Backen mit Roggensauerteig

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Backen mit Roggensauerteig
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CHRISTIAN OFNER

Backen mit
ROGGENSAUERTEIG

OFNERS BACKSCHULE

Band 1



LEOPOLD STOCKER VERLAG GRAZ – STUTTGART

Impressum

Fotonachweis: Irmtraud Weishaupt-Orthofer (S. 9), Pezibear/Pixabay (S. 12 oben), Neelam/Pixabay (S. 12 unten) Alle übrigen Fotos: Kurt Elmleitner (www.kurt-elmleitner.at)

Der Inhalt dieses Buches wurde vom Autor und vom Verlag nach bestem Gewissen geprüft, eine Garantie kann jedoch nicht übernommen werden. Die juristische Haftung ist ausgeschlossen.

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BIBLIOGRAPHISCHE INFORMATION

DER DEUTSCHEN NATIONALBIBLIOTHEK

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Hinweis: Dieses Buch wurde auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die zum Schutz vor Verschmutzung verwendete Einschweißfolie ist aus Polyethylen chlor- und schwefelfrei hergestellt. Diese umweltfreundliche Folie verhält sich grundwasserneutral, ist voll recyclingfähig und verbrennt in Müllverbrennungsanlagen völlig ungiftig.

ISBN 978-3-7020-1890-0

eISBN 978-3-7020-1963-1

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger jeder Art, auszugsweisen Nachdruck oder Einspeicherung und Rückgewinnung in Datenverarbeitungsanlagen aller Art, sind vorbehalten.

© Copyright: Leopold Stocker Verlag, Graz 2020

Umschlaggestaltung, Layout und Repro:

Werbeagentur Rypka GmbH, A-8143 Dobl/Graz, Unterberg 58-60, www.rypka.at


Inhaltsverzeichnis

ALPHABETISCHES REGISTER

DANKESCHÖN

MEINE REZEPTE SCHREIBT DIE NATUR

GESCHICHTLICHES

VERBREITUNG DES BROTS

ENTWICKLUNG DER BÄCKERZUNFT

VOM BÄCKERHANDWERK ZUR „BACKINDUSTRIE”

DAS WICHTIGSTE ZUERST: MEHL

VOM GETREIDEKORN ZUM MEHL

VERWENDETE MEHLE UND TRIEBMITTEL

MEHLSORTEN

TRIEBMITTEL

WEITERE BACKZUTATEN

BROTGEWÜRZE

SALZ

MALZ

KÖRNER, SAATEN UND NÜSSE

FETT

BIO ODER REGIONAL?

BACKUTENSILIEN

HELFERLEIN BEI DER TEIGZUBEREITUNG

HELFERLEIN BEI DER TEIGAUFARBEITUNG

HELFERLEIN BEIM BACKEN

DER NATURSAUERTEIG

SAUERTEIGARTEN

ALLGEMEINES ZUM BACKEN MIT SAUERTEIG

GUTE GRÜNDE FÜR DAS BACKEN MIT SAUERTEIG

ERSTMALIGE HERSTELLUNG VON NATURSAUERTEIG

SCHRITT FÜR SCHRITT ZUM ANSTELLGUT (SAUERTEIGANSATZ)

VOM ANSTELLGUT ZUM FERTIG GEREIFTEN SAUERTEIG (ANFRISCHEN)

SAUERTEIG LAGERN

SO GELINGT IHR NATURSAUERTEIG

OPTIMALE BEDINGUNGEN FÜR DIE SAUERTEIGREIFUNG

ROGGENSAUERTEIG UND SEINE FÜHRUNGSARTEN

MEHR ANSTELLGUT – SCHNELLER ZUM REIFEN SAUERTEIG

LAGERN, PFLEGEN, FÜTTERN UND WEITERZÜCHTEN VON NATURSAUERTEIG

KONSERVIEREN UND REAKTIVIEREN VON NATURSAUERTEIG

SAUERTEIG ODER HEFE

TEIGZUBEREITUNG

TEMPERATUR ALS WICHTIGER GELING-FAKTOR

DAS KNETEN

TEIGAUFBEREITUNG VON BROT UND KLEINGEBÄCK

FESTIGKEIT DES TEIGS

WELCHE FORM DARF’S SEIN?

