1001 Tausendundeine Lüge

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Evelyne Kern

1001 Lüge

Bezness – das Geschäft mit den Gefühlen europäischer Frauen und Männer


Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek:

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte Dateien sind im

©Autorin: Evelyne Kern (Alle Rechte)

Herausgeber: Red Scorpion Books e K.

Vertrieb: Zeilenwert® /Libreka

Redaktion: www.evelyne-kern.de ISBN EPUB: 9783944224527

Evelyne Kern

1001 Lüge

Bezness – das Geschäft mit den Gefühlen europäischer Frauen und Männer

Die Autorin spendet die Tantiemen aus diesem Buch

dem Verein CiB e.V. –www.CiBev.de

Danke für die Unterstützung:

Dieses Buch enthält Beiträge von

Psycho-Therapeutin Dr. Yvonne Arnhold

Journalist Guido Grandt und der

CiB e.V.-Ansprechpartnerin Martina Plesse

Inhaltsverzeichnis

Wie es zu diesem Buch kam

Was ist Bezness?

Bezness aus psychologischer Sicht

Bezness - die Beweise

Die verschiedenen Varianten von Bezness

Das AMIGA-Syndrom

Die Argumente der „Gutmenschen“

Der Umgang der Behörden mit dem Thema Bezness

Entführte Kinder

Warum Bezness oft mit Sextourismus verwechselt wird.

Die Wut der Betroffenen

Betrogene Männer sollten ihr Schweigen brechen

Homosexuelle leben in Bezness-Ländern gefährlich.

Bezness aus der Sicht eines Familienangehörigen

Islam und Bezness

Bezness aus der Sicht einer Ansprechpartnerin

Zusammenfassung

Hilfe zur Selbsthilfe mit Fragebögen

Die Fakten, die Hilfe und was Bezness den Staat kostet

Anerkennung und Allgemeines

Literatur zum Thema

Die Presse über Bezness

Quellennachweise

Dieses Buch ist allen Frauen und Männern gewidmet, die an die große Liebe glaubten und am Ende erkennen mussten, dass sie nur Mittel zum Zweck waren.

Wie es zu diesem Buch kam

Ich weiß nicht, wie lange ich schon den Gedanken mit mir herumtrage, dieses Buch zu realisieren. Deshalb zu realisieren, weil es immer noch genügend Menschen gibt, die erstaunt dreinblicken, wenn man ihnen etwas über Bezness erzählt. Immer wieder stellte ich diesen Gedanken hinten an und immer dann, wenn wieder ein besonders schwerer Fall von Bezness bekannt wurde, der bearbeitet werden musste und die Betroffene unsere Hilfe benötigte, sagte ich mir: Es reicht, die Öffentlichkeit muss erfahren, was hier vor sich geht!

Einen kleinen Teil der Welt habe ich ja bereits erreicht. Immerhin haben bis dato Millionen Menschen die Internetseite 1001Geschichte.de besucht und sich über Bezness informiert. Auch habe ich meine Kraft dafür verwendet, die Medien zu sensibilisieren. Viele folgten und unterstützten uns mit umfangreichen Berichterstattungen (siehe Medien im Anhang). Aber dazu später mehr.

Manche Menschen haben es verstanden, andere dagegen reagieren völlig verständnislos. Bezness … was ist das?

Vor mehr als 20 Jahren begegnete ich dem Geschäft mit den Gefühlen das erste Mal.

Es war 1989 als ich in Tunesien auf den Mann traf, der mein ganzes Leben veränderte. Ihm zuliebe und weil meine Ehe in Deutschland ohnehin am Ende war, zog ich in das muslimische Land in Nordafrika. Als Journalistin könne man überall auf der Welt arbeiten, dachte ich – doch das gestaltete sich schwieriger als ich annahm. Mit Englisch konnte man dort nicht viel anfangen, mein Französisch reichte nicht aus und Arabisch musste ich erst lernen. So schrieb ich anfangs lediglich Reiseberichte, die oft gar nicht gesendet oder gedruckt wurden, weil ich schrieb, was mir in diesem Land nicht gefiel und sie so der Zensur zum Opfer fielen. Ansonsten lebte ich von meinen bescheidenen Anteilen an einer Zeitung in Deutschland.

