Die Zeitmaschine

Text
0
Kritiken
Leseprobe
Als gelesen kennzeichnen
Wie Sie das Buch nach dem Kauf lesen
Die Zeitmaschine
Schriftart:Kleiner AaGrößer Aa

H. G. Wells

Die Zeitmaschine

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Epilog

Der Graue Mann

Impressum neobooks

Inhaltsverzeichnis

Die Zeitmaschine

H. G. Wells

Titel der englischen Originalausgabe:

The Time Machine

(London 1895)

Aus dem Englischen von Klaus Schmitz

Umschlaggestaltung: Carsten Hoppen

Copyright der deutschen Übersetzung © 2017 Die Tintenschmiede Verlag Klaus Schmitz

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Epilog

Der Graue Mann

Kapitel 1

Der Zeitreisende (wie wir ihn zweckmäßigerweise nennen wollen) legte uns ein schwer verständliches Thema dar. Seine grauen Augen leuchteten und funkelten, und sein gewöhnlich bleiches Gesicht war gerötet und belebt. Das Feuer brannte hell, und der sanfte Glanz der hell glühenden Lichter in den silbernen Lilienlampen spielte mit den Bläschen, die in unseren Gläsern aufstiegen. Unsere Stühle, nach seinem eigenen Patent entworfen, umarmten und liebkosten uns eher als dass sie sich einfach nur als Sitzgelegenheit hingaben, und es herrschte die angenehme Atmosphäre nach dem Dinner, wenn die Gedanken erhaben umherschweifen, befreit von den Fesseln der Präzision. Er erklärte uns die Sache folgendermaßen – seine Pointen mit einem mageren Zeigefinger unterstreichend – während wir dort saßen und seinen Ernst hinsichtlich dieses neuen Paradoxons (wofür wir es hielten) und seine fruchtbaren Gedankengänge bewunderten.

»Sie müssen mir bedachtsam folgen. Ich werde mit ein oder zwei Vorstellungen aufräumen müssen, die allgemein anerkannt sind. Zum Beispiel gründet sich die Geometrie, wie man sie Ihnen in der Schule beigebracht hat, auf einem Missverständnis.«

»Finden Sie nicht, dass wir da direkt zu Beginn einen dicken Brocken schlucken müssen?«, sagte Filby, eine diskussionsfreudige Person mit rotem Haar.

»Ich möchte Sie nicht bitten, irgendetwas zu akzeptieren, ohne dass es einen vernünftigen Grund dafür gibt. Sie werden mir bald schon alles Nötige zugestehen, was ich für erforderlich halte. Ihnen ist doch zum Beispiel bewusst, dass eine mathematische Linie, eine Linie mit der Tiefe Null, keine echte Existenz aufweist. Das haben Sie doch gelernt, nicht wahr? Ebenso verhält es sich mit einer mathematischen Ebene. Diese Bezeichnungen sind einfache Abstraktionen.«

»Das stimmt soweit alles«, sagte der Psychologe.

»Ebenso wenig vermag ein Würfel, der nur Länge, Breite und Tiefe besitzt, eine echte Existenz vorweisen.«

»Da erhebe ich Einspruch«, sagte Filby. »Natürlich kann ein fester Körper existieren. Alle echten Dinge –«

»Das glauben die meisten Menschen. Aber warten Sie einen Moment. Kann ein augenblicklicher Würfel existieren?«

»Kann Ihnen nicht folgen«, sagte Filby.

»Kann ein Würfel eine echte Existenz besitzen, ohne für eine gewisse Zeit Bestand zu haben?«

Filby wurde nachdenklich.

