Chancen Auf Liebe

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Chancen Auf Liebe
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CHANCEN AUF LIEBE

Inhalt

Prolog

1. KAPITEL EINS

2. KAPITEL ZWEI

3. KAPITEL DREI

4. KAPITEL VIER

5. KAPITEL FÜNF

6. KAPITEL SECHS

7. KAPITEL SIEBEN

8. KAPITEL ACHT

9. KAPITEL NEUN

Epilog

AUSZUG: GLAUBE AN DIE LIEBE!

Prolog

Nachwort

ÜBER DIE AUTORIN

Bücher von Dawn Brower

Dies ist ein fiktionales Werk. Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse sind Produkte der Vorstellung der Autorin oder fiktiv benutzt und sollten nicht als real aufgefasst werden. Jede Ähnlichkeit zu tatsächlichen Schauplätzen, Organisationen oder Personen, lebend oder verstorben, ist rein zufällig.

Find Me Love © 2019 Dawn Brower

Cover und Bearbeitung: Victoria Miller

Übersetzung 2021 Carolin Kern

Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buchs darf ohne schriftliche Zustimmung benutzt oder vervielfältigt werden, weder elektronisch noch in Druckform, außer es handelt sich um kurze Zitate in Rezensionen.


»Liebe sieht mit dem Gemüt, nicht mit den Augen,

Und ihr Gemüt kann nie zum Urteil taugen.

Drum nennt man ja den Gott der Liebe blind.«

William Shakespeare, Ein Sommernachtstraum

(nach der deutschen Übersetzung von August Wilhelm Schlegel)

Prolog

Januar 1816

Schnee rieselte vom Himmel herunter und bedeckte den Boden. Lady Katherine Wilson zog ihren Umhang enger um sich und tat ihr Bestes, um ein Frösteln zu unterdrücken. Die eisige Temperatur schaffte es unter den Wollumhang zu sickern und sich über sie auszubreiten. Sie wollte ihr Ziel unbedingt erreichen und der Kälte entfliehen. Sie hasste den Winter. Es war noch nie ihre liebste Zeit im Jahr gewesen und heute war es nicht anders. Es wäre besser, wenn sie zuhause bleiben und vor dem Feuer im Wohnzimmer sitzen könnte. Sogar Fortuna’s Parlor wäre vorzuziehen. Fairerweise war allerdings jeder Tag, seitdem ihre Großmutter verstorben war, düster gewesen. Was sie nicht tun wollte, war mit Anwälten zu schwatzen und ihren Verlust in der Tiefe zu besprechen. Ihre Großmutter war weg. Hatte sie nicht bereits genug gelitten?

Sie erreichte endlich die Büros des Anwalts ihrer Großmutter, trat an den Eingang heran und klopfte. Katherine war nie zuvor bei einem Anwalt gewesen und hatte keine Ahnung, was sie tun sollte. Was genau war das angemessene Protokoll, wenn man geschäftlich mit einem Anwalt verkehrte? Das Mädcheninternat, das sie besucht hatte, hatte sie nicht auf diesen speziellen Umstand vorbereitet. Sie hätte wahrscheinlich Narissa oder sogar Diana fragen können, aber sie wollte ihnen ihre Schwierigkeiten nicht aufbürden.

Die Tür öffnete sich und ein älterer Gentleman füllte die Türöffnung. Er hatte dunkles Haar mit graumelierten Seiten. Seine dunkle Weste gab ihm eine düstere Erscheinung, die sich in seinen eisblauen Augen widerspiegelte. Etwas an ihm schien vertraut, aber Katherine konnte ihn in ihrer Erinnerung nicht einordnen. »Lady Katherine«, begrüßte er sie. »Bitte kommt aus der Kälte und tretet ein.«

War sie ihm zuvor begegnet? Wie hatte er sie mit einem Blick erkannt? Sie würde das während ihres Treffens erfragen müssen. »Mr. Adamson?« Katherine hob eine Braue. Sie wollte sichergehen, dass er der Anwalt war, mit dem sie ein Treffen hatte.

»Ja«, antwortete er, während er ihr bedeutete durch den Eingang zu gehen, und die Tür hinter ihr schloss.