Das Leben in Tunesien war anfangs schön. Zwei Jahre lang pendelte ich noch hin und her, bis mich mein tunesischer Freund mit seinem Charme und gekonnten Liebesschwüren dazu brachte, ganz in sein Land zu ziehen. Ich verkaufte die Zeitungsanteile, heiratete ein weiteres Jahr später meine vermeintlich große Liebe in Tunesien und baute das Traumhaus am Meer. Weitere zwei Jahre lang erlebte ich den Himmel auf Erden – bis …, ja, bis alles fertig war und wir das Haus beziehen konnten. Ich habe nicht nur das Haus gebaut, sondern damit auch den Grundstein für die Hölle gelegt, in der ich fortan lebte.

Als Jahre danach alles zu Ende war und ich nicht mehr weiter wusste, schrieb ich mir alles von der Seele. Der Roman Sand in der Seele wurde ein Erfolg. Ich bekam hunderte Briefe von ebenfalls betroffenen Frauen, die sich auf einen Tunesier eingelassen haben und ähnliches erlebten. Mir war klar, dass ich etwas tun musste. Das Buch war dann auch die finanzielle Basis und ausschlaggebend für die Arbeit, die schließlich für mich und einige anderer wunderbarer Frauen zur Lebensaufgabe wurde: Der Kampf gegen Bezness.

Im Juli 2002 wurde die Idee geboren, eine Hilfeseite für Bezness-Opfer ins Netz zu stellen. Damals ging das nicht so einfach wie heute, man musste viel Geld investieren, einen Webdesigner beauftragen und dann lange darauf warten bis die Internetseite so stand, wie man sich diese vorgestellt hatte. Im Februar 2003 war es dann endlich soweit: 1001Geschichte.de war im Netz, fand im angegliederten Forum für Betroffene ganz schnell viele engagierte Mitstreiterinnen und schon kurze Zeit später war diese Internetseite Anlaufpunkt für viele betrogene Frauen.

Heute ist 1001Geschichte.de Europas größte Website zum Thema, hat mehrere Millionen Zugriffe und ist weltweit (laut Google-Analytik wird sie in vielen Ländern aufgerufen) mehrere hunderttausend Mal verlinkt. Der Begriff „Bezness“ wurde durch uns weiter verbreitet und fand Einzug in den Sprachgebrauch vieler Medien und Foren.

So wurden Sand in der Seele und 1001Geschichte.de zu den Vorreitern aller danach gegründeten Websites und den Bücher, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Die ständig neuen „Wahren Geschichten“ bei 1001Geschichte sind Lesestoff für tausende Menschen.

Dabei fing alles nur mit einer, meiner eigenen Geschichte aus Tunesien an. Heute sind auf der Website alle Länder vertreten, in denen Bezness betrieben wird. Auch die Themen „Bezness im Internet“ und „Bezness in Deutschland“, wie es z.B. von Asylbewerbern und Heiratsschwindlern aller Nationen betrieben wird, werden intensiv beleuchtet. Woche für Woche erscheinen neue erschütternde Geschichten und Berichte von Frauen und immer mehr Männern. Langsam trauen auch diese sich einzugestehen, dass sie einer Liebesbetrügerin zum Opfer gefallen sind. Viele haben sich dem Kampf gegen diesen verachtenswerten Betrug namens Bezness angeschlossen.

Im Verlauf dieses Buches werden Sie einige dieser „Wahren Geschichten“ lesen, die Ihnen die Augen öffnen werden. Nein, es sind keine Märchen aus 1001 Nacht, sondern echte, wahre Schicksale, wie sie das Leben schreibt. Namen und Daten der Autoren sind, wie es das Urheberrecht vorschreibt, hinterlegt. Aus Datenschutzgründen werden wir diese nicht veröffentlichen.

Fangen wir mit der Geschichte an, die neben dem Buch bei der Geburtsstunde von 1001Geschichte.de in Kurzform den Grundstein legte und die bis heute weit über 75.000 Mal heruntergeladen und gelesen wurde. Es ist meine eigene Geschichte.

Wahre Geschichte Nr. 1 – Evelyne
Kurzfassung des Buches „Sand in der Seele“

Eine Ehekrise und eine Phase, die ihr seelisches Gleichgewicht ins Wanken bringen, veranlassen Evelyne ihre Koffer zu packen, um für ein Weilchen abzuschalten. Sie bucht eine Last Minute Reise nach Tunesien und landet zufällig in Zarzis, nahe der libyschen Grenze.