»Ganz eindeutig«, fuhr der Zeitreisende fort, »muss jeder echte Körper eine Ausdehnung in vier Richtungen besitzen. Länge, Breite, Tiefe und – Dauer. Aber aufgrund einer natürlichen Schwäche unseres Fleisches, die ich Ihnen in einem Augenblick erläutern werde, sind wir geneigt, diese Tatsache zu übersehen. Es gibt tatsächlich vier Dimensionen, von denen wir drei als die drei Dimensionen des Raumes bezeichnen, und die vierte als die Zeit. Man hat jedoch die Neigung, einen wirklichkeitsfremden Unterschied zwischen den ersten drei Dimensionen und der letzteren zu machen, und zwar, weil sich unser Bewusstsein kontinuierlich in einer Richtung voranbewegt entlang der letzteren, vom Anfang bis zum Ende unseres Lebens.«

»Das«, sagte ein sehr junger Mann, der krampfhaft versuchte, seine Zigarre an einer Lampe neu zu entfachen, »das ist…wirklich, ganz klar.«

»Nun, es ist recht bemerkenswert, dass diese Tatsache so gründlich übersehen wird«, fuhr der Zeitreisende fort, als seine Stimmung sich etwas hob. »tatsächlich wird genau dies mit der vierten Dimension gemeint, auch wenn einige der Menschen, die über die vierte Dimension sprechen, gar nicht wissen, dass sie genau das meinen. Es ist nur eine andere Weise, die Zeit zu betrachten. Es gibt keinen Unterschied zwischen der Zeit und den anderen drei Dimensionen des Raumes, außer dass sich unser Bewusstsein an ihr entlang bewegt. Aber einige närrische Menschen klammern sich an der falschen Seite dieser Vorstellung fest. Sie haben alle gehört, was man über diese vierte Dimension sagt?«

»Ich habe das nicht«, sagte der Kleinstadtbürgermeister.

»Es ist einfach folgendermaßen. Dass einem Raum, wie ihn unsere Mathematiker kennen, immer drei Dimensionen zugeschrieben werden, die man Länge, Breite und Tiefe nennen mag, und immer in Bezug auf drei Ebenen definierbar ist, die zueinander im rechten Winkel stehen. Aber einige Philosophen haben gefragt, warum es gerade drei Dimensionen sein müssen – warum es nicht eine weitere Richtung im rechten Winkel zu den anderen drei gibt? – und man hat sogar versucht, eine vierdimensionale Geometrie zu entwickeln. Professor Simon Newcomb hat dies erst vor etwa einem Monat vor der New Yorker Mathematischen Gesellschaft erläutert. Sie wissen, wie man auf einer Fläche, die nur zwei Dimensionen besitzt, das Abbild eines dreidimensionalen Körpers darstellen kann, und ganz ähnlich glaubt man, dass man auf Modellen aus drei Dimensionen ein vierdimensionales Abbild darstellen kann – wenn man nur die Perspektive richtig hinbekommt. Verstehen Sie?«

»Ich denke schon«, murmelte der Provinzbürgermeister. Seine Brauen knetend, war er in einen nachdenklichen Zustand verfallen, seine Lippen bewegten sich, als rezitiere er mystische Worte. »Ja, ich glaube ich verstehe jetzt«, sagte er nach einer Weile, nachdem sich seine Miene recht anschaulich erhellt hatte.

»Nun, ich darf Ihnen schon mal verraten, dass ich eine ganze Weile an dieser Geometrie der vier Dimensionen gearbeitet habe. Einige meiner Ergebnisse sind höchst kurios. Hier zum Beispiel ist das Porträt eines Mannes mit acht Jahren, ein weiteres mit fünfzehn, ein weiteres mit siebzehn, noch eines mit dreiundzwanzig und so weiter. All dies sind offensichtlich Querschnitte, sozusagen, dreidimensionale Darstellungen seines vierdimensionalen Daseins, das eine feste und unveränderliche Sache ist.

Unsere Wissenschaftler«, fuhr der Zeitreisende fort, nach einer Pause, um das Gesagte angemessen zu verdauen, »wissen sehr wohl, dass es sich bei der Zeit ebenfalls um eine Art Raum handelt. Hier sehen Sie ein allgemein bekanntes wissenschaftliches Diagramm, eine Wetteraufzeichnung. Diese Linie, der ich mit meinem Finger folge, zeigt die Bewegung des Barometers. Gestern war es so hoch, in der Nacht fiel es ab, dann stieg es heute Morgen wieder an, sanft bis hier oben hin. Sicherlich stellte das Quecksilber diese Linie nicht in einer der Dimensionen des Raumes dar, die allgemein anerkannt wird. Aber gewiss bildete es eine Linie, und diese Linie, so müssen wir folgern, führt entlang der Dimension der Zeit.«

