COLOURS OF HAPPINESS

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
COLOURS OF HAPPINESS
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa


Dodo Kresse

Dañiel und die 5 Prinzipien erfolgreicher Veränderung

Nach einem Entwicklungsmodell von

Univ.Prof. DI Kurt Völkl und

Dr. Heinz Peter Wallner

Edition Summerhill

DAÑIEL FLIRTET MIT DEM ANFANG

In jeder Faser seines Körpers konnte er es spüren: das würde kein normaler Tag werden. Normal in dem Sinn, als er mit den vorherigen Tagen des Einerleis in eine Reihe zu stellen gewesen wäre. Dañiel streckte seinen Körper, gähnte und atmete tief ein. Es war ungewöhnlich still für acht Uhr. Die Sonne schickte einen Strahl beim Fenster herein, in dem aufgewirbelte Staubpartikel einer geheimnisvollen Choreographie folgten.


Exakt fünfzehn Minuten reservierte er täglich für sein Morgenritual: fünf Minuten duschen, zwei Minuten Zähne putzen, eine Minute gurgeln, fünf Minuten rasieren und zwei Minuten frisieren. Über dem stummen Diener hing sein Anzug und das Hemd, das er gestern abend für den heutigen Tag bereit gelegt hatte. Sorgsam zog er sich an und entfernte mit einem Fusselroller drei Katzenhaare vom linken Hosenbein. Dann breitete er die Tagesdecke über das Bett, strich sie sorgfältig glatt, erfrischte die Luft mit einem Sprühstoß Desinfektionsspray und ging in die Küche. Als er eine Kapsel in die Kaffeemaschine drückte, hörte er plötzlich ein leises Rascheln aus der anderen Ecke des Zimmers. Doch es war nicht die Katze, wie er anfangs vermutete, denn sie lag eingerollt, mit geschlossenen Lidern, auf dem Klavierdeckel und rührte sich nicht. Angestrengt suchte er nach der Ursache des Geräusches und entdeckte ein weißes Kuvert, das auf dem Boden lag. Das hatte doch vorhin noch nicht hier gelegen oder doch? Verwundert öffnete er es, entnahm ihm einen Bogen Papier, faltete ihn auseinander und las eine einzige Zeile, die quer über das Blatt geschrieben stand: „Pfeif auf deine Gewohnheiten!“ Neugierig drehte er den Zettel um, es stand aber nichts weiter darauf. Hätte er denselben Satz als Post in der Timeline seines Facebook-Accounts gelesen, wäre ihm dazu nichts weiter eingefallen, er hätte genervt weitergescrollt und auf gehaltvollere Inspirationen gehofft. Doch hier hatte sich jemand die Mühe gemacht und mit einem realen Bleistift (wer benutzt heutzutage noch einen Bleistift?) eine reale Aufforderung verfasst und leider nicht dazugeschrieben, wer derjenige sein sollte, der seinen Gewohnheiten-Tempel verlassen sollte. Genausowenig konnte er über die Identität des Absenders herausfinden. Die Rückseite des Kuverts war unbeschriftet und unter dem launigen Befehl stand keine Unterschrift. Und wenn Luise...? Er lächelte bei dem Gedanken an seine Frau. Sollte sie vielleicht? Nein, weder die Handschrift ähnelte der ihren, noch war sie der Typ zu anonymen Briefen. Obendrein war sie – so hoffte er – froh, dass er nicht zu den Männern gehörte, die auf irgendetwas pfiffen. Nachdenklich setzte er die Kaffeemaschine in Gang, den Brief in der Hand haltend. Mit einem Zischen lief der Kaffee in die Tasse und verbreitete angenehmen Duft.


Normalerweise ging Dañiel an Montagen, wie dieser einer war, um halb acht ins Büro. Er arbeitete als technischer Zeichner in einem Architekturbüro. Obwohl er seinen Job mochte, war er nun sehr froh, heute erst um neun beginnen zu müssen. Luise war zwei Stunden vor ihm aufgestanden und bereits ins Spital gefahren, wo sie als Krankenschwester arbeitete.

In der Nacht hatte es zu schneien begonnen. Er sah aus dem Fenster. Die Weinberge vor Wien schliefen unter einem zuckrigen Teppich. Jedes Jahr fühlte er diese kindliche Freude über den ersten Schnee. Dazu gesellte sich heute ein neues Gefühl, das so gar nicht in seine Routine passen wollte. Er wußte es nicht recht zu deuten, es schien ihm wie die Ahnung eines „Anfangs“. Die wunderbare, leicht nervöse Erregung des „Beginns“ nahm langsam von ihm Besitz. Dabei konnte er nicht ahnen, was heute seinen Anfang nehmen würde. Irgendwo, ganz hinten in den Katakomben seiner Erinnerungen, lag eine Sehnsucht verborgen, die sich nun, Schicht um Schicht, ans Licht arbeitete. Dañiel hatte das Gefühl, als würde sich der Tag vor ihm ausbreiten wie der Schnee, der auf den Hügeln lag: makellos und ohne Spuren. Nicht ein Wort, nicht ein Zeichen war zu lesen – nur ein Blatt Schnee voller Möglichkeiten.