An der Rezeption ihres Hotels trifft sie auf den Mann, der ihr ganzes Leben verändert. So unglaublich es klingt, dieser schöne junge Mann sieht sie und weiß, sie wird seine Frau. Zwei Wochen lang genießt sie seine Gesellschaft, ohne dass er sie ein einziges Mal berührt. Außer einem einzigen Kuss war nichts zwischen den beiden vorgefallen. Seine konsequente Zurückhaltung, sein tadelloses Benehmen und seine Sicherheit, dass er nur sie will, ist etwas, was nicht in ihren Kopf geht und dennoch – am Ende dieses Urlaubs hat sie sich in ihn verliebt.

 

Zunächst versucht Evelyne, diesen Mann zu vergessen, aber bereits zwei Monate später landet sie abermals in Zarzis und in seinen Armen. Diesmal erlebt sie eine nie gekannte Leidenschaft und weiß bereits nach einer Woche, das ist der Mann ihrer Träume.

Sie trennt sich nun endgültig von ihrem Ehemann und fährt abermals zwei Monate später mit dem Auto nach Tunesien, um dort zunächst ein paar Monate zu leben. Sie erlebt den Himmel auf Erden und schon ein Jahr später hängt sie ihren Beruf als Chefredakteurin und damit ihre sichere Existenz an den Nagel und zieht mit Sack und Pack nach Tunesien um ihre große Liebe zu heiraten.

Sie bringt fast ihr ganzes Vermögen in dieses Land und verwirklicht ihren Traum vom „Weißen Haus“ am Meer. Weil sie ihren Beruf dort kaum ausüben kann, baut sie zusätzlich eine Ferienwohnung, die sie an Touristen vermietet.

Sie erlebt die orientalische Welt pur, versucht mit der islamischen Kultur klarzukommen und fühlt sich in kürzester Zeit in diesem fremden Land zuhause.

Dass sie ständig unter Beobachtung steht, keinen Schritt ohne ihren Mann oder einen seiner männlichen Verwandten tun kann, empfindet sie zunächst als angenehm, fühlt sie sich doch in dieser fremden Welt „beschützt“. Erst als sie anfängt Kontakt zu anderen deutschen Frauen aufzunehmen, stößt sie auf massiven Widerstand. Ihr Mann zeigt sich nun von seiner wahren Seite. Er versucht, sie einzusperren, schlägt sie und verbietet ihr jeglichen Kontakt zu anderen Menschen außer seiner Familie. Doch Evelyne setzt sich durch, zeigt einen eisernen Willen, selbst dann noch, als er sie mitten in der Nacht barfuß aus dem Hause jagt, obwohl es draußen von Skorpionen nur so wimmelt. Sie läuft den steinigen Berg hinab zu seinen Eltern und appelliert an den Glauben seines Vaters.

Als Amor begreift, dass ihr Wille stärker ist als seiner, verlässt er sie. Er geht nach Deutschland um zu arbeiten und lässt sie allein in dem ihr fremden Land zurück. Die wenigen Wochen, die er im Jahr in seiner Heimat verbringt, widmet er fast ausschließlich seiner Familie.

Weil Evelyne sich ihm verweigert, wird er nun zum Tyrannen. Er beauftragt seine Familie, ihr das Leben dort so schwer wie nur möglich zu machen. Deren Attacken treiben sie an den Rand des Wahnsinns und der Verzweiflung – aber sie hält stand.

Jetzt spielt sie mit dem Gedanken an Scheidung. Sie vertraut auf die Politik des Präsidenten Ben Ali und auf die Gleichberechtigung der Frau in diesem Land. Ein Anwalt versichert ihr, dass das, was sie mit in die Ehe bringt, ihr gehört und dass sie auf jeden Fall ihr Recht in diesem Land bekommt.

Aber es soll noch ein Jahr vergehen, bis sie sich endgültig zu diesem Schritt entschließt. Sie fliegt nach Deutschland um mit Amor über eine Trennung zu sprechen. Er fleht und weint, bittet ihn nicht zu verlassen, hat aber nur seine gefährdete Aufenthaltserlaubnis im Kopf. Evelyne aber kann nicht mehr, sie will nichts mehr hören und sehen und fliegt kurz entschlossen zu ihrer Schwester nach Texas/USA. Dort erreicht sie ein Anruf einer deutschen Freundin aus Zarzis. Amor ist in Tunesien und unternimmt alles nur Erdenkliche, sie in Zarzis schlecht zu machen. Evelyne ändert ihre Pläne und fliegt drei Wochen später wieder nach Zarzis.

