Die Hoffnung aus dem Jenseits

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Die Hoffnung aus dem Jenseits
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Sabine von der Wellen

Die Hoffnung aus dem Jenseits

Teil 2 Ein neues Leben

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Tim

Erik

Carolin

Tim

Erik

Tim

Carolin

Tim

Die Wächter

Erik

Carolin

Erik

Carolin

Erik

Carolin

Der Wächter

Erik

Julian

Daniel

Tim

Carolin

Erik

Julian

Tim

Erik

Julian

Epilog

Impressum neobooks

Tim

Ich werde immer mehr eins mit den Dimensionen des Jenseits. Langsam erkenne ich diese Daseinsform wieder, in die Carolin mich durch den Unfall gestoßen hatte. Es geschah nach dieser gemeinsamen Nacht, in der ich ihr einfach nur meine Liebe zeigen und Zusammengehörigkeit klarmachen wollte. Ich glaubte, ihre Liebe zu mir wiedererwecken zu können, wenn ich einfach noch einmal die Chance bekäme, ihr meine zu zeigen. Und ich wollte, dass sie Erik für immer verlässt und bei mir bleibt. Aber ich hatte den falschen Weg gewählt. Ich hatte sie mit der Geschichte über die Entführung von Ellen dazu gebracht, mit mir zu gehen. Ich hatte ihr Angst gemacht, sie belogen und verletzt. An diesem Morgen vor Weihnachten, nach dieser Nacht, die für mich die Erfüllung und für sie offenbar die Hölle war, nahm sie mir alle Hoffnung auf ein gemeinsames Leben, indem sie mir meines nahm.

Ich wollte sie nicht gehen lassen und sie zu der Hütte bringen, wo ich mit ihr Weihnachten feiern wollte. Aber auf dem Weg dorthin griff sie mir ins Lenkrad und riss den Wagen von der Straße.

Mittlerweile passen sich meine Schwingungen immer mehr den hier vorherrschenden an und ich fühle mich wieder heimisch. Ich habe meine Lebensrückschauen hinter mir, die mich mein Wirken in der Welt der Materie erkennen ließen und bin wieder mit den Gesetzen des Universums im Einklang. Ich habe erkannt, wie sehr Carolin durch mich gelitten hatte und ich habe verstanden, warum sie mir das antat. Sie hatte keine andere Möglichkeit gesehen, um mich zu stoppen. Und ich weiß nun, es gab auch keine. Der Seelenanteil des Alchemisten Kurt Gräbler hatte mich stets manipuliert und gelenkt. Ich glaubte deshalb, dass Carolin mir gehören würde und nur ich bestimmen durfte, wie ihre Zukunft auszusehen hat. Ich glaubte, dass sie durch ihren Seelenanteil des Alchemisten für mich geboren worden war und wir zusammengehören würden. Jetzt weiß ich, ich habe mich geirrt. Carolin gehörte mit ihrem ersten Atemzug in der materiellen Welt zu Erik und mit dem Tag, als die beiden aufeinandertrafen, erfüllte sich ihr Schicksal.

Mit der Aussicht, dass Carolin und Erik den irdischen Bund fürs Leben eingehen werden, und Erik keineswegs sein Leben kinderlos belassen will, trage ich nun aber eine Hoffnung in mir, dass ich zu ihnen inkarnieren kann.

Mein Wächter steht an meiner Seite und ich spüre, wie ihn mein Wunsch beunruhigt. „Du hast noch nicht die hohe Dimension durchlaufen, die deine Seele stärkt, dich deine Erfahrungen verarbeiten lässt und deine Energien reinigt. Außerdem würdest du in eine Welt und zu Menschen inkarnieren, die du schon aus einem vorherigen Leben kennst. Das ist nicht üblich und nicht gewollt. Es birgt ungeahnte Gefahren, zumal du zu denen zurückkehrst, mit denen du schwerste Resonanzen aufgebaut hast.“

Aber das ist genau, was mich antreibt. Ich will von Carolin die Resonanz nehmen, die sie durch mich auf sich lud. Ich weiß, dass sie ein lichtvolles Wesen ist, dass nur inkarniert war, um ihren Seelenpartner zu unterstützen. Und ich hatte ihnen in meinem Leben als Tim schwer zugesetzt und sie zu entzweien versucht. Das will ich wiedergutmachen und Carolin die Resonanz, die sie mit meinem Tod auf sich lud, abnehmen. Sie darf ihr diamantenes Licht und ihre Chance auf die Erfüllung ihres Seelenplans nicht wegen mir verlieren, jetzt, wo ich weiß, dass sie und Erik wichtig für die Welt sind und eine Aufgabe bekamen, die ihnen von höchster Stelle aufgetragen wurde.