»Aber«, sagte der Mediziner, der angestrengt ein Kohlestück im Feuer betrachtete, »wenn die Zeit wirklich nur eine vierte Dimension des Raums ist, warum wird sie und wurde sie schon immer als etwas anderes angesehen? Und warum können wir uns nicht in der Zeit bewegen wie in den anderen Dimensionen des Raums?«

Der Zeitreisende lächelte. »Sind Sie sicher, dass wir uns frei im Raum bewegen können? Wir können nach rechts und links gehen, und ungehindert vor und zurück, wie man es schon immer getan hat. Ich gebe zu, dass wir uns frei in zwei Dimensionen bewegen können. Aber was ist mit auf und ab? Dort beschränkt uns die Schwerkraft.«

»Nicht ganz«, sagte der Mediziner. »Es gibt Ballons.«

 

»Aber vor den Ballons besaß der Mensch, abgesehen von den Unregelmäßigkeiten der Erdoberfläche und kleinen Hopsern, keinerlei Freiheit der vertikalen Bewegung.«

»Dennoch konnte man sich ein wenig auf und ab bewegen«, sagte der Mediziner.

»Leichter, viel leichter ab als auf.«

»Und durch die Zeit können Sie sich überhaupt nicht bewegen, dem gegenwärtigen Augenblick können Sie nicht entkommen.«

»Mein lieber Herr, genau da haben Sie Unrecht. Genau dort hat die ganze Welt bisher Unrecht gehabt. Wir entkommen ständig dem gegenwärtigen Augenblick. Unser geistiges Dasein, das wiederum substanzlos ist und überhaupt keine Dimension besitzt, bewegt sich mit einer gleichförmigen Geschwindigkeit durch die Zeitdimension, von der Wiege bis ins Grab. So wie wir uns abwärts bewegen würden, wenn wir unsere Existenz fünfzig Meilen über der Erdoberfläche beginnen würden.«

»Aber die große Schwierigkeit ist doch dies«, unterbrach ihn der Psychologe. »Man kann sich in alle Richtungen des Raumes bewegen, aber man kann sich nicht in der Zeit herumbewegen.«

»Das ist die Keimzelle meiner großen Entdeckung. Aber Sie haben Unrecht, wenn Sie behaupten, man könne sich nicht durch die Zeit bewegen. Wenn ich mich zum Beispiel an einen Vorfall äußerst lebhaft erinnere, gehe ich zum Zeitpunkt seines Geschehens zurück: ich werde geistesabwesend, wie man sagen würde. Ich springe einen Moment lang zurück. Natürlich besitzen wir kein Mittel, um eine längere Zeitspanne dort zu bleiben, so wenig wie ein Wilder oder ein Tier sechs Fuß über dem Boden schweben kann. Aber ein zivilisierter Mensch hat es in dieser Hinsicht da schon besser als ein Wilder. Er kann mit einem Ballon gegen die Schwerkraft angehen, und warum sollte er nicht hoffen, letzen Endes einmal sein Dahintreiben durch die Zeitdimension anzuhalten oder zu beschleunigen, oder sogar umzukehren und in die andere Richtung zu reisen?«

»Oh, das«, begann Filby, »das ist alles –«

»Warum nicht?«, fragte der Zeitreisende.

»Es geht gegen die Vernunft«, sagte Filby.

»Welche Vernunft?«, erwiderte der Zeitreisende.

»Sie können mir durch Argumente vielleicht zeigen, das schwarz gleich weiß ist«, sagte Filby, »aber Sie werden mich nie überzeugen können.«

»Wahrscheinlich nicht«, sagte der Zeitreisende. »Aber nun beginnen Sie den Gegenstand meiner Nachforschungen in die Geometrie der vier Dimensionen zu erkennen. Vor langer Zeit hatte ich eine schwache Vorstellung von einer Maschine –«

»Um durch die Zeit zu reisen!«, rief der Sehr Junge Mann.

»Die gleichmütig in jede Richtung von Raum und Zeit reisen soll, wie es ihr Lenker beschließen mag.«

Filby gab sich mit einem Auflachen zufrieden.

»Aber es wurde durch ein Experiment bestätigt«, sagte der Zeitreisende.

