wohnte in der Nähe des Kindergartens und brachte mich morgens hin und holte mich nachmittags ab. Einen Sommer organisierte die Werft für unsere Gruppe ein Ferienlager für eine Woche in einem Waldcamp in der Müritz-Gegend. Wir wohnten in Bungalows, wanderten und spielten viel, badeten im See. Das erste Mal, dass wir so jung für längere Zeit von der Familie getrennt waren. Alle Kinder steckten das nicht so gut weg und bekamen Heimweh. Das Problem war jedoch, dass wir uns zum Ende der Zeit mit der Ruhr, einer sehr ansteckenden Durchfallerkrankung, infizierten. Das hieß, dass weitere 2 Wochen im Kindergarten in Quarantäne verbracht werden mussten und wir nicht zu unseren Familien nach Hause durften. Das verschlimmerte die Zeit für die Kinder, die Heimweh hatten, noch zusätzlich. Nur vom Fenster aus konnten wir mit den außerhalb des Zaunes stehenden Eltern und Großeltern sprechen. Das Abschlussfest im Kindergarten war auch eine große Sache. Mit einigen Kindern kam ich gemeinsam in eine Klasse, aber von anderen Freunden fiel der Abschied dann doch schwer.

Mit kleinen Schultüten und einem schönen Abschiedskaffeekränzchen gemeinsam mit unseren Eltern endete hier der erste Lebensabschnitt.

1961 bezogen meine Eltern ihre gemeinsame Wohnung im Neubaugebiet unserer Stadt. Der Wohnungsbau expandierte gerade. Da auch damals schon Arbeitskräftemangel herrschte, mussten die neuen Wohnungsbesitzer sogenannte Aufbaustunden leisten. Die fanden im Hafen statt. Es ging darum, Steine, die aus Norwegen und Schweden per Schiff herangebracht wurden, aufzutürmen als Küstenschutz. Diese Arbeit war nicht leicht. Unsere Wohnung bestand aus 2,5 Zimmern, Flur, Bad, Balkon und Küche. Auch beim Hausbau mussten Eigenleistungen erbracht werden. Das Haus bestand aus 4 Eingängen mit je 8 Mietparteien. Wer in welchem Stockwerk eine Wohnung bekam, wurde ausgelost. Meine Eltern bekamen eine Innenwohnung in der 4. Etage. Große Kellerräume, ein Trockenraum und 2 Trockenböden ergänzten die Räumlichkeiten der Häuser. Zu Beginn waren im Kinder- und Wohnzimmer noch Kachelöfen, später rüstete mein Vater neben vielen anderen Mitbewohnern dann auf Gasheizungen um in jedem Zimmer. In der Küche und im Bad sorgten Durchlauferhitzer für Wärme und warmes Wasser. Da das Kinderzimmer das kleinste Zimmer war, befanden sich als Mobiliar ein Kleiderschrank, 2 Stühle, 1 Schreibschrank und ein Doppelstockbett darin. Ich schlief oben, meine Schwester unten. Einen Fahrstuhl gab es nicht, so war es für meine Mutter auch nicht so einfach, Kinderwagen, Einkäufe oder Wäsche die 4 Stockwerke immer nach oben zu tragen. Aber man war froh, dass man eine Wohnung bekommen hatte. Zwischen uns Kindern sowie den Erwachsenen in einem Aufgang herrschte ein sehr freundliches und einvernehmliches Verhältnis. Einer half dem anderen und es herrschte ein freundlicher Ton. Die Schule, welche meine Schwester und ich 10 Jahre lang besuchten, war nur 300 m von unserem Haus entfernt und wir waren immer schnell wieder zu Hause nach Unterrichtsende. Hinter dem Haus hatten wir Rasen- und Spielplatzflächen mit Sandkasten, Rutsche und Klettermöglichkeiten. Viele Bänke drum herum luden die Eltern dann zum Verweilen und Zuschauen ein. Kurz, es war alles sehr kinderfreundlich arrangiert.