GEHEN LASSEN NACH DEM FORMEN: STÜCKGARE

ERKENNEN DER RICHTIGEN GARE

GÄRREIFE UND IHRE AUSWIRKUNGEN BEIM BACKEN

RICHTIGES BACKEN VON BROT UND KLEINGEBÄCK

BACKEN IM HAUSHALTSBACKOFEN

BROT- BZW. GEBÄCKFEHLER UND DEREN URSACHEN

SÄUERUNGSFEHLER/SAUERTEIGFEHLER

KRUSTENFEHLER

KRUMENFEHLER

BROTFEHLER, DIE BEIM AUFARBEITEN ENTSTEHEN

BROTFEHLER, DIE BEIM BACKEN ENTSTEHEN

GERUCH & GESCHMACK

ANDERE FEHLER

FRAGEN AN DEN BÄCKERMEISTER

BEVOR’S LOSGEHT: EMPFEHLUNGEN VOM BÄCKERMEISTER

WAS SIE UNBEDINGT BEACHTEN SOLLTEN

LITERATURVERZEICHNIS

SCHRITT FÜR SCHRITT ZUM SELBST GEMACHTEN BROT

 

ROGGENSAUERTEIGBROTE: RUNDE LAIBE

RUNDEN LAIB FORMEN, SCHLUSS OBEN, MIT GEWÜRZEN BESTREUT

RUNDEN LAIB FORMEN, SCHLUSS UNTEN

BAUERNBROT

BURGENLÄNDER

LANDBROT

ROGGEN-DINKEL-GEWÜRZBROT

VINSCHGAUER

BUSCHENSCHANKBROT

WALDBAUER

TIROLER BROT

ROGGENSAUERTEIGBROTE: WECKEN UND KASTENBROTE

WECKEN FORMEN, SCHLUSS OBEN

BERGSTEIGERBROT

BUTTERMILCHBROT

HALBWEISSER WECKEN

ROGGEN-DINKEL-WECKEN

REINES ROGGENBROT

STEINPLATTENBROT

ÖLSAATENBROT

KÜRBISKERNWANDL

NUSSWANDL

ROGGENSCHROT-KASTENBROT

ROGGEN-DINKEL-KASTENBROTE

GEWÜRZ-KASTENBROTE

KLEINGEBÄCK AUS ROGGENSAUERTEIG

RUNDE BZW. VIERECKIGE WECKERLN MIT BESTREUUNG

WURZELSTANGERLN

EINGEDREHTE STANGERLN

BROTWURZ’N

BROTWECKERLN

BUTTERMILCHLAIBCHEN

KÜRBISKERNWECKERLN

SPECKWECKERLN

VINSCHGERLN

SONNENBLUMENWECKERLN

ROGGEN-SESAMKRUSTEN-LAIBCHEN

RUSTIKALE ROGGEN-DINKEL-HONIGSTANGERLN

BOSNIAKEN

FACHBEGRIFFE AUS DEM BÄCKERHANDWERK

WAS TUN, WENN ... ?

BÄCKERMEISTERS „ERSTE HILFE”

Alphabetisches Register

SCHRITT-FÜR-SCHRITT-ANLEITUNGEN

NATURSAUERTEIG ANFRISCHEN

NATURSAUERTEIG ERSTMALS SELBER MACHEN

NATURSAUERTEIG LAGERN, PFLEGEN, FÜTTERN UND WEITERZÜCHTEN

TEIG AUFARBEITEN

TEIG GEHEN LASSEN

TEIGBEREITUNG

TEIGLING EINSCHIESSEN UND BACKEN

VORHEIZEN UND GARPROBE

WIRKEN (EINGEDREHTE STANGERLN)

WIRKEN (RUNDE LAIBE)

WIRKEN (RUNDE WECKERLN)

WIRKEN (VIERECKIGE WECKERLN)

WIRKEN (WECKEN UND KASTENBROTE)

WIRKEN (WURZELSTANGERLN)

REZEPT-REGISTER

BAUERNBROT

BERGSTEIGERBROT

BOSNIAKEN

BROTWECKERLN

BROTWURZ’N

BURGENLÄNDER

BUSCHENSCHANKBROT

BUTTERMILCHBROT

BUTTERMILCHLAIBCHEN

GEWÜRZ-KASTENBROTE

HALBWEISSER WECKEN

KÜRBISKERNWANDL

KÜRBISKERNWECKERLN

LANDBROT

NUSSWANDL

ÖLSAATENBROT

REINES ROGGENBROT

ROGGEN-DINKEL-GEWÜRZBROT

ROGGEN-DINKEL-KASTENBROTE

ROGGEN-DINKEL-WECKEN

ROGGENSCHROT-KASTENBROT

ROGGEN-SESAMKRUSTEN-LAIBCHEN

RUSTIKALE ROGGEN-DINKEL-HONIGSTANGERLN

SONNENBLUMENWECKERLN

SPECKWECKERLN

STEINPLATTENBROT

TIROLER BROT

VINSCHGAUER

VINSCHGERLN

WALDBAUER



Dankeschön!

