Die Suche nach den gestohlenen Ponys

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Die Suche nach den gestohlenen Ponys
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Für meine Töchter

Sophia und Hellena

Ich danke euch für eure tolle Unterstützung

Eva Gerth

DIE SUCHE NACH DEN GESTOHLENEN PONYS

Kinderbuch

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2017

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Copyright (2017) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Illustrationen: Kiba Seasons

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

FLUGHAFEN MÜNSTER-OSNABRÜCK

Die Maschine aus Fuerteventura ist pünktlich gelandet, war auf der Anzeigetafel in der Ankunftshalle zu lesen. Dieses Flugzeug rollt nun gemütlich in Richtung Terminal des Flughafens Münster-Osnabrück. Schon fuhr ein Wagen mit vier flachen Anhängern vor, auf denen das Gepäck der Passagiere aufgeladen und zum Flughafengebäude transportiert wird. All das konnte Sophia von der Aussichtsplattform des Flughafens beobachten. Gleich würden die Passagiere aussteigen, darunter ihre Eltern Jeanette und Manfred Lottmann und ihre sieben Jahre jüngere Schwester Helene. Währenddessen macht sich Sophia mit einem voller Vorfreude strahlenden Lächeln auf den Weg zur Ankunftshalle. Als die Lottmanns diese betreten, kommt ihnen Sophia entgegen.

„Mama, guck mal, da ist Sophia“, ruft Helene begeistert aus und wendet sich strahlend an ihren Vater. „Papa, siehst du auch Sophia?“

„Natürlich“, antwortet Manfred und lächelt seiner älteren Tochter zu, die ihnen mit schnellen Schritten entgegenkommt.

Ein paar Sekunden später drückt Jeanette, die von allen Freunden nur Nette genannt wird, ihre Tochter Sophia fest an sich.

„Wie war euer Flug?“, fragt Sophia, die sich Luft schnappend aus der festen Umarmung ihrer Mutter befreit.

„Gut und ruhig. Es gab kaum Turbolenzen“, erwidert Jeanette.

„Ja und total langweilig“, fügt Helene hinzu, „die zeigen auch keine Filme mehr im Flugzeug. Total doof.“ Auch Helene umarmt ihre Schwester, die daraufhin bemerkt: „Mensch, bist du braun geworden. Das grenzt schon an Unverschämtheit.“ Sie mustert ihre Schwester von oben bis unten und muss lächeln. Sophia wird von ihrem Vater unterbrochen, der sie auch in seine Arme schließt und meint: „Du hast aber auch gut Farbe bekommen. Scheint, dass in Deutschland auch endlich der Sommer angekommen ist.“ Daraufhin dreht er sich zum Kofferwagen um und meint: „Nun lasst uns erstmal zum Auto gehen.“

Die Familie hat bei Nettes Schwester Lotte und ihrem Mann Andreas auf der sonnenverwöhnten Insel Fuerteventura ihren Sommerurlaub verbracht. Sophia konnte leider nicht mitkommen, da sie sich für ihre Prüfungen im Studium vorbereiten musste.

Sie lebt mit ihrem Freund Ben in Münster, wo beide zusammen eine kleine Wohnung am Aasee haben. Nette, Manfred und Helene wohnen in einem kleinen Haus in Reckenfeld. Reckenfeld liegt in der Nähe von Münster, hat knapp 8.000 Einwohner und ist von dort schnell mit dem Auto oder mit der Bahn zu erreichen.

„Erzählt doch mal, wie war denn euer Urlaub?“, möchte Sophia wissen, als endlich alle Koffer im Auto verstaut sind.

„Eigentlich so wie immer“, beginnt Nette zu erzählen. „Das Wetter war natürlich super. Lotte und Andreas sind mit uns über die Insel gefahren. Wir haben viel gegrillt und leckere Tapas gegessen, sind viel am Strand gewesen und Helene ist kaum wieder aus dem Meer herausgekommen.“ Dabei wirft sie ihrer jüngsten Tochter ein Lächeln zu. Dann wendet sich Helene an Sophia und berichtet: „Ja, das Meer war mal wieder super cool. Aber auch die Currywurst von Andreas war lecker. Sie ist immer noch die Beste auf der ganzen Insel.“ Dabei bekommt Helene einen verträumten Gesichtsausdruck und Nette denkt sich so, dass Helene am liebsten auch jetzt eine Currywurst essen würde.