Sachte, wie auf Hasenpfoten, kam ihm der Gedanke, dass es nur an ihm liegen würde, wie und wodurch diese Unberührtheit von ihm belebt werden könnte. In den vergangenen Monaten hatte er oft daran gedacht, etwas völlig Neues zu beginnen. Er wollte sich an das Gefühl des Anfangs und der Frische schmiegen und nochmals einer überraschenden Leidenschaft begegnen, hatte sich aber dagegen gesträubt, denn er war glücklich mit Luise und führte ein zufriedenes Leben. An diesem Morgen aber klärte sich der ambivalente Zustand durch die Entdeckung, dass es gar nicht um eine Leidenschaft in diesem banalen Sinne ging. Etwas anderes wollte entdeckt werden. Mit dieser Beruhigung im Hinterkopf tastete er weiter: Wenn er nun tatsächlich seine Gewohnheiten ändern würde? Nur für heute? Einfach so?


Er hielt inne und stellte den Kaffee, den er eben trinken wollte, wieder ab. Die Entscheidung, die Dañiel nun traf, sollte sein Leben verändern: Gut, dachte er, ändern wir also unsere Gewohnheiten. Er müsse gleich damit beginnen, sagte er sich, und statt des üblichen Espresso etwas anderes trinken. Nach kurzem Zögern öffnete er ein Regal und holte eine Dose hervor. Er wärmte etwas Milch und streute Kakaopulver hinein. Heiß dampfte die schokoladenduftende Milch in der Schale und er musste die Oberfläche anblasen, damit er sie trinken konnte. Überrascht von den angenehmen Empfindungen, die das Getränk in ihm auslöste, setzte er sich an den Küchentisch. Wann hatte er zuletzt Kakao getrunken? Als kleiner Junge? Er grinste, steckte den Brief in seine Hose, nahm seine Tasche und verließ das Haus.


Das Prinzip Anfang –
die Zeichen deuten

Die Magie des Anfangs bestimmt den weiteren Verlauf entscheidend mit. Wie fühlt sich das an, etwas zum «ersten Mal» zu tun? Ist dabei nicht immer ein schnellerer Herzschlag, der Anflug von Freude und eine Art kindliche Heiterkeit zu verspüren? Das Abstreifen der bedrückenden Monotonie versetzt uns in wunderbare Leichtigkeit. Deshalb tut es so gut, etwas zum «ersten Mal» zu tun, etwas zu entdecken, etwas zu beginnen. Was immer wir uns vornehmen, ein Vorhaben wird sich so entwickeln, wie wir es begonnen haben. Durch einen gut überlegten Anfang können wir die Chancen für eine gute Entwicklung deutlich erhöhen. Deshalb feiern wir den Jahresbeginn mit leuchtenden Raketen und Musik und unser neues Lebensjahr, indem wir Kerzen anzünden und unsere Freunde einladen. Jeder Neuanfang kann eine entscheidende Kursänderung für unser Leben bringen.

Der Zauber des Anfangs und die Freude am Ende sind eins

Was Sie vom Prinzip Anfang für Ihr Leben lernen können: Schenken Sie jedem Neuanfang, was immer Sie auch neu in Ihr Leben bringen wollen, ganz besondere Beachtung! Zelebrieren Sie den Neuanfang und freuen Sie sich auf einen guten Entwicklungsweg. Nutzen Sie den Neubeginn für eine Reflexion Ihrer bisherigen Entwicklung. Danach: durchatmen und neue Kraft für den Lebensweg schöpfen durch das Schmieden von Plänen und das Setzen neuer Ziele.

Ein zweiter Aspekt des Prinzips Anfang führt uns zu unserer Intuition. Sind es nicht die allerersten Eingebungen, die ersten Gefühle, die allerersten Gedanken, die sich schlussendlich als die maßgeblichen herauskristallisieren? Wenn wir wieder lernen, unserer Intuition zu folgen, eröffnet sich eine Quelle der Weisheit für unser Leben. Vertrauen Sie dem ersten Gefühl, wenn Sie eine Beziehung beginnen, dem ersten Gedanken, wenn Sie eine Entscheidung treffen müssen und dem ersten Eindruck über einen Menschen.

Sie verfügen mit Ihrer Intuition über ein Werkzeug, das Sie rasant mit jenem inneren Wissen versorgt, das Sie kaum in Büchern oder im Internet finden können. Lernen Sie wieder auf die ersten leisen Töne zu hören und vertrauen Sie auf Ihre ersten Gedanken. Und versuchen Sie, so oft wie möglich etwas Neues zu beginnen, das hält die Seele jung und den Geist elastisch.