Ich spüre weiterhin die Unruhe meines Wächters und wie sich die Energie um uns herum zu ändern beginnt. Plötzlich sehe ich mich einem ganzen Arsenal an Lichtwesen gegenüber, scheinbar von meinem ausgeprägten Wunsch herbeigerufen. Ich spüre, dass ich einer Macht gegenüberstehe, die auf meinen Inkarnationswunsch reagiert. Sie sind die beschützenden hohen Entitäten, die uns leiten, wenn wir neu inkarnieren wollen. Aber ich fühle auch die seltsamen Energien, die sie mit sich bringen. Ich spüre ihre Unsicherheit wegen meines Inkarnationswunsches und dem Umstand, dass es bei Carolin sein soll, die mich dem Tod übergab. Und ich spüre die aufkommende Ablehnung bei dem Erörtern des Umstands, dass ich in eine Zeit und an einen Ort inkarnieren will, von dem ich gerade komme. Ich erkenne, dass sie nicht glauben, dass Carolin und ich erneut zusammentreffen sollten. Sie sehen darin eine Gefahr für uns beide.

Das Ganze beunruhigt mich und lässt meine Hoffnung schwinden. In mir bäumt sich Unwillen auf. „Lasst es mich versuchen! Ich weiß, dies wird schwierig. Aber ich will es schaffen und bin mir sicher, dass ich dazu imstande bin. Außerdem wähle ich einen anderen Ausgangspunkt.“

Die Energien um mich herum verdeutlichen mir ihre Uneinigkeit. Die Auren legen sich dichter um mich, als würden sie genau spüren, wie sehr mich dieser Wunsch aufrührt und mich ihr Unmut deswegen gegen sie aufbringt.

„Sie ist nicht im Plan!“, erspüre ich eine sanfte Stimme, die weiblich wirkt und alles um mich herum scheint kurz dieser Stimme nachzuhorchen.

„Sie ist nicht im Plan?“, fragt eine andere und wieder eine murmelt: „Wie konnte er sie dann finden? Er war auf der Suche! Da können die Seelen nur die erspüren, die im Plan sind.“

Ich bin seltsam betroffen von den Stimmen und mein Wächter erklärt mir: „Sie ist nicht dafür vorgesehen, eine Seele zu empfangen. Du wirst dir eine andere suchen müssen. Es gibt hunderte dort, wo du sein willst.“

„Nein!“, brause ich auf und alle Energien nehmen augenblicklich abstand. Ich bin irritiert davon. Sind die Energiewesen plötzlich alle verschwunden?

Und dann erscheint ein Bild vor mir. Es ist von mir und wird mir regelrecht aus meiner Lebensrückschau gezogen. Ich sehe mich mit Carolin zusammen in verschiedenen Szenen unserer gemeinsamen Zeit und ich höre sie immer wieder erklären, dass sie niemals ein Kind will, weil sie nicht möchte, dass es wegen dem Alchemisten Kurt Gräbler so leiden muss, wie wir es taten. Und ich spüre dabei, wie ernst sie das meinte.

Dann sehe ich mich mit Julian in ihrer Küche, wo ich sie zum letzten Mal zu überreden versucht hatte, Erik zu verlassen. Auch da hatte sie uns klargemacht, dass es niemals Kinder in ihrem Leben geben wird.

Ich war so wütend auf sie gewesen und hatte die alchemistische Vereinigung ins Spiel gebracht, um Carolin umzustimmen. Diese Leute waren dunkle, böse Gestalten, die von Carolin verlangt hatten, dass sie ein Kind von mir und eins von Julian austragen solle, um den Alchemisten wieder zu heilen. Ich sagte ihr, dass sie damit rechnen muss, dass die, die ihr am Herzen liegen, von dieser Vereinigung entführt werden, wenn sie Erik nicht endlich verlässt und bei mir einzieht. Damit hatte ich den Grundstock zu meiner Lüge gelegt, mit der ich Carolin letztendlich weismachen konnte, dass Ellen entführt worden war. Nur deshalb war Carolin an diesem Tag vor Weihnachten mit mir mitgegangen. Sie hatte mir geglaubt, dass ich mit ihr die entführte Ellen retten wollte.