Auf der Fahrt nach Hause erzählen Nette, Manfred und Helene, meist abwechselnd, meist aber auch durcheinander, Sophia von den kleinen Abenteuern am Strand von Fuerteventura.

So zum Beispiel wie Helene einen Schildkrötenpanzer am Strand in einer kleinen Bucht entdeckt hat. Und wie an einem Tag Calima den Himmel und die Luft mit Staub erfüllt hatte. Calima wird der Wind auf Fuerteventura genannt, der Wüstensand von Afrika zur Insel bringt. Natürlich wurde das tolle Essen nicht vergessen, die Tapasbar in Morro Jable war einfach super.

Sophia ihrerseits erzählt über ihr Studium, das ihr riesig viel Spaß macht und dass Ben gerade die ersten Klausuren super bestanden hat.

EINE BÖSE ÜBERRASCHUNG

„Da sind wir wieder“, meint Nette mit einem Anflug von Wehmut.

Während Manfred und Sophia die Koffer aus dem Auto laden, gehen Helene und Nette schon mal zum Haus und öffnen die Haustür.

Doch kaum sind die beiden im Haus verschwunden, hören Manfred und Sophia einen lauten Schrei von Nette, dem ein ,,Ach du Scheiße!“, von Helene folgt.

Sofort lassen Sophia und Manfred die Koffer fallen und eilen herbei. Was sie da sehen, raubt ihnen erst einmal den Atem. Ungläubig schauen sie sich um und sehen das ganze Ausmaß der Katastrophe.

„Ach du Scheibenkleister, was ist denn hier passiert?“, sagt Manfred und watet mit bereits nassen Schuhen durch den Flur zum Wohnzimmer.

„Oh Gott, was sollen wir jetzt machen?“, jammert Nette und hält sich die rechte Hand an ihrer Wange.

„Wir bringen alles nach oben“, entgegnet Manfred tatkräftig wie immer.

Und so schleppen alle vier die Koffer und sich selbst vorerst nach oben.

Im Elternschlafzimmer setzen sich alle auf das Bett. Nette und Helene sind den Tränen nahe.

Sophia meint: „Bei uns könnt ihr leider nicht schlafen, wir haben nicht genügend Platz.“

„Ich will auch gar nicht bei euch schlafen, ich will hier in meinem Bett schlafen und ein trockenes Haus haben“, jammert Nette, die sich das nach Hause kommen ganz anders vorgestellt hat.

„Wie ist das überhaupt passiert?“, will Nette wissen.

„Keine Ahnung, aber ich sehe mal nach, ob da nicht irgendwo ein Rohr geplatzt ist“, antwortet Manfred und macht sich auch schon auf den Weg durchs Haus.

„Ich schlafe dann bei einer Freundin“, sagt Helene sofort und holt auch schon ihr Handy aus der Hosentasche.

„Mal nicht so schnell, lass uns erst einmal abwarten, was Papa findet.“

Von unten hören sie einen lauten Ruf: „So ein Mist auch. Ich hab das Leck gefunden. Hier unten in der Küche ist ein Rohr geplatzt und von dort läuft das Wasser heraus. Ich werde den Haupthahn zudrehen und versuchen das Leck zu stopfen.“

Während Manfred sich unten abmüht das Leck dicht zu bekommen, überlegen die drei im Elternschlafzimmer, was nun werden soll.

Plötzlich hat Sophia eine Idee: „Zieht doch in eine Ferienwohnung. Die Versicherung zahlt doch bestimmt den Schaden und solange die Handwerker hier sind, habt ihr dann wenigstens eure Ruhe.“

„Wir können ja auf einen Ponyhof fahren“, meint Helene voller Begeisterung und ein großes Strahlen legt sich auf ihr Gesicht. Besser können die Ferien wohl nicht mehr werden.

