Vom Geheimnis der schönsten Liebe

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Vom Geheimnis der schönsten Liebe
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Vom Geheimnis der schönsten Liebe



Predigten über das Hohelied Salomos



Charles H. Spurgeon









Impressum



© 1. Auflage 2021 ceBooks.de im Folgen Verlag, Langerwehe



Autor: Charles H. Spurgeon



Cover: Caspar Kaufmann



ISBN: 978-3-95893-282-1



Verlags-Seite und Shop: www.ceBooks.de



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Inhalt





Titelblatt







Impressum







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Autor







Besser als Wein







Freude und Erinnerung







Die Gedächtnisfeier der Liebe Christi







Ein Bündlein Myrrhen







Die Rose und die Lilie







Die Lilie unter den Dornen







Die zarten Trauben







Ein Gesang unter den Lilien.







Der Liebe Wachsamkeit belohnt







Wie sieht der Herr seine Gemeinde?







Gnade zur Gemeinschaft







„Mein Garten“ ‒ „sein Garten“







Schlafend und doch wachend







Näher und teurer







Christi Vollkommenheit und Vorrang







Ganz lieblich







Die Wagen Ammi-Nadibs







Innere Konflikte







Auf unseren Geliebten gelehnt







Komm, mein Geliebter!







Letzte Seite






Autor



Charles Haddon Spurgeon wurde 1834 in Essex (England) geboren.



1850 kommt er zum Glauben und arbeitet bereits 1851 als Gemeindepastor in Waterbeach. 1854 bekommt er den Ruf in eine Londoner Gemeinde, wo er bis zu seinem Tod 1892 predigt. Er predigt gewaltig und mit Vollmacht. Seine Predigten üben einen großen Einfluss auf das geistliche Leben Londons aus und ziehen Leute aus allen gesellschaftlichen Schichten an. Seit 1855 werden sie wöchentlich in großen Auflagen über die ganze Welt verbreitet.



Abendmahlspredigten haben einen besonderen Glanz. Zu solchen Weihestunden versuchen die Boten Gottes, das Heiligste vom Heiligen wiederzugeben, um dann im Allerheiligsten dem Herrn zu begegnen.



C. H. Spurgeon wählte zum Abendmahl sehr oft Texte aus dem Hohelied Salomos. Das mag manchem unbegreiflich erscheinen.



Von den über 3500 veröffentlichten Predigten sind sie die tiefgründigsten Andachten, die der Fürst unter den Predigern gehalten hat. Sie sind das Kostbarste von all dem kostbaren, weil sie den verlangenden Christen direkt in die herrliche Gegenwart des ewigen Gottes und seines Sohnes Jesus Christus bringen.




Besser als Wein



„Deine Liebe ist besser als Wein.“ Hohelied Salomos l, 2



„Deine Liebe ist besser als Wein.“ In Erwägung dieser Worte, wie der inspirierte Schreiber sie hier gibt, will ich zunächst versuchen, euch zu zeigen, dass Christi Liebe besser ist als Wein in dem, was man darunter nicht verstehen sollte; zweitens, dass sie besser ist als Wein in dem, was sie ist. Außerdem wollen wir die mannigfaltigen Kundgebungen der Liebe Christi ins Auge fassen und schließlich die Liebe Christi wieder als ein zusammengehöriges Ganzes betrachten; denn obwohl es viele Formen derselben gibt, ist es doch immer eine und dieselbe Liebe.



I.



Ich möchte euch beweisen, dass Christi Liebe besser ist als Wein in dem, was man nicht darunter verstehen sollte.



