Umweg ins Glück

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Aus der Reihe: Nelly #3
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Umweg ins Glück
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Ute Dombrowski

Umweg ins Glück

Freundschaft oder Liebe?

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Impressum neobooks

Umweg ins Glück

Freundschaft oder Liebe?

Ute Dombrowski

1. Auflage 2017

Copyright © 2017 Ute Dombrowski

Umschlag: Ute Dombrowski

Lektorat/Korrektorat: Julia Dillenberger-Ochs

Satz: Ute Dombrowski

Verlag: Ute Dombrowski Niedertiefenbach

Druck: epubli

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors und Selbstverlegers unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

„Es tut mir leid, dass ich anfangs zu dir so gemein war. Ich mag dich auch sehr, du bist mir ein guter Freund geworden. Das, was passiert ist, kommt gerade ganz langsam in meinem Kopf an. Marius, danke, dass du immer für mich da warst und im richtigen Augenblick …“

Nelly kamen die Tränen und sie lehnte sich an die Schulter von Marius, der neben ihr auf der Bank unter der Kastanie saß. Sie war vor drei Tagen aus dem Krankenhaus entlassen worden, nachdem Ga­briel und Martin sie in der Gewitternacht in den Rhein geworfen hatten. So hatten die Ferien ganz anderes begonnen als geplant. Marius legte einen Arm um Nelly und hielt sie fest. Er hatte sie aus dem Wasser gezogen und war sehr froh, dass der Notarzt sie wiederbeleben konnte. Sie war nicht ertrunken, aber die KO-Tropfen hatten noch bis zum nächsten Mittag gewirkt.

Am Nachmittag hatten Benjamin, Oliver und Ma­rius an Nellys Bett gesessen. Abends ging die Tür auf und Katja und Christian kamen eilig herein. Katja weinte noch immer, seit sie von Benjamin angerufen und über die Ereignisse informiert worden war. Sie waren mit dem ersten Flieger aus Südfrankreich zurückgekommen. Christian war bleich und schweigsam. Nachdem sie Nelly in die Arme geschlossen hatten, trat Katja zu Marius.

„Danke, ich bin dir für den Rest meines Lebens etwas schuldig, Marius. Danke, dass du mein Kind gerettet hast. Wann immer du etwas brauchst, egal was, komm zu uns.“

Sie umarmte ihn weinend und auch Marius musste schlucken. Christian nahm ihn wortlos in den Arm. Dann waren die Polizisten gekommen und Nelly hatte alles gesagt, woran sie sich erinnerte. Die anderen warteten unterdessen auf dem Flur und Marius erklärte, was geschehen war. Christian hatte die Lippen zusammengepresst und die Fäuste geballt.

„Die Typen können froh sein, wenn sie nie wieder aus dem Knast kommen. Ich werde sie finden und vernichten, so wahr ich hier stehe. Marius, danke für alles. Danke dafür, dass du auf mein Mädchen aufgepasst hast und dass du dein Leben riskiert hast, um sie zu retten. Wenn du magst, komm doch nachher mit zum Weingut. Wir können uns noch ein bisschen zusammensetzen. Wenn du aber nach Hause möchtest, ist das auch in Ordnung. Mein Haus und das von Benjamin stehen dir immer offen.“

„Zuhause bin ich diese Woche noch alleine und finde sowieso keine Ruhe, also komme ich gerne mit.“

Alle nickten zustimmend, dann ging Katja ohne die anderen ins Zimmer, nachdem die Polizisten mit ernsten Gesichtern herausgekommen waren. Sie fassten Nellys Aussage kurz zusammen und baten noch einmal Marius um ein Gespräch.

Katja setzte sich an Nellys Bett und nahm ihre Hand.