DAÑIEL KOMMT IN RESONANZ

Die Straßenbahn war gut geheizt, er saß bequem auf dem vordersten Sitz und betrachtete die winterliche Szenerie: Touristen strömten trotz Kälte schnatternd und gestikulierend Richtung Burggarten und Heldenplatz, ein paar Radfahrer, den Schal bis über die Nase gezogen, fuhren den platanengesäumten Ringradweg entlang, Kinder versuchten aus den spärlichen Schneemengen Schneebälle zu formen und einige junge Mädchen trugen immer noch sommerliche Ballerinas und litten sichtlich. Sie hüpften von einem Bein aufs andere, um sich halbwegs warm zu halten. Dañiel lächelte und dachte an seine Tochter, die gerade zu Besuch bei ihrer Tante in Berlin war. Auch seine Steffi fror draußen in Ballerinas und schwitzte im Haus in pelzigen Boots.

 

Die Straßenbahn ruckelte, er betrachtete die Hausfassaden und Portallösungen, die langsam an ihm vorüberzogen. Da er im Büro gerade an einem Portal für ein Mehrfamilienhaus arbeitete, sah er sich die verschiedenen Eingänge der Häuser noch genauer an. Sein Blick blieb an einem Fenster hängen und ohne es zu wollen, beobachtete er hinter der Scheibe eine Gruppe von Menschen, die sich um ein Aktmodell versammelt hatten. Sein Interesse galt nicht dem Modell, sondern den Schülern, die vor ihren Staffeleien standen und mit geneigten Köpfen und ausgestreckten Daumen die Proportionen maßen. Ihre Gesichter waren gleichermaßen konzentriert wie entspannt. Trotz der Distanz konnte er sehen, wie einer einen gekonnten Strich auf seine Leinwand setzte und damit seine Figur zum Leben erweckte. Rechts neben der Biedermeier-Haustüre hing ein Schild, von dem er gerade noch die ersten Zeilen entziffern konnte, bevor die Straßenbahn wieder anfuhr und die Station verließ: „Kunstkurse – Öl – Acryl – Tempera“, darunter der Satz „Come as you are“ mit einem dicken Filzstift rasch dazugefügt. Er spürte eine leichte Zerrung im Nacken, als er sich nach dem Schild umdrehte, das nun kleiner und kleiner wurde. Nach einem Blick auf die Uhr sprang er zum Ausgang und drückte den Halte-Knopf. Die vorige Station war bloß zweihundert Meter entfernt, sodass er die Strecke bis zur Haustüre in ein paar Minuten wieder zurückgelegt hatte. Außer Atem kam er vor dem Fenster, in das er vorher hinein gestarrt hatte, zu stehen. Fasziniert betrachtete er das Treiben der Kunststudenten. Plötzlich sah er sich um und schämte sich für seine Indiskretion. Aber keiner der Passanten interessierte sich für ihn. Nochmals sah er auf die Uhr und musste feststellen, dass er, wenn er sich nun beeilte, gerade noch rechtzeitig ins Büro kommen würde. Die morgendliche Karte fiel ihm ein. Ganz gegen seine Liebe zur Pünktlichkeit entschloss er sich dazu, sein Smartphone herauszukramen und die Nummer seines Büros anzuwählen. Nachdem er der Sekretärin seine Verspätung bekannt gegeben hatte, stieß er die Haustüre auf und folgte einem weiteren Schild, das den Malkurs im Mezzanin ankündigte.


Die Vorzimmerdame des Ateliers übte sich im Yogasitz und schien zu meditieren. Als er nähertrat, öffnete sie langsam die Augen und sah ihn überrascht an: „Bitte?“

Dañiel stotterte etwas von Kurs und Malen und wußte nicht recht, was er sagen sollte.

„Wollen Sie sich einschreiben?“, fragte sie.

„Naja“, sagte Dañiel und sah sie hilfesuchend an.

Sie schob ihm ein Formular entgegen und bat ihn, es rasch auszufüllen. Dann könne er noch in den Kurs hinein, er hätte erst vor einer halben Stunde angefangen.

„Ich habe nichts mit“, wandte Dañiel ein, doch die fürsorgliche Empfangsdame hatte ihm schon einen großen Skizzenblock, ein paar Pinsel und einen Kasten mit Acrylfarbe in kleinen Tuben bereit gelegt.

„Das macht nichts, mein Herr“, lachte sie, „fürs Erste werden sie damit klarkommen, wir sind hier nicht so streng. Die Ausrüstung für das nächste Mal steht auf dem Beiblatt aufgelistet. Am besten sie gehen dazu in einen der großen Künstlerbedarfsmärkte am Rande der Stadt.“

Und ehe er es sich versah, stand er mitten unter den Malenden an einer Staffelei und versuchte, Körperproportionen halbwegs stimmig aufs Papier zu bringen. Seine Ausbildung kam ihm dabei durchaus zu Hilfe, in Sachen Perspektive war er ziemlich gut, doch sobald es um Farben ging, wußte Dañiel nicht weiter. „Schauen Sie genau hin“, empfahl der Professor, „es gibt kein Hautfarben. Die Haut hat tausend unterschiedliche Farben. Da, wo die Adern verlaufen, geht sie ins Bläulich-Grünliche, dort, wo sie von Pigmentflecken unterbrochen wird, ins Bräunliche, bei den Falten ins Umbra und dort, wo das Licht hinfällt, scheint sie geradezu unverschämt gelb, und am Rand hier, das sieht doch nach einem Türkis aus, was meinen Sie?“

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?