Was würde Carolin dazu sagen, wenn sie ahnen würde, was ich jetzt vorhabe?

 

In Carolins Lebensplan ist kein Kind vorgesehen. Sie soll sich anderem widmen“, versucht mein Wächter mir erneut klarzumachen.

Nein, ich spüre, dass ich bei ihr richtig bin. Sie müssen sich irren.

Immer wieder ziehen Situationen an mir vorbei, in denen Carolin die gleiche Entscheidung fällt. Ich bin tief betroffen, dass sie in ihren wenigen Jahren, die sie in diesem Leben verweilt, schon so viel darüber nachgedacht und ihr Empfinden dazu analysiert hatte, und dass sie nicht nur die Angst vor dem Fluch des Alchemisten leitet. Sie soll in diesem Leben ihre ganze Kraft auf die Erfüllung ihres Plans legen und sich nicht mit Familiengründung beschäftigen. Aber das sehe ich nur. Sie selbst weiß von ihrem hier entstandenen Plan nichts mehr und reagiert nur auf das, was in ihrem Unterbewusstsein schwelt. Ich sehe das klar vor mir und bin erschüttert. Sie wird mich nicht haben wollen. Sie wird sich mit allen Mitteln gegen eine Schwangerschaft wehren. Aber sie weiß nicht, dass sie damit die Seelenanteile von Kurt Gräbler dazu verdammt, weiterhin geteilt zu sein und in seinen Nachfahren immer wieder zu inkarnieren. Sie werden ewig unter ihm zu leiden haben, wenn sie die Chance zu einer Zusammenführung nicht nutzt. Und ich sehe eine Chance, wenn ich bei ihr inkarniere und meinen Anteil des Alchemisten wieder mit in diese Inkarnation nehme. Carolin weiß nicht, dass dies auch ein Teil ihres Seelenplans war. Deshalb nahm sie seinen Seelenanteil mit in die materielle Welt. Sie sollte herausfinden, wie er wieder geheilt werden kann. Doch durch meinen Tod konnte ich das Geheimnis schon lüften und in die Akasha Chronik eingeben. Wir wissen einen Weg, und das will ich nun dazu nutzen, dass ich die Freigabe zur Inkaration bekomme.

„Ihr wollt den Geist von Kurt Gräbler in die Akasha Chronik holen? Der Anteil, der mit mir zurückkam, ist wieder in der Astralwelt gefangen. Gebt mir die Chance, mit diesem Seelenteil erneut zu inkarnieren, und ich werde ihn mit dem von Carolin vereinen. Ihr wisst jetzt, dass kann nur in der Welt der Materie geschehen. Nur durch unsere Kinder können seine zersprengten Anteile wieder zusammengefügt werden und seine Seele geheilt werden.“

Ich gebe mein Erlebnis mit Kurt Gräbler aus der Astralwelt frei und spüre den Aufruhr um mich herum.

Er hat es geschafft, sich uns zu entziehen!“

Aber er konnte sich nicht dem Tod entziehen, den wir ihm schickten. Er ist also nicht so mächtig, wie ihr glaubt. Aber in der Astralwelt kann er sich verbergen und bleibt somit gefährlich und für das Böse angreifbar.“

Ich lausche diesen aufgebrachten Emotionen, die sich gegen Kurt Gräblers Seele richten und werfe ein: „Nein, bitte! Er möchte seine Seele wieder heilen, damit sie in unsere Dimensionen zurückkehren kann. Er will nicht in der Astralwelt bleiben müssen. Er ist unglücklich und weiß um seinen Fehler, den er beging, als er sich Unsterblich machen wollte.“

Ich möchte, dass sie mir die Chance geben, erneut zu inkarnieren. Und ich will das als Carolins Kind und werde alles dafür tun.

Wir müssen seinen Geist aus der Astralwelt ziehen, wenn wir wieder Einfluss auf ihn nehmen wollen“, vernehme ich es aufgebracht. „Sein Wissen ist für uns wichtig und kann dort von den dunklen Mächten gefunden werden, die es gegen uns und unsere Dimensionen einsetzen könnten.“

Was ist mit seinem Wächter? Was ist mit seinem Einfluss auf ihn?“

Er hat schon damals die Kontrolle verloren, als Kurt Gräbler mit seinen Experimenten vorankam und sich mit ihnen immer mehr dem Einfluss unserer Dimension entzog. Deshalb sahen wir uns gezwungen, ihn an den Tod zu übergeben. Er hätte es sonst schaffen können, dem Bösen in der materiellen Welt einen für uns schädlichen Einfluss zu ermöglichen.“

Ich weiß, dass Kurt Gräbler in seinem Labor umgekommen war, als ein Pulk aufgebrachter Bauern ihn darin verbrannt hatte. Sie hielten ihn für einen Hexer, der Kinder tötet und ich denke, sie hatten mit ihrer Vermutung recht. Schließlich hatte er sogar Inzucht begangen und war bereit gewesen, seine eigenen Töchter zu töten, um sich länger am Leben zu erhalten.

