Die schönsten Radtouren zwischen den Meeren

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Aus der Reihe: Landleben
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Die schönsten Radtouren zwischen den Meeren
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Foto: Ingo Wandmacher


Die

schönsten


zwischen

den Meeren

Mit HEIKE GÖTZ quer durch Schleswig-Holstein



IMPRESSUM


Copyright © 2012 Cadmos Verlag GmbH, München

Überarbeitete und erweiterte Neuauflage 2021

Covergestaltung: Gerlinde Gröll, www.cadmos.de

Grafisches Konzept: jb:design – Johanna Böhm, Dassendorf

Layout, Satz: Hantsch PrePress Services OG, Wien

Lektorat: Ing. Barbara P. Meister MA, FachLektor.at, Wien

Coverfotos: Ingo Wandmacher

Deutsche Nationalbibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten. Abdruck oder Speicherung in elektronischen Medien nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung durch den Verlag.

Für die Richtigkeit und Aktualität der Angaben wird trotz sorgfältiger Recherche keine Haftung übernommen.

ISBN: 978-3-8404-3061-9

eISBN: 978-3-8404-6491-1

Inhalt

Radfahren macht Spaß!

Vorbereitungen

Achtsames Fahrradfahren – Aufmerksamkeit außen und innen

Von Brillenschafen, Hähnen und Kultbauern

Durch die Hahnheide

Wikinger, Schlösser und ein altes Fischerdorf

Entlang der Schlei

Zum Westerhever Sand, dem schönsten Leuchtturm Deutschlands

Unterwegs auf Eiderstedt

Strandleben, ein Kloster und Erdbeeren satt

Rund um Grömitz

Zwischen Fledermäusen und Sahnetörtchen

Rund um Bad Segeberg

Reetdachhäuser, Nordseeluft und eine Kunstsammlung

Auf der Insel Föhr

Kaiser, Kanal und Käse

Am Nord-Ostsee-Kanal

Ostsee, Kalifornien und Brasilien

Von der Kieler Förde in die Probstei

Raue Landschaft, ein blühendes Paradies und der Blick zu den Nachbarn

Unterwegs zum Nolde-Museum in Seebüll

Still ruht der See …

Rund um den Schaalsee

Stadt, Land, Fluss und eine Queen

Immer an der Elbe „längs“

Deichschafe, Köge und der Schimmelreiter

Nordstrand – Insel oder nicht Insel?

Viermaster, Steilufer und Fischbrötchen

Rund um Travemünde – Der Tipp des Fotografen

Ein Dom, ein Narr und ein Kanal

Zwischen Ratzeburg und Mölln

Meerblick, Hofcafés und etwas Dänemark-Feeling

Ostseeinsel Fehmarn

Danke

Heike Götz

Register


Foto: Ingo Wandmacher

Radfahren macht Spaß!

Ich freue mich sehr, dass die Radtouren durch Schleswig-Holstein nun in einer Neubearbeitung erscheinen. In den vergangenen Jahren ist der Radtourismus bei uns noch viel populärer und irgendwie selbstverständlicher geworden, nicht zuletzt dank der modernen E-Bikes. Viele von uns entdecken die Heimat neu – mit dem Rad oder auch zu Fuß. Die Motive mögen unterschiedlich sein: Bewegung an der frischen Luft, „mal das Auto stehen lassen“, Unternehmungen mit der ganzen Familie. Egal, was Sie dazu treibt, mit dem Fahrrad unseren schönen Norden zu erkunden – es macht Spaß. Nach einer Tour erschöpft, aber glücklich zu sein, macht uns zufrieden. Ganz nebenbei tun wir etwas für unsere Gesundheit und stärken uns für den Alltag.

Die Radwege sind inzwischen fast überall noch besser ausgebaut und beschildert. Es gibt viel Infrastruktur für Radtouristen, seien es Verleiher von Rädern, sichere Abstellmöglichkeiten oder fahrradfreundliche Übernachtungsmöglichkeiten, das heißt, man wird dort auch für nur eine Nacht gern aufgenommen. Es gibt viele empfohlene Routen auf diversen Internetseiten, Kartenmaterial und GPS-Daten. Sie können sich eine der empfohlenen Strecken raussuchen oder auch nach Lust und Laune eine eigene Tour zusammenstellen. Auch die Länge bestimmen Sie selbst.

