Reich werden auf die gute Art

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Reich werden auf die gute Art
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Gregor Henckel-Donnersmarck: Reich werden auf die gute Art

Inhalt

Reich sein ist keine Sünde

Bleibt locker und übt euch in Demut

Sagt, was ihr tut, und tut, was ihr sagt

Seid gehorsam und habt Vertrauen

Schöpft Kraft aus dem Gebet

Übernehmt Schöpfungsverantwortung

Seid fleißig und erlangt Würde in eurer Arbeit

Habt Hoffnung und gebt nie auf

Seid kommunikativ und handelt sozial kompetent

Regeneriert, spielt und bildet euch

Tut Gutes und erwerbt Vermögenskultur

»Evangelii gaudium« – Das Geld muss dienen

Reich sein ist keine Sünde

Nur die Wenigsten wissen, dass es ein Franziskanermönch war, der die sogenannte »doppelte Buchführung« erfunden hat. Den Namen dieses Systems, das im Rechnungswesen der Neuzeit eine Revolution bewirkte, verstehen manche nicht richtig. Sie denken dabei an eine Art »doppelbödige« Buchführung, bei der es einen wahren und einen erfundenen Anteil gibt. Leider existieren solche Methoden auch, aber mit der doppelten Buchführung ist etwas ganz anderes gemeint. Ihr Prinzip beruht darauf, dass jeder Geschäftsfall doppelt gebucht, also zweifach festgehalten wird. Die Systematik aus Soll und Haben ermöglichte erst Transparenz und damit den wirtschaftlichen Erfolg der Medici oder der Fugger. Bis in unsere Gegenwart ist die doppelte Buchführung, mit einigen Verbesserungen, eine der wichtigsten Grundlagen erfolgreicher Unternehmensführung geblieben.

Wieso aber erfand ausgerechnet der Franziskaner Luca Pacioli im Jahr 1494 dieses moderne kaufmännische System? Wie nicht zuletzt unser Heiliger Vater Franziskus vielen Menschen in Erinnerung ruft, hatten sich doch gerade die Franziskaner immer schon zur vollständigen Armut verpflichtet. War es da überhaupt statthaft, dass ein gebildeter Mönch, der Mathematik und Astronomie studierte und sich in regem Austausch mit Leonardo da Vinci und Piero della Francesca befand, so nebenbei ein Instrument schuf, das seither unzähligen Menschen geholfen hat, reich zu werden? Oder hat er durch diese Beschäftigung mit Fragen des Geldes gar eine Sünde begangen?

Das Wörtchen »nebenbei« hat in dieser Geschichte eine wichtige Bedeutung. Der Franziskaner Pacioli erfand die doppelte Buchführung nicht deshalb, weil er etwa von dem Gedanken besessen war, riesige Reichtümer anzuhäufen. Hingegen dürfen wir davon ausgehen, dass er Freude daran hatte, seinen Geist zu erproben, Probleme zu lösen und Neues zu erdenken, um sein Leben und das seiner Schüler und aller Kaufleute produktiver und freudiger zu gestalten. So schrieb er später unter anderem auch noch ein Buch über das damals immer populärer werdende Schachspiel. Aus mathematischen Überlegungen suchte er auch nach neuen Methoden des kaufmännischen Rechnungswesens. Dieses Problem löste er in brillanter Art und Weise mit dem Prinzip von »Soll und Haben«, was gleichsam nebenbei vielen Menschen großen finanziellen Erfolg ermöglichte.

Wir dürfen die oben gestellte Frage also getrost mit einem Nein beantworten. Luca Pacioli hat sicher keine Sünde begangen, indem er sich auf inspirierte Weise mit kaufmännischen Problemen beschäftigt hat.

Woher kommt dann aber die Vorstellung, dass es sich bei der Sphäre des Geldes um etwas handelt, das sich immer an der Grenze zur Sünde befindet? Ist die Bibel nicht voll von Warnungen vor den sittlichen Gefahren großen Reichtums?

Das ist sie in der Tat, aus gutem Grund. Heutzutage werden wir via Massenmedien pausenlos mit Bildern von Menschen bombardiert, deren Leben anscheinend ausschließlich daraus besteht, mit ihrem Geld und ihren Gütern zu protzen. Jeder kennt heute den Namen Paris Hilton, über die ich nicht den Stab brechen möchte, weil ich sie nicht persönlich kenne. Dennoch lässt sich sagen, dass sie leider zur Gallionsfigur derer geworden ist, die ihren Reichtum als Selbstzweck missverstehen und die das Geld zum Mammon gemacht haben, den sie anbeten.

