Der Chauffeur

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Der Chauffeur
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Der Chauffeur

1  Titel Seite

2  Eine erotische Kurzgeschichte

3  “Der Chauffeur”

Der Chauffeur

Eine erotische Kurzgeschichte

“Der Chauffeur”
Eine erotische Kurzgeschichte
1. Auflage
Februar 2020
Copyright by Mara Harte
℅ Ariana Lambert
Titelbild & Umschlaggestaltung: Ariana Lambert
www.ariana-lambert.de

Alle Recht vorbehalten. Alle Texte, Textteil, Grafiken, Layouts sowie alle sonstigen schöpferischen Teile dieses Werks sind unter anderem urheberrechtlich geschützt. Das Kopieren, die Digitalisierung, die Farbverfremdung sowie das Herunterladen z.B. in den Arbeitsspeicher, das Smoothing, die Komprimierung in eine anderes Format und Ähnliches stellen auch eine urheberrechtlich relevante Vervielfältigung dar. Verstöße gegen den urheberrechtlichen Schutz sowie jegliche Bearbeitung der hier erwähnten schöpferischen Elemente sind nur mit ausdrücklicher vorheriger Zustimmung des Verlags und des Autors zulässig. Zuwiderhandlungen haben Unterlassungs- und gegebenenfalls Schadenersatzansprüche zur Folge und werden auch strafrechtlich verfolgt.

„Glücklich allein ist die Seele, die liebt.“

„Freudvoll und leidvoll“ von Johann Wolfgang von Goethe

Das Hotel
An luxuriöse Hotelzimmer war Luci gewöhnt.

Sie schätzte es, auf Reisen geräumig zu wohnen und genoss außergewöhnlichen Service, einen schönen Ausblick und Komfort, der ihr in zahlreichen, ebenso außergewöhnlichen Hotelzimmern geboten wurde.

Im vergangenen Monat hatte sie die atemberaubende Aussicht auf den Central Park aus einem der oberen Stockwerke im Park Lane Hotel in New York bestaunt und einige Tage später das Gewimmel des Verkehrs vor dem Four Seasons in Paris bewundert.

Heute stand sie vor dem breiten Fenster ihrer Senior Suite und erfreute sich an dem Blütenmeer des Frühlings in den Bäumen, Sträuchern und Blumen des St. Stephen’s Green, den sie für einen der schönsten Plätze Dublins hielt.

Rund um den großen und mit Seen und Pavillons schon im vorangegangenen Jahrhundert angelegten Park residierten erfolgreiche Anwaltskanzleien, internationale Bankhäuser und gute Hotels. Wie das Shelbourne Hotel, deren Luxus sie die nächsten drei Tage erleben würde.

Ihre Sekretärin hatte eine Suite gebucht, geräumig und dennoch gemütlich.

Das ausladende Bett wurde von einem schönen Baldachin überspannt, der mit hellrosafarbenen Rosen bestickt war und federleicht über den schweren, dunkelbraunen Bettpfosten hing. Auf dem Bett lagen zahlreiche Kissen, so dass Luci sich fragte, ob je ein Gast auf derart vielen Kissen würde schlafen können. Sie würde sie alle heute Abend neben das Bett legen, denn sie schlief bevorzugt ohne eines. Vor dem Fenster stand ein antikes Tischchen mit goldenen Beschlägen und schwungvoll gedrechselten Beinen. Ein gigantisches Blumenbouquet mit frischen Tulpen und Ranunkeln fand seinen Platz darauf und verströmte einen betörenden Duft nach Frühling und Sonne.

Luci öffnete das Fenster und atmete die schon warme und frische Frühlingsluft ein. Sie schloss kurz die Augen und konnte das Zwitschern der Vögel im Park hören, wenn sie den Lärm der Straße ausblendete. Die Straße vor dem größten Park Dublins gehörte den zahlreichen Autos und Bussen, aber auch den tausenden Touristen in Allwetterjacken und Spiegelreflexkameras vor ihren Bäuchen, den eiligen Geschäftsleuten in monotonen, grauen Anzügen und den schrillen Shopping-Freundinnen mit Papiertaschen von Prada, Gucci und Chanel. Wenn man das Kreischen der Kinder, der Touristen und dunkle Brabbeln der Geschäftsleute an ihren Smartphones ausblendete und sich auf das Zwitschern der Vögel im Park konzentrierte, konnte man die Ausgeglichenheit und Ruhe des Parks wahrnehmen.