Ich habe für dieses neue Buch zwei weitere Vorschläge für Sie. Es sind wie üblich sehr persönliche Touren geworden und sie haben wieder den Charakter einer Tagesrundtour. Spezielle Kondition oder Ausrüstung sind nicht erforderlich. Ich habe mich nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, die Touren und Tipps genau zu beschreiben. Falls das trotzdem an der ein oder anderen Stelle nicht gelungen ist, seien Sie nicht verzagt, sondern suchen Sie sich Ihren eigenen Weg, denn wie heißt es so schön? „Der Weg ist das Ziel.“

Jede und jeder von Ihnen macht eine eigene Landpartie. Ich wünsche Ihnen viel Freude dabei. Und warten Sie nicht auf ideales Wetter, beste Bedingungen und besonders gute Laune. Einfach losfahren – alles andere ergibt sich schon.

Ihre Heike Götz


Foto: Ingo Wandmacher

Vorbereitungen


Foto: Ingo Wandmacher

Bevor Sie zu Ihrer Tour starten, gibt es einiges vorzubereiten, was sich meiner Meinung nach bewährt hat. Eigentlich sind es Selbstverständlichkeiten, die ich trotzdem erwähnen möchte, weil sie für das gute Gelingen einer Radtour sehr wichtig sein können.

1. Bitte überprüfen Sie, ob Ihr Fahrrad funktionstüchtig ist: Sind die Reifen aufgepumpt? Funktionieren Bremsen und Licht? Ist die Sattelhöhe richtig (etwa hüfthoch)?

2. Nehmen Sie sich eine Luftpumpe, etwas Flickzeug und Werkzeug mit. Es ist ärgerlich, irgendwo auf dem platten Land mit einem Platten zu stehen. Das war´s dann nämlich für heute mit der Tour! Wir nehmen auch immer eine kleine Sani-Tasche mit (Outdoor-Ausrüstung). Im Falle eines Sturzes ist die Erste-Hilfe-Ausrüstung Gold wert.

 

3. Wenn Sie wie wir mit dem Auto zum jeweiligen Ausgangspunkt der Radtour fahren, brauchen Sie natürlich einen Fahrradgepäckträger. Achten Sie darauf, dass die Räder wirklich sicher befestigt sind. Vielleicht überprüfen Sie 10 bis 15 Minuten nach dem Losfahren noch einmal die Befestigung.

4. Schließlich ist die persönliche Ausrüstung für den Fahrradtag wichtig: Meiner Meinung nach ist bei der Kleidung das „Zwiebelprinzip“ sehr gut, also verschiedene Schichten Kleidung, die man bei Bedarf an- oder ausziehen kann. Wichtig finde ich Regenbekleidung, wenn eventuelle Schauer vorhergesagt sind. An der See hat sich wegen des oft unangenehmen Windes eine leichte Mütze (auch im Sommer) bewährt. Spezielle Radfahrerhosen sind bei unseren Genusstouren nicht notwendig.


Foto: Ingo Wandmacher

Beim Radfahren gilt: Der Weg ist das Ziel!

5. Schließlich nehmen Sie sich etwas zu essen und zu trinken mit. Wasser ist das Beste auf so einer Radtour. Ich empfehle auch, etwas Leckeres für ein Picknick mitzunehmen. Man ist einfach unabhängig von Gaststätten und außerdem macht es viel mehr Spaß, in freier Natur mal wieder ein Picknick zu machen.

6. Die Tourenauswahl: Bitte passen Sie die Länge der Tour Ihrer Leistungsfähigkeit an. Jede meiner vorgeschlagenen Routen kann man selbstverständlich abwandeln, das heißt verkürzen oder auch mal verlängern. Gehen Sie einfach flexibel mit der Routenplanung um – je nach Tagesform, Wetterlage und der Stimmung der Mitradler. Planen Sie Zeit für Besichtigungen und Pausen ein.

7. Schließlich möchte ich Ihnen ans Herz legen, achtsam und bewusst Rad zu fahren. Was das bedeutet, kann mein Mann Detlef Lafrentz sehr gut erklären. Er ist Feldenkraislehrer und damit Spezialist für solche Fragen. Deshalb jetzt ein Kapitel von ihm.