Ihr Mann hat dort ganze Arbeit geleistet und war dann sofort wieder nach Deutschland verschwunden. Er hat nicht nur sämtliche Papiere gestohlen und allen ihren Freunden erzählt, er hätte sie aus „seinem“ Haus geworfen, weil sie untreu war und sie würde niemals wieder nach Tunesien kommen, weil er dafür gesorgt hätte, dass sie ihre Aufenthaltsgenehmigung verliert. Auch hat er von sich aus die Scheidung eingereicht, damit er nicht sein Gesicht verliert.

Nun beginnt der Horror. Als ihr Schwiegervater und ihre drei Schwäger begreifen, dass Evelyne nicht bereit ist, kampflos aufzugeben, schlagen sie ihr zunächst vor, Amors Bruder zu heiraten, damit alles in der Familie bleibt. Evelyne ist fassungslos, wird wütend und beschimpft sie. Dann geht sie zur Polizei, um ihre gestohlenen Autopapiere wiederzubekommen, ohne Erfolg. Sie geht zum besten Anwalt der Stadt, muss aber feststellen, dass dieser bereits für die Familie gegen sie arbeitet. Ein tunesischer Freund bringt sie zu einer Anwältin, die scheinbar noch nicht von der Familie gekauft ist. Das ärgert die Herren Schwäger so sehr, dass sie nun nachts in ihr Haus kommen, sie quälen und misshandeln. Aus purer Angst verlässt sie schließlich ihr Traumhaus und sucht Unterschlupf in einer ausgebauten Garage bei deutschen Freunden. Sie kann gerade noch ein paar persönliche Sachen aus dem Haus holen, bevor die Familie die Schlösser auswechselt und einen Wächter abstellt. Ihr Auto kann Evelyne bei Freunden verstecken, aber nicht mehr fahren, da die Papiere fehlen und inzwischen Steuern und Versicherung abgelaufen sind.

Ihr Mann erstattet Anzeige gegen sie wegen Diebstahl von Hausrat und Auto. Sie wird von der Polizei abgeholt und wie eine Verbrecherin behandelt. Ihr Schwiegervater behauptet, dass es sein Haus sei und Evelyne es nur gemietet hätte, obwohl sie alle Bankbelege vorlegen kann.

Viele Male wird sie vor Gericht gezerrt, bis die Scheidung ausgesprochen wird und obwohl sie ausdrücklich daraufhin weist, dass sie zwar auf Unterhalt, jedoch nicht auf ihr Eigentum verzichtet, schreibt man in die arabische Scheidungsurkunde, dass sie auf alles verzichtet.

Hinterher muss sie feststellen, dass nicht nur die Anwältin, zu der sie Vertrauen hatte, sondern auch der vereidigte Dolmetscher von der Familie bezahlt wurde. Zwei weitere Anwälte aus einer Nachbarstadt versuchen ihr Glück, aber auch diese können ihr letztendlich nicht helfen. Aber Evelyne gibt nicht auf. Sie schreibt an die Deutsche Botschaft, den Justizminister, den Innenminister und sogar an Ben Ali persönlich.

Niemand hilft ihr. Erst der vierte Anwalt hat Mitleid. Er ist ein korrekter Mann und reicht eine Zivilklage gegen Amor und seine Familie ein. Nach nochmals zwölf nervenaufreibenden Verhandlungen, die allesamt in arabischer Sprache abgehalten werden und für die sie jedes mal 120 Kilometer mit dem Bus, mit dem Taxi oder mit Freunden fahren muss, sofern die sich trauen, denn auch sie werden inzwischen massiv bedroht, ist sie am Ende ihrer Kräfte. Die letzte Verhandlung findet im November statt. Die Akte wird geschlossen, ihre Klage ohne Begründung abgewiesen. Sie bricht zusammen, rastet aus, schlägt ihrem Anwalt ins Gesicht und landet 10 Minuten später beim Staatsanwalt. Dem erzählt sie unter Tränen noch einmal ihre ganze Geschichte. Er verspricht ihr zu helfen – aber sie glaubt ihm kein Wort mehr – niemandem mehr.

Vierzehn Tage später verlässt sie völlig mittellos, gedemütigt und traumatisiert das Land und beginnt ihre Erlebnisse aufzuarbeiten, in dem sie „Sand in der Seele“ schreibt.

Aus rechtlichen Gründen muss sie allerdings alle Namen ändern. Aus Evelyne wird Sabrina.