»Das wäre bemerkenswert hilfreich für einen Historiker«, schlug der Psychologe vor. »Man könnte zum Beispiel in die Vergangenheit reisen und die anerkannte Überlieferung der Schlacht von Hastings auf ihre Wahrheit überprüfen!«

»Glauben Sie nicht, dass Sie dort die Aufmerksamkeit auf sich ziehen würden?«, warf der Mediziner ein. »Unsere Vorfahren besaßen keine große Toleranz für Anachronismen.«

»Man könnte sein Griechisch geradewegs von den Lippen Homers und Platos lernen«, gab der Sehr Junge Mann zu bedenken.

»In dem Fall würde man Sie sicherlich nicht einmal ins Vorexamen lassen. Die deutschen Gelehrten haben das Griechische seither stark verbessert.«

»Dann gibt es noch die Zukunft«, sagte der Sehr Junge Mann. »Denken Sie nur! Man könnte sein ganzes Vermögen anlegen, es Zinsen ansammeln lassen und dann vorauseilen!«

»Um eine Gesellschaft zu entdecken«, sagte ich, »die auf einer strikt kommunistischen Basis errichtet wurde.«

»Von allen wirren, überspannten Theorien!«, begann der Psychologe.

»Ja, so schien es mir auch, daher sprach ich nie davon, bis ich –«

»Durch ein Experiment bestätigt!«, rief ich. »Das werden Sie bestätigen?«

»Das Experiment!«, rief Filby, dessen Verstand allmählich erschöpft war.

»Wir wollen trotzdem Ihr Experiment begutachten«, sagte der Psychologe, »auch wenn das alles nur Humbug ist, wissen Sie.«

Der Zeitreisende lächelte in die Runde. Dann, immer noch leise lächelnd, die Hände tief in seine Hosentaschen geschoben, schritt er langsam aus dem Raum, und wir hörten das Schlurfen seiner Pantoffel in dem langen Flur zu seinem Labor.

Der Psychologe blickte uns an. »Ich frage mich, was er uns zeigen will.«

»Irgendeinen Taschenspielertrick«, sagte der Mediziner, und Filby versuchte uns etwas von einem Zauberer zu erzählen, den er in Burslem gesehen hatte; aber noch bevor er mit seiner Einleitung fertig war, kam der Zeitreisende zurück und Filbys Anekdote gab ihren Geist auf. Was der Zeitreisende in seiner Hand hielt war ein glitzerndes Metallgestell, kaum größer als eine kleine Uhr, von sehr feiner Machart. Es enthielt Elfenbein, und eine durchsichtige, kristalline Substanz. Und nun muss ich mich klar ausdrücken, denn das was nun folgt, ist – falls man seine Erklärung nicht akzeptiert – etwas vollkommen Unerklärliches. Er nahm einen der kleinen achteckigen Tische, die in dem Raum verteilt waren, und stellte ihn vor das Feuer, mit zwei Beinen auf dem Kaminvorleger. Auf diesen Tisch stellte er seinen Mechanismus. Dann zog er sich einen Stuhl heran und setzte sich darauf. Der einzige andere Gegenstand auf dem Tisch war eine kleine, beschirmte Lampe, deren helles Licht auf das Modell fiel. Im Raum gab es außerdem noch vielleicht ein Dutzend Kerzen, zwei in Kerzenhaltern aus Messing auf dem Kaminsims und verschiedene andere in Wandhaltern, sodass der Raum hell erleuchtet war. Ich saß in einem niedrigen Sessel und war dem Feuer am nächsten, und zog meinen Sitz soweit nach vorn, dass ich mich beinahe direkt zwischen dem Zeitreisenden und dem Kamin befand. Filby saß hinter ihm und blickte ihm über die Schulter. Der Mediziner und der Provinzbürgermeister hatten sein Profil von rechts im Blick, der Psychologe von links. Der Sehr Junge Mann stand hinter dem Psychologen. Wir waren allesamt auf der Hut. Es erscheint mir unglaublich, dass man uns unter diesen Umständen irgendeine Art von Streich gespielt haben konnte, wie raffiniert erdacht und wie geschickt er auch ausgeführt sein mochte.

Der Zeitreisende blickte zunächst uns an, dann den Mechanismus.

»Nun?«, sagte der Psychologe.

