Buch lesen: «Mit dem Wohnmobil durch die Welt — trotz Rollstuhls im Gepäck», Seite 17

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Rundreise durch Südosteuropa

Im Sommer desselben Jahres beschlossen wir, nicht so sehr in die Ferne zu schweifen, sondern in unserem Urlaub die im Süden angrenzenden Länder TSCHECHOSLOWAKEI, UNGARN, ÖSTERREICH und SÜDDEUTSCHLAND zu besuchen. Bei herrlichem Sommerwetter brachen wir also am 10. August 1990, wie immer in bester Urlaubslaune, zu unserer Vierländer-Rundreise auf. Die erste Zwischenstation war die alte fränkische Kaiser- und Bischofsstadt

- Bamberg -

bekannt durch ihren prächtigen Dom, der mit seinen vier Türmen hoch oben über der Stadt thront. Da wir das Glück hatten, direkt davor einen Parkplatz zu finden, ließen wir es uns natürlich nicht nehmen, dieses Hauptdenkmal der deutschen spätromanischen und frühgotischen Kunst auch von innen zu besichtigen, denn mit den wohl herrlichsten Schöpfungen der deutschen Bildhauerkunst des 13. Jahrhunderts hat es einiges zu bieten, wie die Propheten- und Apostelreliefs, die Standbilder der Maria, der Elisabeth und eines Engels, vor allem des berühmten Bamberger Reiters; darüber, wer dort dargestellt werden soll, gibt es allerdings viele verschiedene Deutungen. Seit 1993 gehört die gesamte Altstadt zum Weltkulturerbe der UNESCO.

Nach ausgiebigem Kunstgenuss delektierten wir uns auf der Terrasse eines sehr hübschen Restaurants an der Regnitz, die 7 km weiter in den Main mündet, an einem köstlichen Abendessen mit unmittelbarem Blick auf die wuchtige steinerne Obere Brücke aus der Mitte des 15. Jh. und das mitten im Fluss, in Verbindung mit der Brücke thronende Alte Rathaus im barocken Gewand mit wunderschön bemalter Fassade nebst 1688 vorgesetztem Fachwerkbau des Rottmeisterhauses, das über dem Fluss zu schweben scheint. Die Nacht verbrachten wir auf einem Parkplatz direkt am Ufer dieses romantischen Flusses.

Der nächste Tag führte uns auf einer Nebenstrecke, mit kurzem Abstecher in die weltbekannte Festspielstadt Bayreuth, durch die grüne Hügellandschaft Oberfrankens mit seinen romantischen Weinbergen - eine Augenweide die blitzblanken kleinen Orte - direkt zur Grenze der

- TSCHECHOSLOWAKEI -.

Nach kurzer Passkontrolle erreichten wir schon wenige Kilometer weiter die einst sehr wohlhabende Handelsstadt Eger (Cheb), die jetzt komplett unter Denkmalschutz steht. Besonders schön präsentiert sich der Marktplatz mit seinen prächtigen Häusern, die teils Erker aus Gotik und Renaissance tragen, teils barocke Fassaden haben, darunter auch das Schillerhaus, in dem der Dichter 1791 wohnte, als er seinen Wallenstein schrieb. Gut erhalten ist auch ein mittelalterlicher Häuserblock, das so genannte Stöckl, eine Gruppe von malerischen, etwas windschiefen Fachwerkhäusern.

Über Karlsbad (Karlovy Vary), seinerzeit das berühmteste Bad der Tschechoslowakei, das uns aber sehr grau und etwas heruntergekommen erschien - vielleicht haben wir auf der Durchfahrt nicht gerade die besten Ecken entdeckt - ging die Fahrt weiter bis in die um so schönere Hauptstadt, jetzt inzwischen von TSCHECHIEN und seit 2000 selbständige Verwaltungseinheit, die goldene Stadt

- Prag (Praha) -

in der wir am frühen Abend ankamen. Bei anhaltendem herrlichen Sommerwetter verzehrten wir unser mit Würstchen und Kartoffelsalat etwas frugaleres Mahl, das einzige was es von der sowieso nicht recht umfangreichen Speisekarte des Ausflugsrestaurants noch gab, wieder unter freiem Himmel. Dafür hatten wir von der hoch oben gelegenen Terrasse einen traumhaften Blick auf die Moldau, ihre unzähligen steinernen Brücken, allein im inneren Stadtgebiet sind es fünfzehn, die den Fluss überspannen, und die Alt- und Neustadt mit ihren vielen Türmen.