Meine Eltern unternahmen in der Urlaubszeit viel mit uns Kindern gemeinsam.

Wir fuhren meistens in den Süden in die Berge, Thüringen oder Harz. Dort wohnten wir dann bei Familien oder in Ferienheimen. Es war anfangs recht urig mit der Unterbringung. In einem Bauernhaus wurden wir in der oberen Etage untergebracht, ohne fließendes Wasser und mit Plumpsklo auf dem Hof. Das Wasser zum Waschen wurde in einem Krug mit einer Waschschüssel gebracht und musste dann in den Ausguss, der in der Küche war, ausgekippt werden nach Benutzung. Ich hatte bei den Reisen immer meine Puppe dabei. Wir mussten eine steile Stiege hinauf zu unserem Zimmer. Beim Hinuntergehen stolperte ich und überschlug mich mehrfach mit meiner Puppe im Arm. Aber es war nichts passiert, und ich landete unten auf meinen Füßen. Es sah gefährlicher aus, als es dann war.

Bei einem anderen Urlaub wollte ich meinen Eltern auf einem Spielplatz das sogenannte „Schweinebammeln“ zeigen an einer Reckstange. Dabei hängt man kopfüber, ohne sich festzuhalten, an den Knien. Das galt damals als eine Mutprobe. Nicht jeder beherrschte diese Übung. Dabei rutschte ich ab und fiel genau auf die Nase, die dann entsprechend aussah. Da ich auch schon als Kind sehr eitel war, ärgerte mich mein Aussehen natürlich sehr. Wir fuhren trotzdem ins Freibad des Urlaubsortes. Ich legte eine Zeitung über mein Gesicht, damit mich keiner sehen sollte. Da kam dann ein kleiner Junge in meine Nähe und fragte meinen Vater, was ich denn hätte, weshalb ich mich mit einer Zeitung zudeckte. Der frotzelte und sagte, dass ich auf die Nase gefallen bin. Dann fragte der Junge, ob er das mal sehen könnte, wie ich denn aussah. Wütend sagte ich, dass er schnellstens verschwinden sollte. Mein Vater lachte bloß und sagte, dass alles bald wieder heil sei und ich mich mal nicht so haben sollte. Der Tag war dann für mich gelaufen. Ins Wasser zum Baden ging ich dieser Tage natürlich nicht.

Auch im Winter unternahmen wir viel. Als die Seen zugefroren waren, fuhren wir Schlittschuhe. Einmal war meine Schwester eingebrochen im Eis und wurde dann im Anschluss krank. Ich bekam dann eine harte Strafe, weil ich nicht gut genug auf sie aufgepasst hatte. Aber sie machte sowieso nie, was ich ihr sagte. Darum vertrugen wir uns auch nicht immer gut. Da sie sowieso immer kränklich war, wurde sie immer bevorzugt von meiner Mutter. Ich war dann immer die Böse.

Beim Rodeln beteiligte sich dann die ganze Familie. In einer leicht hügeligen Gegend in unserer Umgebung konnte man wunderbar rodeln. Wir hatten 2 Schlitten. Meine Mutter und ich saßen auf einem und mein Vater hatte auf dem anderen meine Schwester vor sich.