Zu Helenes Überraschung entgegnet Nette: „Genau, das ist die Idee. Ich rufe sofort bei Antje vom Ponyhof Schulze-Becker in Hembergen an. Sie vermieten doch auch Ferienwohnungen. Vielleicht ist ja noch eine Wohnung frei. Es sind zwar Sommerferien, aber versuchen sollten wir es auf jeden Fall.“

Und schon springt sie vom Bett auf und rennt die Treppe herunter, um gleich Manfred von ihrem Plan zu berichten.

„Das ist wirklich eine gut Idee, denn hierbleiben geht wohl nicht. Ich versuche gleich die Versicherung und ein paar Handwerker zu erreichen, dann sollte das Dilemma schnell behoben sein.“

Als Helene von der Ferienwohnung bei Antje hört, ist sie alles andere als begeistert. Sie hatte an einen anderen Ponyhof gedacht. Nicht ausgerechnet eine Ferienwohnung bei Antje. Denn Helene und die Tochter von Antje, Nicole, sind alles andere als Freundinnen. Nicole ist in Helenes Augen eine eingebildete Kuh. Während Helene noch darüber nachdenkt, dass eine böse Überraschung am Tag wohl reichen sollte und ob es nicht eine Alternative gibt, hat Nette auch schon ihr Handy in der Hand und wählt Antjes Nummer.

Nach fünf Minuten ist das Telefonat beendet und Nette sagt nun etwas hoffnungsvoller: „Auf geht’s, bei Antje ist eine große Wohnung frei geworden. Die Feriengäste mussten nach Hause, da ihr Hund krank geworden ist.“

„Man, da haben wir aber Glück.“

‚Ich wohl nicht‘, denkt Helene und verzieht ihr Gesicht. ‚Das war’s wohl mit den schönen Ferien auf einem Ponyhof.‘

„Also, die Koffer wieder ab ins Auto und bloß weg aus diesem Feuchtgebiet“, sagt Nette, klatscht in ihre Hände und greift sich einen Koffer.

Als alle Koffer wieder im Auto verstaut sind, verabschiedet sich Sophia von ihrer Familie. „Ich werde dann auch mal wieder nach Hause fahren“, meint sie, „schließlich schreibe ich morgen eine Klausur und Ben wartet bestimmt schon auf mich.“

„Also gut“, entgegnet Nette und nimmt ihre Tochter zum Abschied in die Arme. „Kommst du am Wochenende mit Ben zum Reiterhof? Wenn ihr Lust habt und das Wetter mitspielt, können wir ja grillen. Jeder bringt etwas mit, was meint ihr?“, fragt sie in die Runde.

 

„Klingt gut“, antwortet Sophia und auch Manfred und Helene sind von der Idee begeistert. „Ja super, Schwesterherz, ich freue mich schon.“

Dass sich Helene über einen Besuch ihrer Schwester freut, war nicht immer so. Als sie noch jünger war, war sie auf ihre sieben Jahre ältere Schwester immer ein bisschen eifersüchtig. Sophia war älter und konnte vieles einfach schon besser. Sie wusste schon mehr und darum fand Helene, dass Sophia eine Besserwisserin sei. Das hat sich aber mit der Zeit und mit dem Alter geändert. Vor allem, nachdem Sophia ausgezogen ist. Jetzt verstehen sich beide Schwestern einfach super. Aber nicht nur das Alter unterscheidet die beiden, sondern auch ihr Aussehen.

Sophia hat langes rotblondes, leicht gewelltes Haar und im Sommer sind auf ihrer blassen Haut viele kleine Sommersprossen zu sehen, die Ben einfach umwerfend findet.

Helene dagegen braucht die Sonne nur ansehen und ist schon braungebrannt. Aber nicht irgendein braun, nein ihre braune Haut besitzt einen goldenen Schimmer, sodass sie im Sommer unverschämt gut aussieht. Dazu kommen noch ihre strahlend blauen Augen, die gerade durch ihre jetzige Sommerbräune gut zur Geltung kommen.