Katherine erschauderte. Die Kälte hatte sie noch nicht ganz verlassen, nicht einmal mit der Wärme, die sie bereits umfing. Leider müsste sie nach der Besprechung in dem fürchterlichen Wetter wieder nach Hause gehen. Sie wünschte sich wirklich, dass ihr eine Kutsche zur Verfügung gestanden hätte, aber ihre Mutter hatte diese benutzt, um Besuche zu machen.

»Kann ich Euch Euren Umhang abnehmen?«, fragte Mr. Adamson.

Sie wollte ihn anbehalten, weil ihr noch immer etwas kalt war; bald wäre es jedoch zu warm und es war besser ihn jetzt abzunehmen. Außerdem war sie sich nicht sicher, wie lange ihre Unterhaltung dauern würde. Katherine schüttelte den Umhang mit ihren Schultern ab und reichte ihm diesen. Er hängte ihn an einen Haken in der Nähe und wandte sich ihr dann zu. »Folgt mir. Ihr werdet Euch wohler im Büro fühlen. Dort ist ein Feuer im Kamin und es ist viel wärmer.«

Mr. Adamson führte sie in das Büro und deutete auf einen Stuhl. Er setzte sich hinter einen Schreibtisch und raffte einige Papiere zusammen, bevor er wieder zu ihr blickte. »Ihr fragt Euch wahrscheinlich, warum ich Euch gebeten habe mich hier zu treffen. Normalerweise würde ich einen Besuch wie diesen in der Behaglichkeit des Zuhauses des Klienten abstatten. Aber wegen der Natur des letzten Willens Eurer Großmutter, wird es von mir verlangt es hier zu tun. Sie befürchtete, dass, wenn ich Euch im Heim Eures Vaters treffe, er versuchen würde über das Vermögen, das sie Euch hinterließ, die Kontrolle zu übernehmen. Nicht dass er es hätte können …« Er räusperte sich und fuhr dann fort: »Aber dies macht die Dinge einfacher für Euch. Es gibt keinen Konflikt, mit dem man umgehen muss, und sobald Ihr geht, werdet Ihr die Kontrolle über Euer Erbe haben.«

Was könnte Ihre Großmutter ihr hinterlassen haben? Sie dachte, ihr Vater hatte alle Habseligkeiten ihrer Großmutter geerbt. Nicht, dass Katherine erwartete, dass sie viel hatte. Das meiste des Anwesens war bereits an ihren Vater gegangen, als sein Vater verstorben war. Es war Teil des Fideikommiss. Ihre Großmutter lebte in einem Haus in Sussex County, nahe Heathfield. Sie hatte jedoch immer angenommen, dass es das Witwenhaus war … »Ich bin nicht sicher, ob ich verstehe.«

Er reichte ihr einen Brief. »Es ist alles hier drin erklärt. Ihr seid eine wohlhabende junge Dame.«

Katherine nahm ihm das Schreiben ab und brach das Sigel. »Es ist von meiner Großmutter …« Sie erkannte ihre Handschrift sofort. Ihr Herz schlug schwer in ihrer Brust und sie bekämpfte den Drang zu weinen. Sie hatte sich für längere Zeit von ihrer Traurigkeit übermannen lassen, als es ihr lieb war. Katherine vermisste ihre Großmutter schrecklich.

»Lest weiter«, ermutigte Mr. Adamson sie und deutete auf den Brief. »Es ist wichtig, dass Ihr ihn bis zum Ende lest.«

Katherine wandte ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Worte ihrer Großmutter. Was konnte sie zu sagen haben, dass sie nicht sagen konnte, bevor sie verstorben war?

Meine liebste Enkelin,

Dein Herz muss schwer sein und der Schmerz, den du jetzt verspürst, tut mir leid. Wenn ich all dein Leiden wegnehmen könnte, würde ich das, aber wenn du dies liest, dann bin ich nicht länger unter euch. Mein Tod, wenn auch schmerzvoll, gibt dir Freiheit auf Arten und Weisen, die du dir wahrscheinlich niemals vorgestellt hast. Mein Sohn, dein Vater, ist ein barscher Mann und hat dir nicht die Liebe gegeben, die du brauchst. Er hat sein Verhalten von seinem eigenen Vater erlernt. Meine Heirat war arrangiert und meine Mutter hat Absicherungen getroffen, dass für mich immer gesorgt sein wird. In England wird Eigentum unverzüglich vom Ehemann einer Frau besessen, nachdem die Heiratsschwüre gesagt sind. Meine Mutter glaubte nicht, dass eine Frau von einem Mann kontrolliert sein sollte. Liebe ist nicht die Hauptvoraussetzung in der Ehe und spielt oftmals keine Rolle in den Vertragsabwicklungen. Das war der Fall bei meiner eigenen Eheschließung. Ein Herzogtum wie Gladstone wurde auf den Verbindungen vieler Vereinigungen geschmiedet. John war mittellos und stimmte allen vertraglichen Vereinbarungen zu, bevor ich ihn heiratete. Es war niemals mein Wunsch eine Herzogin zu werden, aber es ließ meinen Vater praktisch speicheln, doch ich schweife ab.

