50 Dinge, die ein Steirer getan haben muss

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50 Dinge, die ein Steirer getan haben muss
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Reinhard M. Czar · Gabriela Timischl




INHALT

50 Dinge, die ein Steirer getan haben muss

COVER

TITEL

VORWORT

01 DIE REISE ZUM MITTELPUNKT ÖSTERREICHS

Bad Aussee, Kurpark

02 BERGPARADIES AM STADTRAND

Bad Aussee, Alpengarten

03 AUFSTIEG AUF DAS DACH DER STEIERMARK

Der Dachstein

04 WO DER WILDBACH RAUSCHT

Ennstal, Gesäuse

05 IM WASSERREICH

Krakau, Günster Wasserfall

06 KLAMMHEIMLICH

Die Raabklamm

07 STEIRISCHE FORMEL MIT SELTENHEITSWERT: OSTERZEIT = BLÜMCHEN2

Großsteinbach, Schachblumenwiese

08 SAH EIN KNAB’ EIN RÖSLEIN STEH’N

Graz, Schloss Eggenberg

09 GRAZER WOHNZIMMER IN LUFTIGER HÖH’

Der Schöckl

10 OHNE BÜCHSE AUF DIE PIRSCH

Schloss Stainz, Jagdmuseum

11 AUF GRENZGANG ZU DEN NACHBARN

Leutschach und Sveti Duh

12 VOLL IM ÖL

Das Kürbiskernöl

13 EIN SCHLUCK STAATSVERTRAGSBIER

Leoben, Brauerei Göss

14 DAS BRETTL, DAS DIE STEIRISCHE WELT BEDEUTET

Die Brettljause

15 DAS DORF IN DER STADT

Graz, Kaiser-Josef-Platz

16 EIN WAHRHAFT PÄPSTLICHER IRRTUM

Der Schilcher

17 AUF VULKANLAND-TOUR INS STEIRISCHE SCHINKENPARADIES

Klöch – Bad Gleichenberg – Auersbach

18 EIN GENUSSSTÜCKERL IM SCHOKOLADEN-THEATER

Riegersburg, Zotter Schokoladen

19 EINE RUNDUM RUNDE SACHE

Der steirische Apfel

20 ICH WOLLT’, ICH WÄR’ EIN HUHN

Fantsch, St. Andrä im Sausal

21 EIN BESUCH BEIM „STEIN DER LIEBE“

Toplitzsee

22 GEDENKMINUTE VOR DEN GEBEINEN DES LANDESVATERS

Gratwein-Straßengel, Stift Rein

23 IN DEN FUSSSTAPFEN DES TERMINATORS

Thal und Graz

24 AM GRAB DES WELTMEISTERS

Graz, Zentralfriedhof

25 UNTERWEGS MIT DEM PS-MONSTER

Eisenerz, Erzberg


26 AUF DEM STEIRISCHEN (HOLZ-)WEG

St. Georgen am Kreischberg

27 STERNDERLSCHAUEN IN JUDENBURG

Judenburg, Stadtturm

28 EIN TEUFELSRITT MIT DER SEMMERINGBAHN

Semmering

29 IM LAND DER HÄMMER

Deutschfeistritz, Sensenwerk

30 IM WINDSCHATTEN DER STEIRISCHEN KULTKISTE

Graz, Johann Puch Museum

31 IM STEILHANG

Schladming, Planai

32 AUF ZWEI RÄDERN DURCH DIE GRÜNE MARK

Der Murradweg

33 KREISFAHREN AUF STEIRISCH

Spielberg, Red Bull Ring

34 DIE MUTTER DES STEIRISCHEN THERMENBOOMS

Loipersdorf bei Fürstenfeld

35 INTRIGEN IM LIPIZZANER-KINDERGARTEN

Köflach, Bundesgestüt Piber

36 FEIERN WIE DIE FREIHERREN!

Lassing, Burg Strechau

37 EINTRITT IN DIE STILLE

Graz, Franziskanerplatz

38 AUF ZEITREISE INS ALTE ROM

Flavia Solva – Graz – Löffelbach

39 LOKALAUGENSCHEIN AM LETZTEN KRIEGSSCHAUPLATZ MITTELEUROPAS

Bad Radkersburg

40 ZUG UM ZUG DURCHS MÄRCHENLAND

Graz, Schloßberg

41 ALTES GEWEBE

Ramsau am Dachstein, Lodenwalke

42 STEIRISCHE KAPELLENROMANTIK

St. Georgen am Kreischberg, Cäciliakirche Bodendorf

43 EIN SCHUSS INS WASSER

Krakau, Schattensee

44 DAS WANDERN IST DES STEIRERS LUST

Langenwang, Krieglach/Alpl, St. Kathrein am Hauenstein

45 DER WEG IST DAS ZIEL

Mariazell, Basilika

46 DIE STEIRERBIBEL

Fohnsdorf, Kumpitz

47 STEIRISCH GSUNGEN UND GSPIELT

Landauf landab in unzähligen Gasthäusern

48 IM „DA LOAM“ LEBT DER LEHM!

Graz, Mariahilferstraße 11

49 KÜNSTLERKIRCHEN

Thal, Pfarrkirche

50 SCHLUSS, AUS, OPERNHAUS!

Graz, Opernhaus

Dank | Die Autoren | Literatur

Bildnachweis

Impressum

„Dieses schöne Land ist der Steirer Land, ist mein liebes, teures Heimatland.“

Aus: Jakob Dirnböck, Dachsteinlied

VORWORT


Griaß enk!

„Griaß enk!“, auf Hochdeutsch „Ich grüße euch!“, so sagt man in weiten Teilen der Steiermark zur Begrüßung. Ob man mit den solcherart Gegrüßten per Sie oder per vertraulichem Du ist, spielt dabei keine große Rolle. In der Steiermark neigt man ohnehin eher zum Du, und spätestens wenn man gemütlich „beisammenhockt“, also zusammen am Tisch sitzt, ist es einerlei, ob Du oder Sie. Kein Klischee, sondern landauf, landab gelebte Wirklichkeit; der lockere Gruß zeugt weniger von mangelndem Respekt gegenüber dem Gegenüber, sondern vielmehr von einer unkomplizierten Art. Hier ist jeder willkommen, egal ob Hiesiger – Einheimischer – oder Zuagroaster – Fremder.

 

Schon im Jahre 1825 konstatierte ein gewisser Joseph Kyselak, der eine Fußreise durch weite Teile der k. u. k. Monarchie, darunter die Steiermark, unternommen hatte, einige Besonderheiten an steirischer Landschaft und Bevölkerung. Sein erster Eindruck, als er vom Semmering ins Tal herunterstieg: dampfende Meiler und schwere Hämmer überall. Kein Wunder, er kam ja in der Mur-Mürz-Furche an, die damals von der langsam in die Gänge kommenden Industrialisierung geprägt war und auch heute noch neben dem Großraum Graz das Kernstück steirischer Wirtschaftskraft darstellt. Die typischen steirischen Häuser waren zur Gänze aus Holz gefertigt – im bis heute waldreichsten Bundesland Österreichs nicht weiter verwunderlich. Die breitkrempigen, grünen Hüte der Menschen fielen ihm ebenfalls auf – so einen Hut trug bekanntlich sogar Erzherzog Johann. Ein Klischee? Mag sein, aber von dem Fußreisenden wurde es damals genau so vorgefunden und notiert. Lediglich mit seiner Einschätzung der „Leibestrachten“ der Mädchen lag Kyselak ein wenig daneben, meinen wir: Sie würden die Steirerinnen verunstalten, meinte er nämlich. Gut, dass er sich bei seiner Reise hütete, das vor Ort so auszusprechen, und es erst später in seinen Aufzeichnungen niederschrieb. Der Unmut der Steirerinnen und auch so manchen Steirers wäre ihm sicher gewesen …

Die geneigte Leserin, der geneigte Leser wird sich an dieser Stelle vielleicht fragen, was eine bald 200 Jahre alte Reisebeschreibung mit 50 Dingen zu tun hat, die man in der Steiermark der Gegenwart getan, gesehen, verkostet etc. haben sollte. Ganz einfach, auch bei der Recherche der 50 Dinge, die unserer Meinung nach repräsentativ für das Steirerland stehen und die wir in diesem Buch zusammengefasst haben, drohte die Gefahr, ins Klischee abzugleiten. Fragt man 50 Menschen nach 50 typisch steirischen Dingen, wird man 50 verschiedene Versionen erhalten. Aber dessen ungeachtet werden sich darunter einige Konstanten befinden, die fast jeder nennt: Kürbis, Kernöl, Kropf …

Ganz im Ernst: Wir hätten wesentlich mehr interessante Dinge in das Buch aufnehmen können als die 50, die es schlussendlich geworden sind. Die Auswahl ist uns nicht leicht gefallen, und wir haben dafür die Steiermark gewissenhaft und aufmerksam von Nord nach Süd und von Ost nach West bereist. Und weil es auch eine „Ordnung“ braucht, haben wir die 50 Steirer-Dinge in Gruppen zusammengefasst. Nach dem Auftakt in der wunderbaren steirischen Natur folgen Speis und Trank, ergreifende Steirer-Schicksale, einzigartige technische Innovationen, Sportliches sowie ein Streifzug durch die steirische Geschichte und Kultur.

Nicht zuletzt haben wir das Buch mit zahlreichen Bildern „garniert“, damit schon beim Durchblättern und Lesen der Wunsch entsteht: Das möchte ich auch erleben! Bekanntes wechselt dabei mit Unbekanntem; neue Routen sollen Lust auf Altes machen; oft ist es auch eine Frage der Perspektive, um Neues am vermeintlich Vertrauten zu entdecken; Jung und Alt sollen gleichermaßen auf ihre Kosten kommen.

Großen Wert haben wir bei unseren 50 Empfehlungen darauf gelegt, dass die Dinge für jedermann zu bewältigen sind. Man benötigt weder ein abgeschlossenes Überlebenstraining noch ein Abo fürs Fitnesscenter, um auf unseren Spuren zu wandeln. Gelegentlich ein Auto und/​oder eine Fahrkarte für die öffentlichen Verkehrsmittel genügen völlig. Und ein Mal, auf der legendären Planai, wären ein Paar Ski von Vorteil. Doch auch in diesem Fall könnte man rein theoretisch (und praktisch) die Ski in der Ecke stehen lassen und den anderen, sprich den Profis, beim Skifahren zusehen, um ein weiteres steirisches „Must“ auf seiner Liste abzuhaken.

Tauchen Sie mit uns also tief ins Steirische ein! Tun, sehen, verkosten etc. Sie die 50 Dinge, die ein Steirer unbedingt getan, gesehen, verkostet etc. haben sollte. Viel Spaß oder, um es auf Steirisch zu sagen, a Mords a Gaudi wünschen wir!

Reinhard M. Czar

& Gabriela Timischl

01

DIE REISE ZUM MITTELPUNKT ÖSTERREICHS

Bad Aussee, Kurpark

„Dieses schöne Land ist der Steirer Land“, singt man in der Landeshymne. Stimmt, die Steiermark ist reich an sehenswerter Landschaft und so kommt es nicht von ungefähr, dass sogar der Mittelpunkt Österreichs hier zu finden ist.

Die Aufgabe klingt ähnlich spannend, wenngleich nicht so strapaziös wie die von Professor Otto Lidenbrock vor rund 150 Jahren. Der fiktive Wissenschaftler wurde bekanntlich vom französischen Schriftsteller Jules Verne im Jahr 1863 in einem seiner berühmtesten Romane auf die beschwerliche Reise zum Mittelpunkt der Erde geschickt … Unser Ziel hingegen liegt weniger weit entfernt und ist komfortabler zu erreichen, darf sich aber genauso Mittelpunkt nennen: nämlich geografischer Mittelpunkt Österreichs. Dieser liegt also in der Steiermark, im Kurort Bad Aussee im steirischen Teil des Salzkammerguts, von unserem Ausgangspunkt Graz gerade einmal 160 Kilometer entfernt. Professor Lidenbrock hätte das wohl nur einen Lacher gekostet …

Seit dem Jahr 1949 gilt der Punkt mit den Koordinaten 47 Grad 37 Minuten Breiten- und 13 Grad 47 Minuten Längengrad offiziell als Mittelpunkt Österreichs. Im Kurpark von Bad Aussee erinnert ein Gedenkstein, der sogenannte Mittelpunktstein, an den besonderen Status des Ortes. Ganz in der Nähe des Steins fließen die beiden Quellflüsse der Traun zusammen, die Grundlseer und die Altausseer Traun. Auch über der Mündung der beiden Flüsse hat man mit einer sternförmigen Brücke versucht, so etwas wie ein „Mittelpunktfeeling“ zu schaffen. Mit 27 Metern Durchmesser stellt die Brücke zwar ohne Zweifel den größten Mercedesstern der Welt dar, sie war bei ihrer Errichtung aber nicht unumstritten in der selbstbewussten Ausseer Bürgerschaft.

Ausgehend von einem Wettbewerb, in dem eine Zeitschrift einst dazu aufgerufen hatte, den Mittelpunkt der Alpenrepublik zu eruieren, kristallisierte sich rasch heraus, dass dieser in Bad Aussee liegt. Ein Gutachten der Universität Wien bestätigte das schwarz auf weiß, und am 24. September 1949 wurde das Ereignis, beglaubigt im Mittelpunkt zu stehen, feierlich in dem Städtchen begangen.

Oben: Mittelpunktstein im Kurpark (markiert durch die Fahnen),

unten links: Erzherzog-Johann-Statue im Kurpark,

unten rechts: Mercedes-Brücke

Ehre, wem Ehre gebührt, könnte man sagen, denn Bad Aussee verdient den Titel „Mittelpunkt Österreichs“ nicht nur aus geografischen Gründen. Auch anderweitig präsentiert die Stadt an der Grenze zu Oberösterreich eine Fülle dessen, was typisch für unsere Heimat ist: Man stößt bei einem Rundgang auf interessante Bauten, wie beispielsweise den ehemaligen Gasthof „Blaue Traube“ – heute eine Pension. Die Grundsteine dieses ältesten Hauses von Bad Aussee in der Kirchengasse reichen tief ins Mittelalter zurück. Das altehrwürdige Gemäuer vereint unterschiedlichste Epochen in sich, auf der einen Seite findet man zwei Römersteine, auf der anderen Seite erinnert eine Gedenktafel daran, dass einst Karl Renner kurz hier gewohnt und wohl auch sozialdemokratisch am Wirtshaustisch agitiert hat.

Ganz in bester k. u. k. Tradition gibt es im legendären Kurcafé Lewandofsky, heute im Besitz des bekannten steirischen „Eisbarons“ Charly Temmel, ausgezeichnete Mehlspeisen zu genießen. Diese Pflichtstation für jeden Aussee-Besucher findet man in zentraler Lage im Kurhaus am Rande des Kurparks, nur wenige Meter vom Mittelpunktstein entfernt.

Natürlich hat auch Erzherzog Johann in Bad Aussee seine Spuren hinterlassen, schließlich wurde die Liebe seines Lebens, Anna Plochl, hier im Postmeisterhaus geboren – mehr dazu in einem eigenen Kapitel (► 21).

Darüber hinaus ist die Region natürlich vom Salz und von den Seen geprägt. Ob Altausseer See oder Grundlsee, jeder hat seinen spezifischen Reiz, und es stellt fast so etwas wie eine „Religion“ dar, an welchem See man lieber seine Zelte aufschlägt. Auf den Spuren des Salzes wandelt man am besten in den Salzwelten von Altaussee. Im nach wie vor aktiven Bergwerk wurde eine sehenswerte Erlebniswelt eingerichtet, inklusive Bergmannrutsche und unterirdischem Salzsee. Doch auch in Bad Aussee selbst begegnet man dem Salz auf Schritt und Tritt, beispielsweise im Kammerhof, ein wenig oberhalb des Kurparks am Chlumeckyplatz gelegen. Dort residierten früher die mächtigen Salzverweser und damit die Herren über das „weiße Gold“, das der Region großen Reichtum brachte.


An und für sich stellt ganz Bad Aussee den Mittelpunkt Österreichs dar. Den daran erinnernden Mittelpunktstein findet man leicht, er steht im Kurpark, nicht weit vom gut sichtbaren Erzherzog-Johann-Denkmal entfernt.

ausseerland.salzkammergut.at

02

BERGPARADIES AM STADTRAND

Bad Aussee, Alpengarten

Natur pur, obwohl einst künstlich angelegt: Die gesamte Blumenwelt der Alpen blüht hier auf einem Fleck und wartet darauf, entdeckt zu werden!

Raus aus der Stadt, rein in die ungestüme Bergwelt! Kaum anderswo in der Steiermark lässt sich das schneller und intensiver bewerkstelligen als in Bad Aussee. Denn unmittelbar vor den Toren dieser Kleinstadt im Salzkammergut, der wir bereits das vorhergehende Kapitel in diesem Buch gewidmet haben, warten mit Gösslmauer, Loser & Co nicht nur mächtige Bergwände. – Außerdem, Berge gibt’s am Rande anderer steirischer Städte ja auch. Hier aber präsentiert sich die Bergwelt im wahrsten Sinne des Wortes von ihrer schönsten Seite: in Form eines Alpengartens, der sich in besonderer Weise solcher Pflanzen annimmt, die wiederum wahre Bergfexe sind und die Seehöhe lieben …

In und um Bad Aussee spielen Blumen traditionell eine große Rolle. Alljährlich findet das berühmte Narzissenfest statt, für das Tausende und Abertausende der blühenden Frühlingsboten, die in der Region wie das sprichwörtliche Unkraut sprießen, zu allen möglichen Skulpturen gebunden werden. Höhepunkt der (Schnitt-)Blumenschau: der Bootskorso auf dem Grundlsee. Wem der Sinn weniger nach Großveranstaltung mit Massenauflauf steht, der wird hingegen im Alpengarten besser aufgehoben sein. Nicht nur an einem Wochenende im Frühling, sondern den Großteil des Jahres über sehens- und besuchenswert präsentieren sich die Pflanzen dort, nur wenige Kilometer vom Zentrum Bad Aussees entfernt.

Den Beinamen „Naturerlebniszentrum“ trägt der Alpengarten von Bad Aussee mit vollem Recht. Hauswurz, Enzian, Steinbrech, Frauenschuh, Mauermiere und wie sie alle heißen stehen friedlich vereint nebeneinander. Diese Oase der Natur wurde auf einem verlassenen Steinbruch vor circa 100 Jahren angelegt. Aufgrund dieser außergewöhnlichen Bodengegebenheiten fühlen sich Steingarten- und Alpenpflanzen sowie botanische Raritäten aus den verschiedenen Erdteilen hier besonders wohl. Auch Gehölze, Orchideen, Heilkräuter und Giftkräuter haben eine – teils neue – Heimat gefunden.

Schon vor dem Betreten des eigentlichen Alpengartens, noch während man die Straße vom Parkplatz hinaufmarschiert, erkennt man, dass es sich um ein ganz außergewöhnliches Stück Natur handelt. Die eine oder andere vorlaute Pflanze scheint ihr Köpfchen neugierig über den Rand des Zaunes zu strecken und die Besucher bereits außerhalb der Einfriedung zu begrüßen. Drinnen erstreckt sich auf rund 12 000 Quadratmetern eine unglaubliche Vielfalt an Alpenpflanzen, die man in aller Ruhe betrachten kann. Die Farbenvielfalt erfreut das Auge und so manche Blüte verströmt einen betörenden Duft, der nicht nur Bienen und andere Insekten anlockt, sondern auch die zweibeinigen Besucher in seinen Bann zieht. Bei unserem Besuch im Frühsommer standen – inmitten der Berge ein wenig später als im Flachland – viele Pflanzen in voller Blüte, und wir konnten uns kaum an der Farbenpracht sattsehen.

 

Oben links: Sommersbergsee,

unten links: Alpengarten

Der Alpengarten ist in verschiedene Themenbereiche gegliedert. Die große Vielfalt alpiner Pflanzen erlebt man auf einem wunderschön angelegten Rundweg. Ermüdet vom Rundgang lässt es sich dort und da auf Bänken trefflich ausruhen. Dieser Alpengarten sollte ein Muss für jeden Garten- und Naturliebhaber sein. Übrigens, auch Kinder finden in diesem Garten ihre Freude: Es gibt einen naturbelassenen Teich, zwischen den Steinen tummeln sich bunte Eidechsen und Schmetterlinge stecken ihren Rüssel in den ein oder anderen Blütenkelch – Naturerlebnis pur …

Apropos Kinder – der Alpengarten ist ein ausgezeichneter Ausgangspunkt für eine kurze Wanderung. In rund einer Dreiviertelstunde erreicht man auf bestens ausgeschildertem Weg den Sommersbergsee. Zuerst durch den Wald, in weiterer Folge über Flur und Felder führt der Weg bergan zu diesem malerisch gelegenen See, der auch ein Badesee ist. In idyllischer Lage lässt sich hier ein Stück Bergwelt genießen, das im Gegensatz zum Alpengarten nicht künstlich angelegt wurde. Das Moorwasser macht den Sommersbergsee selbst in dieser Höhe von mehr als 800 Seemetern rasch warm, sodass man, wenn das Wetter entsprechend ist, bereits im Frühjahr ein paar Tempi wagen kann. Mit einem Wort: ein schöner Ausflug für die ganze Familie.


Naturerlebniszentrum Alpengarten Bad Aussee, Ischlbergstraße 67, 8990 Bad Aussee. Vom Zentrum Bad Aussees kommend auf der Salzkammergutstraße B145 Richtung Oberösterreich bis zur Abzweigung Ischlbergstraße. Dort am besten den beschilderten Parkplatz benützen und die wenigen 100 Meter bis zum Alpengarten zu Fuß hinaufgehen.

03

AUFSTIEG AUF DAS DACH DER STEIERMARK

Der Dachstein

Sein Name ist Programm: Der Dachstein ist der höchste Berg der Steiermark. Ihn zu bezwingen und der grünen Mark damit „aufs Dach zu steigen“ zählt zur Steirerpflicht, deren Erfüllung dank Gondelbahn heutzutage leichtfällt.

Er ist der steirische Berg schlechthin und wird gleich in der ersten Zeile der steirischen Landeshymne besungen: der Dachstein. „Hoch vom Dachstein an, wo der Aar noch haust“, lautet die weithin bekannte Textzeile des Liedes, wobei der Aar, also die alte Bezeichnung des Adlers, bereits signalisiert, dass die Weise schon einige Jahre auf dem Buckel hat. Die Hymne kennt man auch unter dem Namen „Dachsteinlied“, sie wurde ursprünglich anlässlich des 25-jährigen Bestehens der von Erzherzog Johann gegründeten Steiermärkischen Landwirtschaftsgesellschaft geschrieben. Erst im Jahr 1929 mutierte das von Ludwig Carl Seydler und Jakob Dirnböck geschaffene Lied zur Landeshymne.

Als Steirerin bzw. Steirer muss man den darin besungenen Dachstein also ohne Zweifel gesehen haben. Um das Bergmassiv nur zu betrachten, würde an und für sich ein Ausflug ins obere Ennstal genügen. Dort wird man den Blick kaum von der Dachstein-Südwand abwenden können, so markant prägt das Massiv die Region. Wir wollen aber mehr, als den Berg nur zu sehen.

Um den Dachstein genauer zu erkunden, muss man schon auf ihn hinauf. Die Ersten, die die furchteinflößende Südwand durchklettert haben, waren zwei Brüder: Georg und Franz Steiner gelang im September 1909 die Erstbesteigung der felsigen Dachstein-Südwand. Bis heute nennt sich die von den Brüdern gewählte Route Steinerweg und ist klarerweise nur etwas für geübte Bergsteiger.

Am bequemsten erfolgt der Aufstieg auf das „Dach der Steiermark“ heutzutage natürlich mit der Gondelbahn, die von Ramsau aus zur Gipfelstation verkehrt. Die Talstation – auch schon auf stolzen 1700 Metern Seehöhe bei der sogenannten Türlwandhütte gelegen – erreicht man über eine mautpflichtige Straße. Die beeindruckende Bahn, die ohne eine einzige Zwischenstütze auskommt, wurde in den späten 1960er-Jahren errichtet und bietet eine genauso mühelose wie spektakuläre Fahrt auf den Berg. In rund 6 Minuten gondelt man damit über eine Strecke von mehr als 2 Kilometern, bis man in der Bergstation am Hunerkogel steht. Oben auf 2700 Metern Seehöhe angelangt, eröffnet sich (bei Schönwetter) nicht nur ein grandioses Berg- und Talpanorama, sondern auch eine vielfältige Freizeitwelt, an der dem echten Bergfex so manches etwas disneyhaft vorkommen könnte. Attraktion um Attraktion wurde in den vergangenen Jahren auf den Berg gestellt, beispielsweise eine Hängebrücke, der Skywalk oder die Treppe ins Nichts. Von den beiden Letztgenannten lässt es sich trefflich in die Tiefe starren, was durchaus einen gewissen Nervenkitzel hervorrufen kann. Immerhin geht es unter den eigenen Füßen von den zwei gläsernen Plattformen aus mehrere Hundert Meter im freien Fall hinunter, allein die Glasplatte, auf der man steht, bietet einen nahezu unsichtbaren Halt. Wem das zu gefährlich anmutet, der freut sich vielleicht über die Märchenskulpturen im Eispalast, den man ins Gletschereis gehauen hat.

Oben: Panoramagondel & Skywalk,

unten: Hängebrücke

Und natürlich kann man auf dem Dachsteingletscher außerdem Ski fahren, Touren gehen oder klettern, womit wir wieder bei den bereits erwähnten Steiner-Brüdern gelandet wären. Sie waren zwar die Ersten, die sich durch die Dachstein-Südwand quälten, oben auf dem Berg hat aber bereits einige Jahrzehnte vor ihnen ein bekannter Alpinist seine Spuren hinterlassen: Friedrich Simony. Der böhmische Geograf, der im obersteirischen St. Gallen gestorben ist, erforschte ab den 1840er-Jahren das Dachsteinplateau. Die ihm gewidmete Schutzhütte, die Simonyhütte, erinnert an seine Aktivitäten.

Man sieht, der steirische Paradeberg bietet für jeden Geschmack etwas, egal ob man gerne in die Eisen steigt oder es lieber gemütlich angeht. Wie es sich eben für einen Berg geziemt, der in der Landeshymne besungen wird. Wobei das mit der „Landeshoheit“ so eine Sache ist. Denn der Dachstein liegt hart an der Grenze zu Oberösterreich, was ihm in den vergangenen Jahren einen veritablen, aber letztlich nicht ganz ernst gemeinten Grenzstreit zwischen den zwei Bundesländern beschert hat. So wurden einstmals steirische Anteile, wie zum Beispiel der Eispalast, nach einer neuerlichen Vermessung Anfang 2014 den Oberösterreichern zugeschlagen. An Attraktivität hat das Ausflugsziel dadurch allerdings nichts eingebüßt …

Messungen auf des Messers Schneide scheinen immer schon das Schicksal des Dachsteins gewesen zu sein. So galt früher der Grimming als höchster steirischer Berg – mons altissimus Styriae, wurde er genannt, wohl wegen seiner imposanten Gestalt als alleinstehender Block. In Wahrheit fehlen dem Grimming aber an die 600 Höhenmeter, um es mit dem Dachstein aufnehmen zu können. Wurde anfangs der Dachstein in seiner Höhe gewaltig unterschätzt, so wurde er später gerne überschätzt. Einen Dreitausender nannte man ihn, was ebenfalls nicht stimmt. Da dürfte wohl der Wunsch, auch im Steirerland einen Dreitausender zu haben, Vater des Gedankens gewesen sein. Exakt 2995 Meter hoch ist er, knapp kein Dreitausender also, aber eindeutig der höchste Berg der Steiermark.


Von Schladming kommend durch den Ort Ramsau fahren. Nach dem Ortsende zweigt rechts die Mautstraße zur Talstation der Dachstein Gletscherbahn ab.

www.derdachstein.at