Es gibt viele Menschen, denen ich großen Dank aussprechen möchte. Der größte Dank gilt aber zuerst einmal Ihnen, liebe Leserinnen und Leser dieses Buches! Nur durch meine große Fangemeinde kann ich meinen Traum als Backprofi leben.

Das Selberbacken von Brot ist mittlerweile ein großer Trend geworden – und ich bin stolz darauf, daran nicht ganz unschuldig zu sein.

Besonderen Dank möchte ich, wie auch schon bei meinen vorigen Büchern, meinem Freund und Fotografen Kurt Elmleitner aussprechen. Unsere Fotosessions haben wir nie als Arbeit gesehen. Wir hatten immer großen Spaß, und unsere Ansprüche wurden auch immer größer.

Danke, lieber Kurt, für deinen Einsatz! Dieses Buch lebt ja von den tollen Bildern – ich freue mich bereits auf die nächsten Bände.

Ein Dankeschön an die Farina-Mühle in Raaba bei Graz. Wir durften in der Mühle fotografieren, und ich bekam auch stets Hilfe bei Fragen rund ums Mehl, den Mahlprozess u. v. m.

Vielen Dank auch dem Leopold Stocker Verlag in Graz, der seit 2012 an meiner Seite ist und es mir ermöglicht, weitere Bücher auf den Markt zu bringen.

Zu guter Letzt danke ich meiner lieben Frau Michaela, die einige Wochen abends auf mich verzichten musste. Sie hat mir während der Buchproduktion den Rücken komplett freigehalten und mich quasi abgeschottet, damit ich in Ruhe arbeiten konnte! Danke, liebe Michaela, du weißt, was für ein Spitzen-Team wir sind! Ohne dich wäre alles nicht so einfach gewesen!

MEINE REZEPTE SCHREIBT DIE
Natur!

Als ich im April 2019 meine Backschule an meinem Firmenstandort in Gleisdorf eröffnete, wurde ich von der heimischen Presse als „frisch gebackener Schuldirektor“ vorgestellt.

Bereits bei meiner großen Eröffnungsfeier kam mir der Gedanke, dass ich nun ja einen Bildungsauftrag meinen Backschülern gegenüber habe – Zeit also für eine komplett neue Buchserie!

Den ersten Band halten Sie gerade in Ihren Händen. Dieses Buch über das Backen mit Roggensauerteig zu schreiben, war für mich eine Herzensangelegenheit – und vor allem auch der große Wunsch meiner Fangemeinde. Deshalb dreht sich in diesem ersten Band der neuen Reihe „Ofners Backschule“ alles um den Natursauerteig: Von allgemeinen Informationen über die unterschiedlichen Methoden der Sauerteigführung bis hin zum Backen finden Sie hier alles Wissenswerte über Brot und Gebäck aus Roggensauerteig! Geschichtliches zum Thema Brot, die Herstellung von Mehl, Fachbegriffe, Tipps und Tricks rund um das Selberbacken sowie die Beschreibung möglicher Fehler und deren Vermeidung runden dieses Buch ab.

Die Herstellung von Natursauerteig habe ich besonders ausführlich beschrieben: Ich habe stets alle Arbeitsschritte genau dokumentiert, fotografiert und natürlich nach bestem Wissen und Gewissen niedergeschrieben.

Mit meinen reich bebilderten Schritt-für-Schritt-Anleitungen möchte ich Ihnen das Thema Backen mit Roggensauerteig schmackhaft machen und Ihnen zeigen, wie einfach das Selbermachen von Natursauerteig ist. Ich möchte Ihnen verständlich aufzeigen, wie Sie Fehler vermeiden und worauf Sie achten sollten, damit Ihr Brot und Gebäck wirklich gut gelingt.

Durch meine mittlerweile jahrzehntelange Erfahrung als Bäckermeister kann ich Ihnen mit diesem Buch im wahrsten Sinne des Wortes ein „Meisterwerk“ garantieren. Es freut mich ganz besonders, Ihnen traditionelle, typische Rezepte für Brot und Kleingebäck zu präsentieren: vom Bäckermeister persönlich kreiert und wie man sie vom Bäcker kennt (vielleicht nur noch etwas besser ).

 

Alle Rezepte in diesem Buch wurden mindestens fünfmal probegebacken und ausgiebig verkostet.

Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen viel Freude beim Nachbacken der Rezepte!



Meine Backschule ist mein ganzer Stolz und außerdem die erste Backschule in der Steiermark!





Geschichtliches

BROT IST EINES DER ÄLTESTEN NAHRUNGSMITTEL. BEREITS IN DER JUNGSTEINZEIT VOR RUND 11.000 JAHREN HABEN UNSERE VORFAHREN DAMIT BEGONNEN, GETREIDE ANZUBAUEN, WILDGETREIDE WURDE SCHON LANGE DAVOR ALS NAHRUNGSMITTEL GENUTZT.

Die ersten kultivierten Getreidesorten waren Einkorn und Emmer. Erst später nahm die Getreidevielfalt zu, und neue Sorten wie Weizen und Gerste wurden angebaut. Im rauen Klima Europas wurde lange Zeit nur Roggen kultiviert. Nachdem unsere Ahnen die Getreidekörner jahrelang einfach nur roh kauten, kam man irgendwann auf die Idee, das Getreide zu zerstampfen und mit Wasser zu einem Brei anzurühren. Bis zu dem Tag, als jemand seinen Brei auf einem heißen Stein vergaß und – Überraschung! – dieser Brei sich in eine Art Fladenbrot verwandelte. So war eine sehr praktische und vor allem lange haltbare Mahlzeit für zwischendurch entdeckt worden. Das Brot war jedoch nicht vergleichbar mit dem, wie wir es heute kennen, denn es war hart und trocken.

Die Ägypter waren vor etwa 6000 Jahren die ersten, denen es gelang, Brot zu backen, das dem von heute gleicht. Durch Zufall „entdeckten“ sie den Sauerteig: Ein Teigstück, das liegenblieb und vergessen wurde, entwickelte sich ganz von allein zum ersten Sauerteig. Natürliche Hefepilze und Milchsäurebakterien sorgten für eine Gärung. Diese war nicht nur für die spätere Namensgebung „Brot“ verantwortlich (ahdt. „prôt“ = „Gegorenes“). Der gärende Sauerteig lockerte auf wundersame Weise den Teig, sodass dieser luftig und saftig wurde, eine Tatsache, die wir heute noch nutzen.

DAS WUNDERSCHÖNE ZUNFTSCHILD EINER ALTEHRWÜRDIGEN BÄCKEREI IN GRAZ

Im Mittelalter waren die verschiedenen Handwerker in Zünften organisiert. Jedes Handwerk hatte sein eigenes Zeichen, das den Beruf bildlich darstellte. Die Brezel war das Zunftzeichen der Bäcker.

VERBREITUNG DES BROTS

Die alten Ägypter kannten schon mehr als 30 Brotsorten. Die „Brotesser“, wie sie manchmal scherzhaft genannt wurden, probierten herum, bauten neuartige Öfen und hatten sogar schon Bäckereien. Von Ägypten aus verbreitete sich die Kunst des Brotbackens und wurde in verschiedenen Regionen je nach den dort herrschenden Bedingungen (vorhandenes Getreide usw.) abgeändert. So verfeinerten z. B. Bäcker aus Athen ihr Brot mit Honig und Wein. Sie glaubten, die Götter hätten das Brotbacken erfunden, für sie war Brot daher ein Symbol der Götter. Für die weitere Verbreitung in Europa sorgten die Römer. Sie waren erfindungsreich, was die Verbesserung des Mahlvorganges betraf, mit ihren neuartigen Mühlen konnten sie sehr feines Mehl mahlen.

Für die breite Bevölkerung spielte Brot als Grundnahrungsmittel erst seit dem späten Mittelalter eine Rolle, da Brot bis dahin zu teuer war. Stattdessen war für einen Großteil der Bevölkerung gekochter Getreidebrei Alltagskost.

Das Bäckerhandwerk ist ein wunderbarer Beruf, Ich habe den Beruf des Bäckers in der Steiermark erlernt und war mit 22 Jahren der jüngste Bäckermeister des Landes.

ENTWICKLUNG DER BÄCKERZUNFT

In den Regionen, die heute zu Österreich gehören, ist der Beruf des Bäckers mindestens seit der Zeit Karls des Großen (768–814) bekannt. Damals arbeiteten überwiegend Leibeigene an Fronöfen oder Klosterknechte an Klosteröfen. Durch das Wachstum der Städte bildete sich im 10. Jahrhundert der Bäckerberuf als „freier“ Berufsstand heraus. Verwendet wurde die Berufsbezeichnung „Beck“ (kurz für „becker“) oder „Pfister“ (vom lateinischen „pistor“). Anfangs verfügten die wenigsten Bäcker über einen eigenen Ofen. Ihre Waren buken sie daher in den stadteigenen Öfen, die von den Bäckern nur abwechselnd genutzt werden konnten.