Das Wichtige ist, dass du verstehen musst, dass ich niemals eine Schachfigur war, und du musst es auch nicht sein. Mein Geld wurde von mir kontrolliert, aber eine großzügige Summe wurde John gewährt, nachdem wir unsere Gelübde abgelegt hatten. Er hatte sein Geld und ich hatte meines. Ich versorgte ihn mit seinem Erben und danach lebten wir getrennte Leben. Glücklicherweise verschwendete John sein Geld nicht und baute die Gladstone Anwesen wieder auf. Charles ist mehr sein Sohn als meiner. Lass ihn dich nicht kontrollieren. Ergreife die Kontrolle über dein Leben.

Es gibt so viele Dinge, die ich dir sagen will, aber die wichtigsten Worte, mit denen ich dich zurücklassen kann, sind diese: Heirate aus Liebe und nichts anderem. Mein Anwesen gehört dir. Nutze es weise, meine Liebe. Ich vertraue darauf, dass du die richtigen Entscheidungen treffen wirst. Du hast die Fähigkeit jetzt deinen eigenen Pfad zu wählen. Das Glück kann deines sein, und die Liebe auch.

 

In Liebe

Großmutter

Katherine wischte eine Träne von ihrer Wange. Ihr Vater war nicht immer hart, aber sie verstand, was ihre Großmutter meinte. Ihr Vater wollte alles und jeden um sich herum kontrollieren. Er hasste es, wenn man ihm einen Strich durch die Rechnung machte.

Katherine blickte zu Mr. Adamson und fragte: »Was genau hat meine Großmutter mir hinterlassen?«

»Wie der Brief aussagt – ihr ganzes Anwesen«, erwiderte er nüchtern.

»Das verstehe ich, aber was umfasst ihr Anwesen?« Sie unterdrückte den Drang mit ihren Augen zu rollen. »Sie sagt, dass ich jetzt wohlhabend bin. Meint sie, dass ich unbegrenzte Geldmittel habe?«

»Ihr habt jetzt ein beträchtliches Bankkonto. Es sind ungefähr zehntausend Pfund auf ihrem Konto«, beantwortete er. »Sie hat Euch außerdem eine Pferdefarm in Sussex hinterlassen. Das war das Hauptanwesen Eurer Großmutter und sie hatte ein Cottage in der Nähe von Bath, das jetzt Ihr besitzt. Die Farm bringt um die fünftausend Pfund pro Jahr ein.«

Katherines Mund klappte auf. Das war eine Menge Geld. Sie konnte alles tun, was sie wollte, genau wie ihre Großmutter in ihrem Brief sagte, aber Katherine hatte ihre Worte nicht vollkommen anerkannt, bis sie hörte, was sie geerbt hatte. »Und mein Vater kann es mir nicht wegnehmen?« Es war ein Anliegen, weil ihr Vater es nicht mochte, wenn jemand mehr hatte als er. Sie konnte nichts über den Zustand des Herzogtums sagen, aber diese Menge an Geld würde ihm sicherlich Konkurrenz machen. Er würde es und die Kontrolle über die Farm wollen.

