Als wäre man dabei gewesen - fiktive Gespräche

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Als wäre man dabei gewesen - fiktive Gespräche
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Helmut Tornsdorf

Als wäre man dabei gewesen - fiktive Gespräche

So wird Geschichte anschaulich und leicht verständlich

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Inhaltsverzeichnis

Titel

1. Was macht „fiktive Gespräche“ aus früheren Zeiten so interessant?

2. Kreuzzüge: Zwei Ritter sprechen über den Aufruf von Papst Urban

3. Mittelalter: Ein Bauer und sein Sohn über Dienste und Abgaben

4. Absolutismus: Lage von Adel und Bürgertum

5. Absolutismus: Wie man mit Briefen Erziehung betreibt

6. Vom Absolutismus zur Revolution: Der König braucht Geld

7. Französische Revolution: Nach der Hinrichtung Robespierres

8. Revolution von 1848: Gespräch von Flüchtlingen

9. Ausbruch des Ersten Weltkrieges: Gespräch zweier Diplomaten

10. Machtergreifung Hitlers: Haltung der katholischen Kirche

11. Weiterführende Hinweise

Impressum neobooks

1. Was macht „fiktive Gespräche“ aus früheren Zeiten so interessant?

Geschichte – eigentlich ein tolles Fach

Das Fach Geschichte hat gerade bei jungen Menschen ein sehr hohes Potenzial an Begeisterung und Anteilnahme. Da der Lehrervortrag, der im positiven Falle früher beides weckte, weitestgehend in Verruf geraten ist, braucht man entsprechende Quellentexte oder auch Auszüge aus geeigneten Büchern.

Aber die Tür steht nicht immer offen

Leider denken diejenigen, die Geschichte betreiben oder betrachten in der Regel zu wenig daran, dass das, was sie schreiben, auch von jungen Menschen verstanden werden soll. Dazu kommt, dass viele Phänomene und Prozesse der Geschichte sich gar nicht in leicht verständlichen und ausreichend kurzen Texten abbilden lassen.

Aber man kann die Menschen der Geschichte „zum Sprechen bringen“

An dieser Stelle können „fiktive Quellen“ eine Lösung sein. Dabei bieten sich besonders Gespräche an. Im Idealfall verhelfen sie den Schülern, sich in eine Ganz bestimmte historische Situation zu versetzen und diese sowie das Handeln der Personen zu verstehen.

Auch ein halb erfundenes Gespräch kann zu Erkenntnissen führen

Natürlich sollte den Schülern bewusst gemacht werden, dass diese „fiktiven“ Quellen vom Text her nicht echt ist, in der Sache aber durchaus Entscheidendes treffen können. Es ist wie bei einer guten Anekdote, auch sie ist in der gebotenen Form nicht real, trifft aber Entscheidendes.

Ein gutes Vorbild: Der Dokumentarspielfilm

Im übrigen hat dieser Ansatz auch viel mit dem des Dokumentarspielfilms zu tun. Auch dort werden Gespräche gezeigt, die mehr oder weniger erfunden sind – zumindest im genauen Wortlaut. Dennoch zeigt die Praxis, dass diese Filmbearbeitungen der Geschichte häufig mehr Eindruck hinterlassen als die Aufnahme der gängigen Informationen und Materialien in Schulbüchern.

Auf geht’s – damit Geschichte spannend wird – oder bleibt!

Also: Machen wir uns unser eigenes Bild von der Geschichte – im Wortlaut ein bisschen fiktiv, in der Sache aber hart an der Wirklichkeit – natürlich nur, soweit wir sie heute rückblickend überschauen.

Im Folgenden werden Gespräche zu bestimmten historischen Situationen präsentiert, die sich auf Grund der Kürze und Prägnanz gut im Unterricht behandeln lassen. Dazu kommen Hinweise, wie man mit ihnen arbeiten könnte.

2. Kreuzzüge: Zwei Ritter sprechen über den Aufruf von Papst Urban

Am 27.11.1095 hält Papst Urban bei einer großen Kirchenversammlung eine Rede, bei der auch viele Ritter gespannt zuhören. Einer von ihnen namens Gottfried war mit seinem Pferd gestürzt und hatte die Rede nicht mitbekommen. Als er endlich eintrifft, kommt mit seinem Nachbarn, dem Ritter Berthold, ins Gespräch.

Gottfried: O gut, dass ich dich treffen. Ich hatte leider einen kleinen Unfall und jetzt habe ich die Rede des Heiligen Vaters versäumt. Was hat er denn gesagt?