Wir brauchen aber nicht, wie es manche heute tun, in kulturpessimistischer Weise über solche Beispiele zu verzweifeln. Denn dass schon in der Jahrtausende alten Bibel vor den Gefahren des Reichtums gewarnt wird, heißt ja nichts anderes, als dass es die Reichen nach der Façon von Paris Hilton immer schon gegeben hat und dass sie es wohl auch immer geben wird. Auf diese Reichen ist der Ausspruch Jesu Christi gemünzt, wenn er sagt: »Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.« (Matthäusevangelium 19,24)

Wem es in seinem materiellen Reichtum an Demut mangelt und wer meint, sich alles erlauben zu können, nur weil er viel Geld hat, der begeht tatsächlich eine schwere Sünde.

Angesichts solcher Beispiele liegt die Idee nahe, dass es besser wäre, sich von jedem Reichtum möglichst fernzuhalten, den weltlichen Gütern vielleicht sogar ganz abzuschwören.

Eine ähnliche Losung hatten sich die Katharer, eine Sekte im Europa des 12. bis 14. Jahrhunderts, auf ihre Fahnen geheftet. Sie predigten nicht nur gegen die Schaffung und den Genuss von Gütern, sondern auch gegen die Ehe und andere, das diesseitige Leben betreffende Einrichtungen. Alles Irdische galt ihnen als prinzipiell sündig und böse. Der einzige Auftrag Gottes an die Menschen be stand ihrer Ansicht nach darin, ihre reine Seele aus dem Diesseits in den Himmel zu retten.

Während die Katharer von sich selbst als »veri christiani«, wahre Christen, oder als »boni homines«, als gute Menschen sprachen, brandmarkte sie die katholische Kirche als Häretiker. Das noch heute bekannte Schmähwort »Ketzer« scheint etymologisch betrachtet vom Wort Katharer abzustammen. Auch wenn wir solche Worte heute eher nicht mehr benutzen, kommen wir wohl nicht umhin, die Katharer aus christlicher Perspektive tatsächlich als eine Art von Ketzern zu betrachten. Denn von den Menschen die völlige Abkehr von allem Weltlichen zu verlangen, verfehlt den Geist des Christentums ebenso, wie das Weltliche und Materielle zum einen und einzigen Zweck zu erheben. Auch in der Geringschätzung gegenüber der Welt, die Gott geschaffen und als deren Teil er den Menschen erschaffen hat, ist die Sünde der mangelnden Demut klar erkennbar.

Diese Tatsache steht nur oberflächlich im Kontrast dazu, dass manche Menschen, die ihr Leben dem Dienst an Gott weihen, das Gelübde der Armut ablegen. Ich selbst zähle als Ordensmitglied der Cistercienser zu diesem Kreis von Menschen. Aber zum einen bedeutet mein Armutsgelübde keines falls die demutslose, weltabgewandte Armut, die die Katharer verlangten. In der Regel des Heiligen Benedikt, dem Gründer aller benediktinischen Orden, zu denen auch die Cistercienser gehören, heißt es dem Sinn nach: »Niemandem soll es am Notwendigen fehlen«.

Zum anderen gilt für das Gelübde der Armut dasselbe wie für jenes der Ehelosigkeit. Es soll der Weg für jenen kleinen Teil der Menschheit sein, der sein Leben ausschließlich Gott widmet. Für alle anderen Menschen hingegen gilt, dass Ehe ebenso wie Wohlstand erstrebenswerte und mit den christlichen Werten im Einklang befindliche Ziele sind.

Wer arbeitet, fleißig ist und die Welt

durch seine Arbeit sinnvoll gestaltet,

der darf dabei auf Gottes Segen hoffen.

Wem diese Arbeit Wohlstand, vielleicht

sogar echten Reichtum einträgt, der muss

keineswegs fürchten, sich damit allein

schon versündigt zu haben.

Ich möchte diesen Punkt unterstreichen, weil mir daran liegt, einen populären Irrtum im Hinblick auf die christliche Lehre zu korrigieren.

Reich sein allein ist noch keine Sünde.