»Nein«, sagte er. »Die Verträge waren klar. Jedes Geld, das sie hatte, konnte nur an eine direkte weibliche Verwandte von ihr gegeben werden. Der einzige Weg, wie Euer Vater geerbt hätte, wäre, wenn es keine weiblichen Erben gegeben hätte.« Er hob seine Lippen nach oben. »Sogar dann würde die erste Weibliche, die in ihrer direkten Blutlinie geboren wurde, die Kontrolle über das Vermögen erlangen. Ein Mann kann nur Vormundschaft beibehalten, bis eine Frau geboren wird. Es ist ein matriarchalisches Anwesen.«

Es standen ihr so viele Möglichkeiten zur Verfügung. Sie war nicht sicher, was sie als Erstes tun sollte. Nicht in ihren wildesten Träumen hätte sie vorhergesehen, dass dies geschah. Der Tod ihrer Großmutter war das Schlimmste und Beste, das ihr je widerfahren war. Warum hatte sie ihr nicht gesagt, dass sie so viel von ihr erben würde? Glaubte sie, dass es einen Unterschied in ihrer Beziehung gemacht hätte? Ihre Großmutter hatte ihr immer so viel bedeutet.

»Gibt es irgendetwas, das ich tun muss?« Katherines Verstand wirbelte noch immer wegen der Neuigkeiten. »Kann ich zu der Farm gehen?«

Ihre Großmutter hatte sie immer besucht. Sie war nie auf ihrem Anwesen in Sussex gewesen. Katherine hatte einen plötzlichen Wunsch inmitten ihrer Dinge und an dem Ort, den sie liebte, zu sein. Es könnte ihr vielleicht helfen sich ihrer Großmutter wieder näher zu fühlen. Es mochte dumm sein, aber sie brauchte es.

»Es wird nichts von Euch verlangt. Alles wurde auf Euren Namen gesetzt. Alles, was Ihr tun müsst, ist Euer Erbe anzunehmen. Wenn Ihr irgendetwas braucht, lasst es mich bitte wissen und ich werde mich darum kümmern.« Er ließ einen Stapel Papiere in Ihre Richtung gleiten. »Diese sind für Eure Unterlagen. Ich behalte eine Kopie hier, wenn sie jemals verloren gehen, und ja, um Eure Frage zu beantworten, Ihr könnt die Farm besuchen. Wenn Ihr wünscht, könnt Ihr dauerhaft nach Sussex umziehen. Es gibt keinen Grund, dass Ihr unter der Fürsorge Eures Vaters am herzoglichen Anwesen bleibt.«

Das machte es für sie fest. Sie würde nach Hause gehen und packen, dann zur Farm in Sussex aufbrechen. Im Winter zu reisen war nicht ihre liebste Beschäftigung, aber es wäre ein Segen von ihrem Vater weg zu sein. Sie sagte nicht einmal ihren engsten Freundinnen, wie schrecklich es sein konnte. Diana und Narissa hatten keine Ahnung, wie schwer es für sie sein konnte aus dem Haus zu schleichen oder auch nur offen eine Erlaubnis zu erlangen eine Veranstaltung zu besuchen. Sie lebte nicht das unbeschwerte Leben, wie sie glaubten, dass sie es tat. Der Hauptgrund, warum sie nach einem Ehemann gesucht hatte, war, um der Kontrolle ihres Vaters zu entfliehen. Jetzt musste sie nicht heiraten, außer sie wollte es. Sie war frei darin ihr Leben zu leben und sich niemals wieder über etwas Sorgen zu machen.

»Ich danke Ihnen so sehr.« Katherine kam auf ihre Füße. »Wie bald kann ich dorthin reisen?«

»Ich kann jederzeit eine Kutsche bereit haben, um Euch dorthin zu bringen. Wann wünscht Ihr zu gehen?« Er stand auf und ging um den Schreibtisch an ihre Seite. »Die Diener wissen bereits über Eure Inhaberschaft Bescheid und erwarten Euren Besuch. Sie sind aufgeregt Euch kennenzulernen. Sie alle liebten Eure Großmutter.«

»Ich würde gerne morgen beim ersten Licht gehen.« Katherine konnte es nicht erwarten die Diener zu treffen. Wenn sie ihre Großmutter liebten, wie sie es tat, hätten sie viel zu besprechen. »Ist das zu bald?«

»Überhaupt nicht«, versicherte er ihr. »Ich lasse die Kutsche bereitmachen. Benötigt Ihr eine Anstandsdame oder nehmt Ihr eine Zofe mit?«

Betty würde sie sehr gerne begleiten. Sie war die einzige Dienerin im Haushalt ihres Vater, die alleinig loyal gegenüber Katherine war. »Meine Zofe wird bei mir sein.« Sie verließen sein Büro und Mr. Adams holte ihren Umhang zurück, half ihr dann damit.