Wir rodelten einen Berg runter. Plötzlich musste meine Mutter sich entscheiden, ob wir zwischen einer Eiche und einer Buche mitten durch oder daran vorbei rodeln sollten. Aber das Lenken des Schlittens erfolgte zu spät. Wir fuhren gegen die Buche. Ich hatte mein Bein zwischen Schlitten und Baum und meine Mutter knallte mit dem Kopf gegen den Baum, sodass sie eine große Platzwunde über dem Auge hatte, welches dann auch gleich noch zuschwoll. Wir fuhren dann sofort zum Arzt. Am meisten weinte meine Schwester, weil wir so aussahen und sie so viel Mitleid mit uns hatte. Meiner Mutter wurde die Platzwunde genäht. Mein Bein wurde geröntgt. Es war nichts gebrochen, aber nach diesem Unfall hatte ich mein Leben lang mit einer Beinlängenungleichheit zu tun. Späteres Einlagentragen half auch nichts, mein Bein war nicht mehr mit gewachsen. Starke Schmerzen, später auch Rückenschmerzen sollten mich dann mein ganzes Leben begleiten. Das war da aber noch nicht abzusehen. Meine Mutter ging dann die nächste Woche mit einem blauen Auge zur Arbeit. Es war Rosenmontag. Die Kollegen lästerten über ihr Auge. Meine Mutter gab zu, das die Färbung echt war und nicht geschminkt für den Anlass. Da sagte dann keiner mehr etwas.

Meine Eltern und ich waren im Winterurlaub und wollten uns mal im Skilaufen versuchen.

Meine Schwester war bei meinen Großeltern in der Zeit.

Nachdem der Trabant uns die vereisten und schneebedeckten Straßen mit Schneeketten hochgewuchtet hatte, richteten wir uns im Heim ein. Nächsten Tag sollte es dann losgehen. Wir liehen uns Skier aus und ließen uns beraten. Es sollte ein „Langlauf“ durch die wunderschönen Wälder werden. Meine Eltern kamen ganz gut mit den Dingern zurecht. Aber als ich dann hinterher auch auf den Skiern loslaufen wollte, nachdem ich die Ski-Stöcke sortiert hatte, sah ich nicht, dass ich mit dem rechten Ski hinten über Kreuz auf dem linken stand. Als ich dann losgehen wollte, fiel ich um. Ich lag auf dem Rücken wie ein Maikäfer und fuchtelte mit den Stöcken in der Luft herum. Meine Eltern drehten sich um und konnten sich vor Lachen kaum einkriegen, wie ich so dalag. Dann kamen sie und stellten mich wieder auf die Beine. Für mich war aber der Tag gelaufen. Niemals in meinem Leben bekam mich jemand wieder auf Skier. Das war aber auch keine Kunst, denn die Winter wurden in Zukunft sowieso immer rarer, sodass man gar keine Gelegenheit mehr zum richtigen Skilaufen bekam bei uns im Norden. Zudem bekam ich in dem Urlaub am nächsten Tag auch noch die Windpocken. Wir mussten alle in Quarantäne. Aber meine Eltern wollten sich den Urlaub nicht verderben lassen. Kurzerhand fuhren sie mit mir die über 600 km wieder nach Hause, tauschten mich gegen meine Schwester um und fuhren wieder zurück zum Urlaubsort. Ich verbrachte die Zeit der Krankheit dann bei meinen Großeltern.

Auch als mein Opa noch lebte, unternahmen wir viel in der Natur gemeinsam mit den Großeltern. Wir rückten alle eng zusammen, sodass wir dann auch zu 6 Personen in den 600er Trabant hineinpassten. Der Kofferraum war auch groß genug, um noch Campingtisch und 4 Stühlen Platz zu gewähren. Kuchen hatte meine Oma gebacken, Kaffee und Getränke für uns Kinder hatte meine Mutter bereitgestellt. Meine Eltern hatten ein neues Hobby entdeckt, das Zelten. Nachdem die Diskussion meiner Eltern zugunsten meines Vaters ausgefallen war, nämlich, ob von der Jahresendprämie nun eine neue Anbauwand oder ein Campinganhänger gekauft werden sollte, starteten wir mit der ganzen Familie in den Wald. Mein Vater hatte den Trabant mit einer Anhängerzugvorrichtung und der dazugehörigen E-Steckdose versehen lassen.