Christi Liebe kann ohne Bedenken genossen werden. Es werden hinsichtlich des Weingenusses stets Fragen in der Welt aufgeworfen werden. Einige werden vielleicht wohlweislich sagen: „Lass die Hand davon“, während andere ausrufen: „Trinke reichlich davon“, und noch eine dritte Klasse sagt: „Gebrauche ihn mäßig.“ Aber hinsichtlich des vollen Genusses der Liebe Christi werden unter den wahren Christen keine Fragen auftauchen. Niemand unter ihnen wird sagen: „Halte dich fern davon“, und niemand von ihnen wird sagen: „Genieße sie mäßig“, sondern alle wahren Christen werden die Worte des himmlischen Bräutigams wiedergeben: „Trinkt, meine Lieben, trinkt reichlich.“ Die Weisheit, die Liebe Christi gern in uns aufzunehmen, wird nicht einmal von den reinen Geistern im Himmel angezweifelt werden; dies ist der Wein, den sie selbst aus ewigen Schalen zur Rechten Gottes reichlich trinken, und der Herr der Herrlichkeit fordert sie selber auf, reichlich davon zu trinken. Dies ist die höchste Wonne aller, welche Christus kennen und durch die neuschaffende Kraft des Heiligen Geistes neue Menschen geworden sind; dies ist die größte Freude hier auf Erden, und wir können nie zu viel davon haben. Viele glückliche Dinge, viele irdische Freuden, viele Vergnügungen dieser Welt sind sehr zweifelhafte Genüsse, und Christen tun wohl daran, sich fernzuhalten von allem, worin ihr Gewissen nicht vollkommen klar ist; aber im Blick auf den Herrn Jesus und die Liebe unserer Herzen zu ihm ist unser Gewissen rein, so dass in dieser Hinsicht seine Liebe besser ist als Wein.



Christi Liebe ist auch besser als Wein, weil sie ohne Geld zu haben ist. So mancher Mensch hat durch seine Liebe zu weltlichen Vergnügungen und besonders durch seinen Hang zum Wein sein Vermögen verschwendet und sich an den Rand des Ruins gebracht; nur die Liebe Christi ist ohne Geld zu haben. Was lesen wir in der Schrift? „Kommt und kauft beides, Wein und Milch, ohne Geld und umsonst.“ Die Liebe Christi ist nicht zu kaufen. Die Liebe Jesu kommt umsonst zu seinem Volk, nicht weil sie sie verdienen oder jemals verdienen werden, nicht weil sie sie durch ihre Verdienste oder Gebete gesichert haben; es ist freiwillige Liebe, die gleich einem Strom aus einer immer sprudelnden Quelle aus dem Herzen Christi fließt, weil sie kommen muss. Wenn ihr fragt, warum Jesus sein Volk liebe, können wir keinen anderen Grund angeben als diesen: „Also ist es wohlgefällig vor dir.“ Christi Liebe ist so weit wie der Sonnenstrahl, herrlich wie der Bergstrom, umfassend wie die Luft, die uns empfängt. Sie wird dem Kind Gottes ohne Kauf und ohne Verdienst zuteil, schon in dieser Hinsicht ist sie besser als Wein.



Darüber hinaus ist Christi Liebe besser als Wein, weil sie ohne Übersättigung zu genießen ist. Auch die süßesten Stoffe, die eine Zeitlang dem Geschmack angenehm sind, werden früher oder später widerlich. Wenn du Honig findest, magst du soviel davon essen, dass du die Süßigkeit nicht mehr ausstehen kannst; aber die Liebe Jesu ist einer neugeborenen Seele noch nie widerlich geworden. Wer am meisten von Christi Liebe hat, schreit: „Ich will mehr, mehr, mehr!“



Wir wünschen uns, in die Liebe Christi eingetaucht, in den Ozean der Liebe unseres Heilands eingesenkt zu werden. Kein Vertrauter des Herrn Jesus hat jemals gesagt, dass er von Christi Liebe genug habe. Armer Alkoholiker, wohl magst du des Teufels Kelch von dir werfen, weil du von dem tödlichen Trank übersättigt bist; wer aber von dem Wein der Liebe Christi trinkt, wird nie übersättigt oder auch nur befriedigt; er wünscht immer mehr und noch mehr davon.