Für Arm und Reich gilt gleichermaßen:

Erst im Umgang mit den Gütern dieser

Welt erweist sich, ob ein Mensch die

christliche Lektion der Demut beherzigt

oder nicht.

Allerdings geht mit Reichtum eine besonders große ethische Verantwortung einher. Je größer der Reichtum, desto größer auch die Verantwortung. Zwar gibt es auch die Gefahr, durch Armut korrumpiert zu werden. Größer ist aber die Versuchung, sich durch Macht und Reichtum ablenken und auf den falschen Weg führen zu lassen. Das Wort Vermögen sollte daher eigentlich kleingeschrieben werden. Wer sich nämlich ein solches Vermögen erarbeitet oder es geerbt hat, der vermag damit Menschen und Dinge in Bewegung zu versetzen und die Welt zu gestalten. In diesem Sinn ist Reichtum, mit dem der Mensch demutsvoll umgeht, selbstverständlich ein großes Geschenk. Denn Demut bedeutet in diesem Zusammenhang keinesfalls, seinen Reichtum nicht in rechter Weise zu nutzen, sondern wie der berühmte »Onkel Dagobert« geizig den eigenen Tresor zu bewachen. Stattdessen ist es die Pflicht der Vermögenden, die Welt an ihrem Reichtum partizipieren zu lassen, und zwar so, wie es ihnen nach kluger Prüfung sinnhaft und nützlich erscheint.

 

Es gibt nicht nur eine schamlose, sondern ebenso eine demutsvolle Art, ein Vermögen, über das ich verfüge, in der Welt wirksam zu machen. Menschen, die diesen Weg wählen, geht es nicht darum, sich selbst zur Schau zu stellen und möglichst oft in den Illustrierten zu erscheinen. Bill Gates, der Gründer der Firma Microsoft, scheint mir ein gutes Beispiel für diesen Typus des Vermögenden zu sein, der sich bemüht, seinen Reichtum gestaltend in die Welt zurückzuführen. Zwar stimme ich ausdrücklich nicht mit allen Zielen überein, die Gates seiner Stiftung, der er große Teile seines Vermögens überantwortet, gesetzt hat. Aber grundsätzlich ist ein solcher gestaltender Umgang mit Vermögen vorbildhaft.

Eines muss ich zum Abschluss dieser Einleitung noch einmal klarstellen: Die christliche Lehre enthält selbstverständlich keine Anleitung für die Erlangung eines Vermögens. Sie widmet sich letztlich ausschließlich dem Weg zu und mit Gott, der dem Menschen das größte und einzig unveräußerliche Vermögen seiner ewigen Liebe verspricht. Die Heilige Schrift verheißt uns auch an keiner Stelle, dass es uns im Diesseits gelingen wird, die Armut ein für allemal zu besiegen. Nach christlicher Theologie wird es kein Himmelreich auf Erden geben, Reich und Arm werden auf die eine oder andere Art immer existieren. Würde aber jemand, der gerade dabei ist, seine eigene Existenz aufzubauen, an mich herantreten und mich um Rat ersuchen, was zu tun ist, um sich Chancen auf Wohlstand, eine eigene Lebensgrundlage, vielleicht sogar auf ein Vermögen zu schaffen, so würde ich ihn nicht wegschicken. Ich würde versuchen, aus meiner eigenen Lebenserfahrung Rat anzubieten.

Dabei ist wichtig zu erwähnen, dass ich nach meiner Matura Welthandel studiert habe und danach für einige Jahre als leitender Angestellter der Logistik-Firma Schenker, später als Geschäftsführer der spanischen Tochtergesellschaft der Firma, gearbeitet habe. Nach meinem Eintritt in den Orden der Cistercienser wurden mir bald wieder Aufgaben übertragen, die mit ökonomischen Fragen verbunden waren, wie die Sanierung des notleidenden Stiftes Rein und die Arbeit als National-direktor von Missio Austria. Später, als ich zum Abt des Stiftes Heiligenkreuz gewählt wurde, fiel mir damit auch die wirtschaftliche Leitung eines großen, fast 900 Jahre alten Betriebes zu, der landwirtschaftliche Nutzflächen, ein Weingut und andere Wirtschaftsunternehmen umfasste. In all diesen Lebensphasen habe ich viel über unternehmerisches Handeln gelernt.