»Sehr wohl dann.« Er lächelte auf sie herunter. Wo er zuvor so kalt erschienen war, schien er jetzt – beinahe väterlich, oder zumindest, wie sie sich vorstellte, wie ein Vater sein sollte. »Vergesst nicht es mich wissen zu lassen, wenn Ihr irgendetwas von mir braucht. Sichere Reise auf Eurer Fahrt. Ich glaube, dass Ihr von der Farm angenehm überrascht sein werdet. Es ist ein wundervoller Ort. Ich war oft geschäftlich für Eure Großmutter dort zu Besuch.«

Sie hatte ihm bereits gedankt, aber es schien nicht genug. Er hatte ihr Leben in der Zeitspanne von weniger als einer Stunde verändert. Ja, es war tatsächlich ihre Großmutter, die ihr Leben erträglicher gemacht hatte, aber Mr. Adamson war der Überbringer der glänzenden Nachrichten. »Ich bin sicher, dass ich in Ordnung sein werde; falls jedoch etwas aufkommt, werde ich sichergehen Sie zu informieren. Haben Sie einen guten Tag.« Katherine nickte ihm zu und verließ dann das Büro des Anwalts. Zum ersten Mal seit Wochen ging sie mit einem Lächeln nach Hause und kein einziges Mal, nicht einmal in Gedanken, grummelte sie wegen der Kälte.

KAPITEL EINS

Ein Monat später …

Die Luft hatte eine kühle Frische an sich, aber zumindest war sie nicht beißend. Katherine saß in der Kutsche und studierte ihre Umgebung. Tattersall’s summte vor Aktivität. Einige Gentlemen waren bereits rundherum auf dem Hof, um die Pferde zu betrachten, als sie herausgebracht wurden, um am Rand des Hofs herumzurennen. Wenn sie das Pferdefleisch selbst anschauen wollte, würde sie aus der Kutsche steigen und sich ihnen anschließen müssen.

Sie nagte auf ihrer Unterlippe und holte dann tief Luft. Das war, was sie wollte. Ihre Großmutter hatte ihr eine Pferdefarm hinterlassen und Katherine war entschlossen sie komplett zu führen. Sie wollte sicherstellen, dass sie unabhängig sein konnte und keine junge Dame, die von der Gesellschaft verurteilt wurde. Ihr Wert würde nicht durch einen Mann oder ihre Verbundenheit zu einem festgelegt. Katherine war entschlossen auf eigenen Füßen zu stehen. Ihre Großmutter hatte ihr die Pferdefarm anvertraut und sie würde alles tun, was sie konnte, um sicherzustellen, dass diese gedieh.

Sie musste nur aus der Kutsche heraus und sich dafür wappnen all die gönnerhaften Haltungen der Gentlemen zu erdulden. Eine Frau besuchte keine Tattersall’s Auktion zum Zweck ein Pferd zu erstehen, oder nun ja, überhaupt etwas. Es gab viele Zeiten, in denen es ein wirklicher Nachteil war als weibliche Person geboren zu sein. Im Moment konnte sie sich nicht an ein einziges Mal erinnern, als es vorteilhaft war eine Frau zu sein. Katherine seufzte und holte tief Luft. Sie schob die Kutschentür auf und trat hinaus.

Niemand hielt an, um in ihre Richtung zu blicken. Sie nahm das als gutes Zeichen und bewegte sich weiter vorwärts, bis sie die Veranda erreichte. Tattersall’s hielt seine Auktionen draußen im Hof ab, eingeschlossen auf drei Seiten durch eine breite Veranda, die durch Säulen gestützt war. Voraussichtliche Käufer und Zuschauer sammelten sich im Hof. Nachdem alle versammelt waren, würden dann die Pferde freigelassen werden, um an der Eingrenzung herumzurennen. Sobald das abgeschlossen war, wurden sie dann zum Verkauf angeboten.

Katherine wischte mit ihren Händen über ihre hellblaue Robe aus Wolle, glättete den Stoff, zog dann ihren Umhang enger um sich, um die Kälte draußen zu halten. Dann stellte sie sicher, dass die Bänder an ihrem breiten Bonnet gesichert waren. Es wäre besser für sie, wenn sie niemandes Aufmerksamkeit erhaschte. Sie konnte ihre Auswahl treffen und eine Banknote für die Zahlung hinterlassen, sich dann auf ihren Weg machen. Die Pferde, die sie erstand, konnten an ihre Farm geliefert werden. Es klang alles gut in der Theorie. Das nervöse Flattern in ihrem Magen deutete an, dass etwas misslingen würde.

