Literatur im Berufsfachschulunterricht

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Aus der Reihe: Didaktische Hausapotheke #5
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Literatur im Berufsfachschulunterricht
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Daniela Plüss, Saskia Sterel

Literatur im Berufsfachschulunterricht

Allgemeinbildung und Berufsmaturität

Didaktische Hausapotheke, Band 5

ISBN Print: 978-3-0355-0304-3

ISBN E-Book: 978-3-0355-0305-0

Coverfoto: Thinkstock

1. Auflage 2016

Alle Rechte vorbehalten

© 2016 hep verlag ag, Bern

www.hep-verlag.ch

Inhalt

Vorwort des Herausgebers

Didaktische Vorüberlegungen

1Ein Text – zwei Zielgruppen

Thomas Hürlimann – Der Liebhaber der Mutter

2Anforderungen in den Rahmenlehrplänen

2.1Allgemeinbildung

2.2Berufsmaturität: Deutsch

3Didaktisches Material und Umsetzungsmöglichkeiten für beide Zielgruppen

3.1Der Autor ist nicht der Erzähler

3.2ZOPEF

4Berufsmaturität

4.1Partizipation und Neugier

4.2Das Unterrichtsgespräch im Literaturunterricht

5Fazit

6Kurzgeschichten für ABU und BM-Unterricht

Literatur

Die Autorinnen

Vorwort des Herausgebers

Hausapotheke? Man denkt an Schnittwunden, Kopfschmerzen, Sodbrennen, an Halswehtropfen, Jod und Leukoplast – vielleicht auch an Baldrian, wenn die Nerven flattern. Unsere «didaktischen Hausapotheken» haben aber mehr zu bieten als Pülverchen und Pflästerchen für den Unterrichtsnotfall. Jedes Heft greift aktuelle Fragen aus Unterrichtspraxis und Schulalltag auf und liefert dazu eine Mixtur von nützlichem Hintergrundwissen, Anstössen zur Reflexion und praktischen Rezepturen. Und immer sind unsere didaktischen Hausmittelchen gezielt auf die wichtigsten Kompetenzen dosiert, die Sie in Ihrer Unterrichts- und Ausbildungstätigkeit benötigen, bezogen auf die typischen Handlungsfelder* einer Lehrperson in der Berufsbildung. Keine schnellen Pillen also, sondern Anleitung zur Selbsthilfe bei der Entwicklung der eigenen Berufskompetenz.

Von Notfall kann beim Thema dieses Hefts ohnehin keine Rede sein: Zumindest im allgemeinbildenden Unterricht ist der Einbezug von literarischen Werken nie wirklich zwingend. Dafür verspricht er Lehrenden und Lernenden eine Erweiterung des Bewusstseinshorizonts und Sinnangebots – über die eigene, unmittelbare Erfahrung hinaus: «In der Literatur geschieht ja in kurzer Zeit viel mehr als im wirklichen Leben», wie es eine unserer Studierenden ausgedrückt hat.

Mit welchen Instrumenten sich das volle Wirkungsspektrum dieses Mittels im Unterricht ausschöpfen lässt, zeigen zwei erfahrene Dozentinnen im vorliegenden Heft.

Christoph Städeli

Leiter der Abteilung Sekundarstufe II/Berufsbildung

Pädagogische Hochschule Zürich

Didaktische Vorüberlegungen

Welchen Gewinn kann der Umgang mit Literatur den Lesern bieten? Und: Welche Folgerungen ergeben sich daraus für einen Literaturunterricht, der veränderlichen gesellschaftlichen Anforderungen und grundlegenden Bildungszielen der Gesellschaft verpflichtet ist? (Leubner/Saupe/Richter 2012, S. 26)

Das sind Fragen, die jede Lehrperson für sich klären muss, bevor sie im Unterricht ein literarisches Werk behandelt. Nur so wird sie überzeugend argumentieren können, wenn Lernende sich erkundigen, wozu der oder jener Text «nütze» sei, wenn man Polymechanikerin oder Koch lerne. Lehrpersonen, die in der Grundbildung oder in der Berufsmaturität unterrichten, müssen sich dieser Herausforderung stellen.

Im Unterricht dient Literatur als Wahrnehmungs-, Deutungs- und Sinnangebot:

Sie bietet Lernenden eine kognitive, soziale und emotionale Entlastung in Form von Projektion, Empathie und Perspektivenwechsel.

Sie konfrontiert Lernende mit den verschiedensten Lebensentwürfen und Charakteren.

Sie ermöglicht Lernenden, sich ihrer selbst zu versichern, eigene Lebenskonzepte aber auch zu hinterfragen und zu modifizieren.

Sie ermöglicht ein Probehandeln.

Sie präsentiert die «wirkliche» Welt in einer Weise, die die Aneignung von Informationen unterstützt und erleichtert.

Sie ermöglicht eine sowohl kognitive als auch affektive Aneignung der dargestellten Inhalte.

Sie bietet durch Anschlusshandlungen die Möglichkeit einer überindividuellen Sinndeutung.

Lernende sollen von literarischen Werken vor allem emotional angesprochen werden. Nun lassen sich Emotionen graduell unterscheiden: semantisch evozierte Emotionen nach einer Erstrezeption, kognitiv gelenkte Emotionen, die den Leser in seiner Aufmerksamkeit steuern; und das Vergnügen oder Missvergnügen, das die Leserin zu einer Interpretation motiviert (vgl. Arbeitskreis Literaturdidaktik 2012, S. 33 ff.).

Für den Unterricht wichtig scheint uns der Kommentar von Leubner, Saupe und Richter, die eine emotionale Annäherung an den Text für plausibel befinden, wenn sie im Text auch nachvollziehbar ist. Emotionale Unmutsäusserungen oder euphorisch bekundetes Gefallen der Lernenden sind also konstruktiv, sofern sich die Meinungen im vorgelegten Text nachweisen lassen.

Über Fragen oder kompetenzorientierte Aufträge lassen sich Emotionen in Erfahrung bringen und für die Texterschliessung lernwirksam verwenden. Denn darum geht es im Literaturunterricht an Berufsfachschulen – und zunächst also darum, in das Erschliessen von fiktionalen Texten einzuführen.

Dabei wollen wir die Lernenden mit didaktischen Vorgaben zur Erschliessung von Literatur nicht zum Schweigen bringen. Wir wollen vielmehr für sie Brücken schlagen. Im allgemeinbildenden Unterricht stehen sinnvolle Aktualitätsbezüge im Mittelpunkt; über den Lernbereich «Sprache und Kommunikation» soll eine Querverbindung oder Verknüpfung mit einem Thema aus dem Lernbereich «Gesellschaft» hergestellt werden. In der Berufsmaturität bietet Literatur im Fach Deutsch ein Sprungbrett für das interdisziplinäre Arbeiten in Fächern (IDAF).

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