Ein Jahr später führt sie ihren Prozess in Deutschland nach internationalem Recht weiter und gewinnt. Ihr Ex-Ehemann und sein Vater werden in Abwesenheit verurteilt, ihr das in das Haus investierte Geld zurückzuzahlen. Doch alle Versuche, das ihr zustehende Geld mittels eines Gerichtsvollziehers einzufordern, scheitert an der Tatsache, dass jeder Gerichtsvollzieher wiederum bestochen wird. Alle vollstreckbaren Ausfertigungen und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verlaufen im Sande und landen auf Nimmerwiedersehen in irgendwelchen Schubladen. Bis heute sieht Evelyne keinen Cent. Ein vollstreckbares Urteil gilt in Tunesien 20 Jahre. Ein paar Jahre hat sie noch Zeit. Die Hoffnung, irgendwann ihr Recht zu bekommen, hat sie allerdings längst aufgegeben und behandelt ihre eigene Geschichte wie eine von den vielen hundert Beznessgeschichten auch.

*

Was ist Bezness?

Zunächst muss natürlich der Begriff erklärt werden. Bezness, ein Kunstwort, das seinen Ursprung in dem arabischen Film von Nouri Bouzid hat. Der tunesische Filmemacher beschrieb bereits 1978 die Anfänge des Bezness so: Herumlungernde Einheimische auf den Straßen und an den Stränden Tunesiens, die Ausschau nach europäischen Frauen hielten. Immer mit der leisen Hoffnung im Hinterkopf, eine von ihnen könnte sich in ihn verlieben und ihm schließlich das reiche Europa mit all seinen Vorzügen auf dem goldenen Teller präsentieren. (Siehe Quellennachweise)

Schon damals sahen viele junge Männer, die keine Möglichkeit hatten ihr Land zu verlassen, die europäische Frau als Mittel zum Zweck, als „Visum“ auf zwei Beinen, wie einige von ihnen es heute noch auszudrücken pflegen. Wenn sich hier auch noch das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden lässt, warum nicht? Eine Frau für körperliche Bedürfnisse (die eigenen Mädchen darf ein Moslem vor der Ehe nicht anrühren), ein angenehmes Leben durch ihr Geld und schließlich durch Heirat eine Aufenthaltserlaubnis für das Land, auf dem die Geldscheine ihrer Ansicht nach auf den Bäumen zu wachsen scheinen.

Durch die intensive Arbeit bei 1001Geschichte, die unaufhaltsame Verbreitung der „Wahren Geschichten“ und tausenden von Verlinkungen im Internet verbreitete sich der Begriff Bezness relativ schnell. Heute ist er im Sprachgebrauch vieler Medien und einschlägigen Foren zu finden.

Bezness findet aber nicht nur in Tunesien statt. Mittlerweile findet dieser Geschäftszweig, der im Grunde mafiöse Strukturen aufweist, in fast allen Urlaubsländern statt. Also in Tunesien, Ägypten, Marokko, der Türkei. In Kenia und Gambia, in Nigeria, auf Sri Lanka und vielen anderen Ländern.

Fragt man einen jungen Mann aus Nordafrika, der offensichtlich europäischen Frauen nachstellt, was er da treibt, so ist die Antwort: Ich mache Bezness! Gemeint ist Business. Das Geschäft mit den Gefühlen gutgläubiger Frauen oder auch manchmal Männern. Aber dazu später mehr.

In seiner Heimat ist ein Mann, der in Europa arbeitet, um die arme Familie zuhause zu unterstützen, ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft. Jeden Sommer kommt er mit dem, wenn auch oft für diesen Zweck geliehenem Auto, in die Heimat. Vollgepackt mit Geschenken und den wortreichsten Versprechungen, dass alles noch viel besser werde, wenn er erst mal die versprochene Jungfrau zwecks Heirat nach Europa holt und die Familie nachholen kann.

Die monatlichen Überweisungen des großen Bruders an die Mutter, die den Sohn in der Ferne ständig in den Himmel hebt, beflügeln dann auch die jüngeren männlichen Familienmitglieder, das Geschäft Bezness zu erlernen. Und wo könnten sie das besser, als auf der großen, weiten „Strandakademie“? Hier zeigen die Profis, wie man die reichen, europäischen Frauen erobert, die einem das alles ermöglichen, was sich der Beznesser erhofft.