 



Ferner ist Christi Liebe besser als Wein, weil sie ohne widerlichen Bodensatz ist. Jeder Wein hat etwas an sich, das ihn unvollkommen macht; da ist etwas, das sich setzen und abklären muss. So ist es mit allen Erden-freuden; es ist gewiss etwas in ihnen, das ihre Vollkommenheit stört. Die Menschen haben viele Künste bei ihren Freuden und Vergnügungen und Wonnen angewandt; aber sie haben immer irgendwo einen Haken oder Fleck gefunden.



Die Liebe Christi ist auch besser als Wein, weil sie nie sauer wird, was doch bei dem Wein der Fall sein kann. In gewissen Stadien der Entwicklung und unter gewissen Einflüssen bildet sich Essig anstatt Wein. Aber bei Christus sind solche Einflüsse wirkungslos. O, wie oft haben wir Ihn betrübt! Wir sind kalt und frostig gegen Ihn gewesen, wo wir wie im Feuer entzündete Kohlen hätten glühen sollen. Wir haben die Dinge dieser Welt geliebt, wir sind unserem Vielgeliebten untreu gewesen und unsere Herzen sind umhergeirrt; aber er ist nie sauer uns gegenüber geworden und wird es nie werden. Viele Wasser können seine Liebe nicht auslöschen und viele Ströme sie nicht ersäufen. Er ist jetzt noch derselbe liebende Heiland, der er gewesen ist und allezeit sein wird, und er wird uns zu der Ruhe bringen, die dem Volk Gottes noch vorhanden ist. Wahrlich, in allen diesen Beziehungen ist seine Liebe besser als Wein, weil keine dieser Unvollkommenheiten daran klebt.



Noch eins, Christi Liebe ist besser als Wein, weil sie keine schlechten Wirkungen erzeugt. Viele gewaltige Menschen sind vom Wein ruiniert worden. Salomo sagt: „Wo ist Weh? Wo ist Leid? Wo ist Zank? Wo ist Klagen? Wo sind Wunden ohne Ursache? Wo sind trübe Augen? Wo man beim Wein liegt und kommt auszusaufen, was eingeschenkt ist.“ Aber wer ist jemals von Christi Liebe ruiniert worden? Wer ist jemals durch diese Liebe elend gemacht worden? Wir sind nie berauscht davon gewesen, denn die Liebe Christi bewirkt oft eine so heilige Entzückung, dass man nicht sagen kann, ob man in oder außer dem Leibe gewesen ist, doch böse Wirkungen hat es nie gegeben. Wer da will, kann aus diesem goldenen Kelch trinken, und er mag trinken, soviel er will, denn je mehr er trinkt, desto stärker und besser wird er werden. Möchte Gott es uns gewähren, zu erkennen die Liebe Christi, die die Erkenntnis übertrifft.



II.



Aber Christi Liebe ist besser als Wein in dem, was sie ist. Lasst mich euch an den Nutzen des Weins im Morgenland erinnern. Oft wurde er als Medizin angewandt, denn er hat gewisse heilende Eigenschaften. Als der barmherzige Samariter den niedergeschlagenen Menschen fand, goss er „Öl und Wein“ in seine Wunden. Aber die Liebe Christi ist besser als Wein; sie mag nicht Wunden des Fleisches heilen, aber sie heilt die Wunden des Geistes. Denkst du noch daran, wie dein armes Herz durch das Wort des Moses durchstochen wurde, wie du die Wunden fühltest, die dir durch das Gesetz geschlagen wurden, die tödlichen Verletzungen, die durch menschliche Geschicklichkeit nicht geheilt werden konnten? Wie angenehm war da der Wein der Liebe Christi, der sich in deine klaffenden Wunden ergoss? Es waren heilende Tropfen wie diese: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken“; oder: „Das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde“; oder: „Alle Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben“; oder: „Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet.“ Vielleicht kann ich das Wort nicht zitieren, das wie Öl und Wein in deine Wunden floss; aber du erinnerst dich sehr wohl des Textes, der in dein Herz kam: „Wendet euch zu mir, aller Welt Enden, so werdet ihr selig.“ Wein, von Menschen gemacht, kann einem gebrochenen Herzen keine Medizin sein, schon gar nicht einen verwundeten Geist heilen; aber die Liebe Christi kann es, und sie tut es vollkommen.