Für unsere zweite Übernachtung fanden wir einen tollen Platz direkt am linken (westlichen) Moldauufer, in dem Kleinseite genannten Stadtviertel unterhalb des berühmten Wahrzeichens der Stadt, der mächtigen Burg (Hradschin), mit Blick auf die nicht minder bekannte Karlsbrücke, die älteste Prager Brücke, 1357 durch Karl IV. (1355 zum Kaiser gekrönt) errichtet, die aus Stein gebaut auf 16 massigen Pfeilern den Fluss überspannt, geschmückt mit 30 Statuen und Skulpturengruppen von Heiligen, die im Laufe der Zeit aufgestellt wurden, sowie imposanten Brückentürmen an beiden Ufern. Außer uns hatten noch zehn andere Wohnmobilisten aus ganz Europa diese Perle entdeckt, was zur Folge hatte, dass sich ein angeregter Erfahrungsaustausch entwickelte.

Den nächsten etwas schwülwarmen Vormittag nutzten wir zu ausgiebiger privater Stadtrundfahrt. Es gab aber auch sehr viel zu sehen. Zunächst widmeten wir uns natürlich der Kleinseite, deren Zentrum der Ring bildet, ein von Patrizierhäusern, Adelspalästen und Laubengängen umgebener lebhafter Platz, unterteilt von der schönsten und bedeutendsten, 1750 nach 50-jähriger Bauzeit fertig gestellten Prager Barockkirche St. Niklas, deren 80 m hohe Kuppel und der gleich große frei stehende Glockenturm alle umstehenden Gebäude überragen. In der nahen, leicht ansteigenden Nerudagasse stehen links und rechts barocke Adels- und Bürgerhäuser, die zum Teil noch die alten fantasievollen Namensschilder tragen, wie z.B. „Zum grünen Hirschlein“ oder „Esel bei der Wiege“, was auch immer das bedeuten sollte.

Am hoch gelegenen Hradschiner Platz schließlich stößt man auf fünf imponierende Paläste aus verschiedenen Stilepochen, wie z.B. das barocke Toskanerpalais, das Erzbischöfliche Palais mit verschnörkelter Rokokofassade und schließlich die benachbarten Paläste Martiniz und Schwarzenberg im repräsentativen Renaissancestil.

Hier erhebt sich last not least auch die gewaltige Prager Burg, die, umgeben von einer hohen Mauer, mit den zahlreichen Bauwerken, die dort im Laufe der Jahrhunderte entstanden sind, einen Stadtteil für sich bildet. Mit dem Ausdruck Hradschin ist übrigens nicht nur die Burganlage gemeint, sondern auch der gesamte Hügel oder Bergsporn, auf dem diese sich ausbreitet sowie ebenso der westlich daran angrenzende Stadtteil Prags.

Leider fanden wir an dem Tag den Haupteingang durch ein großes schmiedeeisernes Tor verschlossen, flankiert von riesigen Barockstatuen, den Kämpfenden Giganten; ein davor postierter Polizist versuchte uns in flüssigem Tschechisch den Grund zu erklären, aber der Sprache nicht mächtig, nützte uns das sehr wenig. Also warfen wir wenigstens durch das Gitter einen Blick in den ersten der drei Burghöfe, den so genannten Ehrenhof, und weiter durch das zum zweiten Burghof führende geöffnete barocke Matthiastor in den größeren durch zwei kunstvoll verzierte Brunnen etwas hübscher gestalteten zweiten. Dahinter erhebt sich majestätisch aus dem großen dritten Burghof der imposante gotische Veitsdom mit seinen hoch aufragenden Türmen, das zentrale Gebäude in der riesigen Anlage, Grundsteinlegung unter der Herrschaft von Karl IV. im Jahr 1344, bis zur endgültigen Fertigstellung vergingen fast 600 Jahre. Die gesamte Altstadt wurde 1992 ebenfalls in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen.