Dabei ist mir klar geworden, dass wirtschaftliches Denken keineswegs in Konflikt mit einem aufrichtigen, im christlichen Sinne frommen Leben, steht. Ganz im Gegenteil. Wer gelernt hat, auf welchen Prinzipien ein verantwortungsvolles, ehrliches Leben aufbaut, dem wird dieses Wissen gerade auch im Beruf und im Umgang mit Geld den rechten und bisweilen sogar erfolgreichen Weg weisen. Davon bin ich überzeugt und deshalb habe ich mich auch entschieden, dieses Buch zu veröffentlichen.

Würde mich daher jener fiktive Ratsuchende von vorhin fragen, welche Prinzipien er in diesem Sinne beherzigen sollte, um sich Wohlstand zu schaffen, dann würde ich ihm gerne die folgenden zehn Kapitel ans Herz legen, aus denen dieses Buch besteht. Meine Vorschläge zielen nicht nur auf wirtschaftlichen Erfolg ab, sondern auch auf den richtigen Umgang mit diesem Erfolg, wie der Mensch ihn dadurch bewahrt und nicht zum Selbstzweck verkommen lässt.

In diesem Fall ist es nicht nur keine Sünde, sondern moralisch wertvoll, wenn jemand reich wird. Aber eben mit Gott, und das heißt, im Einklang mit den Prinzipien einer guten und richtigen Lebensführung. Ich hoffe, dass dieses Buch für möglichst viele Menschen ein nützlicher Baustein dafür sein möge, mit Gott wahrhaft reich zu werden.

Bleibt locker und übt euch in Demut

Große Vermögen werden im Allgemeinen gerade nicht von den Menschen geschaffen, die in erster Linie ans Geld denken. Das mag überraschen, weil es doch als wichtig gilt, sich klare Ziele zu setzen und sie möglichst ehrgeizig zu verfolgen.

Geld ist kein Ziel im eigentlichen Sinn.

Es kann nur der Lohn dafür sein, ein Ziel

erreicht zu haben.

Wer die ganze Zeit nur an das Geld denkt, das er verdienen will, dem fehlt die Konzentration auf die Sache, die der Schlüssel zu jeder Art von Erfolg ist. Deshalb ist die erste und wichtigste Lektion, die wir lernen müssen, wenn wir uns Wohlstand schaffen, ja vielleicht sogar einmal reich werden möchten, die Lektion der Demut.

Der Begriff der Demut spielt in der christlichen Ethik eine zentrale Rolle. Er wird uns auch durch dieses Buch begleiten, weil er eine Art »Querschnittsmaterie« darstellt. Das heißt, der Unterschied zwischen Tugend und Laster, zwischen einem gelungenen und einem verfehlten Leben bemisst sich oft hauptsächlich daran, ob ich die Dinge, die ich tue, demütig tue oder nicht. Ein demütiges Streben ist eines, das die Sache ins Zentrum rückt. Den Lohn dafür, der sich unter anderem in finanziellem Erfolg ausdrücken kann, darf ich ruhig freudig entgegennehmen. Er darf nur niemals zum Selbstzweck verkommen.

Wenn ihr reich werden wollt, denkt nicht

ans Geld. Wer immer nur dem Geld nachläuft,

der wird nicht viel davon haben.

Warum das so ist, wird klar, wenn wir uns einen geldgierigen Menschen vorstellen. Die Gier gehört aus christlicher Perspektive zu den sogenannten sieben Hauptsünden, und das aus gutem Grund. Geldgier verengt wie jede Form der Gier den Blick, sie führt zu Verkrampfung und beschneidet die Perspektive auf ein einziges, vermeintlich selig machendes Ziel. Geldgier nimmt der Arbeit alles Fröhliche, Leichte und Spielerische. Ja, es wäre vielleicht nicht einmal übertrieben zu sagen, dass die Gier dem Menschen das im besten Sinne Menschliche raubt. In erschütternder Weise wird diese Geldgier in der österreichischen TV-Sendung Moneymaker gezeigt, in der ein Mensch in einem Käfig steht, nach Geldscheinen hascht und möglichst viele davon an sich rafft.Eine solche Haltung steht in Kontrast zu den Eigenschaften, die in der modernen Arbeitswelt für jene, die Erfolg haben wollen, Bedingung sind. Viele Unternehmen haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zunehmend erkannt, dass ihre wertvollsten Mitarbeiter diejenigen sind, die Spaß an ihrer Arbeit haben, sich mit Freude in ihren Gegenstand vertiefen, und dabei locker und ausgeglichen genug sind, um auf spontane Veränderungen rasch und mit wachem Geist zu reagieren.