„Es tut mir so leid, dass wir dich alleine gelassen haben.“

„Mama, das muss dir nicht leidtun. Ihr könnt nichts dafür. Ich wollte doch nur um meine Liebe kämpfen und bin deswegen zu Martin gefahren. Er wollte mir helfen. Erst als ich mit ihm bei Gabriel in der Wohnung saß, waren die beiden vollkommen verändert. Ich habe noch versucht, da rauszukommen, aber es war zu spät. Wie gut, dass Marius in der Nähe war.“

„Ich wäre daran kaputtgegangen, wenn du gestorben wärst. Ich vermute mal, dass Marius mehr als nur Freundschaft für dich empfindet?“

„Hm, keine Ahnung, als ich im Krankenwagen kurz zu mir gekommen bin, war er da. Oder habe ich das geträumt? Ich dachte, er hätte etwas zu mir gesagt, ich weiß nicht genau … ich war ziemlich platt. Aber Mama, selbst wenn ich ihn mag, im Moment habe ich die Nase voll von den Männern.“

„Lass dir Zeit. Das Wichtigste ist, dass du wieder auf die Beine kommst. Du lebst und das zählt. Wie kann man nur so abartig sein … ich darf gar nicht darüber nachdenken. Dich bewusstlos in den Rhein zu werfen! Die beiden werden hoffentlich lange ins Gefängnis gehen.“

„Mama, kann ich einem Mann je wieder vertrauen?“

Nelly hatte erneut zu weinen begonnen. Katja nahm sie in den Arm und streichelte ihren Rücken.

„Wenn es so weit ist, dass du die wahre Liebe triffst, wirst du das schaffen. Ich bin bis dahin immer für dich da, mir und Papa und Benjamin und auch Oliver kannst du vertrauen. Wir sind deine Familie. Ich denke, auch Marius wird an deiner Seite sein.“

Nun saß Nelly mit Marius, der jeden Morgen bei Benjamin auftauchte und ihm im Weinkeller half, um näher bei Nelly sein zu können, unter der Kastanie. Sie wurde immer wieder von diesem Gefühl der Ohnmacht heimgesucht, dass sie fühlte, seit ihr die Tat von Gabriel und Martin so richtig bewusst geworden war. Jetzt fiel ihr etwas ein.

„Warst du in der Nacht, nachdem du mich aus dem Wasser geholt hast, bei mir im Krankenwagen und hast du da mit mir geredet? Oder habe das geträumt?“

„Nein, als du wieder geatmet hast, durfte ich kurz zu dir und mich davon überzeugen, dass du lebst.“

„Gut, aber hast du etwas zu mir gesagt?“

Marius dachte fieberhaft nach, ob er ihr die Wahrheit sagen sollte. Es war so schon schwer genug für Nelly ihre Gedanken zu ordnen. Er sah sie an und fühlte sein Herz schlagen wie verrückt. Dann hatte er eine Entscheidung gefällt. Sie ahnte sicher, dass er mit ihr zusammen sein wollte, aber er würde sie zu nichts drängen.

„Ich habe nur gesagt, dass ich froh bin, dass du lebst, und habe mich beim Notarzt bedankt.“

Nelly runzelte die Stirn. War es das? Sie nickte mechanisch. Eine innere Stimme sagte ihr, dass es das nicht war, aber für heute gab sie sich mit der Antwort zufrieden. Sie rief nach Wuschel und machte sich mit ihm auf den Weg durch die Weinberge. Marius ging wieder an die Arbeit.

 

Katja saß oft nachts an Nellys Bett, wenn sie schreiend aufgewacht war und wild um sich schlug. Sie schreckte jede Nacht aus ihren Träumen hoch.

„He, alles gut, Kleine, alles gut. Sei ganz ruhig, ich bin es, Mama.“

„Mama, bitte bleib hier, bis ich wieder eingeschlafen bin. Ich denke immer, ich ertrinke und es ist dann so kalt.“

„Ich bin da, Engelchen. Du bist in deinem schönen warmen Bett. Alles ist gut. Es wird noch eine Weile dauern, bis du wieder ruhig schlafen kannst, aber es ist vorbei. Gabriel und Martin werden ihre Strafe bekommen.“

Nelly rollte sich zusammen und spürte die sanften Hände ihrer Mutter, die sie streichelten. Meist blieb Katja bis zum Morgen sitzen und nach einer Woche war sie müde und abgespannt. Das sah auch Chris­tian, der nun neben ihr auf der Bank saß und mit ihr auf Nellys Rückkehr vom Spaziergang wartete.