DER REITERHOF

Die Familie Schulze-Becker hat einen alten Kotten zu einem wunderschönen Reiterhof umgebaut. Ein Kotten ist ein einfaches westfälisches Bauernhaus. Der Reiterhof liegt in dem kleinen Ort Hembergen, der eigentlich nur eine kleine Bauernschaft und ungefähr drei Kilometer von Reckenfeld entfernt ist. Der Hof liegt am Waldrand und ist von drei Seiten von weiten Wiesen umgeben.

Auf dem Reiterhof gibt es fünfundzwanzig Ponys, die auch für den Reitunterricht eingesetzt werden. Die Ponys sind in einem großen Stall untergebracht und jedes Tier hat seine eigene Box mit einer kleinen Terrasse im Freien. Wenn die Tiere sich langweilen, können sie auf die Terrasse hinausgehen und sich mit ihren Nachbarn auf Pferdeart unterhalten. Im Sommer sind die Tiere aber meistens auf den satten grünen Wiesen. Durch die Abgeschiedenheit und die vielen umliegenden Wiesen, können die Reitschüler schon früh einen Ausritt im Freien mit Reitlehrer Martin machen.

In einer ehemaligen Scheune des Reiterhofs befinden sich die vier Ferienwohnungen der Familie Schulze-Becker. Durch die Ruhe und die Idylle, die der Hof bietet, sind die Ferienwohnungen gerade bei Städtern sehr beliebt.

Während Familie Lottmann sich auf den Weg zum Reiterhof der Familie Schulze-Becker macht, verkündet Antje ihrer Familie: „Ihr glaubt ja nicht, wer gerade angerufen hat.“

„Du wirst es uns bestimmt gleich erzählen“, rufen Nicole, die vierzehnjährige Tochter, und ihr Mann Julius wie aus einem Mund.

„Die Lottmanns.“

„Du meinst doch nicht Helene und ihre Eltern?“

„Doch, die meine ich“, antwortet Antje. Julius möchte nun ebenfalls mehr wissen und hakt nach: „Jetzt lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen, erzähl schon.“

„Sie sind heute erst aus dem Urlaub zurückgekehrt. Und als sie gerade zu Hause angekommen sind, mussten sie feststellen, dass es bei ihnen einen Wasserrohrbruch gegeben hat und nun steht das ganze Untergeschoss voll Wasser.“

„Ja und, was haben wir damit zu tun?“, will Nicole wissen.

„Sie können dort nicht wohnen bleiben, alles ist von dem vielen Wasser aufgequollen und die Tapeten lösen sich von der Wand. Da hat Nette mich gefragt, ob wir noch eine Ferienwohnung frei haben, bis bei ihnen renoviert ist. Zum Glück haben wir noch unsere große Wohnung frei. Ach, irgendwie freue ich mich sogar ein bisschen darauf. Dann haben Nette und ich endlich mal wieder Zeit, in Ruhe einen leckeren Cappuccino zu trinken und zu quatschen.“

„Das kann doch nicht wahr sein. Diese blöde Zicke Helene soll bei uns wohnen? Das werden dann ja tolle Ferien“, meckert Nicole, klappt ihr Buch laut zu und will das Wohnzimmer verlassen.

„Warte doch erst einmal ab. Schließlich ist es schon ewig her, dass ihr euch das letzte Mal gesehen habt“, erwidert Julius seiner Tochter. Die aber hat sich schon in den Sessel verkrochen und schmollt.

Nicole war in der Grundschule die beste Freundin von Helene, bis sich beide auf einmal nicht mehr verstanden. Den Grund dafür können beide gar nicht mehr benennen. Aus einer Kleinigkeit wurde ein großer Streit und keiner der beiden wollte nachgeben.