Können wir uns einen zutiefst geldgierigen Menschen vorstellen, der solche Eigenschaften mitbringt? Ich glaube kaum.

Die geistige Spannkraft, die im unternehmerischen

Handeln ebenso gefragt ist

wie in der Arbeitswelt der unselbständig

Beschäftigten, ist unvereinbar mit der

eindimensionalen Jagd nach Geld.

Ebenso unvereinbar ist die Geldgier auch mit dem christlichen Glauben. Diese Tatsache wird in der Bibel dort erläutert, wo vom »Gott Mammon« die Rede ist. Der sprichwörtliche »Mammon« leitet sich vermutlich vom aramäischen Wort »mamona« für unredlich erworbenen Gewinn oder unmoralisch eingesetzten Reichtum ab. Im Volksglauben wurde der Mammon später zum Dämon oder zum Götzenbild, das zur Habgier verführte Menschen anbeteten. In der Bibel werden wir mit den Worten Jesu dezidiert darauf hingewiesen, dass die Verehrung dieses Götzen und die Ausrichtung auf ihn hin unvereinbar mit dem wahren Kult, dem Glauben an den einen und einzigen Gott ist: »Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon.« (Matthäusevangelium 6,24)

Jesus fährt fort: »Euch aber muss es zuerst um sein (Gottes, Anm.) Reich und seine Gerechtigkeit gehen. Dann wird euch alles andere dazu gegeben.« (Matthäusevangelium 6,33)

Damit ist in anderen, religiösen Worten noch einmal verdeutlicht, was wir bereits festgehalten haben. Wer in sprichwörtlicher Weise »das Geld anbetet«, der entfremdet sich von sich selbst, indem er sich und die Menschen in seinem Umfeld dem Mammon unterwirft. Wer wirtschaftlich wirklich erfolgreich sein will, braucht einen substanzielleren Antrieb, der weiterträgt.

Wenn ihr reich werden wollt, dann findet

einen inneren Antrieb, der euch stärkt.

Allein der Wille, erfolgreich zu sein,

bringt noch keinen Erfolg. Erfolg habt

ihr nur dort, wo euer Tun für euch selbst

Sinn ergibt.

Diese für sich genommen einfache Feststellung führt direkt zu einer schwierigen Frage. Wie finden wir den notwendigen inneren Antrieb, die echte Motivation? Wichtige Ressourcen stellen in diesem Zusammenhang das Gebet und die mit ihm verbundene innere Einkehr dar. Dabei wird es nur ganz selten darum gehen, eine »Botschaft« von Gott zu empfangen. Solche Momente der Ruhe und des Zwiegesprächs haben viel mehr auch den Vorzug, das Stimmengwirr aus oberflächlichen Wünschen und Zwecken, das uns sonst manchmal dominiert, zum Verstummen zu bringen. In so einem ruhigen Zustand können wir eher herausfinden, was für uns wirklich zählt.

Gerade jungen Menschen möchte ich in diesem Zusammenhang zudem den Rat geben, ihre Pläne anderen Menschen vorzulegen und den Mut zu haben, sie nach ihrem ehrlichen Urteil zu fragen. Im Prinzip ist es eine gute Idee, dafür nahe stehende Personen zu wählen, die vielleicht auch schon über etwas mehr Lebenserfahrung verfügen.

Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass gerade die eigenen Eltern nicht immer die idealen Ratgeber sind, wenn es um Weichenstellungen für das Berufsleben geht. Oft sind sie uns gewissermaßen zu nah, um ein nicht nur empathisches, sondern zugleich auch möglichst objektives Urteil zu fällen. Ein guter Freund oder ein erfahrener Bekannter, mit dem uns eine gute Gesprächsbasis und gegenseitiger Respekt verbindet, ist für diesen Zweck manchmal der geeignetere Ratgeber.