Achtsames Fahrradfahren – Aufmerksamkeit außen und innen

Achtsames Fahrradfahren hat verschiedene Aspekte. Die geübten und routinierten Radfahrerinnen und Radfahrer unter Ihnen sind sicherlich vertraut mit Fragen des Abstandes zum Vorausfahrenden, mit Vorfahrtsfragen – rechts vor links –, mit Einschätzung der Geschwindigkeit und vielen weiteren Aspekten.

Beachten Sie aber auch, dass Sie in Freizeit- oder Wochenendlaune bei hoffentlich schönem Wetter und anregenden Erlebnissen leicht den Blick verlieren können für die kleinen Tücken, die sich manchmal schnell vergrößern.

Plane ich mit ein, dass mein Vorausfahrender möglicherweise plötzlich bremst oder gar fällt? Plane ich mit ein, wenn ich schnell einen Berg hinunterrolle, dass an der Einmündung von rechts ein Fahrzeug kommen kann? Plane ich mit ein, dass zusätzliche Satteltaschen oder Körbe das Lenk-, Fahr- und Bremsverhalten verändern können?

Machen Sie immer rechtzeitig Pause? Manchmal merken wir erst zu spät, dass wir uns angestrengt haben. Manchmal merken wir erst zu Hause, dass wir den Rücken, den Nacken oder die Schultern einseitig belastet haben. Das ist dann keine wirkliche Erholung.

Wie können wir Anstrengung vermeiden? Nur dadurch, dass wir immer wieder überprüfen, wie unsere Befindlichkeit ist. Wir sind es oft nicht gewohnt, auf unsere körperlichen Empfindungen zu achten, es sei denn, es gibt irgendwo starke Beschwerden oder gar Schmerz. Sie können die Aufmerksamkeit aber regelmäßig darauf richten, wie Sie sich bewegen und wie Sie sich dabei fühlen. Dieses kann sehr angenehm und entspannend sein.

Vielleicht beobachten Sie bei einer einfachen und geraden Strecke einmal für einige Zeit, wie Sie ein- und ausatmen. Ohne dabei den Atem in irgendeiner Weise beeinflussen zu wollen. Nur den natürlichen Atem beobachten. Sie werden dabei vielleicht feststellen, dass der Atem manchmal länger ist und manchmal kürzer, manchmal tiefer und manchmal flacher. Vielleicht stellen Sie auch fest, dass es zwischen den Atemzügen Pausen gibt. Und dass diese manchmal sehr kurz sind oder aber auch länger. – Dieses können Sie natürlich wunderbar zuerst zu Hause üben.

Wenn Sie Fahrrad fahren, können Sie beobachten, ob Sie mit beiden Beinen gleich deutlich oder gleich stark treten. Ob die Schultern sich vielleicht bewegen beim Treten der Pedale. Ob der Druck der beiden Hände am Lenker gleich stark ist. Ob das Gesäß seinen Kontakt zum Sattel verändert in der Bewegung.

Wenn Sie erst einmal angefangen haben, solche Fragen zu stellen, finden Sie es vielleicht interessant herauszufinden, wie Sie eigentlich Fahrrad fahren. Darüber hinaus vermeiden Sie einseitige Belastungen und Ihre Bewegungen können leichter und effizienter werden.

Viel Freude beim Ausprobieren!

Detlef Lafrentz

Von Brillenschafen, Hähnen und Kultbauern


Foto: Heike Götz

Durch die Hahnheide

Route (40 km):

• Lütjensee

• Trittau

• Kuddewörde

• Dahmker

• Hamfelde / Lauenburg

• Hamfelde / Stormarn

• Aussichtsturm in der Hahnheide

• Hohenfelde

• Linau

• Bille-Quelle

• Grönwohld

• Lütjensee

Unsere Tour beginnt in Lütjensee. Es ist ein wunderbar sonniger Frühlingstag Ende April. Die Laubbäume stehen in frischem Grün. Tulpen, Magnolien und Forsythien blühen und die Obstbäume sind weiß vor lauter Blüten. Besseres Wetter kann es für den Start in die Fahrradsaison kaum geben. Herrlich! Und dann das erste Mal mit dem neuen Rad!