Wein wurde von Menschen oft gebraucht, um den Schwachen Kräftigung zu bringen. Ob nun der Wein wirklich stärkt oder nicht, gewiss ist, dass die Liebe Jesu Kraft gibt, denn wenn die Liebe Jesu Christi in eines Menschen Herz ausgegossen wird, kann er schwere Lasten und Trübsale tragen. Die Liebe Christi hilft einem Menschen, die Kämpfe des Lebens zu bestehen; sie macht das Leben trotz aller Leiden und Trübsale zu einem glücklichen Leben; sie setzt einen Menschen in den Stand, große Taten zu tun; sie macht ihn stark zum Dulden, stark zum Selbstopfer und stark zum Dienst.



Wein wurde auch oft als das Symbol der Freude angewandt, und gewiss, in dieser Hinsicht ist Christi Liebe besser als Wein. Was für Freuden es auch in der Welt geben mag ‒ und es wäre töricht zu leugnen, dass es eine gewisse Art der Freude gibt, die auch die schlechtesten Menschen kennen ‒, so ist die Liebe Christi ihr doch weit überlegen. Menschliche Freude, aus irdischer Quelle geschöpft, ist ein trüber, schmutziger Pfuhl, davon Menschen nicht trinken würden, wenn sie wüssten, dass es einen kühleren, weit erfrischenderen Strom gibt. Die Liebe Jesu bringt eine Freude, die die Erde dem Himmel gleich macht. Sie ist deshalb viel besser als Wein.



Sie ist besser als Wein wegen der heiligen Heiterkeit, die sie schafft. Die Liebe Christi befähigt den ohnmächtigen Menschen, sich von seiner Schwäche zu erholen, so dass er sogar das Lager der Trübsal und Schwer-mut verlassen kann, und sie gibt dem Müden wieder neue Kraft. Bist du müde, Bruder, und fühlst du dich matt? Du hättest nur nötig, dass Christi Liebe in dein Herz ausgegossen würde. Ich bete zu Gott, dass wir alle da-von voll werden wie jene Gläubigen am Pfingsttage, von denen die Spötter sagten, dass sie voll süßen Weines wären. Mit Recht sagte Petrus, dass sie nicht trunken waren, wie die Menschen annahmen, sondern dass der Geist Gottes und die Liebe Christi sie mit ungewöhnlicher Kraft und ungewöhnlicher Energie erfüllten, und dass darum die Leute nicht wussten, was es war. Gott gewähre auch uns diese große Kraft, und Christus soll die ungeteilte Ehre dafür haben!



III.



Denkt an die Liebe, die er zu uns hatte, ehe die Welt war. Christus ist den Seelen seines Volkes nicht neu in der Liebe, denn er liebte sie, ehe der Morgenstern seinen Platz kannte oder die Planeten die mächtigen Umdrehungen begannen. Jede Seele, die Jesus jetzt liebt, die hat er je und je geliebt. Welch eine wunderbare, unendliche, unbegrenzte, ewige Liebe war das, die ihn einen Bund mit Gott dahin eingehen ließ, dass er unsere Sünden tragen, unsere Strafen erleiden wollte, dass er uns erlösen wollte, auf dass wir nicht in die Hölle müssten! Manche Menschen fürchten sich, diese Wahrheit zu glauben; ich möchte sie überreden, in der Schrift zu forschen, bis sie sie finden! Denn von allen Lehren der Heiligen Schrift kenne ich keine, die, wenn wir sie richtig erkennen, dem Herzen tröstlicher wäre als die großen Grundwahrheiten der göttlichen Vorherbestimmung und der persönlichen Erwählung. Wenn wir sehen, dass wir von Ewigkeit her in Christus erwählt, von Ewigkeit her von dem Vater dem Sohn gegeben und angenehm gemacht sind in dem Geliebten und von Ewigkeit her von Christus geliebt sind, dann werden wir in heiliger Dankbarkeit sagen: „Solche Liebe ist wirklich besser als Wein, weil keine Hefe darin ist.“