„Liebes“, begann er, „willst du nicht Nelly nehmen und für eine Zeit zu Marie fliegen? Da kommt ihr beide ein bisschen zur Ruhe.“

Katja sah ihren Mann an, der ein besorgtes Gesicht machte.

„Vielleicht hast du recht. Ich werde ihr das gleich mal vorschlagen. Willst du nicht mitkommen?“

„Ich bleibe hier und helfe Benni. Du hast die Erholung nötiger und Nelly sowieso. Da kommt sie. Frag sie!“

Nelly kam mit Wuschel angerannt, der einen kleinen Ball gefunden und stolz zum Weingut getragen hatte. Sie ließ sich außer Atem auf die Bank fallen, wo Katja und Christian zur Seite gerutscht waren.

„Das war gut! Ich bin wie verrückt mit ihm gerannt. Guckt mal, wie kaputt Wuschel jetzt ist.“

Der kleine Hund lag hechelnd unter der Bank, der Ball neben ihm.

Katja legte einen Arm um Nelly und fragte nun sanft: „Was hältst du davon, wenn wir morgen zu Marie fliegen? Nur wir beide. Dort können wir uns ausruhen und auf andere Gedanken kommen.“

„Das hört sich gut an, Mama. Papa, kommst du auch mit?“

„Ich bleibe und helfe den anderen.“

„Gut, dann nur wir beide, ja, Mama, das ist eine gute Idee. Zwei Wochen?“

Katja nickte und griff nach ihrem Handy, um Marie anzurufen. Die freute sich und fragte voller Sorge, wie Nelly damit zurechtkam, dass sie beinahe gestorben wäre. Katja sagte nur, dass sie alles in Südfrankreich besprechen würden und Marie verstand. Katja konnte im Moment nicht reden. Die Frauen legten auf und Katja lief ins Büro, um nach einem Flug zu suchen. Christian ging an die Arbeit, die bis zum Abend fertig sein musste.

Nach Feierabend saßen sie zusammen in der Küche und die Frauen berichteten von ihren Reiseplänen. Katja hatte für den kommenden Nachmittag einen Flug bekommen, also mussten sie nachher packen. Christian bot an, sie zum Flughafen zu bringen.

Marius hatte Nelly still und traurig angeschaut. Sie bemerkte sein düsteres Gesicht und nickte ihm zu.

„Es sind doch nur zwei Wochen. Ich komme wieder, wirklich.“

„Was soll ich denn ohne dich machen?“

„Na, schaffen“, sagte nun Benjamin mit einem freundlichen Lachen. „Du machst deine Sache gut und kannst hier gerne die ganzen Ferien arbeiten. Oliver freut sich auch über deine Gesellschaft, nicht wahr.“

Oliver nickte nur und kaute weiter. Nun atmete Marius auf und lächelte.

„Gut, dann ist das ja geklärt“, sagte Christian sachlich. „Und wer holt morgen die Brötchen? Lasst uns nochmal schön zusammen frühstücken, ehe ihr wegfliegt.“

Oliver meldete sich immer noch kauend. Christian nickte, damit war alles in Ordnung und sie verabschiedeten sich, um nach Hause zu laufen, wo Nelly und Katja je eine Tasche mit den nötigsten Sachen packten. In dieser Nacht schlief Nelly endlich mal ohne Träume. Auch Marius war heimgefahren und pünktlich zum Frühstück wieder im Weingut.

Nachdem sie den Tisch gedeckt hatten, saßen beide unter der Kastanie und warteten auf Oliver und die Brötchen.

„Ich habe … ich habe meinen Eltern noch gar nichts erzählt …“, begann Marius.