Etwa ab dem 12. Jahrhundert organisierten sich die Bäcker in Zünften, die ihre Interessen gegenüber der Politik vertraten und den Wettbewerb untereinander regelten. Zünfte beschafften für ihre Mitglieder unter anderem Arbeitsmaterial und Rohstoffe, schufen strenge Vorschriften für das Handwerk, legten Ausbildungsnormen fest, überprüften die Güte der Waren, bestimmten Preise, Löhne und Arbeitszeiten und kümmerten sich auch um die Alters- und Krankenversicherung von Mitgliedern. Bäcker, die sich nicht an die Zunftordnung hielten, wurden empfindlich bestraft und erhielten schlimmstenfalls Berufsverbot. Mit zunehmender Verbreitung des Bäckerberufs begann eine Spezialisierung, die sich wiederum in neuen Zünften organisierte. So unterschied man zwischen dem Schwarzbäcker, der Roggen- und halbweiße Brote herstellte, und dem Weißbäcker, der alle Sorten von Hefe- und Milchbrotwaren sowie Kuchen machte. In Süddeutschland bildete sich die Zunft der „Lebküchner und Pfefferküchler“, während sich in den Hansestädten beispielsweise die Bäcker von Schiffszwieback als „Hartbäcker“ organisierten.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts verloren die Zünfte ihre Macht und wurden aufgelöst. Es herrschte Gewerbefreiheit, so dass jeder seinen Beruf frei wählen konnte.

VOM BÄCKERHANDWERK ZUR „BACKINDUSTRIE“

Das Bäckerhandwerk war anstrengend und kräfteraubend. Über Jahrhunderte hinweg haben Bäcker auf ihre altbewährte Art und Weise Brot gebacken. Arbeitserleichterungen durch Maschinen gab es in Österreich erst nach dem Zweiten Weltkrieg.

Das meiste Brot, das in Supermärkten oder auch in großen Bäckereiketten erhältlich ist, wird heute industriell hergestellt und enthält eine Reihe von künstlichen Zusatzstoffen. Diese sorgen für resches und doch saftiges Brot. Konservierungsstoffe machen das Brot länger haltbar. Oftmals wird gar kein Sauerteig zum Backen verwendet. Sauerteig würde das Brot bekömmlicher machen, braucht aber viel Zeit zum Reifen, und diese Zeit gibt man dem Brot in der „Massenherstellung“ nicht.

Wenn Sie auf all diese künstlichen Zusatzstoffe, Konservierungsstoffe usw. verzichten wollen, wenn Sie wirklich gutes, bekömmliches und gesundes Brot haben wollen, backen Sie es selbst! Und zwar mit Sauerteig, wie es in diesem Buch beschrieben wird.


DAS WICHTIGSTE ZUERST:
Mehl

UNSER TÄGLICHES BROT IST EINES UNSERER GRUNDNAHRUNGSMITTEL. UND DABEI BESTEHT ES AUS WENIGEN GRUNDZUTATEN: MEHL, WASSER, SALZ UND TRIEBMITTEL, ALSO HEFE BZW. IN UNSEREM FALL SAUERTEIG.

Auf Wasser und Salz müssen wir an dieser Stelle nicht eingehen, aber zum Mehl und vor allem zum Sauerteig gibt es viele Informationen, die ich Ihnen in den nächsten Kapiteln detailliert näherbringen möchte. Zunächst geht es um die Hauptzutat: das Mehl.

Und dann soll hier auch kurz auf den Mahlvorgang eingegangen werden und warum es verschiedene Mehltypen und Feinheitsgrade gibt.

VOM GETREIDEKORN ZUM MEHL

Das Getreidekorn wird mit dem Einsetzen der Totreife am Feld geerntet. Meist bringen die Landwirte ihre Getreideernte zu Händlern, die das Getreide je nach Qualität einstufen (z. B. bei Weizen Premiumweizen, Qualitätsweizen, Mahlweizen, Futterweizen) und in geeigneter Form einlagern.

Das Getreide wird dann von Müllern bei den Händlern nach Bedarf bestellt; je nach Erntejahr kann es einen Überschuss oder einen Mangel an den verschiedenen Getreidequalitäten geben. Das spiegelt sich dann auch im Preis wider.

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