Denkt sodann an Christi langmütige, nachsichtige Liebe, an die Liebe, die auf uns blickte, da wir geboren waren, die uns voller Sünde sah und uns dennoch liebte; an die Liebe, die uns sah, da wir von Mutterleibe an irre gingen; an die Liebe, die uns gottlos reden hörte und uns halsstarrig ungehorsam sah und uns dennoch liebte!



Aber wie köstlich war es uns, als wir Christi persönliche Liebe verwirk-licht sahen, als wir endlich zu den Füßen des Kreuzes lagen und demütig unsere Sünden bekannten. Wer von euch kann zu dem glücklichen Augenblick zurückgehen? Du lagst zerbrochen zu seinen Füßen und dachtest, es gäbe für dich keine Hoffnung; aber du blicktest auf zu dem gekreuzigten Christus, und aus seinen Wunden ergoss sich das köstliche Blut über dich, und du sahst, dass er um deiner Missetat willen verwundet und um deiner Sünde willen zerschlagen ward, dass deine Strafe auf ihm lag und du durch seine Wunden geheilt wurdest. In dem Augenblick waren alle deine Sünden weggenommen; du blicktest im Glauben auf zu dem blutenden Heiland, und jeder Fleck deiner Sünde verschwand und deine Schuld war auf immer vergeben.



Ich will dich nicht beleidigen mit der Frage, ob, als du zuerst Christi vergebende Liebe fühltest, diese Liebe nicht besser war als Wein. O, die unaussprechliche Freude, die unbeschreibliche Seligkeit, die du fühltest, als Jesus zu dir sagte: „Ich habe deine Sünden an meinem Leibe auf das Holz getragen; ich habe die schwere Last deiner Übertretungen getragen und habe sie getilgt wie eine Wolke, sie sind nun auf ewig weg!“ Das war eine Liebe, die unbegreiflich köstlich war; bei der Erinnerung daran hüpft unser Herz in uns und unsere Seele erhebt den Herrn.



Seit dieser glücklichen Stunde sind wir zum Gegenstand der wohlwollenden Liebe Christi gemacht, denn wir sind „angenehm gemacht in dem Geliebten“. Wir haben auch Christi leitende Liebe und fürsorgende Liebe und unterweisende Liebe erfahren. Seine Liebe ist uns in allerlei Weise geworden und hat uns wohlgetan und bereichert. Wir haben heiligende Liebe gehabt; uns ist geholfen worden, diese und jene Sünde zu bekämpfen und sie durch das Blut des Lammes zu überwinden.



Der Herr hat uns auch eine tragende Liebe unter sehr scharfen Trübsalen geschenkt. Manche unter uns könnten von dieser aufrechterhaltenden Liebe in Armut, in leiblichen Schmerzen, in tiefer Depression des Geistes oder unter grausamer Verleumdung und Schmähung von vielen Erlebnissen erzählen. Seine Linke lag unter unserem Haupt, während seine Rechte uns herzte. Wir haben die Leiden wegen der reichen Tröstungen fast willkommen heißen können.



Er ist uns ein so teurer und köstlicher Christus gewesen, dass wir nicht wissen, wie wir lobend genug von seinem lieben Namen reden können. Dann lasst uns mit beschämten Herzen der ausdauernden Liebe Christi zu uns gedenken. Selbst seitdem wir bekehrt sind, haben wir ihn unzählige Male betrübt. Wir sind ihm oft untreu gewesen, wir haben ihn nicht geliebt mit der Liebe, die er wohl von uns beanspruchen konnte; doch Christus hat uns nicht verworfen, sondern lächelt uns, seine Brüder, die er mit Blut erkauft hat, liebevoll an und sagt zu jedem unter uns: „In meine Hände habe ich dich gezeichnet. Ich will dich nicht verlassen noch versäumen.“ Er gebraucht uns gegenüber die zärtlichsten Ausdrücke, um uns zu zeigen, dass seine Liebe nie aufhören wird. Ehre sei dafür seinem heiligen Namen! Ist diese Liebe nicht besser als Wein?