„Was?“

„Dass Gabriel wieder in meinem Leben gelandet ist. Mir ging es damals nicht so gut. Und das mit dir. Meine Mutter wird entsetzt sein.“

„Was heißt, es ging dir nicht so gut?“, fragte Nelly, die ahnte, dass er ihr auch nicht alles gesagt hatte.

Marius stand auf und streckte sich. Er wollte nicht darüber reden und wechselte geschickt das Thema.

„Hast du alles gepackt?“

„Ja“, sagte Nelly mit einem Stirnrunzeln, aber sie wollte nicht weiter nachfragen, nicht heute.

Sie horchte in sich hinein und spürte eine große Sehnsucht, aber die Angst und die bösen Erinnerungen waren stärker und überdeckten alles. Wieder lief ein Schauer über ihren Rücken, wenn sie daran dachte, dass sie hätte tot sein können.

Oliver war früh aufgestanden und hatte sich auf den Weg zum Bäcker gemacht. Er klemmte sich die Brötchen-Tüten unter den Arm und wollte gerade los, da stieß er vor dem Laden mit Simona zusammen.

„Guten Morgen“, grüßte er höflich.

„Oh Oliver, dich habe ich hier nicht erwartet. Bist du wieder mal zum Arbeiten im Weingut?“

„Ja, wie immer in den Ferien.“

„Sind die anderen im Urlaub? Dann kann ich dich ja mal besuchen.“

„Du weißt noch gar nichts, oder?“

„Was soll ich wissen?“

„Ich weiß nicht, ob ich dir das erzählen darf, jetzt, wo ihr beide zerstritten seid.“

Simona starrte ihn an. Was war denn passiert? Hatte sie etwas Spannendes verpasst oder gar ein Unglück?

„Ich muss los“, hörte sie Oliver sagen.

„Halt, warte mal! Bitte sag mir, ist etwas passiert? Du siehst so bedrückt aus.“

„Gabriel und Martin wollten Nelly umbringen.“

„Nein!“

Mehr konnte Simona nicht sagen, sie sank auf die Treppenstufen des Ladens. Oliver setzte sich neben sie und stellte die Brötchen ab.

„Scheiße. Oliver, bitte sag mir, ob es Nelly gut geht! Ist sie daheim? Oder im Krankenhaus?“

„Sie ist im Moment im Weingut. Wir frühstücken gleich und dann fliegt sie heute mit ihrer Mutter nach Südfrankreich. Willst du mitkommen?“

Oliver sah Simona mit seinen blauen Augen an und wartete auf eine Antwort.

„Ich weiß nicht, ob sie mich sehen will, nach allem, was gewesen ist. Aber warum haben die Typen das denn gemacht?“

„Komm mit und frage sie selbst. Ich denke, ihr habt euch etwas zu erzählen, oder?“

Simona nickte und stand auf. Sie nahm Oliver eine Tüte ab und gemeinsam trabten die beiden schweigend nebeneinander her zum Weingut, wo Nelly mit Marius unter der Kastanie saß.

„Simona? Du hier?“

Nelly war aufgestanden und schaute ihre ehemals beste Freundin traurig an.

„Ich habe Oliver eben getroffen. Er hat mir gesagt, was passiert ist. Es tut mir so leid.“

Oliver nahm Simona die Brötchen ab und nickte Marius zu, ihm zu folgen. Die beiden Männer verschwanden im Haus und die Mädchen setzten sich.

„Simona, es war alles nur ein Spiel.“

„Was?“

„Gabriel und ich.“

„Das verstehe ich nicht.“

„Es war alles geplant. Nachdem er mich auf dem Fest geküsst und Martin davon erzählt hatte, haben die beiden einen miesen Plan ausgeheckt und durchgeführt. Ich war so blind.“

„Was für einen Plan?“

Nun berichtete Nelly ausführlich, was das Ziel der beiden Männer gewesen war und wie sich alles abgespielt hatte.

„Und dann haben sie mich betäubt und einfach in den Rhein geworfen.“

Simona liefen die Tränen herunter und auch Nelly weinte wieder.