Aber eigentlich sind beide nur eifersüchtig auf den anderen. Insgeheim glaubt Helene nämlich, dass Nicole viel hübscher sei, eben wegen der langen blonden Haare, denn sie hat kurzes dunkles Haar. Dagegen ist Nicole auf die leuchtenden hellblauen Augen von Helene eifersüchtig. Denn sie hat grüne Augen und findet das leuchtende blau einfach umwerfend, was sie natürlich nicht zugeben mag. Zudem kommt noch hinzu, dass Nicole Süßspeisen über alles liebt und das sieht man ihr auch an. Sie ist etwas pummelig, meint sie, was nicht ganz stimmt, aber im Gegensatz zu Helene wirkt es so.

Inzwischen sind jetzt vier Jahre vergangen, seit sie sich das letzte Mal gesehen haben, denn jede von ihnen besucht zwischenzeitlich eine andere Schule.

Dabei haben beide eine gemeinsame Leidenschaft: das Reiten. Beide reiten schon von klein auf und lieben Pferde über alles.

Nicole ist mit Pferden groß geworden und hat auch ein eigenes Pony, das auf den Namen Horsti hört. Helene reitet seit ihrem vierten Lebensjahr, aber ein eigenes Pferd zu besitzen, ist ihr größter Traum.

„Ich gehe mal schnell rüber in die Ferienwohnung und stelle noch ein paar frische Blumen aus unserem Garten und etwas für ein kleines Abendbrot hin“, sagt Antje zu Julius und ist dabei schon halb aus der Tür.

Gerade, als sie aus der Ferienwohnung kommt, fängt es auch schon an zu dämmern und der Reiterhof wird durch die untergehende Sonne in ein warmes strahlendes Licht getaucht.

„Es sieht immer wieder wunderschön aus, wenn im Sommer die Sonne untergeht“, stellt Antje gerührt fest.

So in Gedanken versunken, nimmt sie das Auto, das gerade den Feldweg heraufkommt, gar nicht richtig war.

Der Wagen bremst und schon gehen die Autotüren auf.

„Ist das schön, dich wiederzusehen. Ich hätte mir zwar gerne einen anderen Grund dafür ausgesucht, aber egal, es ist wie es ist“, meint Nette zu Antje und die beiden Frauen umarmen sich herzlich.

„Ja, ich freuen mich auch“, erwidert Antje. „Hallo Manfred, hallo Helene“, werden die beiden nun ebenfalls von Antje begrüßt.

„Hallo“, antworten diese gleichzeitig.

„Und hattest du bis jetzt denn schon schöne Ferien? So schön braun seid ihr alle auf Fuerteventura geworden.“

„Ja“, entgegnet Helene knapp. Ihr Blick fällt dabei nur kurz auf Nicole, die gerade auf dem Weg zum Stall ist.

„Sag doch bitte mal Hallo zu unseren Gästen“, wendet sich Antje an ihre Tochter, die nun etwas verlegen hinter ihrer Mutter steht.

„Hallo auch“, sagt Nicole etwas schüchtern. „Ich gehe dann mal zu Horsti“, und schon ist sie Richtung Stall verschwunden.

Antje blickt ihrer Tochter kopfschüttelnd nach. Dann zucken Nette und Antje gleichzeitig mit ihren Schultern und werfen sich einen vielsagenden Blick zu. Möge einer die Kinder verstehen.

„Kommt erst einmal mit, ich zeige euch jetzt euer neues zu Hause.

Und so folgen sie mit ihren Koffern Antje Richtung Ferienwohnung.

Drinnen angekommen meint Nette: „Wow, die Wohnung ist aber schön.“

Die komplette Ferienwohnung ist mit echtem Parkett ausgelegt, an den weißen Wänden hängen in silbernen Rahmen Bilder mit schönen Naturmotiven, die Küche ist groß und gemütlich eingerichtet.

„Bei schlechtem Wetter können wir ja hier in der Küche Raclette machen“, sagt Helene erfreut.

Auch das Wohnzimmer ist sehr geschmackvoll eingerichtet, das dunkelgrüne Ledersofa setzt sich sehr dezent vom Fußboden ab. Ein paar farbige Läufer machen das Wohnzimmer zum gemütlichen Mittelpunkt der Wohnung. Vom Wohnzimmer aus führt eine Terrassentür direkt in den kleinen schönen Garten.