Ich habe das selbst erlebt. Als mir von Schenker angeboten wurde, zur spanischen Tochtergesellschaft als Geschäftsführer zu gehen, fragte ich einen guten Freund meines Bruders, ein Topmanager in der deutschen Wirtschaft, ob ich das tun solle. Er antwortete: »Alles, was sich im Lebenslauf gut liest, ist gut.«

Auch die Entscheidung, mit Mitte dreißig noch einmal ein neues Leben zu beginnen und ins Kloster einzutreten, habe ich durchaus nicht nach Konsultation meiner Eltern getroffen, wie ich gestehen muss. Als ich sie darüber informiert habe, waren sie auch nicht sofort begeistert. Erst mit der Zeit ist es mir gelungen, sie von der Richtigkeit dieses für mein Leben entscheidenden Schrittes zu überzeugen.

Ein Ratschlag, wie immer er auch ausfällt,

enthebt in keinem Fall von der

Verpflichtung, die Entscheidung über den

eigenen Lebensweg letztlich selbst und

eigenverantwortlich zu treffen. Den guten

Rat werden wir aber daran erkennen,

dass er es uns ermöglicht, unsere eigenen

Vorstellungen noch einmal in einem neuen

Licht zu betrachten.

Den Mut, unsere Wahl schließlich selbst zu treffen, können wir übrigens aus dem christlichen Menschenbild ableiten. Der Mensch ist im christlichen Sinne weder Gott noch Halbgott. Von ihm ist Aufrichtigkeit zu fordern, niemals aber Unfehlbarkeit. Deshalb ist es keine Schande und schon gar keine Sünde, nicht sein Leben lang in einem beruflichen Feld zu verharren, wenn wir mit der Zeit feststellen, dass wir unsere Fähigkeiten anderswo besser und nützlicher einbringen können.

Es ist uns erlaubt, Fehler zu machen, ja es

ist sogar unvermeidlich. Wir dürfen den

Sinn unseres beruflichen Tuns, der für

den Erfolg so unverzichtbar ist, ohne allzu

große Angst vor Fehlentscheidungen suchen,

solange wir es damit ernst meinen.

Auch hier geht es somit darum, locker zu bleiben, Demut walten zu lassen und sich auf der Suche nach dem richtigen Weg nicht aus Angst oder Erfolgszwang innerlich zu verhärten. In diesem positiven Sinn ist es auch gemeint, wenn in der katholischen Theologie von den Menschen als Sündern die Rede ist. Die Menschen werden von Gott geliebt, sie können zur heiligen Beichte gehen, und immer wieder verzeiht er ihnen und schenkt ihnen einen Neubeginn. Sie sind daher auch nicht verpflichtet, auf dieser Welt durch wirtschaftlichen Erfolg und durch die Anhäufung von Reichtum seine ewige Seligkeit unter Beweis zu stellen. Aber es gibt keinen Erfolgszwang. Sich einen solchen einzureden oder einreden zu lassen, wäre ein Verstoß gegen das Prinzip der Demut.

Erfolgszwang führt keineswegs zu Erfolg,

 

sondern zu einer Fixierung auf ein Ziel,

das wir nur erreichen können, wenn wir

es gerade nicht absolut setzen.

Vielen Menschen hat es über die Selbstbefragung hinaus zum Erfolg verholfen, ein übergeordnetes Ziel zu finden, das den persönlichen Sinn des eigenen Tuns noch übersteigt und uns zu anderen Menschen, zur Gemeinschaft, in Bezug setzt. Unter dem Begriff des »mission statement« hat die Methode, sich ein solches Ziel zu wählen, auch Eingang in die Unternehmensberatung gefunden.

Wie leicht zu erkennen ist, haben die Unternehmensberater sich den Begriff aus der christlichen Terminologie geborgt. Die »Mission« im Sinne der Evangelisierung ist ein zutiefst religiöses Konzept. Dennoch finde ich diese Wortentwendung in Ordnung, solange sie nicht als Feigenblatt dafür dient, ein Profitstreben zu verdecken, das keinem sinnvollen inneren Antrieb gehorcht. Warum soll nicht auch ein Unternehmen eine »Mission«, eine Sendung haben, sich darüber klar werden, worin sein Dienst an der Gesellschaft besteht, was sein Auftrag ist, an dem es dann natürlich auch verdienen darf, ja muss, um überleben und ihn dauerhaft erfüllen zu können? Auch bei dieser Suche nach einer »Mission« für die eigene Arbeit stellt sich rasch die Frage, wo ich sie finde. Muss ein solcher Auftrag gar vom Himmel kommen?