Nun wollten wir einen Probeaufbau des Zeltes machen, um uns auf den künftigen Campingplatzbesuchen dann nicht zu blamieren. Mit rotem Nagellack zur Kennzeichnung zusammengehöriger Stangen und Elemente und ganz viel Optimismus und Tatendrang ausgerüstet, fuhren wir dann alle los. Der nächste Wald war nicht weit. Der Trabant musste nun ja uns 6 Personen befördern und den Zeltanhänger auch noch ziehen. Da wollten wir ihm keine weite Strecke zumuten, um nicht einen Achsenbruch oder Federbruch zu riskieren.

Der Start gestaltete sich schon mal schwierig beim Einsteigen. Mein Opa hatte zu tun, sein Holzbein ins Auto zu kriegen, und musste sich mit dem Ellenbogen schwer auf die Lehne des Vordersitzes stützen. Natürlich hatte ich meine Finger dazwischen und stimmte dann ein Geschrei an, als er sie mir zerquetschte. Aber das war noch gar nichts. Jeder hatte dann im Wald eine Aufgabe, die Zeltstangen an die richtige Stelle zu bringen, die mein Vater nach Gebrauchsanweisung bestimmte. Das wechselte öfters, da die zusammengehörigen Stangen nicht gleich zusammenpassten. Das nervte dann auch schon mit der Zeit.

Der Kaffee musste auf einem kleinen Gaskocher, mit einer Propangasflasche betrieben, noch erwärmt werden, dafür war meine Oma zuständig. Es fiel dann auf, dass keine Streichhölzer vorhanden waren. (Wir waren alle Nichtraucher.) Mein Vater schickte mich los, um jemanden von den Spaziergängern, die auf dem Hauptweg waren, um Streichhölzer zu bitten. Aber der Erste, den ich traf, war der Förster. In meinem jugendlichen Leichtsinn fragte ich den dann auch. Es war ein heißer Tag. Die Waldbrandgefahr war dementsprechend hoch, sodass man mit offenem Feuer im Wald sowieso nicht hantieren durfte. Der Förster begleitete mich erst mal zu unserer Familie. Mein Vater bekam dann eine ausführliche Belehrung im Umgang mit Feuer. Wir kamen von einer Strafe noch glimpflich ab. Auf den Zeltplätzen ging der Aufbau dank der Kennzeichnung mit dem roten Nagellack auch ziemlich schnell vonstatten, was natürlich bei Regen sehr von Vorteil war.

Mein Vater studierte weiterhin noch ein paar Jahre nach meiner Geburt. Meine Schwester wurde 3,4 Jahre später geboren. Da sie viel krank war, hatte meine Mutter genug mit ihr zu tun und war froh, nur 1 Kind versorgen zu müssen. Ich hatte aber während meine Kindheit auch nicht viel zu lachen. Jede Krankheit fing bei mir mit Mittelohrentzündung an. Wir waren schon Stammgast in der Hals-Nasen-Ohrenklinik-Klinik. Nur machte meine Oma immer den Fehler, mir vor dem Klinikbesuch Schmerzzäpfchen zu geben. Als deren Wirkung dann einsetzte und wir in der Klinik waren, ging es mir gut und ich fing an zu singen. Meiner Oma war es dann sehr peinlich, mich noch beim Arzt vorzustellen. Aber die sahen ja dann auch, wie schlecht es mir ohne Zäpfchen ging. Das hörte aber zeitlebens ab dem 12. Lebensjahr auf, als mir die Trommelfelle durchstochen wurden. Nur konnte ich ab dem Zeitpunkt nie mehr Wasser in den Ohren haben, da ich dann für ½ Stunde später komplett taub war.

Eine Episode möchte ich noch schildern. Meine Schwester, damals 3 Jahre alt, erkrankte an Scharlach. Sie sollte eine Spritze bekommen. Ich war auch mit zum Arzt gekommen. Da ich sehr neugierig war, wollte ich unbedingt mit ins Sprechzimmer und zuschauen. Aber als die Ärztin dann auch mit einer Spritze zur Prophylaxe auf mich zukam, hatte der Spaß doch ein Ende. Zeitlebens hatte ich Angst vor Spritzen und ging nie mehr mit zum Arzt.