Über eine der vierzehn weiteren Brücken, die mächtige Karlsbrücke ist den Fußgängern vorbehalten, gelangten wir schließlich in die quirlige Neustadt. Von einem Parkplatz am Ufer aus genossen wir zuerst noch einmal den traumhaften Blick auf die mächtige, sich lang hinziehende Burganlage mit dem herausragenden Veitsdom, bevor wir unsere Sightseeingtour fortsetzten. Am breiten, wie ein Park angelegten Karlsplatz steht das im Mittelalter entstandene, mehrfach umgebaute Neustädter Rathaus, das durch den 1419 dort stattgefundenen Prager Fenstersturz traurige Berühmtheit erlangte, als Anhänger des vier Jahre zuvor in Konstanz auf dem Scheiterhaufen als Ketzer verbrannten Reformators Johannes (Jan) Hus, so genannte Hussiten, dorthin zogen und, nachdem man ihren religiösen, politischen und sozialen Forderungen nicht nachgab, kurzerhand die sich dort aufhaltenden wohlhabenden katholischen Ratsherren aus dem Fenster stürzten, wodurch die verheerenden fünfzehn Jahre andauernden Hussitenkriege ausbrachen, in die auch Österreich, Ungarn, Bayern, Sachsen, Schlesien und Brandenburg hineingezogen wurden.

Der fast zweihundert Jahre später ebenfalls in Prag sich aus überwiegend religiösen Gründen ereignende Fenstersturz war der letzte Auslöser für den noch grausameren Dreißigjährigen Krieg (1618 -1648). Im so genannten „Majestätsbrief“ hatte Kaiser Rudolf II. (Habsburger), obwohl er die Gegenreformation begünstigte, aus politischen Gründen den protestantischen Böhmischen Ständen (Böhmen war das Kernland der Tschechoslowakei) im Jahre 1609 volle Religionsfreiheit und das Privileg kirchlicher und politischer Organisation garantiert. Da die kaiserlichen Statthalter, die in der Kanzlei im Hradschin residierten, sich jedoch nicht darum kümmerten, wurden sie am 23. Mai 1618 von Angehörigen des radikalen Flügels der böhmischen Ständeopposition nebst Schreiber aus ihrem Bürofenster geworfen. Im Gegensatz zu den katholischen Ratsherren überlebten sie jedoch ihren Sturz, weil sie, wenn auch nur laut Legende, recht unrühmlich in einem Misthaufen im Burggraben landeten.

Doch nun zurück zur Neustadt und zu seinem zweiten, aus der neueren Geschichte berühmten Platz, dem Wenzelsplatz, auf dem sich rund um das auf hohem Sockel aufragende Denkmal des Heiligen Wenzel, umgeben von den vier Landespatronen (förderte im 10. Jahrhundert u. a. die Christianisierung Böhmens), im August 1968 Tausende zum stummen Protest gegen den plötzlichen Einmarsch der Truppen der Warschauer-Pakt-Staaten niederließen, die durch diesen gewaltsamen Akt das Ende des so genannten „Prager Frühlings“ herbeiführten. Heute gilt er mit seinen großen Hotels, Kaufhäusern, Geschäften und Restaurants als Zentrum Prags.

Danach führte uns unsere Fahrt geradewegs in das Herz der angrenzenden Altstadt, zum Altstädter Ring, ein 9.000 qm großer Platz, auf dessen Mitte sich ein überdimensionales Denkmal des Reformators Johannes Hus erhebt. Er war früher Schauplatz bedeutender historischer Ereignisse, Festplatz für Krönungen, gleichzeitig aber auch für öffentliche Hinrichtungen, ins Pflaster eingelassene Kreuze und eine Gedenktafel erinnern noch daran. Rund um den lebhaften Platz ziehen sich sorgsam restaurierte Patrizierhäuser mit ihren Laubengängen, die ältesten stammen noch aus dem Mittelalter, direkt angrenzend auch zwei der vielen Kirchen Prags, die gotische Teyn- und die barocke Kirche St. Nikolaus, unmittelbar daneben das Geburtshaus des Schriftstellers Franz Kafka (1883), eine Bronzebüste macht darauf aufmerksam. Hauptanziehungspunkt ist das spätgotische Rathaus mit seiner Astronomischen Uhr von 1410, ein dreiteiliges Meisterwerk. Da gerade die volle Stunde schlug, als ich das hübsche Objekt aufs Foto bannen wollte, kamen wir auch noch in den Genuss der stündlich stattfindenden Vorführung: Ein Gerippe beginnt das Sterbeglöcklein zu läuten, Jesus und seine Apostel ziehen nickend vorbei, ein Hahn kräht, und ein Muselmane schüttelt ungläubig den Kopf. Das Zifferblatt zeigt den jährlichen Lauf von Sonne, Mond und Planeten und ganz nebenbei auch die genaue Zeit.

