Redewendungen: Faden(scheinigkeiten)

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Carsten Both

Redewendungen: Faden(scheinigkeiten)

Redewendungen – Oft verwendet, Ursprung unbekannt?! – EPISODE 40

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Episode 40

Episode 41

Impressum neobooks

Episode 40
Faden(scheinigkeiten)

In dieser Abhandlung geht’s vornehmlich ums Weben, aber vorher wird (wie gewohnt) ordentlich gesponnen, sich zunächst der Herstellung der zu verwebenden Fäden gewidmet. Das Weben definiert mein Taschenlexikon als die „Herstellung textiler Flächengebilde durch rechtwinkelige Verkreuzung zweier Fadensysteme (Kett- und Schussfäden) nach den Regeln der Bindungslehre“. Bei der unstatthaften Missachtung der „Regeln der Bindungslehre“ oder bei der auf exzessive Benutzung folgenden Stoffabnutzung wird das „textile Flächengebilde“ fadenscheinig – das Gewebe wird dünn, man kann eventuell sogar schon durchschauen.

Diese leichte Durchschaubarkeit ist auch bei so mancher Person und Konzeption gegeben, sodass das Adjektiv des Öfteren im übertragenen Sinne Anwendung findet. Fadenscheinige Argumente sind insbesondere bei Lobbyisten beliebt, die doch immer nur altruistisch die Welt retten wollen und für die Eigennutz, Gier, Porsche und Skrupellosigkeit selbstverständlich Fremdworte sind.

Aber zum Glück gibt es nicht nur solcherlei professionelle Diener des Mammons [siehe Episode 17], sondern auch grundanständige abhängig Versklavte, die sich ihren Unterhalt noch mit ehrlicher Hand- und Webarbeit verdienen (müssen). Obwohl der vollautomatische Webstuhl schon längst erfunden ist, soll es vielerorts noch fleißige Kinderhände geben, die manuell hässliche Teppiche für dekadente Westhaushalte knüpfen und sich nicht – wie unsere unnützen, unproduktiven Wohlstandsgören – mit überflüssigem Zeug wie dem Schulbesuch oder der Sendung mit der Maus aufhalten. Aber da(von) beißt die Maus keinen Faden ab.

Mit dieser Redewendung wird ein gewisser Fatalismus ausgedrückt. Etwas Unabänderliches wird gekennzeichnet, eine Sache ist irreversibel, gegen bestimmte Verhältnisse ist (oder sei) halt nichts zu machen, ist (oder sei) kein Kraut gewachsen [siehe Episode 18].

Die Herkunft der Redensart ist nicht eindeutig geklärt, die Spekulationen über ihre Wurzel schießen ins Kraut [siehe Episode 18]:

Da wäre zunächst die Herleitung aus der kurzen Tierstory „Der Löwe und das Mäuschen“ des griechischen Fabeldichters Aesop, von dem vermutet wird, dass er, wenn überhaupt, im 6. Jh. v.Chr. gelebt hat. In dieser Fabel befreit die vom Löwen einst verschonte Maus denselben aus einem Netz, indem sie Knoten des Netzes zernagt.

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