Sie erreichte die Einzäunung entlang des Geländes und wartete, dass die Pferde losgelassen wurden. Wind blies über ihr Gesicht, fror ihre Wangen ein. Katherine blickte ängstlich in Richtung der Koppel. Sie hätte ihren Stallmeister mitnehmen sollen. Es wäre noch immer ihre Entscheidung, welches Pferd gekauft wurde, aber ihn dabei zu haben hätte ihr etwas Glaubwürdigkeit geschenkt. Warum hatte sie das nicht bedacht, bevor sie sich zu Tattersall’s wagte?

»Hmpf.« Ihr Atem wurde aus ihr geschlagen, als ein Gentleman in der Nähe sie zur Seite stieß. »Bitte, Sir«, sagte sie. Katherine konnte die Verärgerung nicht aus ihrer Stimme halten. »Passen Sie auf, wo sie mit Ihren Armen hin schwingen. Sie haben mich beinahe auf den Boden gedrückt.« Ihre Seite schmerzte, wo er sie getroffen hatte.

»Ich bitte um Verzeihung«, sagte der Gentleman. »Es war nicht meine Absicht …«

»Selbstverständlich war es das nicht«, schalt sie ihn. »Benehmen Sie sich immer so rüde, wenn sie draußen in der Gesellschaft sind?«

Er hob eine Braue. »Das ist nicht genau die Gesellschaft …«

Selbstverständlich hatte er Recht. Das war keine Soiree oder ein Ball, aber es war dennoch eine Zusammenkunft des gehobenen Kreises. Nicht jeder konnte es sich leisten ein Pferd zu kaufen. Sie war willens zu wetten, dass mehr Lords hier bei Tattersall’s waren als irgendjemand aus der Arbeiterklasse. Katherine begegnete dem Blick des Gentleman und ihre Worte blieben in ihrer Kehle stecken. Sie kannte diesen speziellen Mann. Es war der Marquess of Holton und sie war ihm vorgestellt worden, als ihre Freundin Diana, jetzt die Countess of Northesk, von ihrem Ehemann hofiert worden war. Katherine hatte sich zu dem Marquess hingezogen gefühlt, aber er war während der Theatervorstellung, die sie zu dieser Zeit besucht hatten, ziemlich unhöflich gewesen. »Lord Holton«, schaffte sie schließlich die Worte heraus zu zwingen.

Er zuckte dabei, seinen Namen von ihr zu hören, überrascht nach hinten. Lord Holton kniff seine Augen zusammen und studierte sie. Ihr Bonnet bedeckte einen guten Teil ihres Gesichts, wie sie es beabsichtigt hatte, als sie es früher an diesem Morgen aufgesetzt hat. »Lady Katherine?«

Sie nickte. Für einen Moment hatte sie gedacht, dass er sich vielleicht nicht an sie erinnerte. Es musste ihr Bonnet sein, das ihn daran hinderte komplett ihr Gesicht zu sehen. Zumindest hoffte sie das. »Ja, my Lord.«

»Was zum Teufel machen Sie bei Tattersall’s?«

»Nun ja«, begann sie. »Ist es nicht offensichtlich?« Sie gestikulierte in Richtung der Koppeln. »Was tut man normalerweise bei einer Pferdeauktion?«

Er runzelte die Stirn. »Eine Dame kommt nicht hierher, um ein Pferd zu erstehen.« Lord Holton verschränkte seine Arme über seiner Brust. »Sie schickt jemanden, der in ihrem Namen handelt. Was haben Sie sich dabei gedacht hierherzukommen? Bitte sagen Sie mir, dass Sie nicht allein sind.«

Sie nagte an ihrer Unterlippe. Sie konnte nichts dergleichen tun. Katherine war allein gekommen und sie würde sich nicht dafür entschuldigen die Kontrolle über ihr Leben ergriffen zu haben. »Was, wenn ich das bin?«

 

Er schüttelte seinen Kopf und seine Lippen bildeten eine dünne weiße Linie. »Weiß Ihr Vater, dass Sie hier sind?«