In Berlin hatte heute morgen das Thermometer minus zwei Grad angezeigt und keine zwei Stunden Flugzeit später war sie bei angenehmen zehn Grad auf der grünen Insel gelandet. Dem Frühling schon einen Schritt voraus; ein Vorteil des Golfstroms, welcher der Insel fast ein mediterranes Flair bescherte.

Sie würde den Vormittag und das schöne Wetter für einen ausgiebigen Spaziergang nutzen. Ihr erster Vortrag würde erst am späten Nachmittag beginnen, mehr als genügend Zeit, um herauszufinden, wie sehr sich die irische Hauptstand in den vergangenen Jahren herausgeputzt hatte.

Vor etlichen Jahren hatte sie die Insel bereits erkundet. Als Studentin. Mit einem Rucksack, wenig Geld, gleichwohl jeder Menge Abenteuerlust.

Ausgerüstet mit bequemen Schuhen zum schwarzen, eleganten Hosenanzug trat Luci aus dem Fahrstuhl in die auf Hochglanz polierte Empfangshalle. Mit langen Schritten ging sie durch die großräumige Halle, in deren Ecken vereinzelt antik wirkende Plastiken standen, vorbei an den hohen Fenstern mit den schweren viktorianischen Vorhängen, vor denen ebenso opulente Sofas standen, in denen ältere Herren saßen und Espresso aus winzig kleinen Tassen schlürften.

Eine hochgewachsene und blendend aussehende Blondine in einem etwas zu eng sitzenden, aber sonst tadellosen Kostüm trat auf Luci zu und lächelte sie an. „Ms. Steinberg.“

Wie gewöhnlich klang ihr Name aus dem Mund von Englisch sprechenden Menschen eher nach Stienbörg, aber daran war Luci gewöhnt. „Ms. Steinberg, ich hoffe, es ist alles zu Ihrer Zufriedenheit.“

Die Dame wartete keine Antwort ab. „Mein Name ist Mrs. Collins. Ich habe mir erlaubt, Ihnen während der Dauer Ihres Aufenthalts unseren Fahrservice zur Verfügung zu stellen. Einer unserer Fahrer kann Sie hinbringen, wohin Sie wollen. Geben Sie mir einfach bescheid.“

Eine sehr entgegen kommende Geste, dachte Luci und bedankte sich: „Vielen Dank. Ich lasse es Sie wissen.“

Ohne ein weiteres Wort, durchschritt Luci die Halle und trat durch die Drehtür ins Freie. Die goldenen Scharniere glänzten in der Sonne und blendeten sie kurz. Der Portier deutete einen Diener an und schon stand sie im Gewimmel der tausenden Touristen und Besucher der großen Stadt, die sich auf dem engen Gehweg aneinander vorbei zwängten.

Sie beschloss, sich einfach treiben zu lassen.

An der Ecke zur Grafton Street, einer der bekanntesten Einkaufsmeilen der Stadt und unter anderem wegen des traditionsreichen Edel-Kaufhauses Brown Thomas zahlreich besucht, erstand sie ein Eis und schlenderte gemütlich durch den Rundbogen, der an eine kleinere Version des L’Arc de Triumph in Paris erinnerte, in Richtung einer Parkbank in der Sonne. Das Gesicht gen Himmel gereckt, das Plätschern des hübsch angelegten Parksees und das ununterbrochene Schnattern der Gänse im Ohr genoss Luci die seltene Zeit für sich.

Ruhige Minuten oder einfach nur Zeit für sich, gönnte sie sich in den letzen Wochen und Monaten wenig. Seit sie die Führung des Strafrechts-Referats von Kramer & Kollegen übernommen hatte, war sie entweder mit großen Kriminalfällen beschäftigt oder ihre Gedanken kreisten um die nächste Aufgabe. Der Job war ein Traum, mit der Qualifikation des LL.M., dem internationalen Juristenabschluss im englischsprachigen Raum, wie für sie geschaffen und mit enormen Karrierechancen. Sie trat in großen Strafrechtsverhandlungen für die Rechte von Opfern krimineller Gewalt ein, hielt Vorträge vor großem Publikum in aller Welt und verfasste wissenschaftliche Texte für akademische Zeitschriften. Dazwischen blieb kaum Zeit für sich.