„Das ist ja furchtbar. Wenn ich das gewusst hätte! Es tut mir so leid. Kannst du mir verzeihen? Wie bist du denn da wieder herausgekommen?“

„Marius ist mir den ganzen Tag hinterhergefahren. Er hatte ein ungutes Gefühl. Er ist ins Wasser gesprungen und hat mich gerettet.

„Oh, wie romantisch! Darum sitzt er hier bei dir. Seid ihr jetzt zusammen?“

Das war wieder typisch Simona, aber nun musste Nelly lächeln. Ihre Freundin war noch die alte, die sich in erster Linie Gedanken um die Liebe machte.

„Nein, wir sind nicht zusammen. Ich habe keine Lust auf neue Geschichten mit einem Mann. Wir sind nur Freunde.“

Das hörte Marius, der aus dem Haus gekommen war, um die Mädchen zum Frühstück hineinzubitten. Es war ein Stich ins Herz, aber er ließ sich nichts anmerken.

„Der Kaffee wird kalt, Mädels. Komm, Simona, du sollst mit uns frühstücken.“

Simona erhob sich und drückte Marius die Hand.

„Du bist ein Held, mein Lieber. Entschuldige, dass ich immer so blöd zu dir war. Nelly, kannst du mir verzeihen? Es wäre toll, denn so haben die blöden Kerle nicht ganz gewonnen, wenn auch Paolo weg ist.“

Die Mädchen umarmten sich und folgten Marius ins Haus. Dort lächelten sie alle an, Oliver zwinkerte Simona zu.

„Siehst du, alles gut.“

„Aber …“, begann Nelly zaghaft.

„Aber?“

Nelly sah Simona an.

„Verzeihst du mir das, was ich über Noah gesagt habe?“

Simona knabberte an ihrer Unterlippe und sah auf die Tischplatte. Dann schaute sie auf.

„Nelly, ich muss dir nichts verzeihen. Ich finde es zwar doof, dass du ihm unterstellst, er würde mich betrügen, aber vergessen wir alles. In Ordnung?“

Oh, dachte Nelly, sie glaubt es immer noch nicht, anscheinend ist ihr nicht zu helfen. Sie seufzte und lächelte.

„Alles ist gut. Ich bin froh, dass wir geredet haben. Freunde?“

Simona schlug in die hingehaltene Hand ein.

„Glückwunsch!“, rief Katja. „Wenigstens hast du deine Freundin wieder. So eine Mädchenfreundschaft verträgt auch mal ein paar blöde Tage. Das wussten nur Gabriel und Martin nicht.“

„Kommen die jetzt in den Knast?“, wollte Simona wissen.

Christian sah sie ernst an.

„Wir hoffen das sehr. Die beiden sind in Untersuchungshaft. Bis zum Prozess wird es noch dauern. Aber bis dahin kommen sie nicht raus. Gemeinschaftlicher versuchter Mord, hat Leon gesagt.“

Er erklärte Simona die Zusammenhänge der Tat mit Leons Job und das Mädchen nickte.

„Simona, ich fliege jetzt zwei Wochen zu Marie nach Südfrankreich. Sehen wir uns, wenn ich wieder da bin?“

Nelly lächelte ihre wiedergewonnene Freundin an.

„Klar, Nelly. Ich passe hier bis dahin auf die netten Männer auf.“

Nun lachten alle und nach der ganzen Aufregung war es ein befreites, fröhliches Lachen. Als sie das Frühstück beendet hatten, umarmten sich die Mädchen und Katja, Christian und Nelly machten sich auf den Weg zum Flughafen.

Oliver sah Marius an und grinste.

„Das kann ja heiter werden, wenn wir die kleine Schnatterente an der Backe haben.“

„Es ist doch super, dass sie sich wieder vertragen haben. Vielleicht kriegen wir ja raus, was mit Noah nicht stimmt.“

Die Zeit in Südfrankreich verging wie im Fluge. Marie hatte Nelly am Flughafen in Toulon-Hyères in den Arm genommen und sie hatten zusammen geweint.