Die Schwingungen um mich herum werden noch aufgebrachter, bis eine klar hervorsticht: „Lasst ihn Kurt Gräbler suchen und ihm seinen Vorschlag unterbreiten. Dann werden wir entscheiden, was das Richtige ist.“

Aber …“, wallen viele Schwingungen gleichzeitig auf und zeigen ihren Unmut über diese Entscheidung. Doch sie brechen ab und ich spüre, wie ihre Energien sich uns entziehen. Nichts dringt mehr zu uns und ich spüre nur noch meinen Wächter und seine Verunsicherung, die mich einschließt.

„Bitte, hilf mir Kurt Gräbler zu finden. Wenn er meine Möglichkeit ist, wieder zu Carolin zurückzukehren, dann muss ich ihn finden. Das ist alles, um was ich dich bitte.“

Statt einer Antwort schließt sich seine Aura um mich und hüllt mich ein.

Ich glaube schon, dass mein Wächter andere Pläne verfolgt, weil die weiche, seichte Energie um uns herum unveränderlich scheint, als plötzlich rote Lichtblitze und seltsame rote Nebel unsere Energiewelt unterbrechen und den Weg in die Astralwelt anzeigen. Sie ist die Zwischenwelt, die die materiellen und die dimensionalen Welten verbindet. Bizarre Fäden durchdringen den seichten Nebel vor uns, und langsam dringen die Schreie, die Wut, das aufgebrachte Aufbegehren gegen irgendetwas Namenloses zu uns und wühlen unsere Emotionen auf. Aber es trifft mich nicht mehr so, wie in der Zeit, als ich selbst hier gefangen war und mich mit den negativen Emotionen der anderen verband. Als sich der Nebel ein wenig vor uns lichtet, sehe ich im dunklen Schlamm, der mit roten Schlieren wie Blutadern durchzogen ist und zu pulsieren scheint, die Gestalten, die sich darin winden oder einfach nur halb versunken darin kauern. Und dann finde ich den kleinen Mann. Er hat immer noch eine menschliche Statur, wie alle Geschöpfe hier, die sich von der materiellen Welt nicht lösen können. Aber er ist klein und zusammengeschrumpft, weil er nur ein Teil seiner selbst ist. Er hatte als Mensch versucht sich dem Tod zu entziehen und wollte für immer ein Erdenleben, um sich dem Vergessen nach den Inkarnationen zu entziehen. Er ahnte, dass jede Inkarnation ihn von vorne beginnen lässt. Vielleicht ahnte er sogar, dass nur sein Lebensplan und seine Resonanzen ihn in einem neuen Leben leiten, und er nur das Wissen der Zeit erfahren wird, in die er inkarniert. Er war ein großer Alchemist gewesen, von seinen vielen vorherigen Leben als Druide, Arzt und Wissenschaftler dazu verleitet, sich unlautere Ziele zu stecken. Außerdem wollte er sein Wissen als Alchemist nicht verlieren, wenn er sich erneut in die Inkarnationsschleife begibt und er wollte seinen Geist nicht reinigen lassen, wenn er in der materiellen Welt stirbt. Er wollte mit dem erworbenen Wissen uneingeschränkt die Welt erforschen und niemals wieder in seinen Möglichkeiten, die die materielle Welt zu bieten hat, zurückfallen oder sein Wissen an die Akasha Chronik abgeben müssen. Dieses Wissen wollte er nur für sich behalten und es mit niemandem teilen. Und er erschuf ein Mittel, das ihn nah an diesen Wunsch herangebracht hatte. Zu nahe. Darum wurde er dem Tod übergeben, der aber etwas Schreckliches auslöste. Kurt Gräblers Seele zersprang, und sein Geist verschmolz mit einem Seelenanteil. Seine zerstörte Seele wurde zu einem Dahinsiechen in der Astralwelt verdammt und nur mit Mühe schaffte er es, seine Seelenteile durch seine Nachkommen in die materielle Welt zurückzubringen, um sie dort wieder zu vereinen. Er hatte mir geschworen, dass er wieder ein Ganzes werden will, um sich erneut den Gesetzen des Universums zu beugen und den Weg der gewöhnlichen Inkarnationen gehen zu können, bis seine Seele von dem Übel reingewaschen ist, dass er als Alchemist über sich und uns gebracht hatte, als er sich gegen das Gesetz des Universums stellte. Er hatte mir das geschworen und ich bin bereit, ihm das zu glauben. Darum bin ich hier und will ihm anbieten, erneut den letzten seiner Seelenteile in die materielle Welt zu bringen, um seine Chance auf eine Zusammenführung zu erhöhen. Erst wenn alle Seelenteile wieder zusammengefügt sind, kann er wieder in die Inkarnationsschleife aufgenommen werden und das Wissen seines Geistes in die Akasha Chronik übergehen. Und das ist, was gewünscht wird.