Ihr Vater, der Duke of Gladstone, schenkte ihr keine Aufmerksamkeit, zumindest keine der guten Art. Er war kontrollierend, aber niemals gemein. Er war vernarrt in seinen Erben, ihren Bruder Kendrick, und ignorierte sie. Als sie verkündete, dass sie auf die Pferdefarm, die ihre Großmutter ihr hinterlassen hatte, ziehen würde, hatte es ihn nicht gekümmert. Zumindest nicht sobald er erkannt hatte, dass er die Kontrolle darüber nicht von ihr an sich reißen konnte. »Mein Vater hat wichtigere Angelegenheiten, mit denen er sich befasst, als meinen Aufenthaltsort.«

Lord Holton blicke finster drein: »Sie benötigen einen Aufseher.«

Sie begegnete seinem Blick und wankte nicht ein einziges Mal. Es diesem Mann zu erlauben sie einzuschüchtern würde ihm nur die Oberhand schenken. Katherine weigerte sich es ihm zu erlauben irgendeine Kontrolle über sie zu haben, ganz egal wie klein. »Das ist eine Meinungssache.«

Das erste Pferd wurde aus der Koppel herausgelassen, um auf dem Gelände herumzurennen. Katherine drehte sich von ihm weg und brachte ein wenig Distanz zwischen sie beide, aber es entging ihr nicht, was er vor sich hin murmelte.

»Gott beschütze mich vor Teufelsbraten …«

Nun ja, er musste sich nicht mit ihr bekümmern. Sie brauchte seine Unterstützung nicht. Katherine war fähig selbst auf sich aufzupassen …


Bennett konnte nicht glauben, dass Lady Katherine Wilson bei Tattersall’s war. Die Pferdeauktion war nicht der Ort für eine Frau aus gutem Hause. Ihr Vater sollte mehr Sorge um ihren Ruf tragen und das sollte sie auch. Lady Katherine mochte glauben, dass es ein unschuldiges Unterfangen war, aber da waren weitaus mehr Gentlemen anwesend als Damen, und sie war allein gekommen. Ihr Mangel an einer Aufsichtsperson ließ sie offen für einen Skandal und für Halunken mit lasziven Absichten.

Er behielt sie im Blick, verärgert durch die gespaltene Absicht. Bennet wollte sie ignorieren, aber er konnte es nicht. Es war nicht in ihm eine Dame in Notlage zu verlassen und, ob sie es erkannte oder nicht, sie brauchte ihn. Eine Dame war einfach nicht sicher auf sich allein gestellt und irgendwie musste er sicherstellen, dass sie diese Tatsache einsah. Sir Goliath, den Hengst, den er zu sehen gekommen war, wurde aus der Koppel herausgelassen, um an der Umzäunung entlang zu rennen. Er hatte ein hübsches kastanienfarbenes Fell und eine dunkle schwarze Mähne. Sein Schweif war in demselben Mitternachtston wie seine Mähne. Seine Muskeln wogten, während er eine Runde im eingezäunten Bereich machte. Dieses Pferd war wunderschön und genau das, auf was er gehofft hatte. Er würde auf ihn bieten, wenn die Auktion begann.

Lady Katherine hatte sich ein wenig weiter von ihm wegbewegt, aber das war in Ordnung. Sie war noch immer in seinem Blickfeld und nahe genug, dass er ihr zu Hilfe kommen könnte, falls notwendig. Sie ließen die restlichen Pferde aus der Koppel, um auf dem Gelände umher zu rennen, aber das kümmerte ihn nicht. Er hatte das Pferd, das er zu sehen gekommen war, gesehen.

Nachdem alle Pferde ihren Lauf beendet hatten und jeder in der Lage gewesen war sie zu begutachten, begannen sie die Auktion. Einige Pferde wurden versteigert, bevor der Hengst auf das Podest kam. Lady Katherine hatte zugesehen, aber auf nichts geboten. Gut. Sie musste aus Angelegenheiten draußen bleiben, in die sie nicht gehörte.