Ich glaube, wir sollten das Ganze nicht zu hoch hängen und auch hier dem Prinzip der Lockerheit verpflichtet bleiben. »Hilf dir selbst, so hilft dir Gott« ist ein geflügeltes und ein wahres Wort. Wer mutig selbst versucht, seine Mission, seine Sendung zu finden, sie in Einklang mit den eigenen Begabungen und Interessen zu erspüren, der darf darauf vertrauen, dass es auch funktionieren wird. In der Theologie wird dieses Prinzip mit dem lateinischen Satz »Gratia supponit naturam« des Heiligen Bonaventura beschrieben: »Die Gnade setzt die Natur voraus«. Das soll heißen, wenn wir unsere weltlichen Fähigkeiten, unser Charisma, unser Interesse in aufrichtiger Weise bündeln, um den für uns richtigen Weg zu finden, wird bestimmt auch die Gnade mithelfen.

Weil mir das Prinzip der Konzentration auf die Sache, des Vertrauens auf die eigenen Begabungen, Werte und Intuitionen so wichtig ist, möchte ich es an einem Beispiel aus meinem eigenen Leben erläutern. Im Stift Heiligenkreuz, dem ich als Abt dienen durfte, hat der Lobpreis Gottes durch das gemeinsame Chorgebet der Ordensbrüder seinen festen Platz. Auch Papst Benedikt XVI. bestärkte uns bei seinem Besuch im Stift im Jahr 2007 darin, dass dieses absichtslose Chorgebet, das eben kein permanentes Flehgebet ist, seine zentrale Stellung behalten soll.

Als dann die Musikfirma Universal mit dem Vorschlag auf uns zukam, aus unserem Chorgebet, dem Gregorianischen Choral, in dem wir diese Meditation vollziehen, eine CD zu machen, habe ich zunächst eher gebremst und gezögert. Ich hatte das Gefühl, dass wir aus dem Gebet kein »Business« machen sollten. Aber dann kam ein Mitbruder und zeigte mir eine Stelle aus der Rede des Heiligen Vaters an uns: »Jeder Mensch trägt im Innersten seines Herzens die Sehnsucht nach der letzten Erfüllung, nach dem höchsten Glück, also letztlich nach Gott. Ein Kloster, in dem sich die Gemeinschaft täglich mehrmals zum Gotteslob versammelt, bezeugt, dass diese menschliche Sehnsucht nicht ins Leere geht.«

Das ist, so wurde mir klar, die unserem Chorgebet innewohnende apostolische Mission, eine zusätzliche Bedeutung, die noch über die tägliche Freude, unsere Liebe zu Gott gemeinsam zu besingen, hinausgeht.

Es ergab sich dann allerdings die Frage, welche Teile unseres Gebets wir für die Aufnahme aus wählen sollten. Da wir in den Wochen zuvor drei Sterbefälle im Stift hatten, habe ich vorgeschlagen, das Requiem zu singen, weil wir es doch am besten konnten. Dabei hatte ich, da ich innerlich noch immer am Zögern war, ein wenig die geheime Hoffnung, Universal würde das als unmöglich zurückweisen und das Projekt platzen lassen.

Aber nein, die Universal-Leute haben es akzeptiert, und das sogar mit Freude. So entstand dann die CD Music for Paradise, benannt nach dem Toten-Officium »In paradisum deducant te angeli«. Mit dieser CD waren wir bald darauf tatsächlich sehr prominent in den Charts vertreten und haben einiges an Geld umgesetzt. Das Geld konnte das Stift damals sehr gut brauchen, denn wir hatten vor dem Papstbesuch recht große Ausgaben für vorgezogene Renovierungen getätigt. Mit dem Erlös aus der CD hat sich immerhin ein Teil des durch diese Ausgaben begründeten Jahresdefizits decken lassen.

Enttäuschen musste ich allerdings jene Leute, die geglaubt hatten, ich würde mir zur Feier des Erfolgs einen Pink Cadillac anschaffen, damit über den Highway in Hollywood fahren und mich unter die Reichen der Welt einreihen. Selbstverständlich eine absurde Vorstellung. Aber es gab jeman den, der sie so witzig fand, dass er mir sogar einen rosaroten Miniatur-Cadillac schenkte.