»Dieses kleine Spielzeug«, sagte der Zeitreisende, die Ellbogen auf den Tisch gestützt und seine Hände über dem Apparat aneinandergelegt, »ist nur ein Modell. Es ist mein Entwurf für eine Maschine, um durch die Zeit zu reisen. Sie werden feststellen, dass es sonderbar schief aussieht, und dass an dieser Stange ein komisches Blinken ist, als sei etwas auf irgendeine Weise unwirklich daran.« Er deutete mit seinem Finger auf das Teil. »Außerdem befindet sich hier ein kleiner weißer Hebel, und hier ein weiterer.«

Der Mediziner stand aus seinem Stuhl auf und spähte in das Ding. »Es ist wunderschön«, sagte er.

»Ich benötigte zwei Jahre, um es anzufertigen«, erwiderte der Zeitreisende. Dann, nachdem wir es dem Mediziner alle nachgetan hatten, sagte er: »Nun möchte ich, dass Sie alle ganz deutlich verstehen, dass dieser Hebel, wenn er umgelegt wird, diese Maschine in die Zukunft gleiten lässt, und dieser andere kehrt die Bewegung um. Dieser Sattel soll den Sitz eines Zeitreisenden darstellen. Ich werde in Kürze also diesen Hebel drücken, und die Maschine wird starten. Sie wird verschwinden, in die Zukunft übergehen und nicht mehr zu sehen sein. Schauen Sie sich den Apparat gut an. Untersuchen Sie auch den Tisch und vergewissern Sie sich, dass es keine Tricks gibt. Ich möchte nicht dieses Modell verschwenden und dann gesagt bekommen, ich sei ein Hochstapler.«

Vielleicht eine Minute lang herrschte Schweigen. Der Psychologe schien etwas zu mir sagen zu wollen, änderte dann aber seine Meinung. Dann bewegte der Zeitreisende seinen Finger auf den Hebel zu. »Nein«, sagte er plötzlich. »Leihen Sie mir Ihre Hand.« Damit wandte er sich an den Psychologen, nahm die Hand dieser Person in seine eigene und wies ihn an, seinen Zeigefinger auszustrecken. Daher war es der Psychologe selbst, der das winzige Modell der Zeitmaschine auf seine endlose Reise schickte. Wir alle sahen, wie der Hebel bewegt wurde. Ich bin mir vollkommen sicher, dass es keinen Betrug gab. Es gab einen kurzen Windhauch und die Flamme der Lampe zuckte. Eine der Kerzen auf dem Kaminsims wurde ausgeblasen, und die kleine Maschine ruckte plötzlich herum, wurde verschwommen, für eine Sekunde vielleicht noch wie ein Geist sichtbar, wie ein Strudel aus schwach glitzerndem Messing und Elfenbein; dann war sie fort – verschwunden! Bis auf die Lampe war der Tisch leer.

Jeder schwieg eine Minute lang. Dann sagte Filby, er solle verdammt sein.

Der Psychologe fing sich aus seiner Benommenheit und warf unvermittelt einen Blick unter den Tisch. Daraufhin lachte der Zeitreisende vergnügt. »Nun?«, sagte er, mit einer Anspielung auf den Psychologen. Dann stand er auf, schritt zu seiner Tabaksdose auf dem Kaminsims und begann seine Pfeife zu stopfen, uns den Rücken zuwendend.

Wir blickten einander an. »Schauen Sie«, sagte der Mediziner, »meinen Sie all das wirklich ernst? Glauben Sie wirklich, dass die Maschine in die Zeit gereist ist?«

»Sicherlich«, sagte der Zeitreisende und bückte sich, um einen Kienspan am Feuer zu entzünden. Dann wandte er sich um, sich die Pfeife ansteckend, um dem Psychologen ins Gesicht zu schauen. (Der Psychologe verhalf sich, um zu zeigen, dass er nicht erschüttert war, zu einer Zigarre und versuchte sie unbeschnitten zu entzünden.) »Und mehr noch, dort drinnen habe ich eine große Maschine nahezu fertiggestellt« – er deutete Richtung Labor – »und wenn diese vollständig ist, möchte auch ich selbst eine Reise unternehmen.«

»Sie wollen uns sagen, dass diese Maschine in die Zukunft gereist ist?«, fragte Filby.