Wir starten auf dem Hof Lütjensee in der Alten Schulstraße 13. Dieser Hof gehört dem Brillenhersteller und Ökolandwirt Günther Fielmann und ist ein Vorzeigebetrieb des Biolandbaus mit einem sehr großen und attraktiven Hofladen. In der Käsetheke liegen um die 50 Käsesorten und man hat die Qual der Wahl bei über 30 Brotsorten. Dazu Obst, Gemüse, Fleisch, Kaffee, Tee … Ein wahrer Biofeinschmeckerladen. Wer noch keinen Reiseproviant dabeihat, kann sich hier mit allem eindecken, was das Radlerherz begehrt. Und Sie müssen sich unbedingt die Tiere anschauen! Es gibt einen hübschen Spazierweg über den Hof und die Weiden. Alles ist hervorragend angelegt, die Tiere leben in lichten Ställen auf frischem Stroh und haben viel Auslauf. Man kann hier Angler Sattelschweine entdecken und Rotbunte Niederungsrinder, Vorwerkhühner, Deutsche Sperber und Fielmanns Lieblingstiere: die Kärntner Brillenschafe. Landidylle wie aus dem Bilderbuch! Ich finde es gut, dass ein Unternehmer wie Günther Fielmann in Biolandwirtschaft investiert und sich langfristig auf diesem und anderen Biohöfen engagiert.

Foto: Heike Götz

Die Billebrücke bei Kuddewörde

Gut gestärkt an Leib und Seele treten meine Mitfahrer – mein Mann Detlef, unsere Freunde Elisabeth und Peter – und ich nun endlich in die Pedale. Die erste Station heißt Trittau. Wir wollen den Fahrradweg neben der Straße nehmen. Er ist neu ausgebaut und gut zu fahren. Vom Hof aus biegen wir nach rechts in die Alte Schulstraße bis zur Hamburger Straße. Der folgen wir auf dem Radweg nach rechts und fahren an der Ampelkreuzung nach links Richtung Trittau. In Trittau angekommen, überqueren wir den Kreisverkehr und fahren nach etwa einem Kilometer links an der Rausdorfer Straße ins Zentrum. Am nächsten Kreisverkehr halten wir uns rechts und fahren durch die Haupteinkaufsstraße (Poststraße) Richtung Grande. Unsere erste kleine Rast machen wir an der wunderschönen alten Wassermühle in Trittau. Die liegt quasi auf dem Weg – fast am Ortsausgang – und ist gut ausgeschildert. Kurz bevor man links zur Wassermühle abbiegt, gibt es auf der linken Seite das Eiscafé Griem. Dort gibt es meine Lieblingssorte, „Zimteis“, lecker!

Die alte Wassermühle liegt direkt am Mühlenteich. Ein idyllisches Plätzchen! Bis in die 1960er-Jahre wurde hier noch Korn gemahlen, heute ist in der Mühle das Kulturzentrum von Trittau mit Veranstaltungen und Kunstausstellungen. Am Wochenende gibt es selbst gemachten Kuchen. Das Kunstcafé hat allerdings nur bei laufenden Ausstellungen samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Eine andere Attraktion ist der mittlerweile dreimal im Jahr (vor Ostern, zu Pfingsten und im Herbst) rund um die Mühle stattfindende Kunsthandwerkermarkt. Von der Mühle führt uns ein kurzer Kopfsteinpflasterweg zur „Napoleonbrücke“. Kaum vorstellbar, dass über dieses kleine Brückchen, über das schon Napoleons Truppen marschiert sein sollen, bis in die 1960er-Jahre noch der gesamte Verkehr von und nach Trittau lief. Mittlerweile gibt es eine Umgehungsstraße, an der uns auch der Weg weiterführt Richtung Grande. Der gut befahrbare Radweg verläuft neben der Straße aus Trittau hinaus. Kurz vor der Überquerung der Bundesstraße 404 liegt rechter Hand die Autobahnmeisterei und – aufgepasst! – direkt davor geht es links in den Billeweg. Das ist ein wunderschöner kleiner Radweg direkt durch die Wiesen und Felder. Eine Holzbrücke überquert die Bille, bevor wir nach Kuddewörde kommen. Gleich hinter der Kirche an der T-Kreuzung fahren wir nach links am Gasthof zur Eiche vorbei. Etwa 200 Meter vor dem Ortsausgangsschild geht es rechts in den Dahmker Weg Richtung Dahmker. Ein Radweg vom Feinsten: glatt, keine Autos und links und rechts nur Felder und Wiesen. Wir genießen die Fahrt und beschließen, hier einen Picknickplatz zu suchen. Ich finde, nirgends schmeckt das Brot so gut wie auf einer Decke, die man an einem leicht schattigen Wiesenplatz ausbreitet. Schuhe ausziehen, geschmierte Stullen (Schnitten, Brote … je nach Region) rausholen, dazu Obst, Salat und was auch immer zu einem leckeren Picknick gehört. Und natürlich viel Wasser trinken. Herrlich!