Berthold: Er sprach von Jerusalem und den Leiden unserer Schwester und Brüder im Heiligen Land. Unglaublich, was die Seldschuken, die dort jetzt herrschen, mit ihnen machen. Wir müssen ihnen zu Hilfe kommen und Jerusalem befreien.

Gottfried: Wie soll das gehen? Das ist ein weiter Weg – und wir wissen nicht, wie stark der Gegner ist.

Berthold: Es wird einen regelrechten Kreuzzug geben. Das heißt, viele werden das Kreuz nehmen – so wie ich es jetzt schon auf meinem Mantel trage und gemeinsam ins Heilige Land ziehen.

Gottfried: Meinst du wirklich, dass sich viele auf dieses Abenteuer einlassen?

Berthold: Immerhin hat der Heilige Vater von einem allgemeinen Ablass unserer Sünden gesprochen. Außerdem wird beim Sieg über die Seldschuken sicherlich manches für uns abfallen.

Gottfried: Hhm, das hört sich nicht schlecht an. Mir wurde das hier alles schon ziemlich langweilig – ich hätte höchstens den alten Fehdehandschuh mit Ritter Robert von Hohenstein wieder aufnehmen können – ein Anlass hätte sich schon gefunden.

Berthold: Da ist es sicher Gott wohlgefälliger, wenn wir unsere Kräfte für das Evangelium und die Heilige Kirche einsetzen.

Gottfried: Was mir an dem Gedanken auch gut gefällt, ist, dass dann meine beiden Söhne Wilhelm und Friederich mitkommen können. Die hätten sich hier sowieso nur gestritten. Ich habe manchmal schon gedacht, wie ich es mit meinem Erbe machen soll – es zu teilen, hat ja keinen Sinn. Es wird jetzt schon manchmal schwer, von unseren Bauern genügend Abgaben zu erhalten.

Berthold: So denken viele, mit denen ich gesprochen habe.

Gottfried: Wie geht es denn nun weiter?

Berthold: Im nächsten Frühjahr wird es wohl losgehen. Warten wir mal ab, was unser Landesherr auf dem nächsten Hoftag sagen wird. Ich sah ihn als einer der ersten das Kreuz nehmen und sich an den Mantel heften. Die Rede des Papstes war aber auch zu eindrucksvoll – viele haben aufgestöhnt, als sie hörten, was mit unseren Brüdern und Schwestern geschieht.

Gottfried: Aber gibt es nicht eine alte Tradition, dass Pilger geschützt sind?

Berthold: Die gab es auch – aber seitdem die Seldschuken Jerusalem besetzt haben, gibt es dort Mord und Totschlag. Kein Pilger ist seines Lebens mehr sicher. Wir müssen dort für Schutz und Ordnung sorgen.

Gottfried: Aber wie sollen wir denn mit so vielen Bewaffneten ins Heilige Land kommen?

Berthold: Nun darüber haben wir auch schon nachgedacht. Da ist einmal der Landweg über den Balkan, aber der ist sehr gebirgig und langwierig. Wir werden wohl Kontakt mit Venedig aufnehmen. Die treiben ja seit langem Handel mit dem Orient und da können sie auch gut uns Kreuzfahrer mitnehmen.

Gottfried: Das werden ihre muslimischen Geschäftsfreunde aber überhaupt nicht gerne sehen.

Berthold: Du weißt doch, wie diese Geldsäcke sind. Für goldene und silberne Argumente tun sie alles.

Gottfried: Dann wollen wir mal hoffen, dass sie uns auch wirklich im Heiligen Land absetzen.

Berthold: Wir werden schon dafür sorgen – und wenn, dann mit dem Schwert in der Hand. Nun aber lass uns gehen. Ich habe mich noch mit einigen Freunden in der Herberge verabredet. Komm doch einfach mit. Da reden wir weiter.

Auswertung: Die folgenden Fragen könnte man zu dem Text stellen, um ihn besser zu verstehen:

1. Was hat zur Idee eines Kreuzzuges geführt?

2. Was motiviert viele, am Kreuzzug teilzunehmen?

3. Welche Möglichkeiten haben die Kreuzfahrer, ins Heilige Land zu kommen?

4. Wie wird die Handelsstadt Venedig in diesem Gespräch gesehen?

5. Was fehlt in dem Gespräch, wenn du es mit der im Buch abgedruckten Rede des Papstes vergleichst?

Mögliche Antworten auf die Fragen: