Ins weite Blau

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FRIEDRICH HÖLDERLIN

Am 20. März 1770 wird Hölderlin in Lauffen am Neckar geboren. Gleichzeitig mit Hegel zieht er 1788 ins Tübinger Stift ein und verkehrt in republikanischen Kreisen. Hölderlin besucht Schiller in Ludwigsburg, der ihn der Familie von Kalb in Waltershausen als Hofmeister und Erzieher des Sohnes empfiehlt. In Jena, der damaligen intellektuellen Hauptstadt Europas, begegnet er Fichte und Goethe. Anfang 1796 tritt er eine Hofmeisterstelle in Frankfurt am Main an. Er verliebt sich in die verheiratete Susette Gontard. 1798 wird er entlassen und zieht nach Homburg vor der Höhe. Nach Zwischenstationen in Stuttgart und der Schweiz trifft er 1802 in zerrüttetem Geisteszustand in Nürtingen ein. Im September 1806 wird Hölderlin in das Autenriethsche Klinikum in Tübingen eingeliefert und im folgenden Jahr als unheilbar entlassen. Seine Pflege übernimmt der Schreinermeister Ernst Zimmer, in dessen Haus Hölderlin bis zu seinem Tode am 7. Juni 1843 das »Turmzimmer« bewohnt.

DER HERAUSGEBER

Hans-Joachim Simm, Dr. phil., geboren 1946, lebt als freier Publizist bei Frankfurt am Main. Er war bis 2009 Leiter des Insel Verlags, des Verlags der Weltreligionen und der Buchreihe »edition unseld«. Er gab zahlreiche Werkausgaben deutscher Dichter und Schriftsteller und diverse Anthologien heraus.

Zum Buch

Erst im 20. Jahrhundert wurde die Bedeutung Hölderlins und seiner Dichtung verstanden. Das 19. Jahrhundert wusste vom Verfasser des Romans Hyperion; die meisten seiner Gedichte waren nicht präsent. Nur wenige, wie Clemens Brentano und Achim von Arnim, Joseph von Görres oder Friedrich Nietzsche, hatten erahnt, welch dichterisches Genie sich hier Ausdruck verschaffte. Längst gehören viele von Hölderlins Gedichten zu den berühmtesten der deutschen Literatur, sie sind Bestandteil der Weltliteratur.

Die breitere Rezeption Hölderlins setzte mit der Generation von Rilke, Trakl, George in den frühen Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts ein, sie erkannten den literarischen Rang des Dichters, waren fasziniert von der Kraft seiner Oden, Hymnen und Elegien. Die Wirkung der Lyrik Hölderlins beruht in erster Linie auf seiner Fähigkeit, in die Tiefen der Sprache einzudringen; Symbolismus und absolute Poesie finden sich bei ihm vorgeprägt. Hölderlins Werk reicht über die Epoche der Weimarer Klassik ebenso wie über die Romantik hinaus. Es steht einzigartig in der Geschichte der deutschen Literatur.

Friedrich Hölderlin

Ins weite Blau

Friedrich Hölderlin

Ins weite Blau

Gedichte

Herausgegeben von Hans-Joachim Simm


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.d-nb.de abrufbar.

Es ist nicht gestattet, Abbildungen und Texte dieses Buches zu scannen, in PCs oder auf CDs zu speichern oder mit Computern zu verändern oder einzeln oder zusammen mit anderen Bildvorlagen zu manipulieren, es sei denn mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Alle Rechte vorbehalten

© by marixverlag in der Verlagshaus Römerweg GmbH, Wiesbaden 2014

Der Text basiert auf der Ausgabe marixverlag, Wiesbaden 2014

Covergestaltung: Groothuis. Gesellschaft der Ideen und Passionen mbH

Hamburg Berlin

Bildnachweis: Erik Khalitov/iStock

eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main

ISBN: 978-3-8438-0464-6

www.verlagshaus-roemerweg.de/Marix/

INHALT

MENSCHEN, MENSCHEN! WAS IST EUER LEBEN Gedichte 1784–1789

UNERSCHÖPFLICH IST DER SCHÖNHEIT FÜLLE Gedichte 1790–1795

UND VERSTEHE DIE FREIHEIT, AUFZUBRECHEN, WOHIN ER WILL Gedichte 1796–1800

WO ABER GEFAHR IST, WÄCHST DAS RETTENDE AUCH Gedichte 1801–1805

DAS ANGENEHME DIESER WELT HAB’ ICH GENOSSEN Gedichte 1806–1843

Zu dieser Ausgabe

Alphabetisches Verzeichnis der Gedichtüberschriften und -anfänge

ΠPOΣ EAYTON1

Lern im Leben die Kunst, im Kunstwerk lerne das Leben,

Siehst du das Eine recht, siehst du das andere auch.

Sophokles

Viele versuchten umsonst das Freudigste freudig zu sagen

Hier spricht endlich es mir, hier in der Trauer sich aus.

Der zürnende Dichter

Fürchtet den Dichter nicht, wenn er edel zürnet, sein Buchstab

Tötet, aber es macht Geister lebendig der Geist.

Die Scherzhaften

Immer spielt ihr und scherzt? Ihr müßt! o Freunde! mir geht dies

In die Seele, denn dies müssen Verzweifelte nur.

Wurzel alles Übels

Einig zu sein, ist göttlich und gut; woher ist die Sucht denn

Unter den Menschen, daß nur Einer und Eines nur sei?

1An sich selbst.

MENSCHEN, MENSCHEN!
WAS IST EUER LEBEN
Gedichte 1784–1789
M. G.2

Herr! was bist du, was Menschenkinder?

Jehova du, wir schwache Sünder,

Und Engel sinds die, Herr, dir dienen,

Wo ewger Lohn, wo Seligkeiten krönen.

Wir aber sind es, die gefallen,

Die sträflich deiner Güte Strahlen

In Grimm verwandelt, Heil verscherzet,

Durch das der Hölle Tod nicht schmerzet.

Und doch o Herr! erlaubst du Sündern,

Dein Heil zu sehn, wie Väter Kindern,

Erteilst du deine Himmelsgaben,

Die uns, nach Gnade dürstend, laben.

Ruft dein Kind Abba, ruft es Vater,

So bist du Helfer, du Berater,

Wann Tod und Hölle tobend krachen,

So eilst als Vater du zu wachen.

Das menschliche Leben

Menschen, Menschen! was ist euer Leben,

Eure Welt, die tränenvolle Welt,

Dieser Schauplatz, kann er Freuden geben,

Wo sich Trauern nicht dazu gesellt?

O! die Schatten, welche euch umschweben,

Die sind euer Freudenleben.

Tränen, fließet! o fließet, Mitleidstränen,

Taumel, Reue, Tugend, Spott der Welt,

Wiederkehr zu ihr, ein neues Sehnen,

Banges Seufzen, das die Leiden zählt,

Sind der armen Sterblichen Begleiter,

O, nur allzu wenig heiter!

Banger Schauer faßt die trübe Seele,

Wenn sie jene Torenfreuden sieht,

Welt, Verführung, manches Guten Hölle,

Flieht von mir, auf ewig immer flieht!

Ja gewiß, schon manche gute Seele hat, betrogen,

Euer tötend Gift gesogen.

Wann der Sünde dann ihr Urteil tönet,

Des Gewissens Schreckensreu sie lehrt,

Wie die Lasterbahn ihr Ende krönet,

Schmerz, der ihr Gebein versehrt!

Dann sieht das verirrte Herz zurücke;

Reue schluchzen seine Blicke.

Und die Tugend bietet ihre Freuden

Gerne Mitleid lächelnd an,

Doch die Welt – bald streut sie ihre Leiden

Auch auf die zufrieden heitre Bahn:

Weil sie dem, der Tugendfreuden kennet,

Sein zufrieden Herz nicht gönnet.

Tausend mißgunstvolle Lästerungen

Sucht sie dann, daß ihr die Tugend gleicht;

Beißend spotten dann des Neides Zungen,

Bis die arme Unschuld ihnen weicht;

Kaum verflossen etlich Freudentage,

Sieh, so sinkt der Tugend Waage.

Etlich’ Kämpfe – Tugend und Gewissen –

Nur noch schwach bewegen sie das Herz,

Wieder umgefallen! – und es fließen

Neue Tränen, neuer Schmerz!

O du Sünde, Dolch der edlen Seelen,

Muß denn jede dich erwählen?

Schwachheit, nur noch etlich’ Augenblicke,

So entfliehst du, und dann göttlich schön,

Wird der Geist verklärt, ein bess’res Glücke

 

Wird dann glänzender mein Auge sehn;

Bald umgibt dich, unvollkommne Hülle,

Dunkle Nacht, des Grabes Stille.

An die Nachtigall3

Dir flüstert’s leise – Nachtigall! dir allein,

Dir, süße Tränenweckerin! sagt es nur

Die Saite. – Stellas4 wehmutsvoller

Seufzer – er raubte mein Herz – dein Kehlchen –

Es klagte – o! es klagte – wie Stella ists.

Starr sah’ ich hin beim Seufzer, wie, als dein Lied

Am liebevollsten schlug, am schönsten

Aus der melodischen Kehle strömte.

Dann sah’ ich auf, sah’ bebend, ob Stellas Blick

Mir lächle – ach! ich suche dich, Nachtigall!

Und du verbirgst dich. – Wem, o Stella!

Seufztest du? Sangest du mir, du süße?

Doch nein! doch nein! ich will es ja nicht, dein Lied,

Von ferne will ich lauschen – o! singe dann!

Die Seele schläft – und plötzlich schlägt die

Brust mir empor zum erhabnen Lorbeer.

O Stella! sag’ es! sag’ es! – ich bebe nicht! –

Es tötete die Wonne, geliebt zu sein,

Den Schwärmer. – Aber tränend will ich

Deinen beglückten Geliebten segnen.

An meinen B.5

Freund! wo über das Tal schauerlich Wald und Fels

Herhängt, wo das Gefild leise die Erms durchschleicht,

Und das Reh des Gebürges

Stolz an ihrem Gestade geht –

Wo im Knabengelock heiter und unschuldsvoll

Wen’ge Stunden mir einst lächelnd vorüberflohn –

Dort sind Hütten des Segens,

Freund! – du kennest die Hütten auch;

Dort am schattichten Hain wandelt Amalia.

Segne, segne mein Lied, kränze die Harfe mir,

Denn sie nannte den Namen

Den, du weißts, des Getümmels Ohr

Nicht zu kennen verdient. Stille, der Tugend nur

Und der Freundschaft bekannt, wandelt die Gute dort.

Liebes Mädchen, es trübe

Nie dein himmlisches Auge sich.

Die Unsterblichkeit der Seele

Da steh’ ich auf dem Hügel, und schau’ umher,

Wie alles auflebt, alles empor sich dehnt,

Und Hain und Flur, und Tal, und Hügel

Jauchzet im herrlichen Morgenstrahle.

O diese Nacht – da bebtet ihr, Schöpfungen!

Da weckten nahe Donner die Schlummernde,

Da schreckten im Gefilde grause

Zackigte Blitze die stille Schatten.

Jetzt jauchzt die Erde, feiert im Perlenschmuck

Den Sieg des Tages über das Graun der Nacht –

Doch freut sich meine Seele schöner

Denn sie besiegt der Vernichtung Grauen.

Denn – o ihr Himmel! Adams Geschlechte sinds,

Die diese Erd’ im niedrigen Schoße trägt –

O betet an, Geschlechte Adams!

Jauchzet mit Engeln, Geschlechte Adams!

O ihr seid schön, ihr herrliche Schöpfungen!

Geschmückt mit Perlen blitzet das Blumenfeld;

Doch schöner ist des Menschen Seele,

Wenn sie von euch sich zu Gott erhebet.

O, dich zu denken, die du aus Gottes Hand

Erhaben über tausend Geschöpfe gingst,

In deiner Klarheit dich zu denken,

Wenn du zu Gott dich erhebst, o Seele!


Ha! diese Eiche – strecket die stolze nicht

Ihr Haupt empor, als stünde sie ewig so?

Und drohte nicht Jehovas Donner,

Niederzuschmettern die stolze Eiche?

Ha! diese Felsen – blicken die stolze nicht

Hinab ins Tal, als blieben sie ewig so?

Jahrhunderte – und an der Stelle

Malmet der Wandrer zu Staub das Sandkorn.

Und meine Seele – wo ist dein Stachel, Tod?

O beugt euch, Felsen! neiget euch ehrfurchtsvoll,

Ihr stolze Eichen! – hörts und beugt euch!

Ewig ist, ewig des Menschen Seele.

Mit grausem Zischen brauset der Sturm daher,

Ich komme, spricht er, und das Gehölze kracht

Und Türme wanken, Städte sinken,

Länder zerschmettern, wenn ich ergrimme.

Doch – wandelt nicht in Schweigen der Winde Dräun?

Macht nicht ein Tag die brausende atemlos?

Ein Tag, ein Tag, an dem ein andrer

Sturm der verwesten Gebeine sammelt.

Zum Himmel schäumt und woget der Ozean

In seinem Grimm, der Sonnen und Monde Heer

Herab aus ihren Höh’n die stolze

Niederzureißen in seine Tiefen.

Was bist du Erde? hadert der Ozean,

Was bist du? streck’ ich nicht, wie die Fittige

Aufs Reh der Adler, meine Arme

Über die Schwächliche aus? – Was bist du,

Wenn nicht zur Sonne segnend mein Hauch sich hebt,

Zu tränken dich mit Regen und Morgentau?

Und wann er sich erhebt zu nahn in

Mitternachtswolken, zu nah’n mit Donnern;

Ha! bebst du nicht, gebrechliche? bebst du nicht? –

Und doch! vor jenem Tage verkriechet sich

Das Meer, und seiner Wogen keine

Tönt in die Jubel der Auferstehung.

Wie herrlich, Sonne! wandelst du nicht daher!

Dein Kommen und dein Scheiden ist Widerschein

Vom Thron des Ewigen; wie göttlich

Blickst du herab auf die Menschenkinder.

Der Wilde gafft mit zitternden Wimpern dich

O Heldin an, von heiligen Ahndungen

Durchbebt, verhüllt er schnell sein Haupt und

Nennet dich Gott, und erbaut dir Tempel.

Und doch, o Sonne! endet dereinst dein Lauf,

Verlischt an jenem Tage dein hehres Licht.

Doch wirbelt sie an jenem Tage

Rauchend die Himmel hindurch, und schmettert.

O du Entzücken meiner Unsterblichkeit!

O kehre du Entzücken! du stärkest mich!

Daß ich nicht sinke, in dem Graun der

Großen Vernichtungen nicht versinke.

Wenn all dies anhebt – fühle dich ganz, o Mensch!

Da wirst du jauchzen, wo ist dein Stachel, Tod?

Dann ewig ist sie – tönt es nach ihr

Harfen des Himmels, des Menschen Seele.

O Seele! jetzt schon bist du so wundervoll!

Wer denkt dich aus? daß wann du zu Gott dich nahst

Erhabne, mir im Auge blinket

Deine Erhabenheit – daß du, Seele!

Wann auf die Flur das irdische Auge blickt,

So süß, so himmlisch dann dich in mir erhebst –

Wer sah, was Geist an Körper bindt, wer

Lauschte die Sprache der Seele mit den

Verwesungen? – O Seele schon jetzt bist du

So groß, so himmlisch, wann du von Erdentand

Und Menschendruck entlediget in

Großen Momenten zu deinem Urstoff

Empor dich schwingst. Wie Schimmer Eloas6 Haupt

Umschwebt der Umkreis deiner Gedanken dich

Wie Edens goldne Ströme, reihen

Deine Betrachtungen sich zusammen.

Und o! wie wirds einst werden, wann Erdentand

Und Menschendruck auf ewig verschwunden ist,

Wann ich an Gottes – Gottes Throne

Bin, und die Klarheit des Höchsten schaue.

Und weg ihr Zweifel! quälendes Seelengift!

Hinweg! der Seele Jubel ist Ewigkeit! –

Und ist ers nicht, so mag noch heute

Tod und Verderben des Lebens große

Gesetze niedertrümmern; so mag der Sohn

In seinem Elend Vater und Mutterherz

Durchbohren; mag ums Brot die Armut

Tempel bestehlen; so mag das Mitleid

Zu Tigern fliehn, zu Schlangen Gerechtigkeit,

Und Kannibalenrache des Kindes Brust

Entflammen, und Banditentrug im

Himmelsgewande der Unschuld wohnen.

Doch nein! der Seele Jubel ist Ewigkeit!

Jehovah sprachs! ihr Jubel ist Ewigkeit!

Sein Wort ist ewig, wie sein Name,

Ewig ist, ewig des Menschen Seele.

So singt ihn nach, ihr Menschengeschlechte! nach

Myriaden Seelen singet den Jubel nach –

Ich glaube meinem Gott, und schau’ in

Himmelsentzückungen meine Größe.

Die Demut

Hört, größre, edlere der Schwabensöhne!

Die ihr vor keinem Dominiksgesicht

Euch krümmet, welchen keine Dirnenträne

Das winzige, geschwächte Herzchen bricht.

Hört, größre, edlere der Schwabensöhne!

In welchen noch das Kleinod Freiheit pocht,

Die ihr euch keines reichen Ahnherrn Miene,

Und keiner Fürstenlaune unterjocht.

Geschlecht von oben! Vaterlandeskronen!

Nur euch bewahre Gott vor Übermut!

O! Brüder! der Gedanke soll uns lohnen,

In Hermann brauste kein Despotenblut.

Beweinenswürdig ist des Stolzen Ende

Wann er die Grube seiner Größe gräbt,

Doch fürchterlich sind seine Henkershände,

Wann er sich glücklich über andre hebt.

Viel sind und schön des stillen Mannes Freuden,

Und stürmten auch auf ihn der Leiden viel,

Er blickt gen Himmel unter seinen Leiden,

Beneidet nie des Lachers Possenspiel.

Sein feurigster, sein erster Wunsch auf Erden

Ist allen, allen Menschen nützlich sein,

Und wann sie froh durch seine Taten werden,

Dann will der edle ihres Danks sich freun.

O! Demut, Demut! laß uns all dich lieben,

Du bists, die uns zu einem Bund vereint,

In welchem gute Herzen nie sich trüben,

In welchem nie bedrängte Unschuld weint.

Drum größre, edlere der Schwabensöhne

Laßt Demut, Demut euer erstes sein,

Wie sehr das Herz nach Außenglanz sich sehne,

Laßt Demut, Demut euer erstes sein.

Vor allen, welchen Gott ein Herz gegeben

Das groß und königlich, und feurig ist

Die in Gefahren nur vor Freude beben,

Für Tugend selbst auf einem Blutgerüst,

Vor allen, allen, solche Schwabensöhne

O solche, Demut, solche führe du

Aus jeder bäurischstolzen Narrenbühne

Den stillen Reihen jenes Bundes zu.

Die Stille

Die du schon mein Knabenherz entzücktest,

Welcher schon die Knabenträne floß,

Die du früh dem Lärm der Toren mich entrücktest,

Besser mich zu bilden, nahmst in Mutterschoß,

Dein, du Sanfte! Freundin aller Lieben!

Dein, du Immertreue! sei mein Lied!

Treu bist du in Sturm und Sonnenschein geblieben,

Bleibst mir treu, wenn einst mich alles, alles flieht.

Jene Ruhe – jene Himmelswonne –

O ich wußte nicht, wie mir geschah,

Wann so oft in stiller Pracht die Abendsonne

Durch den dunklen Wald zu mir heruntersah –

Du, o du nur hattest ausgegossen

Jene Ruhe in des Knaben Sinn,

Jene Himmelswonne ist aus dir geflossen,

Hehre Stille! holde Freudengeberin!