Unsere nächsten Etappenziele sind die beiden Hamfeldes: das eine in Lauenburg, das andere in Stormarn, obwohl nur wenige Hundert Meter voneinander entfernt, nur getrennt von der Bille und der Kreisstraße. Die beiden Dörfer sind fast 800 Jahre alt, hatten aber noch nie eine gemeinsame Geschichte. Man nimmt an, dass die Besiedlungen an den Ufern der Bille unabhängig voneinander entstanden sind. Das alte Grenzflüsschen Bille markiert bis heute die Grenze zwischen den Kreisen Herzogtum Lauenburg und Stormarn.

Der kleine ungepflasterte Feldweg nach Hamfelde / Lauenburg zweigt 20 Meter vor dem Ortseingangsschild Dahmker, gleich hinter dem ersten Haus (Nr. 33), nach links ab. Nach ein paar Hundert Metern mündet er in einen geteerten Fahrradweg und man kommt am Hasselbergweg in Hamfelde / Lauenburg raus. Im Haus mit der Nr. 13 befindet sich die „Kleinste Destille Deutschlands“, wie sie sich selbst nennt. Seit über 200 Jahren wird hier in Handarbeit der „Hamfel- der Oberförster“, ein Kräuterlikör, gebrannt, der 40 Kräuter enthalten soll. „30 für die Liebe, 10 für die Gesundheit“, erzählte mir die Inhaberin Meike Brönneke, als wir vor einigen Jahren mit der NDR-Landpartie bei ihr Station machten. Mehr Geheimnisse aus der urigen kleinen Schnapsfabrik wollte sie mir aber nicht verraten … Nimmt man statt des kleinen Feldwegs von Dahmker aus die Straße nach Hamfelde / Lauenburg, kommt man an der weithin sichtbaren Holländer-Windmühle vorbei, in der heute ein Restaurant ist.

Foto: Heike Götz

Der „Lange Otto“


Foto: Detlef Lafrentz

Unterwegs auf schattigen Waldwegen

Um „auf die andere Seite zu wechseln“, überqueren wir die Kreisstraße (Möllner Landstraße). Hamfelde / Stormarn ist heute vor allem bekannt für den Hamfelder Hof, Biolandhof und gleichzeitig Markenname für die gleichnamige Biomilch. Wer Lust hat, macht einen kurzen Abstecher zum Hofladen (ist im Dorf ausgeschildert und leicht zu finden). Übrigens lieben die Hamfelder Biobauern Radfahrer. Sie haben sogar eine eigene Radsport-Mannschaft mit 120 Mitgliedern. Das Team „Hof Hamfelde-Lichtblick“ tritt tatsächlich in Sportkleidung in schwarz-weißem Kuhdesign bei vielen Radrennen an. Training ist immer sonntags, und vielleicht haben Sie Glück und Sie treffen unterwegs irgendwo die „Hamfelder Kühe“, wie die Rennradfahrer hier in der Gegend oft genannt werden.

 