Mit der Besichtigung des nahen Kreuzherrenplatzes, in der Mitte ein imposantes Denkmal für Kaiser Karl IV., einander schräg gegenüber die barocken Kirchen St. Franziskus und St. Salvator, beendeten wir unsere Sightseeing-Tour und verabschiedeten uns von dieser so schönen und interessanten Stadt.

Auf einer Nebenstrecke ging es über Stock und Stein, durch kleine überholungsbedürftige Orte, vorbei am großen Zelivka Stausee, eine Weile am romantischen Flüsschen Sasau entlang unserem nächsten Tagesziel entgegen, der drittgrößten Stadt der Tschechoslowakei, der Industrie- und Universitätsstadt

- Brünn (Brno) -

die ehemalige Hauptstadt von Mähren; heute die zweitgrößte Stadt Tschechiens.

Am späten Nachmittag erwischte uns ein heftiges Gewitter mit kräftigen kurzen Schauern, das für angenehme Abkühlung sorgte. Die Stadt zeigte sich im Kern noch recht gemütlich, es gibt eine Reihe interessanter alter Bauten, viele gepflegte Grünanlagen und gegenüber dem Bahnhof eine ausgedehnte Fußgängerzone. Drei Bauwerke sind wirklich sehenswert, die spätgotische St.Jakob Kirche, Ende des 14. Jh. gegründet, erst 1592 beendet, die sich sehr eindrucksvoll aus der Altstadt erhebt, das Alte Rathaus mit seinem schon um 1240 entstandenen Turm und dem durch symbolische Gestalten reich verzierten, etwa 1510 gestalteten Portal und last not least das Wahrzeichen der Stadt, der im 14. Jh. begonnene pompöse Dom St. Peter und Paul, der allerdings erst im letzten Jahrhundert gotisch restauriert worden ist und hoch oben auf der Petrov-Anhöhe, dem Standort der ersten Brünner Burg, das Häusermeer überragt.

Ein gemütliches Kaffeehaus am Marktplatz neben einem plätschernden Brunnen entpuppte sich als sehr gute Wahl für unser Abendessen. Nach nochmaligem ausgiebigen „Stadtbummel“, natürlich per Mobi, wählten wir schließlich für die Nacht einen Parkplatz unter hohen Bäumen, teilweise von schützenden Hecken umgeben, genau gegenüber einer Geburtsklinik, wie uns ein netter Tscheche erklärte, der uns gleich nach dem Einparken ansprach und auf unsere Einladung hin gern an Bord kam, wo sich ein interessantes Gespräch über Politik und Gott und die Welt entwickelte. Da in der Nacht offensichtlich keine „Geburtseinsätze“ mit quietschenden Reifen u. a. m. gefahren wurden, schliefen wir mutterseelenallein selig und süß bis in den sonnigen Morgen.

Entsprechend gut gelaunt hangelten wir uns wieder auf Nebenstraßen zur zweitgrößten Stadt der damaligen Tschechoslowakei, seit 1993 Hauptstadt des selbständigen Staates SLOWAKEI und größte Stadt des Landes, Bratislava (früher Preßburg) an der schönen, einstmals vielleicht auch blauen Donau.

Schon von weitem waren die riesigen unattraktiven Wohnblocks, reine Schlafstädte, zu sehen. In den alten Vierteln konnte man noch etwas von der früheren Schönheit entdecken, man stößt dort auf etliche imposante Palais im Stil von Barock, Rokoko und Klassizismus, die Stadthäuser des Hochadels; sehr imposant das Palais Grassalkovich, 1760 vom gleichnamigen Grafen als Sommerresidenz in Auftrag gegeben. Das im spätbarocken Stil erbaute Gebäude, gelegen in einem wunderschönen französischen Garten, wird heute bewohnt vom slowakischen Staatspräsidenten und dient Repräsentationszwecken.