Auch wenn es sich bei diesem Beispiel um einen eher außergewöhnlichen Fall von wirtschaftlichem Erfolg handelt, zeigt es doch recht gut, worum es geht. Hätten meine Mitbrüder und ich uns das Hirn zermartert, womit wir Geld machen könnten, wären wir wohl nicht auf die Idee gekommen, eine CD aufzunehmen. Stattdessen haben wir unsere Zeit dafür genutzt, in Demut unseren Gregorianischen Choral zu pflegen und das Chorgebet immer schöner und kräftiger erklingen zu lassen. Das ist uns, aus Liebe zur Sache und zu unserem spirituellen Auftrag, offenbar recht gut gelungen. Im Ergebnis daraus haben wir einen wirtschaftlichen Erfolg erzielt, der gar nicht geplant war, aber dem Stift und somit allen seinen Projekten und Aufgaben zugutegekommen ist.

Der eigentliche, spirituelle Erfolg unserer Plattenaufnahme bestand aber darin, dass wir danach tausende Rückmeldungen per Email von Menschen bekamen, die sich dafür bedankten, dass sie damit, wie sie schrieben, wieder einen Zugang zur Liturgie, zum Glauben und zur Heiligen Schrift gefunden hatten.

Es ist kein Zufall, dass spiritueller und

wirtschaftlicher Erfolg Hand in Hand

gehen. Wer in der Lage ist, den Menschen

etwas zu geben, was sie tatsächlich bereichert,

den werden sie auch angemessen

dafür bezahlen.

Das aber setzt ein Tun voraus, das Demut, Interesse an der Sache und Distanz gegenüber reinem Profitstreben in den Vordergrund rückt. Es ist diese Lektion, die nicht nur jeder Einzelne, sondern auch unsere Wirtschaft zur Gänze neu zu lernen und zu beherzigen hat, wenn wir langfristig erfolgreich sein wollen.

Bleibt locker und übt euch in Demut.

Den großen Erfolg bringt die Konzentration

auf die Sache, nicht das Schielen auf

den Profit.

Es gibt noch einen weiteren Grund, aus dem ich dringend rate, sich gerade auch im Wirtschaftlichen nicht nur auf das Geld zu fixieren. Denn wer eine solche Verhärtung an den Tag legt, der wird niemals den »spielerischen« Umgang mit Geld erlernen, der erfolgreich unternehmerisch handeln de Menschen fast immer auszeichnet. Wenn ich vom spielerischen Umgang spreche, dann meine ich natürlich nicht Casino und Glücksspiel und auch nicht die Mentalität, die damit verbunden ist. Allerdings habe ich an der Hochschule für Welthandel gelernt, dass alles wirtschaftliche Handeln mit Risiko verbunden ist. Die gänzlich risikofreie Wirtschaft, das todsicher gewinnbringende Unternehmen oder Geschäft gibt es nicht. Der Grund dafür ist sehr einfach. Der Mensch ist kein reiner homo oeconomicus, kein Wesen, das immer unfehlbar seinen wirtschaftlichen Nutzen sucht. Darüber sollten wir selbstverständlich froh sein.

Unlängst habe ich auf einem Auto einen Aufkleber entdeckt, dessen Aufdruck mich noch immer beschäftigt, weil ich nicht genau weiß, wie er gemeint ist: »Wer lebt, stört«, stand darauf zu lesen. Tatsächlich ist damit auf provokante Weise eine Wahrheit ausgesprochen. Denn der Mensch ist für die strenge Kalkulation der Wirtschaft immer auch ein »Störfaktor«, manchmal ein produktiver, manchmal aber auch einer, der das wirtschaftliche Risiko schlagend werden lässt. Wenn wir uns das vergegenwärtigen, zusammen mit der Tatsache, dass doch in erster Linie die Wirtschaft für den Menschen da zu sein hat und nicht um gekehrt, dann verstehen wir gleich besser, warum das Spielerische, richtig verstanden, für alles wirtschaftliche Handeln und für den Umgang mit Geld einen so zentralen Stellenwert hat.

Wenn wirtschaftliches Handeln Risiko

bedeutet, und wenn dieses Risiko aufgrund

des menschlichen Faktors nicht

technokratisch exakt zu bestimmen ist,

dann kann in der wirtschaftlichen Sphäre

dauerhaft nur derjenige erfolgreich sein,

der dem Geld nicht anhaftet, sich nicht

daran klammert, sondern es als nützliches

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