Nette ist völlig begeistert: „Hier lässt es sich eine Zeitlang schön wohnen.“

„Jetzt zeige ich euch noch die Schlafräume und das Badezimmer, kommt mit.“

Sie gehen den Flur entlang, von dem es rechts in das Elternschlafzimmer und links in ein weiteres schönes gepflegtes Schlafzimmer geht. Das Kinderzimmer hat eine riesige Glastür, durch die man ebenfalls in den Garten gelangt.

„Super, dass ist mein Zimmer. Das ist ja bald besser, wie mein Zimmer zu Hause“, erklärt Helene freudestrahlend und schmeißt ihren Rucksack auf das Bett.

„Nun noch das Badezimmer, das liegt am Ende des Flures.“ Auch das Badezimmer gefällt allen.

„Jetzt lass ich euch mal in Ruhe ankommen und die Koffer auspacken“, sagt Antje am Ende des Rundganges und fügt noch hinzu: „Ach ja, bevor ich es vergesse, ich habe einen kleinen Abendbrotsnack für euch zubereitet. Ihr habt doch bestimmt Hunger.“

„Echt super nett von dir Antje“, meint Manfred.

„Nette, kommst du morgen früh zum Kaffee rüber? Wir müssen unbedingt quatschen.“

„Klar, gegen zehn Uhr, okay?“

„Das ist okay. Bis dahin sind alle Pferde versorgt. Helene, wenn du möchtest, kannst du gerne morgen früh helfen und dir für die Ferien ein Reitpony aussuchen. Du reitest doch noch, oder?“

„Klar reite ich noch. Ich darf mir echt ein Pony aussuchen? Und klar helfe ich gern. Wann soll ich anfangen?“ Helene ist fassungslos über so viel Freundlichkeit. Sollten die Ferien doch noch toll werden?

„Gegen neun Uhr wäre schön. Nach der Arbeit kannst du dir dann ein Pony aussuchen, das heißt, das Pony wird wohl eher dich aussuchen“, antwortet Antje mit einem Augenzwinkern.

„Was soll das heißen, ein Pony sucht mich aus.“

„Lass dich überraschen“, meint Antje geheimnisvoll. „Also dann bis morgen und ich wünsche euch eine schöne gute Nacht.“

Nachdem Antje gegangen ist und Familie Lottmann ihre Koffer ausgepackt hat, plündern sie erst einmal in aller Ruhe den Kühlschrank.

„Schmeckt echt lecker“, schmatzt Helene noch mit vollem Mund.

„Ja, wirklich gut“, gibt auch Manfred zu.

Alle hatten über dem Chaos mit der Überschwemmung ganz vergessen, wie viel Hunger sie tatsächlich nach dem langen Flug von Fuerteventura hatten. Nachdem sich alle sattgegessen haben, sitzen sie schweigend in der Küche bis Nette das Wort ergreift: „Jetzt, wo wir alle satt sind, merke ich doch, wie müde ich bin. Ich glaube, wir sollten schlafen gehen. Es war doch ein sehr anstrengender Tag, oder was meint ihr?“

„Ich gehe schon mal ins Bad, gute Nacht“, gähnt Helene und verschwindet auch schon.

Eine halbe Stunde später hört man nur noch das gleichmäßige Atmen der ganzen Familie.

Auch Nicole hat sich zu Bett begeben, aber sie denkt noch darüber nach, wie die Ferien werden, wenn Helene ständig mit im Stall ist. Weiter kommt sie aber mit ihren Gedanken nicht, sie ist eingeschlafen. Auch der Rest der Familie Schulze-Becker liegt schon im Bett.

„Ganz schön blöd, wenn man aus dem Urlaub zurückkommt und das Haus unter Wasser steht“, bemerkt Antje.

„Da hast du wohl Recht. Aber jetzt lass uns schlafen. Morgen wartet wieder ein harter Tag im Pferdestall auf uns. Gute Nacht, Schatz“, gähnt Julius und löscht das Licht.

„Gute Nacht, Mausebär“, kommt es von der anderen Bettseite, wo Antje sich auf die Seite rollt und sofort einschläft.

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