„Was sind das nur für Menschen, die so etwas tun? Meine liebe, kleine Nelly, wie gut, dass du lebst. Nicht auszudenken …“

Katja lief ein Schauer über den Rücken, als sie wie so oft daran dachte, was alles hätte passieren können. Marie wischte sich nun energisch die Tränen ab und klatschte in die Hände.

„So etwas darf nie wieder geschehen. Ich hoffe, die sperren die Kerle für immer ein. Kommt, Kinder, jetzt lassen wir es uns gut gehen.“

In der Villa war alles wie immer. Nelly und Katja sprangen in den Pool und am Abend saßen sie lange zusammen. Nelly berichtete und Katja ergänzte. Marie schüttelte immer wieder den Kopf.

„Männer sind manchmal so dumm! Wie konnte Paolo denn einfach abhauen? Er hat dich im Stich gelassen, statt um dich zu kämpfen.“

„Ach Marie, ich kann ihn schon verstehen. Er war sicher sehr verletzt. Ich hätte mich an dem Abend von ihm getrennt, aber er ist mir zuvorgekommen. Da konnte ich leider nicht mehr ehrlich sein. Wer konnte denn ahnen, dass ich an solch einen bösen Menschen gerate? Ich war so verliebt, ich hatte niemals Zweifel. Auch nicht an Martin und der gespielten Änderung. Sie hatten alles perfekt geplant. Ich bin mir aber sicher, dass die Idee mit dem Rhein von Martin stammt. Am liebsten würde ich sie nie wiedersehen, aber Leon hat mir gesagt, ich müsste auf jeden Fall vor Gericht aussagen und Marius auch. Mir ist jetzt schon ganz schlecht, wenn ich daran denke.“

 

Katja legte eine Hand auf ihren Arm.

„Wir werden bei dir sein. Die beiden können dir nichts mehr tun. Keine Angst, mein Schatz, aber diese Aussage ist wichtig. Vielleicht kannst du dann mit allem abschließen. Nicht auszudenken, wenn du dich wegen der blöden Kerle nicht mehr verlieben könntest.“

„Ich weiß nicht, Mama. Im Moment steht mir der Sinn nicht nach Liebe. Obwohl ich glaube, dass zum Beispiel Marius mir nie so etwas antun würde. Ob ich Paolo jemals wiedersehe?“

„Was wünschst du dir denn?“

„Keine Ahnung, irgendwie muss er doch auch erfahren, dass wir nur Opfer dieses Spiels geworden sind.“

Katja erklärte, dass ihm Leon sicher alles erzählen würde. Nelly nickte, dann gähnte sie und sagte den beiden Frauen Gute Nacht, um in ihr Zimmer zu gehen. Sie streckte sich auf dem großen Bett aus und schloss die Augen.

„Bitte, ihr Alpträume, bleibt weg“, flüsterte sie in die Dunkelheit und ihr Wunsch wurde erfüllt.

Katja und Marie saßen noch einen Augenblick draußen und sahen schweigend in den Nachthimmel, der voller Sterne war. Dann verabschiedete sich auch Katja und schlief schnell ein.

Am nächsten Morgen hatte Marius eine Nachricht geschickt und Nelly lächelte versonnen.

„Guten Morgen, hab einen schönen Tag und erhole dich gut. Ich denke immer an dich und vermisse dich sehr. Fühle dich umarmt. Dein Marius.“

Nelly antwortete: „Hallo, lieber Marius, uns geht es gut. Ich habe geschlafen ohne zu träumen. Du fehlst mir auch. Ich rufe dich heute Abend an. Kuss Nelly.“

Sie reckte sich und sah die Sonne durch die Gardinen blinzeln. Sie sprang aus dem Bett, eilte nach unten und fühlte mit dem Fuß die Temperatur des Pools, ehe sie sich hineingleiten ließ. Das Wasser war herrlich kühl und sie nahm sich vor, jeden Morgen zu schwimmen. Es war noch nicht mal acht Uhr, Katja und Marie schliefen noch. Nach dem erfrischenden Bad setzte sie sich auf die Liege und genoss die warmen Sonnenstrahlen, die ihre Haut streichelten.

