Sprachlos

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Sprachlos
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

Sprachlos

Von Loos Digger

Buchbeschreibung:

Die Sprache der Liebe, heißt es, wäre universell. Aber bis es soweit ist, falls es ohne Sprache je soweit kommt, gilt es, hohe Hürden zu überwinden. Für Leute, die beim Flirten mit Beredtheit und Witz punkten, kann das zum Problem werden. Halb zog sie ihn, halb sank er hin. Das kann in der heutigen Zeit schwierig zu erkennen sein, muss es aber nicht. Seht und hört auf die Signale, dann wisst ihr auch, wann die Stunde geschlagen hat. Die erste Berührung mischt die Karten neu und die Mitte der Nacht ist der Anfang eines neuen Tages.

Über den Autor:

Der Autor lebte zu der Zeit in Schweden und schrieb diese Geschichte, während Schweden fast dabei war, abzusaufen. Merke: Schwedische Sommertage sind deswegen so schön, weil sie so selten sind. Er ist froh, nicht mehr dort zu leben und zwar, weil Julian Assange dort wegen Vergewaltigung angezeigt wurde. Seine frevlerische Tat bestand darin, mit zwei Frauen nacheinander geschlafen zu haben. Und weil sie das ohne Kondom taten, dachte die eine Frau, es wäre was ernstes. Als ihr klar wurde, dass dies nicht der Fall war (aus seiner Sicht), zeigte sie ihn an, weil sie sich nach dem Sex »nicht mehr so gut fühlte«. Im Ernst, das reicht in Schweden, um im Knast zu landen. Ganz ehrlich? Wenn ich das lesen muss, bin ich froh, dort nicht lebenslänglich bekommen zu haben.

Sprachlos

Aus dem Innenleben

Von Loos Digger

Neopubli GmbH

Köpenicker Straße 154a

10997 Berlin

loos.digger@gmail.com

1. Auflage, 2018

© Alle Rechte vorbehalten.

Neopubli GmbH

Köpenicker Straße 154a

10997 Berlin

loos.digger@gmail.com

Ich war für ein paar Wochen bei einer Freundin in Schweden untergekrochen, weil ich nicht wusste, wohin mich mein nächster Job verschlagen würde. Wer schon mal einen Hund nach Schweden gebracht hat, wird mich verstehen. Die Einreiseprozedur für Hunde ist trotz des EU-Binnenmarktes nicht ohne. Und da ich mich unter anderem in Schweden beworben hatte, und ich uns (mir und dem Hund) die erneute Einreise nicht zumuten wollte, saß ich, statt in Deutschland, in der Nähe von Göteborg und wartete. Meine Freundin und ich verständigten uns untereinander meist auf Englisch, denn mein Schwedisch ist schlecht. An manchen Tagen kam mir sogar jegliches Fremdländisch nur schwer über die Lippen und ich redete Deutsch mit ihr. Sie verstand alles in allem nicht viel und antwortete mir auf Schwedisch, was ich wiederum nur rudimentär verstand. Allem Anschein nach hatten wir uns nichts Wichtiges zu sagen und so gingen die Wochen dahin.

Die Tage vertrödelte ich vor dem Computer und machte lange Spaziergänge mit meinem Hund, während sie arbeitete (natürlich bei IKEA), die Abende verbrachten wir oft gemeinsam vor dem Fernseher. Vor dem Fernseher! Mit mir – ausgerechnet! Oder wir kochten zusammen. Für sie war es womöglich der Gipfel eines harmonischen Zusammenlebens, aber für mich war es sterbenslangweilig. Ohne Auto und dazu auf dem Land, an den Hof gefesselt, wo sie sich eingemietet hatte, unter ständiger Bewachung (so kam es mir vor) ihrer Vermieter. Fast hätte ich beim Wichsen die Gardinen zugemacht – allerdings hatte sie keine, so blieb mir diese Schmach wenigstens erspart.

So war es für mich eine willkommene Abwechslung, als sie mir sagte, wir führen am Sonntag zu einem befreundeten Pärchen, deren Hund sie (eigentlich meinte sie mich) demnächst würde zwei Wochen hüten müssen. Ich war zunächst einmal perplex, denn das mit dem Hund war mir neu, aber sie bestand darauf, mir davon erzählt zu haben. Mir darf man eben nichts erzählen, was länger als zwei Wochen in der Zukunft liegt, so etwas vergesse oder verdränge ich schon mal gerne. So machten wir uns Sonntagmittag auf den Weg und fuhren zwanzig Minuten zu einem Haus im Wald. Ich war beeindruckt: Im Gegensatz zu ihrer kleinen Einliegerwohnung war das Haus, in dem wir zwei Wochen verbringen würden, luxuriös großzügig. Noch mehr beeindruckt war ich von ihrer Freundin Anette, wenn auch nicht sofort.