Eins darf ich nicht unterlassen euch zu sagen, und das ist Christi züchtigende Liebe. Ich weiß, dass eurer viele, die ihm angehören, oft unter seiner züchtigenden Hand geseufzt haben; aber Christus hat euch nie im Zorn geschlagen. Wenn er je das Kreuz auf eure Schultern gelegt hat, so ist es geschehen, weil er euch so sehr liebte, dass er es nicht zurückhalten konnte. Er nahm euch nie eine Freude, ohne die Absicht zu haben, eure Freude dadurch zu vermehren. Vielleicht können wir jetzt noch nicht sagen, dass die züchtigende Liebe des Herrn uns segensreich gewesen ist, aber wir werden es eines Tages erkennen und ihm danken. Ich preise meinen Herrn für alles, das er mir getan, und ich kann nicht sagen, was ich alles dem Amboss, dem Hammer, dem Feuer und der Feile zu verdanken habe. „Ehe ich gezüchtigt ward, irrte ich, aber nun halte ich dein Wort.“ Darum wollen wir Christi züchtigende Liebe auch zu den übrigen Liebeserweisungen zählen und davon sagen: „Diese Liebe ist besser als Wein.“ Wir möchten doch lieber die Züchtigungen Gottes als die Vergnügungen der Welt haben. Wir ziehen es vor, Gottes linke Hand anstatt die rechte Hand der Welt zu ergreifen, und möchten lieber mit Gott im Dunkeln als mit der Welt im Licht wandeln. Wird nicht jeder wirkliche Christ das sagen?



Dann gedenkt der Liebe am Tage unserer Auferstehung, denn Christus liebt unsere Leiber wie unsere Seelen, und diese jetzt sterblichen Leiber werden in Herrlichkeit aus dem Grab auferstehen. O, welche Seligkeit, unserem Herrn gleich zu sein und bei ihm sein zu können, wenn er im Glanz seiner Wiederkunft erscheint und wir als die Beisitzer mit ihm die Welt und die Engel richten werden! Und dann an seinem Triumphzug teilzunehmen, wo er dem Vater das Reich überantworten wird und die vermittelnde Gnade ein Ende haben und Gott alles in allem sein wird! Und dann auf immer bei dem Herrn zu sein, ohne Furcht, dass die Seele sterben werde. Mit einem Leben, das gleich ist dem Leben Gottes, und einer uns von Gott verliehenen Unsterblichkeit werden wir die Sonne überleben, und wenn der Mond erbleicht und diese alte Erde und alles, was darinnen ist, verbrannt wird, werden wir noch immer bei ihm sein. Wahrlich, seine Liebe ist besser als Wein; sie ist das Wesen des Himmels; sie ist besser als irgendetwas, das wir uns erdenken können. Gott gewähre uns den Vorgeschmack von der Liebe des Himmels in der gegenwärtigen Verwirklichung der Liebe Jesu, welche ganz dieselbe Liebe ist und durch welche der Himmel selbst zu uns kommt.

 



IV.



Nun will ich noch ein wenig auf den letzten Punkt zu sprechen kommen, und das ist Christi Liebe als ein zusammengehöriges Ganzes ‒ ein Thema, das wenigstens zu einem halben Dutzend Predigten den Stoff liefern könnte. Seht euch den Text an, wie er dasteht: „Deine Liebe ist besser als Wein.“



Blickt auf die Liebe Christi im Korb, denn die Beeren müssen, ehe der Wein bereitet werden kann, im Korb gesammelt werden. Ich sehe, wie Jesus Christus hier auf Erden u