Carsten Both
Redewendungen: Geil und stur
Redewendungen – Oft verwendet, Ursprung unbekannt?! – EPISODE 43
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Episode 43
Episode 44
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Bock wird das männliche Tier u.a. bei der Ziege, dem Schaf, dem Reh und der Gämse genannt, welches dann und wann in der Bockwurst endet. Und da hier ausschließlich Männchen angesprochen sind, fungiert der Bock folgerichtig als Symbol für sexuelle Gier, für den hormonell bedingten Fortpflanzungstrieb – leider die einzige Präferenz, welche die Evolution den tierischen Männchen mitgegeben hat. Deshalb spricht man auch (pleonastisch) vom geilen Bock, bei Männern mit delikaten Hobbys vom Hurenbock [vgl. Episode 41].
Manche Böcke sind so geil, dass man sie von den Schafen scheiden bzw. trennen muss [siehe Episode 21], aber auch außerhalb der Weide kennen wir ja die bürgerliche Tradition, bei der sich (ehemals) geile Böcke von (letztlich) dämlichen Schafen (wieder) scheiden lassen. Welches Geschlecht im Endeffekt daran (immer) schuld ist, zeigt der Begriff Sündenbock [siehe Episode 20].
Neben der chronischen Geilheit wird dem männlichen Tier ein weitere Eigenschaft nachgesagt, die man bei einiger Lebenserfahrung eher den menschlichen Weibchen andichten würde: Sturheit, Widerspenstigkeit, Trotz. Die Empirie ignorierend sagt man dennoch „stur wie ein Bock“, eine These, die demnach allein von den Erfahrungen der Schaf- und Ziegenzüchter mit dem diffizilen Verhalten des Bockbestands herrühren muss.
Diese Renitenz kann man ferner als Bockbeinigkeit bezeichnen – eine enorme, zerrresistente Standfestigkeit –, oder man spricht kurz von Bockigkeit. Das zugehörige Verb heißt „bocken“ und das Adjektiv „bockig“. Sie können ergo Ihr Kind oder Ihre Frau bzw. Lebensabschnittsgefährtin derart pädagogisch bedrohen: Wenn Du weiter so bockst, dann werde ich selbst irgendwann bockig! Neben diesen steht parenthetisch ein weiteres Individuum unter permanentem Verdacht, besonders eigensinnig zu sein: der schon behandelte (dumme, störrische) Esel [vgl. Episode 12].
Geilheit und Sturheit, dafür steht also der vitale vierbeinige Bock (die anderen wie Akten-, Prell-, Ramm- und Kutschbock, das Turngerät für Sprungübungen und das Gestell zum Aufbocken tun hier nichts zur Sache); das hat sich in mancher Redewendung niedergeschlagen:
Auf die sexuelle Lust des geilen Bocks gehen die Formulierungen „(einen) Bock (auf etwas) haben“ und „etwas aus Bock machen“ zurück. Die so ausgedrückte einfache Lust kann manchmal zum unbegründeten und unbegründbaren Übermut ausarten. Dann hat der infantile Übermütige etwas oder jemanden (nur so) aus Bock zerstört, in die Luft gesprengt, zusammengeschlagen, angezündet etc.