In prahlerischen Erzählungen unter einheimischen Männern wird dann in den Cafés, wo man großzügig Tee und Cola spendiert, geschildert, was man sich im reichen Europa alles geschaffen hat und was man für eine tolle Position hat. Aus einem Lagerarbeiter wird ein Abteilungsleiter, aus einem Fensterputzer ein Teamleiter, aus einem Autowäscher ein Verkaufsleiter bei Mercedes, aus einem Hamburger-Bräter beim berühmten goldenenM ein Filialleiter der großen Kette. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, schließlich wissen die Menschen zuhause ja nicht, dass 800 Euro Brutto-Monatslohn in Deutschland ein sehr geringer Lohn ist. In Tunesien verdient ein Lehrer oder Polizist gerade mal 300 bis 400 Euro im Monat. Auch lernen sie, dass die deutsche Frau zuhause die Miete bezahlt, die oft höher ist als sein eigener Lohn. Auch wissen sie schnell, dass man in Deutschland die Frau nicht ernähren muss, wenn man nicht will. Eine deutsche Frau hat ein Helfersyndrom und überhaupt nichts dagegen, dass der Mann seinen Lohn für sich behält, ihn aber trotzdem mit ernährt. Man muss sie nur bei der Stange halten und auch ab und zu mal lieb zu ihr sein und ihr immer wieder vergewissern, dass man sie beschützt und immer zu ihr hält, auch wenn das orientalische Temperament manchmal Oberhand gewinnt. Eine deutsche Frau verzeiht schnell, wenn man die richtigen Worte findet.

Die Jungs lernen auch ganz schnell, dass man in Deutschland Geld vom Staat bekommt, wenn man nicht arbeiten will und dass der Staat auch die Arzt- und Krankenhauskosten bezahlt und dass man mit seiner Krankenversicherungskarte auch Gutes tun kann und die nicht versicherten illegalen Landsleute zum Arzt schicken kann. Die Deutschen sind zu gutgläubig. Sie merken das nicht – allerdings funktioniert das durch die neuen Karten mit Bild nicht mehr lange.

 

Die vielen Kniffe und Tricks, um in Deutschland sorgenfrei leben zu können, auch ohne zu arbeiten, sprechen sich schnell herum. Und dass man sich sogar seinen Aufenthaltstitel sichern kann, wenn die Frau sich scheiden lässt, weil sie nicht begreift, dass der Mann das Sagen im Haus hat und verdiente Prügel, ohne ihn zu fragen, bei ihrem Anwalt als Körperverletzung hinstellt, wird haargenau erklärt: „Sei nicht dumm, mach ihr schnell ein Kind, dann darfst du immer in Deutschland bleiben, auch wenn die undankbare Alte weg ist! In Deutschland hat ein Kind das Recht auf Vater und Mutter.“

Viele dieser Gespräche unter Einheimischen habe ich in meinen tunesischen Jahren immer wieder in den Strandcafés belauschen können. Kaum einer von ihnen sprach die Wahrheit und wenn es mal einer versuchte und erzählen wollte, dass man in Deutschland keine Chance auf einen gut bezahlten Job hat, wenn man nichts gelernt hat, dann wurde er ausgelacht, als „Hmar“ (arabisch für Verlierer) betitelt und verächtlich beschimpft: „Wahrscheinlich hat du deine europäische Schlampe nicht richtig dazu erzogen, dir genügend Geld und einen anständigen Job zu verschaffen“, usw.

Woher sollten die Jungs auch wissen, dass das Geld in Deutschland nicht auf den Bäumen wächst, wenn die Cousins doch jedes Jahr mit den großen Autos und Geschenken kommen?

Was lernen die Strandboys nun zuerst? Natürlich wie man eine Frau bezirzt. Wie man ihr schöne Augen macht und was man ihr sagen muss, damit sie aufmerksam wird.

Nun hat ja der Araber ohnehin eine sehr blumige Sprache, wenn es um die Liebe geht. Viele arabische Lyriker und Gedichteschreiber bezeichnen die Frau in ihren Werken als die schönste Blume, das Juwel, auf das man achten muss, der Schatz, der gehütet werden muss, das liebste, schönste, reinste und wunderbarste Geschöpf, das ihm je begegnet ist.

Wir haben aus der reichen Korrespondenz mit dem Habibi (Arabisch für Liebling) und dem Askim (Türkisch für Liebling) der Betroffenen eine Liste mit den schönsten Liebeserklärungen erstellt.

Ganz sicher findet so manche Leserin genau die Worte hier wieder, die auch sie für einmalig hielt.