Wir fahren lieber ganz gemütlich weiter, denn wir wollen noch hoch hinauf: auf den Aussichtsturm in der Hahnheide, den 27 Meter hohen „Langen Otto“. Dazu fahren wir die kleine Stichstraße vom Hamfelder Hof zurück, hinter dem Spielplatz nach links und gleich wieder rechts in die Straße Hasenberg Richtung Hahnheider Turm. In der Hahnheide selbst folgen wir dem Schild „Turmweg“. Der sandige Untergrund zwingt streckenweise zum Absteigen und Schieben. Kurios finde ich, dass das große Waldgebiet, das im Mittelalter noch mit dem Sachsenwald verbunden war, „Heide“ heißt. Der Weg führt zum größten Teil durch wunderschöne lichte Buchenwälder, die jetzt im Frühjahr ein besonders kräftiges und frisches Grün haben. Der Turm selbst, ein Holzturm, der im Jahr 2001 wieder neu aufgebaut wurde, steht auf dem 99 Meter hohen Großen Hahnheider Berg. Nach 122 Stufen haben wir die Plattform erreicht und werden mit einer tollen Aussicht belohnt. In der Ferne kann man Hamburg und Lübeck erahnen. Vor allem aber beeindruckt uns, wie viel Wald man von hier oben sieht. Die Hahnheide geht fast nahtlos in den Sachsenwald über, jenes riesige Waldgebiet östlich von Hamburg. Sympathisch ist auch, dass die Stufen des Turms von Privatpersonen oder regionalen Unternehmen gesponsert wurden. Ich lese auch gleich bekannte Namen auf den kleinen Spenderschildchen: Stufe Nr. 8 – „Hamfelder Oberförster“, Stufe Nr. 69: „Enno Oetjen“. Das ist der Wirt vom Gasthof Unter den Linden in Grönwohld, in dem die beliebte NDR-Serie Neues aus Büttenwarder gedreht wird. Auch dahin wird uns unsere heutige Radtour noch führen. Doch bleiben wir zunächst in der Hahnheide, die noch ein paar Superlative zu bieten hat: Die Aussichtsplattform des Turmes ist die höchste in ganz Schleswig-Holstein. Die Hahnheide selbst ist das größte und älteste Naturschutzgebiet Schleswig-Holsteins (1450 Hektar groß, Naturschutzgebiet seit 1938). Und am Rand der Hahnheide schließlich liegt das kleinste selbstständige Dorf des Kreises Stormarn: Hohenfelde (52 Einwohner auf 1,6 km2). Und genau dorthin wollen wir jetzt.

Der Weg durch die Hahnheide Richtung Hohenfelde ist sehr gut ausge-schildert, und im Dorf selbst liegt der Gasthof Stahmer auf der rechten Seite. Ein uriger Gastraum mit Sofas, Standuhr und Kachelofen. Als wir mit der Landpartie hier waren, haben wir in der Küche leckere Bratkartoffeln zubereitet. Im vergangenen Jahr, als ich im benachbarten Koberg eine Woche lang Heike hilft helfen gedreht habe, waren wir am letzten Abend mit dem Team hier und haben sehr gute deutsche Küche genossen. Deshalb möchte ich auch heute mit meinem Mann und meinen Freunden bei Stahmers einkehren. Auf der Wiese vor dem Haus laden locker verteilte Tische mit hübschen rot karierten Decken zur Kaffeepause ein. Wir sitzen sehr gemütlich im Halbschatten und lassen uns den selbst gemachten Obstkuchen schmecken. Ungefähr 25 Kilometer haben wir schon geschafft, etwa 15 Kilometer liegen noch vor uns.

Foto: Ekkehard Schone

Umrahmt von zwei Wirten: Axel Olsson alias „Shorty“ und Enno Oetjen


Foto: Heike Götz

Auf dem alten Bahndamm

Wenn Sie noch Kraft für weitere zehn Kilometer haben und neugierig auf den Heike hilft helfen-Drehort Koberg sind, machen Sie ruhig den kleinen Umweg, es lohnt sich. Im Mittelpunkt unserer Dreharbeiten stand der „Markttreff“, der auch tatsächlich der Mittelpunkt des Dorfes ist, ein Tante-Emma-Laden mit Kaffee-Ecke und der freundlichen Verkäuferin „Netti“ (viele Grüße!). Der schöne Raum nebenan ist das kulturelle Zentrum Kobergs, Platz für allerlei Veranstaltungen.

Die Einwohner von Koberg haben mit ihrem „Markttreff“ in ein Dorf, in dem nichts mehr los war (keine Schule, keine Kirche, kein Laden, keine Kneipe), wieder Leben gebracht. Wenn Sie Keramikfiguren mögen, klingeln Sie unbedingt im Atelier von Marianne Schäfer, Koppelkaten 5. Auf der gegenüberliegenden Seite wohnt der Tischler Karl-Heinz Loss. Er verkauft schöne Schaukelpferde.