»In die Zukunft oder die Vergangenheit – ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen.«

Nach einer Weile hatte der Psychologe eine Eingebung. »Wenn sie irgendwohin gereist ist, so muss es die Vergangenheit sein«, sagte er.

»Warum?«, fragte der Zeitreisende.

»Weil ich annehme, dass sie sich nicht räumlich bewegt hat, und wenn sie in die Zukunft gereist ist, so müsste sie die ganze Zeit hier sein, da sie sich durch diese Zeit bewegt hat.«

»Aber«, sagte ich, »wenn sie in die Vergangenheit gereist ist, hätte sie sichtbar sein müssen, als wir den Raum betraten; und auch letzten Donnerstag, als wir hier waren; und am Donnerstag davor; und so weiter!«

»Ernsthafte Einsprüche«, bemerkte der Provinzbürgermeister mit einer Miene der Unparteilichkeit, als er sich an den Zeitreisenden wandte.

»Nicht im Geringsten«, sagte der Zeitreisende, und an die Adresse des Psychologen: » Sie können das mit Ihrem Fachwissen erklären. Es handelt sich um eine Darstellung unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, Sie wissen schon, verdünnte Darstellung.«

»Natürlich«, sagte der Psychologe, womit er uns beschwichtigte. »Das ist eine einfache Aussage der Psychologie. Daran hätte ich denken müssen. Es ist offensichtlich genug, und unterstützt dieses Paradox auf köstliche Weise. Wir können diese Maschine weder sehen noch anderweitig wahrnehmen, denn ebenso wenig können wir die Speichen eines sich drehenden Rades sehen, oder eine Gewehrkugel, die durch die Luft fliegt. Wenn sie fünfzig oder hundertmal schneller als wir durch die Zeit reist, wenn sie sich so schnell durch eine Minute bewegt wie wir durch eine Sekunde, dann ist der Eindruck, den sie hinterlässt, auch nur ein Fünfzigstel oder ein Hundertstel dessen, als wenn sie nicht durch die Zeit reisen würde. Das ist offensichtlich genug.« Er bewegte seine Hand durch die Stelle, an der die Maschine gewesen war. »Sehen Sie?«, sagte er lachend.

Wir saßen dort und starrten den leeren Tisch eine Minute oder länger an. Dann fragte uns der Zeitreisende, was wir von all dem hielten.

»Heute Abend klingt das alles plausibel genug«, sagte der Mediziner, »aber warten Sie bis morgen. Warten Sie, bis am Morgen der gesunde Menschenverstand erwacht.«

»Würden Sie gerne die Zeitmaschine selbst sehen?«, fragte der Zeitreisende. Und damit führte er uns mit der Lampe in der Hand durch den langen, zugigen Korridor zu seinem Labor. Ich erinnere mich lebhaft an das flackernde Licht, seinen verdrehten, breiten Kopf als Silhouette, den Tanz der Schatten, wie wir ihm alle folgten, verwirrt aber ungläubig, und wie wir dort im Labor eine größere Ausführung des kleinen Mechanismus erblickten, der vor unseren Augen verschwunden war. Teile davon waren Nickel, andere Teile Elfenbein, manche Teile waren sicherlich aus Felskristall gefeilt oder gesägt worden. Das Ding sah grundsätzlich vollständig aus, aber die verdrehten kristallinen Stangen lagen unvollendet auf der Werkbank neben einigen Blättern mit Zeichnungen, und ich nahm eines, um es genauer zu betrachten. Es schien aus Quarz zu bestehen.

 

»Schauen Sie«, sagte der Mediziner, »meinen Sie das völlig ernst? Oder ist das ein Trick – wie dieser Geist, den Sie uns letzte Weihnachten gezeigt haben?«

»Auf dieser Maschine«, sagte der Zeitreisende, die Lampe emporhaltend, »habe ich die Absicht, die Zeit zu erkunden. Ist das deutlich genug? Ich habe es niemals zuvor in meinem Leben ernster gemeint.«

Keiner von uns wusste genau, was er davon halten sollte.

Mir begegnete Filbys Blick über die Schulter des Mediziners hinweg, und er zwinkerte mir feierlich zu.