Das Bieten auf Sir Goliath begann. Lady Katherine schrie ihr Gebot heraus, was Bennett überraschte. Was zum Teufel. Er bewegte sich zu ihr herüber, lehnte sich dann herunter und flüsterte in einem barschen Ton: »Was tun Sie denn?«

»Auf den Hengst bieten«, sagte sie. »Ich würde annehmen, dass das durch meinen Schrei klar ist.«

Er blickte finster auf sie herunter. Ihr Gebot hatte ihn von seiner eigenen Absicht abgelenkt das Pferd zu erlangen. Er schrie eine viel größere Zahl heraus als der letzte Bieter. Katherine erwiderte seinen finsteren Blick und schrie ein weiteres Gebot heraus. »Sie werden dieses Pferd nicht gewinnen«, sagte er zu ihr. »Ich werde Sir Goliath haben.«

»Ich brauche dieses Pferd«, sagte sie und flehte mit ihren Augen. »Nehmen Sie ihn mir nicht weg.«

Er ignorierte ihr aufrichtiges Flehen. Bennet hatte dieses Pferd gewollt, bevor sie überhaupt angefangen hatte für Sir Goliath zu bieten. Er würde sie nicht überbieten, um sie davon abzuhalten einen Fehler zu machen, sondern weil es seine Absicht war das Pferd für sich selbst zu gewinnen, wie er es immer beabsichtigt hatte. Nachdem er das Pferd gewonnen hatte, würde er ihr das alles erklären. Er begehrte das Pferd, seit er von Sir Goliaths Linie gehört hatte. Bennett beabsichtige mit dem Hengst in den kommenden Frühlings-Rennen für Premium-Pferde mitzumachen.

Katherine schrie wieder, hoffte, das Pferd zu gewinnen. Er überbot sie bei jeder Runde. Er hatte die Geldmittel, um so hoch zu gehen, wie er wollte. Obwohl sie die Tochter eines Herzogs war, bezweifelte er, dass sie genug Nadelgeld hatte, um ihn zu schlagen. Er fand Vergnügen darin zu gewinnen. Als die Auktion vorüber war, wandte er sich ihr mit einem selbstzufriedenen Lächeln zu. »Sie hätten sich nicht die Mühe machen sollen.«

Sie stampfte vor Wut mit ihrem Fuß auf. »Sie sind skrupellos.«

»Liebste«, sagte er in einem herablassenden Tonfall. »Ich habe Sie vor sich selbst beschützt.«

»Ohh …« Sie stampfte wieder mit ihrem Fuß auf. »Ich hasse Sie. Sie wissen nicht, was Sie getan haben, aber ich kann versprechen, dass Sie mich heute vor nichts beschützt haben. Sie haben Pläne zerstört, die ich jetzt schon seit Monaten sorgfältig festgelegt habe.«

»Es gibt keinen Bedarf einen solchen Wirbel zu machen. Es ist ein Pferd. Wie könnte es irgendetwas zerstören, wenn ich anstatt Sie es erhalte?« Er hob spöttisch eine Braue. »Es gibt andere Pferde.« Er gestikulierte zu einem anderen Hengst, der versteigert wurde, während sie stritten. »Das sollte für jegliches, das sie benötigen mögen, genügen.«

Sie hob trotzig ihr Kinn. »Nein, das wird er nicht, Sie verflixter Ochse.« Lady Katherine schüttelte ihren Kopf und starrte ihn an, als ob sie etwas Widerwärtiges geschluckt hatte. »Es gibt nur ein Pferd, das für das, was ich geplant habe, funktionieren würde, und Sie haben mir das weggenommen. Ich wusste nach der Nacht im Theater, dass Sie mich nicht sehr mochten, aber ich habe nicht geglaubt, dass Sie mich hassen.«

»Ich hasse Sie nicht.« Das würde mehr Gefühle oder Gedanken suggerieren als er ihr geschenkt hatte. Sie war ein liebreizendes Kindchen, mit dunklem Haar und bemerkenswerten blauen Augen, aber sie hatte ihn auf die eine oder andere Weise nicht gekümmert. »Ich habe dieses Pferd gekauft, weil ich es wollte. Der Wunsch es zu besitzen hatte nichts mit Ihnen zu tun. Sir Goliath wird ein Rennpferd sein.«

»Das weiß ich, Sie Tölpel.« Sie schäumte vor Wut. »Er ist der Grund, warum ich überhaupt zu der Auktion gekommen bin.« Lady Katherine presste ihre Lippen fest aufeinander. »Ich benötige keinerlei Erklärungen von Ihnen darüber, welch ein Qualitätspferd Sir Goliath ist.«

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