Für mich wird das allerdings heißen, dass ich Carolins Kurt Gräbler Anteil zusätzlich auf mich nehme. Carolin trägt schwer an ihm und leidet unter ihm und seinem Einfluss, wie ich auch unter ihm gelitten hatte. Werde ich es wieder tun, wenn ich ihn mit auf meinen Lebensweg nehme? Wird er mich wieder manipulieren? Zu etwas drängen, das ich nicht tun will?

Du kannst noch zurück! Du kannst immer noch einen anderen Lebensweg wählen“, erspüre ich in mir meinen Wächter. Aber ich schwebe schon über der kauernden Gestalt in dem schwarzroten Morast, die schwerfällig ihren Kopf aus dem Schlamm hebt.

Kurt hat in dieser Dimension noch so viel die Gestalt eines Menschen. Ich hingegen gleiche nur noch einer Gestalt mit schwingenden Konturen aus Energie.

„Lass mich!“, spüre ich die jammervolle Kreatur aufheulen.

„Ich bin es, Tim.“ Mein alter Erdenname kommt mir mittlerweile fremd vor. Er gehört nicht mehr zu mir, seit ich die Sphären durchschritt. Aber er zeigt bei der Kreatur im Schlamm seine Wirkung.

„Tim?“, kommt es hoffnungsvoll.

„Ich bin gekommen, weil ich dich wieder mit auf die Erde nehmen möchte. Bist du dazu bereit?“

Als würde etwas ihn aus dem Schlamm ziehen, richtet sich der kleine Mann auf und ich spüre die unsagbare Hoffnung, die sich in seinem Inneren ausbreitet.

„Es gilt immer noch deine drei letzten Seelenteile zusammenzufügen, damit du wieder ein Ganzes wirst. Ich möchte dir dabei helfen.“

Seltsamerweise spüre ich etwas in dem kleinen Männchen auflodern, dass mich irritiert. Einen kurzen Energiesprung lang war da etwas in ihm zu erkennen, dass mich verwirrt. Es war eine Erinnerung, die sich hochspülte und mir vollkommen unpassend vorkommt. Vielleicht wäre sie mir nicht aufgefallen, wenn ich sie nicht kennen würde. Es war eine Erinnerung an einen Vorfall, der Julian, Carolin und mich zusammen betraf und schrecklich enden sollte. Aber wir wurden gerettet, um danach erkennen zu müssen, dass dadurch der Alchemist in uns in den Hintergrund gedrängt wurde. Sehr zur Freude von Carolin, die dadurch seines Einflusses beraubt war und sich von mir zurückzog.

Mich trifft eine Fassungslosigkeit, von der ich nicht weiß, ob es mein kurzer Blick in diese Erinnerung des kleinen Mannes war, die sie auslöste. Plötzlich werde ich von Zorn umspült, der nicht von mir kommt. „Du hast mich allein gelassen!“, werde ich von diesem seltsamen und unpassenden Einblick in Kurt Gräblers Erinnerungen abgelenkt.

„Einer von uns musste doch den Weg ins Licht gehen“, erwidere ich auf seine aufgebrachte Emotion, die mir entgegenschlägt. „Und wir zwei haben immer noch eine Aufgabe zu erfüllen. Wir müssen jemandem helfen. Sie trägt einen deiner Seelenanteile, den sie freiwillig aufnahm, als sie inkarnierte. Somit bist du ihr etwas schuldig.“

„Aber … dann hat sie es wissentlich mitgenommen?“, stammelt das Männchen verwirrt.