„Marius“, sagte sie leise vor sich hin.

Was hatte er zu ihr gesagt, als sie im Rettungswagen wieder zu sich gekommen war? Das beschäftigte sie schon sehr lange und sie war sich sicher, dass er neulich nicht die Wahrheit gesagt hatte. Eine leichte Gänsehaut lief an ihrem Körper entlang, so wie immer, wenn sie an diese Nacht am Rhein dachte, von der sie nicht mehr alles wusste. Marius war da gewesen. Marius. Marius. Plötzlich sehnte sie sich nach ihm und nach seinen Umarmungen und seinen Blicken. Sie wünschte sich seine Lippen. War das Liebe?

„Nein“, sagte sie nun laut. „Ich will mich nicht verlieben. Auch nicht in Marius. Nie wieder werde ich mich verlieben. Das bringt nur Unglück. “

„So ein Quatsch“, hörte sie hinter sich Maries Stimme.

„Marie! Warum schleichst du dich denn an? Guten Morgen!“

„Ich schleiche nicht, ich wollte dich nur nicht stören in deinen Gedanken. Marius?“

„Mein Retter. Wir sind dadurch für immer verbunden. So wie Mama und Papa.“

Marie lachte plötzlich los. Sie konnte sich gar nicht mehr beruhigen. Nelly schaute sie hilflos an und glaubte, Marie sei verrückt geworden.

„Was ist denn mit dir los?“

„Mein Engel, ich habe soeben festgestellt, dass du eine echte Hardeg-Frau bist. Es ist ernst, aber sehr lustig. Ihr müsst irgendwie immer gerettet werden. Katja hat in ihrem Leben so viel Unvernünftiges getan und ist in jedes Fettnäpfchen getreten, was sage ich, gefallen. Daniel hat sie vor Maurizio gerettet, Arne sie vor der Einsamkeit und Christian hat ihr Leben gerettet. Und nun beginnt das bei dir auch. Das kann ja heiter werden. Sie hat sich so oft geschworen, vernünftig zu sein, aber das hat ihr halbes Leben nicht funktioniert. Mal sehen, wie lange du dazu brauchst.“

„Jetzt weiß ich auch, was Papa gemeint hat. Er hatte mal so etwas in der Art gesagt. Marie, ich bin viel vernünftiger als Mama. Und ich verliebe mich lieber nicht mehr. Aber …“

Sie schwieg und dachte wieder an Marius.

„Mädchen, wenn du ihn liebst, dann hast du keine Chance. Liebe ist stärker als alle Vernunft.“

Katja war auf die Terrasse gekommen und sah Marie nun entsetzt an.

„Was ist denn hier los? Ihr scheint euch ja mächtig zu amüsieren.“

Sie setzte sich zu Nelly auf die Liege und strich ihr über den Arm.

„Aber Marie hat recht. Gegen Liebe gibt es nichts. Sie ist stark und gut. Wenn auch die Männer es manchmal nicht sind. Ich denke aber, dein Marius ist einer von den Guten. Halte ihn fest!“

„Seid ihr sicher?“

Nelly sah die Frauen an und wollte gerne glauben, dass sie recht hatten.

„Liebe. Liebe. Ja, ich denke, es ist Liebe. Ich fühle mich sehr zu ihm hingezogen. Ich erinnere mich: Einmal dachte ich schon, dass er toll wäre, aber wir sind uns zu spät begegnet. Da war ich schon eine Weile mit Gabriel zusammen. Sagt mal, ist das in Ordnung, wenn ich mich direkt wieder verliebt habe?“

Katja und Marie nickten, standen auf und nahmen Nelly mit in die Küche zum Frühstück.

„Süße, jetzt haben wir aber erst einmal Urlaub. Wenn wir zurück sind, kannst du ihn dir ja mal genauer ansehen und herausfinden, ob er für dich ebenso empfindet.“