Das war auch gut so. So blieb ihr kaum Zeit, an Ben zu denken.

„Du tust das Richtige“, hatte Ben sie stets ermuntert, wenn ein langer Arbeitstag bei Gericht und die Offenbarung menschlicher Abgründe und Konfrontationen mit schrecklichen Geschichten und Schicksalen Zweifel in ihr riefen, ob sie die richtige Berufswahl getroffen hatte. Bens Nähe, seine Wärme und beruhigenden Worte, aber auch seine Bewunderung für ihr Tun, gaben ihr den nötigen Mut und die erforderliche Motivation, weiter zu machen.

Aber Ben konnte ihr keinen Mut mehr zusprechen.
Ben war nicht mehr da.

Seit dem Tag, der Lucis Glück und ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt hatte, tat sie das, was sie am besten konnte und was sie hervorragend ablenkte. Sie arbeitete. Sie schrieb einen wissenschaftlichen Artikel nach dem anderen. Einschlägige Zeitschriften fragten bereits nach, wenn nach einem Monat nicht schon der nächste Text im Briefkasten lag. Sie reiste von einem Kongress zum nächsten, nahm an Podiumsdiskussionen in der ganzen Welt teil und ließ sich und ihre Gedanken nicht zur Ruhe kommen.

Das kühle Eis an ihren Lippen und in ihrem Mund, gepaart mit den Geräuschen des Frühlings im Park taten ihr gut. Luci schloss die Augen und genoss die Sonne auf ihrem Gesicht.

St. Stephen´s Green war ein wundervoll angelegter Park. Die schwungvollen Ornamente an den Parkbänken, den Laternen und den diversen Pavillons erinnerten an die detailreiche Architektur des vergangenen Jahrhunderts. Jede Menge Frühlingsblumen, kunstvoll aufwendig und in perfekter Symmetrie angelegt, verströmten ihren Duft. Die Jahrhunderte alten Bäume und dichten Sträucher ließen ihr sommerliches Blätterkleid noch missen, allerdings konnte Luci an einigen Sträuchern schon einen hellgrünen Schein erkennen.

 

Als sie vor vielen Jahren hier gewesen war, war ihr Irland damals etwas mystisch erschienen, außergewöhnlich.

Ein ganz besonderer Ort von damals kam ihr in den Sinn. Ein wunderschöner Strand, ein Steinstrand, ganz in der Nähe von Dublin. Wie war der Name des Ortes?

Killiney.

Richtig. Killiney. Das war der Name des Ortes, fiel es ihr wieder ein. Mit anderen Backpackern hatte sie dort einen spannenden Abend am Lagefeuer und mit Gitarrenmusik verbracht.

Lange war dies her.

Im Rückblick erschien ihr Leben damals unbekümmert, unbefangen und voller Lebenslust. Keine Traurigkeit hatte ihr Leben bestimmt, keine Zweifel am Sinn des Lebens. Ob etwas der Unbekümmertheit und Fröhlichkeit der Zeit ins Heute gerufen werden könnte, wenn sie dorthin führe? Vielleicht vermochten die Erinnerungen ihr einen Teil der Unbeschwertheit zurückbringen?

Der Fahrer kam ihr in den Sinn. Hatte die Hoteldame nicht gesagt, er würde ihr zur Verfügung stehen? Luci schaute auf die Uhr. Noch genügend Zeit bis zu ihrem Termin heute Nachmittag. Sie nahm ihr Telefon und wählte die Nummer des Hotels. Mrs. Collins, das war der Name der Hoteldame, dachte sie gerade noch, als diese schon am anderen Ende der Leitung war.