„Oh ja, genauso wie ich dich mitnehmen werde. Aber sie ist eine der hohen Lichtwesen. Sie will dir helfen und du solltest dich dankbar erweisen.“

Mein Wächter drängt und ermahnt mich: „Das ist nicht möglich. Bedenkt das! Niemandem von euch wird es nach eurer Inkarnierung möglich sein, sie als das zu sehen, was sie in diesen Dimensionen ist. In der materiellen Welt wirst du nackt und vollkommen unwissend von diesen Dingen aufwachen und das tun, was dein Lebensweg und die noch offenen Resonanzen dir vorgeben und das sein, was die Gene, in die du inkarnierst, die Lebensart und deine Mitmenschen um dich herum aus dir machen. Ihr werdet nichts mehr in euch tragen von dem, was ihr jetzt fühlt und nur euer Unterbewusstsein wird etwas darüber wissen. Euer Leben ist dann nur noch bedingt steuerbar und auch ich kann euch nur so weit unterstützen, wie ihr mich lasst. Und ihr werdet euch auch an mich nicht erinnern, genauso wie im letzten Leben und den vielen anderen davor. In der materiellen Welt beginnt die Menschheit gerade erst zu erwachen und sich der eigentlichen Weisheiten zu erinnern, die ihnen am Anfang ihrer Entstehung zur Verfügung standen. Also verlange nichts Unmögliches, sonst ist alles zum Scheitern verurteilt, noch bevor es beginnt. Und denke daran, SIE ist nicht im Plan. Wir wissen nicht um ihre Emotionen, die sie in sich trägt und es ist auf der Erde nicht viel Zeit vergangen, seit du gingst. Sie wird noch in den alten Gefühlen und Ängsten gefangen sein, die eure Resonanz ausmacht.“

 

Betroffen von dieser Aussicht, die mir selbst entfallen war, wende ich mich an den kleinen Mann. „Halte dich bereit. Zur gegebenen Zeit werde ich dich holen.“

Ich will die Besorgnis, die mich schwermütig zu erdrücken droht, sich nicht zu tief in meinen Emotionen festsetzen lassen, aus Angst, dass es meinen Entschluss ins Wanken bringt. Ich werde zu Carolin gehen, mit dem Seelenanteil Kurt Gräblers im Gepäck, und zu einer Mutter, die keine Kinder will und im Plan auch nicht dafür vorgesehen ist. Soll ich dieses Wagnis wirklich eingehen?

Die Aura meines Wächters legen sich um mich und ich entfliehe der trostlosen Finsternis, in der Kurt Gräbler sein trauriges Dasein fristet, in eine Hölle verdammt, die diese Wesen um sich schufen, weil sie sich dort an dem richtigen Ort glauben.

Zu einer Mutter gehört auch immer ein Vater“, raunt es beunruhigt in mir und ich weiß, dass es von meinem Wächter ausgeht, der meinem Vorhaben mit großer Skepsis entgegensieht. Aber ich verstehe nicht, warum er das nun anbringt. Ich weiß um das alte Gesetz der Zeugung, das bis auf ganz wenige Ausnahmen auf der Erde seit Anbeginn der Evolution herrscht.

Ich will in mir nachfühlen, was für einen Weg ich wirklich zu gehen bereit bin, jetzt, wo sich das alte Wissen dieser Dimension mir wieder ganz offenbart. Mein Wächter hat recht. Je länger ich hier verweile, desto mehr erkenne ich das Wissen, das uns in dem Erdenleben verwehrt bleibt, wenn wir es nicht dort neu entdecken. Aber die Menschheit ist so weit von dem alten Weg abgekommen, der ihnen das alles wieder vermitteln würde. Es ist in ihnen vorhanden, aber für den Mensch kaum greifbar, weil er nicht danach Ausschau hält und nichts dergleichen hinterfragt. Dort herrscht die Materie vor und dominiert das Handeln, etwas, was es in dieser Dimension nicht gibt.

Aber ich möchte zurück in mein von mir angestrebtes Erdenleben und fühle mich noch mehr dort hingezogen, seit ich Carolin in ihrer Chronik sah. Ich weiß, ich muss zu ihr Kontakt aufnehmen und sie dazu bringen, empfänglich für den Kinderwunsch zu sein. Aber was kann ich mehr tun, als ihr immer wieder meine Bitte zu schicken, dass sie mich aufnehmen soll?