Dein war sie, die Träne, die im Haine

Auf den abgepflückten Erdbeerstrauß

Mir entfiel – mit dir ging ich im Mondenscheine

Dann zurück ins liebe elterliche Haus.

Fernher sah ich schon die Kerzen flimmern,

Schon wars Suppenzeit – ich eilte nicht!

 

Spähte stillen Lächelns nach des Kirchhofs Wimmern

Nach dem dreigefüßten Roß am Hochgericht.

War ich endlich staubigt angekommen;

Teilt ich erst den welken Erdbeerstrauß,

Rühmend, wie mit saurer Müh ich ihn bekommen,

Unter meine dankende Geschwister aus;

Nahm dann eilig, was vom Abendessen

An Kartoffeln mir noch übrig war,

Schlich mich in der Stille, wann ich satt gegessen,

Weg von meinem lustigen Geschwisterpaar.

O! in meines kleinen Stübchens Stille

War mir dann so über alles wohl,

Wie im Tempel, war mirs in der Nächte Hülle,

Wann so einsam von dem Turm die Glocke scholl.

Alles schwieg, und schlief, ich wacht’ alleine;

Endlich wiegte mich die Stille ein,

Und von meinem dunklen Erdbeerhaine

Träumt’ ich, und vom Gang im stillen Mondenschein.

Als ich weggerissen von den Meinen

Aus dem lieben elterlichen Haus

Unter Fremde irrte, wo ich nimmer weinen

Durfte, in das bunte Weltgewirr’ hinaus;

O wie pflegtest du den armen Jungen,

Teure, so mit Mutterzärtlichkeit,

Wann er sich im Weltgewirre müdgerungen,

In der lieben, wehmutsvollen Einsamkeit.

Als mir nach dem wärmern, vollern Herzen

Feuriger itzt stürzte Jünglingsblut;

O! wie schweigtest du oft ungestüme Schmerzen,

Stärktest du den schwachen oft mit neuem Mut.

Jetzt belausch’ ich oft in deiner Hütte

Meinen Schlachtenstürmer Ossian7,

Schwebe oft in schimmernder Seraphen Mitte

Mit dem Sänger Gottes, Klopstock, himmelan.

Gott! und wann durch stille Schattenhecken

Mir mein Mädchen in die Arme fliegt,

Und die Hasel, ihre Liebenden zu decken,

Sorglich ihre grüne Zweige um uns schmiegt –

Wann im ganzen segensvollen Tale

Alles dann so stille, stille ist,

Und die Freudenträne, hell im Abendstrahle

Schweigend mir mein Mädchen von der Wange wischt –

Oder wann in friedlichen Gefilden

Mir mein Herzensfreund zur Seite geht,

Und mich ganz dem edlen Jüngling nachzubilden

Einzig vor der Seele der Gedanke steht –

Und wir bei den kleinen Kümmernissen

Uns so sorglich in die Augen sehn,

Wann so sparsam öfters, und so abgerissen

Uns die Worte von der ernsten Lippe gehn.

Schön, o schön sind sie! die stille Freuden,

Die der Toren wilder Lärm nicht kennt,

Schöner noch die stille gottergebne Leiden,

Wann die fromme Träne von dem Auge rinnt.

Drum, wenn Stürme einst den Mann umgeben,

Nimmer ihn der Jugendsinn belebt,

Schwarze Unglückswolken drohend ihn umschweben,

Ihm die Sorge Furchen in die Stirne gräbt;

O so reiße ihn aus dem Getümmel,

Hülle ihn in deine Schatten ein,

O! in deinen Schatten, Teure! wohnt der Himmel

Ruhig wirds bei ihnen unter Stürmen sein.

Und wann einst nach tausend trüben Stunden

Sich mein graues Haupt zur Erde neigt,

Und das Herz sich mattgekämpft an tausend Wunden

Und des Lebens Last den schwachen Nacken beugt:

O so leite mich mit deinem Stabe –

Harren will ich auf ihn hingebeugt,

Bis in dem willkommnen, ruhevollen Grabe

Aller Sturm, und aller Lärm der Toren schweigt.