Etwas weiter südlich, im historischen Stadtkern, trifft man auf den Hlavné námestie, den Hauptplatz, in seiner Mitte sprudelt die bekannte Rolandfontäne, ein Renaissancebrunnen, 1563 durch Kaiser Maximilian II. nach seiner Krönung im Jahre 1563 errichtet, verziert mit einer lebensgroßen Statue auf hohem steinernen Sockel vom Ritter Roland, ein legendärer Schützer der Stadtrechte; da man jedoch der Meinung ist, dass der Kaiser selbst abgebildet sein könnte, wird er auch Maximilianbrunnen genannt.

Dominiert wird der Platz vom Alten Rathaus, ursprünglich ein gotischer Bau aus dem 14. Jh., mit einem auffälligen Barocktürmchen, inzwischen als städtisches Museum genutzt.

Am westlichen Rand der Altstadt überragt der Martinsdom, das größte Kirchengebäude der Stadt, die umliegenden Dächer. Über zwei Jahrhunderte wurde vom Ende des 13. Jh. an der gotischen Kirche gebaut. Ihre einstige Funktion als Krönungskirche der ungarischen Könige (1563-1848) wird durch eine auf einem steinernen Kissen ruhende 300 kg schwere vergoldete Nachbildung der Stephanskrone, der ungarischen Königskrone, auf der Turmspitze dokumentiert, nachdem diese nach der Zerstörung durch Blitzschlag im Jahre 1833 restauriert worden ist.

Oberhalb des Doms erhebt sich auf 85 m hohem Felsen über der Donau als imposantes Wahrzeichen die viertürmige Burg, deren Geschichte bis ins 10. Jh. zurückreicht; sie entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zu einem ansehnlichen Schloss; die Kaiserin Maria Theresia, auch Königin von Ungarn und Böhmen, erhob es 1740 zur Residenz und ließ die letzten großen Umgestaltungen vornehmen. Nach ihrem Tod im Jahr 1780 büßte das Schloss seine Bedeutung ein und nach dem Großbrand von 1811 verkam es völlig. Erst 1953 begann man mit der Renovierung, jetzt wirkt es mit seinen vier trutzigen Ecktürmen und der hohen umlaufenden Mauer eher wie eine mächtige Festung und ist heute Sitz des Slowakischen Nationalrats.

Nach der Fahrt über die Donau auf einer der vier unterschiedlich gestalteten Brücken der Stadt ging unsere kurze, aber sehr schöne und informative Stippvisite in der Tschechoslowakei ihrem Ende entgegen, da wir schon nach wenigen Kilometern die Grenze nach

- UNGARN -

erreichten. Ein kurzes Überprüfen unserer Pässe, und wir durften passieren. Über gemütliche kleine Dörfer führte uns die Straße teilweise an einem stark gewundenen Nebenarm der Donau entlang. In dem ersten größeren Ort, Györ (Raab), kaum zu glauben, dass er das drittgrößte Industriezentrum Ungarns sein soll, erkundeten wir kreuz und quer, soweit möglich in den engen Gassen, die sehenswerte Altstadt. Neben Plätzen in reinem Barock gibt es zahllose winklige Gassen, ein anheimelndes Labyrinth alter Durchlasshäuser, viel Wasser, daher auch Stadt der Flüsse genannt, da die Rába (Raab), die Rábca und ein Nebenarm der Donau hier zusammenfließen.

Auf dem in der NW-Ecke der Altstadt am Flussufer aufragenden Berg, dem Káptalandomb (Domkapitelhügel), hatten schon die Römer Befestigungen angelegt. Dort erheben sich nun sehr imposant die einst romanische Kathedrale, die später gotische und barocke Zutaten bekam, die Fassade ist neoklassizistisches 19. Jh., außerdem ein viergeschossiger Wohnturm aus dem 13. Jh. und die mächtige Bischofsburg, die im 16. Jh. entstand, die Residenz des tausend Jahre alten Györer Bistums.

Herausragend der weite, sehr schön angelegte Platz Városháza, der von dem lang gestreckten imposanten neobarocken Rathaus mit Glockenturm dominiert wird. Das Zentrum der Stadt markiert der Széchenyi tér mit der Säule der Heiligen Jungfrau in seiner Mitte und der barocken St.Ignatius-Kirche (Jesuitenkirche), die Mitte des 17. Jh. nach römischem Vorbild erbaut wurde

Schon nach kurzer Weiterfahrt an dem Nebenarm entlang erreichten wir mit dem Zusammenfluss wieder die Donau, die uns dann eine ganze Weile begleitete. Am späten Nachmittag fanden wir etwas abseits in