Zu einer Mutter gehört auch immer ein Vater.

Vielleicht sollte ich die Bitte auch an ihn richten? An Erik, der für mich der schlimmste Feind in meinem vergangenen Leben war. Vielleicht erreiche ich ihn besser als Carolin, die sich diesbezüglich völlig verschließt.

Ich muss herausfinden, wie er darüber denkt, Vater zu werden und ob ich es sein kann … vielleicht sein muss, um unsere gegeneinander aufgebrachten Emotionen und Resonanzen zu begleichen.

Ich werfe alles in die Waagschale. Ich möchte Carolins und meinen Seelenanteil von Kurt Gräbler zusammenfügen, was sie auf zwei noch zu zusammenzufügende Teile schrumpfen lässt, und ich will die Liebe erlernen, die über alles erhaben und mächtig ist. Bei wem kann ich das besser, als bei einer Lichtgestalt, die schon zur vollkommenen Resonanzlosigkeit und gottgleicher Liebe fähig war, und sogar einen Gefährten besitzt, mit dem sie in beiden Welten immer wieder emotionale Bindungen zu erschaffen im Stande war. Und ich will mit Erik in Resonanz treten und mit ihm den unterschwelligen Hass in Frieden umwandeln. Auch für ihn ist das wichtig, wenn er nicht wieder ein neues Erdenleben anstreben will. Das ist seine einzige Chance, die Resonanzen zu mir noch in seinem Leben als Erik abzubauen.

Entschlossen lasse ich sein Bild in meinem Inneren auferstehen und mein Beschützer legt ergeben seine Aura um mich. Ich fühle, dass es ihm widerstrebt, weitere Schritte in diese Richtung zu gehen, bevor wir uns erneut dem Tribunal stellten, um die Aktion abzusegnen. Aber es zieht uns auch schon aus unserer Dimension.

Mein Wunsch ist klar definiert und doch bin ich überrascht, in Carolins Wohnung zu landen - und zwar in ihrem Badezimmer … direkt hinter Erik stehend, der mich nicht mehr überragt. Seine große, kräftige Figur imponiert mir zwar erneut und ich weiß, welche Kraft dahintersteckt, die ich durchaus auch schon zu spüren bekam. Aber als Energiewesen kann ich mich in jede erdenkliche Größe bringen und alles um ihn herum ausfüllen.

Sein Wutanfall auf mich war kurz bevor ich Carolin in dem Leben als Tim entführte. Ich wollte mit ihr sprechen und fing sie an ihrer Schule ab. Erik fuhr uns mit seinem Mustang fast über den Haufen, sprang aus dem Auto und rammte mich an die Wand der Schule. Immer noch fassungslos darüber kann ich nicht glauben, dass der Typ sanft und vorsichtig mit Carolin umgehen kann. Aber das steht außer Frage, denn sonst wäre sie nicht bei ihm geblieben. Aber vielleicht ist es auch ihre emotionale Verbundenheit, die sie einiges ertragen lässt. Ich werde es unweigerlich herausfinden, wenn ich bei ihnen in ihre Zusammengehörigkeit inkarniere. Fast kann ich nicht glauben, dass es nur sie ist, die sich dagegen sperrt. Er tut das bestimmt mit dem gleichen Feuereifer. Aber warum stehe ich ausgerechnet mit ihm in diesem Badezimmer?

Erik hantiert am Waschbecken stehend mit einer Handtasche herum, die bestimmt nicht ihm gehört. Und er fischt ein kleines Pillendöschen daraus hervor, klappt es auf und nimmt einige der kleinen weißen Tabletten heraus und wirft sie in den Abfluss des Waschbeckens. Er lässt Wasser hinterherlaufen, greift in seine Hosentasche, zieht einen Tablettenstreifen hervor und drückte die fehlende Tablettenmenge in das Döschen. Dann klappt er es zu.

Ich spüre Carolins Anwesenheit vor der Tür und dass sie auf der Suche nach etwas ist.

Erik legt das Döschen in die Tasche zurück und stellt sie an die Tür, geht zur Toilette und spült. Bedächtig wäscht er sich die Hände und sieht dabei in den Spiegel. Er wirkt nicht glücklich. Ich spüre sein schlechtes Gewissen, dass ich nicht ganz zuordnen kann. Was ist da los?