„Mrs. Collins. Vielen Dank für Ihr Angebot mit dem Fahrer. Ich würde es jetzt gleich annehmen. Ist das möglich?“

Die Dame säuselte mit der für Hotelangestellte typischen, freundlichen und zuvorkommenden Stimme: „Selbstverständlich Mrs. Steinberg. Ich lasse den Wagen vorfahren. Liam wird sie hinbringen, wo immer sie wollen.“

„Vielen Dank. Ich bin in wenigen Minuten da.“

Die Fahrt nach Killiney verlief kurzweilig. Schon der Weg durch die Stadt konnte sich sehen lassen; ein Teil ging entlang der Küste und gewährte einen sonnigen Blick auf das Meer und die am Horizont in einer Art Schlange stehenden Kreuzfahrt- und Tankerschiffe, die darauf warteten, in den ewig überfüllten Hafen von Dublin einfahren zu dürfen. Schließlich führte der Weg sie bergauf durch eben die mystischen Straßen, die Luci noch in Erinnerung waren. Sie wusste, je weiter die Fahrt aus der Stadt führte, desto grüner und ursprünglicher wurde das Land. Auch wenn sie von dem wirklich urigen Irland noch weit entfernt waren, ließ sich das Besondere der Insel bereits erahnen. Ab und zu erhaschte sie einen Blick durch die Pinien und Palmen, die die prunkvollen Gärten vor den herrschaftlichen Grundstücken mit den noblen Villen säumten, hinaus auf das Meer. Außerhalb, aber dennoch in der unmittelbaren Nähe der größten Stadt des Landes, gleichwohl strandnah und in herrlicher Botanik ließen sich unzählige Prominente und wirtschaftlich gut gestellte Persönlichkeiten nieder. Sie konnte es ihnen nicht verdenken.

Luci genoß den Blick aus ihren abgedunkelten Scheiben vom Rücksitz des noblen Bentleys, den das Hotel ihr zur Verfügung gestellt hatte. Nicht nur der Wagen überraschte sie, sondern auch der edel gekleidete Fahrer, im schwarzen Smoking und mit weißen Handschuhen. Schon als er ihr die Tür aufgehalten hatte, war er ihr aufgefallen. Dunkle Augen hatten sie eindringlich angeschaut und ein schüchternes Lächeln hatte auf dem schmalen Gesicht gelegen, das ein schwarzer Bartschatten umrandete, der alles andere als ungepflegt wirkte.

Seit Ben nicht mehr in ihrem Leben weilte, war es noch keinem Mann gelungen, ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen. Zum einen ließ ihr strenger Arbeitsplan Romanzen jeglicher Art nicht zu, zum anderen konnte sie sich bislang nicht vorstellen, sich auf etwas, auf jemanden einzulassen. Sie fühlte sich schlichtweg noch nicht bereit. Die so entwickelte Unnahbarkeit strahlte sie aus und hielt jeden potentiell Interessierten auf Abstand.

Äußerlichkeiten hatten sie im Übrigen noch nie sonderlich beeindruckt, wenn auch gewisse Aspekte nicht unwichtig waren. Von Bens Unnahbarkeit war sie immer wieder in den Bann gezogen worden, ebenso wie seine stille Bewunderung ihr imponiert hatte.

Sollte es je einem anderen Mann gelingen, sich diesem Ideal zu nähern? Sie konnte es sich nicht vorstellen.

Im Moment zumindest nicht.

Gedanken dieser Art gestattete Luci sich höchst selten. Zu sehr überwog die Trauer um ihren Mann und die Erkenntnis, allein zu sein.

Liam allerdings, der Chauffeur, strahlte eine besondere Aura aus. Seine schlanke, trainierte Figur zeichnete sich an den eine Spur zu engen Ärmeln des Jackets ab. Als er Luci beim Einsteigen behilflich gewesen war, trug er noch den für einen Chauffeur typischen, allerdings sehr antiquierten Hut. Jetzt fielen schwarze Locken fast bis auf seine Schultern.

Trotz seiner gebotenen, höflichen Zurückhaltung hatte Luci sehr wohl seine Blicke in den Rückspiegel bemerkt.

„Würden Sie mir Gesellschaft leisten? Ich will nur ein wenig am Strand entlang gehen“, bat Luci als er den Wagen in einer Seitenstraße, nur einige Meter vom Strand entfernt geparkt hatte. Es würde ihr gut tun, nicht allein zu sein. Außerdem spürte sie eine fremdartige Anziehungskraft zu Liam deutlich.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?

Weitere Bücher von diesem Autor