Wir wollen heute jedoch nicht nach Koberg, sondern auf direktem Weg nach Linau. Vom Gasthof Stahmer fährt man einfach die Straße weiter. Der Weg ist gut ausgeschildert. Rechts neben dem Ortseingang von Linau entdecken Sie vielleicht wie wir das Storchenpaar auf seinem Nest. Unser eigentliches Ziel ist aber die Bille-Quelle. Diesen kleinen Fluss haben wir heute schon einige Male überquert, und sowohl mein Mann und ich als auch unsere Freunde wohnen in der Nähe der Bille. An ihrer Quelle waren wir allerdings noch nie. Also nichts wie hin! Insgeheim erwarten wir Großes: vielleicht einen speienden Drachenkopf aus Marmor oder ein glasklares Bächlein, das unter einem Stein hervorsprudelt. Aber auf jeden Fall etwas Einmaliges, Ursprüngliches, irgendwie Erhabenes. Und was finden wir? Eine morastige Stelle, die einer Wildschweinsuhle gleicht; daneben steht auf einem Schild „Bille- Quelle“. Wir müssen lachen. Aber immerhin können wir jetzt sagen, dass wir da gewesen sind! Wenn Sie sich selbst überzeugen wollen, fahren Sie in Linau über die große Kreuzung geradeaus, dann sehen Sie links zwei Schilder: „Burg Linau“ und „Bille-Quelle“. Durch das Drehkreuz kommen Sie in die „Burg“, ein Wäldchen. Nach etwa 200 Metern sehen Sie rechts unten einen Findling, auf dem „Bille-Quelle“ steht. Jetzt noch 10 Meter nach rechts und Sie sind da – am Ursprung der Bille, die nach 65 Kilometern in Hamburg in die Elbe mündet. Zurück auf der Hauptstraße geht es nun in flottem Tempo immer bergab auf einem super Fahrradweg neben der Straße bis Grönwohld. Wer schon immer mal wissen wollte, wo eigentlich Büttenwarder liegt, in dem die Kultbauern Brakelmann (Jan Fedder) und Adsche (Peter Heinrich Brix) zu Hause sind, ist hier genau richtig. Das Grönwohlder Gasthaus Unter den Linden ist im Film der „Dorf krug“. Außerhalb der Dreharbeiten ist hier normaler Gaststättenbetrieb und es gibt genau wie im Film „Lütt un Lütt“. Der echte Wirt ist jener Enno Oetjen, dessen Namen wir schon auf einer Stufe des Hahnheider Turms gelesen haben. Das Gasthaus Unter den Linden liegt in der Dorfstraße 13, und Sie finden es ganz leicht, wenn Sie in Grönwohld an der Kreuzung von Linau kommend nach rechts abbiegen.


Foto: Heike Götz

Ein großer Stein für eine kleine Quelle

Für uns geht es an dieser Kreuzung heute jedoch geradeaus weiter zum Ausgangspunkt unserer Tour zurück. Der sehr schöne Fahrradweg nach Lütjensee beginnt am Dorfende rechts. Er führt auf einem alten Bahndamm bis nach Bad Oldesloe. In Dwerkaten, einem Ortsteil von Lütjensee, stoßen wir auf eine Landstraße. Hier verlassen wir den alten Bahndamm und folgen dem Radweg nach links neben der Landstraße bis nach Lütjensee. Kurz nach der Tankstelle geht es nun rechts in die Alte Schulstraße zum Hof Lütjensee zurück. Nach 40 Kilometern und 6 Stunden (inklusive mehrerer Pausen, Turmbesteigung, Suche nach der Bille-Quelle und einiger Fotostopps) sind wir zufrieden und glücklich wieder an unserem Ausgangspunkt angekommen.

Es war eine sehr schöne und abwechslungsreiche Tagestour. Sie kommen durch kleine Städte und Dörfer, besteigen den Hahnheider Turm mit toller Aussicht, sehen die Bille-Quelle und den Büttenwarder-Gasthof, essen leckeren Kuchen und lernen Brillenschafe kennen. Der Weg führt teilweise durch die Felder und Wiesen und auf Sandwegen durch den Wald (Hahnheide). Es sind durchgängig Radwege.

INFOS

Besichtigungs-Tipps

Aussichtsturm in der Hahnheide

Bille-Quelle in Linau

Einkehr-Tipp

Gasthof Stahmer Haus 6 22946 Hohenfelde

Heike-Tipps

Hof Lütjensee Alte Schulstraße 13 22952 Lütjensee

Gasthof Unter den Linden Dorfstraße 23 22956 Grönwohld