Und dann passiert es wieder. Ich weiß nicht, ob ich wirklich ihre Stimme akustisch höre oder ob es nur ihre gedachten Worte sind, die ich vernehme. Als Erik zur Tür geht und für sie öffnet, sagt Carolin: „Ich weiß nicht, wo ich meine Handtasche gelassen habe. Ich suche sie überall. Aber ich glaube, sie liegt noch im Auto oder ich habe sie … oh, da ist sie ja!“

Sie greift danach und Erik tut erstaunt. „Die habe ich gar nicht gesehen. Die musst du wohl dort hingestellt haben, als wir eben nach Hause kamen und du auf die Toilette geflitzt bist.“

„Ja, muss wohl“, meint Carolin. „Und ich dachte schon, ich habe sie irgendwo stehen gelassen. Ich muss unbedingt noch meine Pille nehmen.“

Dasselbe Spiel beginnt, nur dass sie es diesmal durchzieht und die Pille auch schluckt. Erik hatte sie weggeworfen und andere in die Dose getan. Will er Carolin vergiften? Und der Blick, mit dem er sie ansieht! Mir springt erneut sein schlechtes Gewissen entgegen.

„Von mir aus musst du den Scheiß nicht nehmen“, knurrt er und geht an ihr vorbei aus dem Badezimmer.

Hoppla!

„Erik, das hatten wir doch schon!“, zischt Carolin zurück. „Und ich finde es unfair, dass du das immer wieder von mir verlangst. Wirklich unfair. Ich will die Zeit mit dir genießen und keine Angst haben, schwanger zu werden. Also bitte, lassen wir das Thema.“

Ich folge ihr aus dem Badezimmer und bin versucht, sie zu berühren. Sie so dicht vor mir zu haben, lässt meine Sehnsucht hervorbrechen. Wie gerne wäre ich wieder ein Teil ihres Lebens.

Erik knurrt aufgebracht: „Als wenn ich Schlimmes von dir verlange. Nur diesen einen Monat. Samstag heiraten wir. Dann machen wir eine winzige Woche Urlaub und der Monat ist fast schon wieder um.“

„Ach Erik!“ Sie geht zu ihm und streicht ihm über die Wange. „Gerade die Woche ist wirklich unsicher. Komm! Wir wollen doch nichts riskieren.“

Er seufzt und murmelt ergeben: „Mach, was du willst. Ich dachte nur, dass du mir das als kleines Hochzeitsgeschenk machen könntest.“

Carolin lacht freudlos auf. „Was wünscht du dir genau? Eine Woche keinen Sex, oder was?“

Erik dreht sich wütend um. „Nein! Nur einen kleinen Beweis, dass du mich so sehr liebst, dass du dieses kleine Wagnis eingehst. Nur einen verdammten Monat lang.“

„Erik, und wenn das schiefgeht, dann haben wir achtzehn Jahre was von deinem kleinen Wagnis.“

Die beiden stehen sich wie Kampfhähne gegenüber und ich bin erschüttert. Das Bild, das sich mir bietet, ist eine für mich völlig verdrehte Welt. Meine zarte, süße Carolin, die alles gegen ein Kind tut und der Bär von Kerl, der offensichtlich ein Kind will. Und sie wollen heiraten. Für mich ist Zeit kein Begriff mehr. Aber es klang nach sehr bald. Und er hat ihre Pille ausgetauscht. Erik geht sehr weit für sein Vaterglück.

Ich bin außer mir. Er ist mein Verbündeter … nicht sie!

Aber zumindest habe ich einen Verbündeten. Und ich weiß, ich werde mein Anliegen erneut vorbringen, denn Carolins Gegenwehr, mich in ihr Leben zu lassen, nehme ich persönlich.

Erik greift nach seiner Jacke und verlässt die Wohnung, die Haustür laut zuschlagend. Er ist wütend und Carolin bleibt zurück, traurig auf die Tür starrend, die so laut ins Schloss fiel.

Ich bleibe bei ihr stehen, ganz dicht und sehe in ihr Gesicht. „Carolin, er ist dein Gefährte. Seit ewigen Zeiten und durch dick und dünn. Wahrscheinlich habt ihr schon einen ganzen Stall voll Kinder gezeugt, in all euren gemeinsamen Leben. Komm, mach es uns doch nicht so schwer. Es ist für euch beide wichtig, dass ich zu euch zurückkehren darf. Und ich will deine Liebe! Ich brauche sie! Und ich weiß, du wirst sie mir auch geben.“