- Tata -

einem hübschen Örtchen, auf dem Parkplatz eines direkt an einem kleinen romantischen See gelegenen einladenden Restaurants die ideale Bleibe für die Nacht. Unser Abendessen an einem der leuchtend rot-weiß kariert eingedeckten Tische im kiesbestreuten Garten unmittelbar am Seeufer dehnte sich bis weit in die laue sternklare Sommernacht aus, da sich schon nach kurzer Zeit ein sehr nettes Ehepaar mittleren Alters aus Ostdeutschland mit zwei kleinen Töchtern, von einem nahen Campingplatz kommend, zu uns gesellten. Es ergab sich wieder eine sehr angeregte Unterhaltung. Auf ihre Empfehlung hin genossen wir zusammen mit ihnen zunächst die gleiche Vorspeise, Toast mit Butter und reichlicher Menge köstlichen Kaviars zu wirklich zivilen Preisen. Durch den gemeinsamen Genuss wohlschmeckenden ungarischen Weins, die Töchter natürlich ausgenommen, wurde der Abend immer lustiger, eine dreiköpfige feurig fidelnde Zigeunerkapelle, die in Ungarn natürlich nicht fehlen darf, trug ebenso zu steigender Stimmung bei. Hoch oben die blinkenden Sterne und ein leuchtender Mond, was will man mehr! Fröhlich trennten wir uns erst weit nach Mitternacht, nicht ohne dass die gesamte Familie auf ihren Wunsch hin noch einen Blick in unser Mobi geworfen hatte, solch ein Gefährt stand ganz oben auf ihrer Wunschliste.

Bei abermals herrlichem Sommerwetter, wie sollte es auch anders sein, wenn Engel reisen (o weh!), brachen wir am Mittwochmorgen frohgemut auf und machten, bevor wir an die schöne Donau zurückkehrten, einen kleinen Schlenker an den größeren See nahe des Städtchens, wegen seiner es umgebenden Gewässer und der über 100 Quellen übrigens auch Stadt des Wassers genannt, um die sich am romantischen Ufer des Öreg-tó als sehr schönes Motiv darbietende einzige erhaltene Wasserburg aus dem 14. Jh. aufs Foto zu bannen, ursprünglich königlicher Sommerpalast, später Jagdschloss.

Danach setzten wir unsere Fahrt, immer dem Verlauf der Donau folgend, fort, mit Unterbrechung in Esztergom, früher Hauptstadt von Ungarn, im Mittelalter drei Jahrhunderte lang königliche Residenz und damit Regierungszentrum und seit über tausend Jahren der Sitz des ersten Erzbischofs (Primas) in Ungarn. Schon von weitem grüßt vom Burgberg über der Donau die hoch aufragende imposante Basilika, Ungarns größter Kirchenbau, entstanden im 19. Jahrhundert als Abbild des römischen Petersdoms an Stelle einer 1010 von Stephan I. gegründeten romanischen Domkirche, die im 16. Jh. von den Türken schwer beschädigt wurde.

Natürlich wollten wir uns dieses Kleinod aus der Nähe ansehen; am Ende einer gepflegten Parkanlage erhebt sich sehr eindrucksvoll der klassizistische Monumentalbau mit seinen hohen schlanken Säulen und der 72 m emporragenden Kuppel, die durch einen sie umgebenden Säulenring wie ein Rundtempel erscheint.

Dank Parkplatz direkt vor dem Portal konnten wir auch das prachtvolle Innere bewundern; über dem Hauptaltar befindet sich das weltweit größte Altarbild, eine Kopie von Tizians Mariä Himmelfahrt. Der schönste Teil der Basilika ist die 1506 als Grabkapelle für den Kardinal Thomas Bakócz erbaute, nach ihm benannte Kapelle aus rotem Marmor, deren Schatzkammer prächtige Kirchenschätze birgt; sie hatte als Einzige die Wechselfälle der Geschichte überstanden und wurde in den Südflügel der neuen Basilika integriert.

Höchst beeindruckt ging es weiter über gemütliche kleine blitzsaubere Städtchen, am schönsten Szentendre, in dessen schmalen gewundenen Gassen sich noch viele gut erhaltene Bauten aus Barock und Rokoko mit den typischen verschnörkelten Verzierungen aneinander reihen. Von dort waren es nur noch wenige Kilometer bis