Es war Anfang Juni und nicht nur für schwedische Verhältnisse ein ausgesprochen warmer Tag. So fand das erste Zusammentreffen der Hunde (war doch deren Kennenlernen der eigentliche Zweck dieses Besuchs) im Garten statt. Ich war sorglos, denn mein Hund versteht sich mit jedem. So wie jetzt, wenngleich Douglas – ein riesiger Bernersennenhund – noch größer war als meiner. Mit einer gewissen Portion Neid sah ich den Hunden zu, wie sie sich sofort an den wichtigen und intimen Stellen beschnupperten, denn genau das hätte ich bei unserer Gastgeberin auch gerne gemacht. Diese war ausgesprochen hübsch, Mitte, Ende vierzig, schlank und braun, was durch ihren weißen Rock und das ebenfalls weiße T-Shirt unterstrichen wurde. Normalerweise kann ich es nicht leiden, wenn eine Frau so braungebrannt ist, dass der indische Rosenverkäufer daneben blass aussieht, aber bei ihr gefiel es mir ausnahmsweise. Außerdem war sie nahezu ungeschminkt und es fehlte zum Glück dieser typische Runzelige-Apfel-Teint, den solch eine Bräune sonst gerne schon mal mit sich bringt.

Sie hatte mir im Vorfeld durch meine Freundin ausrichten lassen, sie könne fast kein Englisch und fürchte sich ein bisschen vor unserem Kennenlernen. Entgegen der deutschen Erwartung ist es so, dass nicht alle Skandinavier perfekt Englisch sprechen. Wer das behauptet, hat mit zu wenigen Schweden gesprochen. So lief ein Gutteil der Konversation nur zwischen ihrem Mann, meiner Freundin und mir ab. Oder eben auf Schwedisch und dann war ich außen vor. Wir saßen im Garten, und obschon es erst Juni war und wir in Skandinavien weilten, war es in der Sonne zu warm, mir jedenfalls und auch ihr Mann saß im Schatten eines großen Baums. Die beiden Frauen zogen die Sonne vor und so kam es, dass Anettes Mann schräg gegenüber, meine Freundin ein Stückchen weiter weg neben mir und die Gastgeberin mir direkt gegenüber saß.

Anettes Rock war kurz, sogar sehr kurz, ich konnte es gar nicht vermeiden (und hätte dies auch gar nicht gewollt) ihr ständig zwischen die Beine zu gucken – unauffällig versteht sich. Nun darf man sich das nicht so vorstellen, wie bei Sharon Stone in Basic Instinct, dass sie sich lasziv vor mir räkelte, nein, sie saß dort, als sei es das Natürlichste auf der Welt, dass jedermann ihr Höschen ansah. Meine Freundin musste dies ebenfalls gesehen haben, aber dass es ihr nicht auffiel, fand ich wiederum nicht ungewöhnlich. Saß sie doch ebenso wenig mit sittsam gekreuzten Beinen auf ihrem Gartenstuhl, obschon ihr Rock kein Stückchen länger war.

Vermutlich hat man jetzt sofort die Assoziation von den freizügigen Schwedinnen im Kopf, die genauso falsch wie unausrottbar zu sein scheint (die Assoziation). Im Gegenteil, nach meiner Einschätzung sind die Schweden in sexueller Hinsicht kein bisschen freizügiger als die anderen Europäer, uns eingeschlossen – im Gegenteil. Zwar sagen sie dort im Radio öfter mal jävla skit, was soviel wie verdammte Scheiße heißt, aber dafür haben sie meist strikt getrennte Saunas und im Schwimmbad wird mit Badehose und Badeanzug geduscht – soviel zur schwedischen Offenheit.

Was blieb mir anderes übrig, als die leicht gespreizten Beine in Verbindung mit dem kurzen Rock für eine weitere kulturelle Besonderheit Skandinaviens zu halten? Weder kommentierte ich das in meinen Augen fast schon offensive Herzeigen der Unterwäsche (weiß, ohne Spitze) bei Anette, noch bildete ich mir etwas darauf ein. An einem anderen Ort als ausgerechnet Göteborg hätte ich gemutmaßt, dass, falls ich mal alleine vorbeikäme, sich die Dame des Hauses unverzüglich entblößen und mir ihre geheimsten Teile freimütig dar- und anbieten würde, aber hier? Vermutlich hatte es nichts zu bedeuten, jedenfalls nichts, was nach meinem augenblicklichen Geschmack gewesen wäre. Ich nahm daher an, dass es in Schweden üblich sei, sich im Freundeskreis derart ungezwungen zu geben und nicht etwa die Vorbereitung auf einen frivolen Abend im Swingerklub war.

Sie haben die kostenlose Leseprobe beendet. Möchten Sie mehr lesen?