Animalische Sinnlichkeit

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Animalische Sinnlichkeit
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David Poppen

Animalische Sinnlichkeit

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Inhaltsverzeichnis

Titel

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Impressum neobooks

1

Als Selina den Büstenhalter aufhakte, hielt Aurelius von Bartenstein den Atem an. Nicht, dass er ihre wundervollen Brüste noch nie gesehen hätte, ihre spitzen Brustwarzen mit dem rosafarbenen Hof und die aufreizenden Hautfalten an ihren Achselhöhlen.

Das alles war ihm, nach vier Ehejahren bestens vertraut.

Aber doch war jedes Mal etwas Besonderes, er konnte diese Momente in ihrem Leben nicht erwarten. Er liebte seine Frau so stark, dass es ihn bereits schmerzte.

„Weiter, mein Schatz“, sagte Aurelius heiser. „Mach weiter.“

Selina lächelte.

Sie war so schön. Ihr Körper hatte jenes Ebenmaß, das nur echte Klassefrauen auszeichnete. Ihre Beine waren lang und ohne jeden Fettansatz an den Oberschenkeln, glatte Haut um den zart eingezogenen Nabel, jene Stelle die Aurelius besonders gerne küsste, gleich jetzt, im nächsten Augenblick würde er es wieder tun.

Aber Aurelius von Bartenstein bezwang seine Gier.

Seine rechte Hand tastete zum Whiskyglas auf dem niedrigen Tisch neben seinem tiefen Sessel. Er spürte, wie seine Hand feucht war vor Lust und Gier und prickelnder Erwartung. Keinen Blick konnte er von seiner Frau wenden, die ihn ihrerseits herausfordernd ansah, sehr selbstsicher in der Gewissheit der tiefen Liebe, die beide verband.

Aurelius trank.

„Weiter“, sagte er nochmals.

Aber Selina ließ sich Zeit. Sie hatten einen freien Abend geschenkt bekommen. Ihre sechs Monate alte Tochter Clara war heute über Nacht bei den Großeltern.

Sie wollte, dass der Abend unvergesslich wird. Selina verstand etwas vom Ausziehen, sehr viel sogar, das bedeutete, dass sie ihren Mann noch etwas zappeln ließ. Natürlich wollte er recht schnell alles sehen, obwohl ihm nichts unbekannt war, aber sie wollte es heute besonders genießen.

„Ungeduldig, Lius?“, sie benutzte den Kosenamen immer nur in intimen Momenten. Die Endung seines Vornamens war ihr geheimes Zeichen für beginnende Erotik. Nur in solchen Momenten verwendete sie dieses Kosewort.

Sie ließ den Büstenhalter am Zeigefinger kreisen, dann schleuderte sie ihn mit lässiger Bewegung auf das breite Bett vor der rotseiden bespannten Wand, auf der ein goldgerahmter Liebesakt in Öl prangte.

„Los, verdammt“, keuchte Aurelius und trank einen weiteren Schluck aus dem Whiskyglas.

Noch im Anzug auf dem Sessel sitzend starrte er auf Selinas schwarzen Slip. Er gierte auf die stramme schimmernde Haut zwischen Höschen und Strumpfansatz, über die sich das Band des Strumpfhalters spannte.

Selina lachte wie frisch verliebt.

Langsam kam sie auf ihn zu, mit glänzenden Augen. Kurz vor ihm richtete sie sich auf, die Brust vorgereckt und den Oberkörper zurückgebogen. Ihr Kopf lag im Nacken, das rote Haar fiel in lockigen Kaskaden über ihren nackten Rücken.

Dann hielt sie ihm ihre geöffnete Hand entgegen.

„Erst einen Schluck Whisky“, sagte sie.

Aurelius von Bartenstein suchte mit dem Mund nach ihrer linken Brustwarze. Seine Lippen umschlossen saugend den prallen Nippel, seine Zähne begannen an ihm entlangzubeißen. Gleichzeitig griff seine freie Hand an ihre Hüfte, packte den Slip und riss ihn über die Oberschenkel hinab.

„Nein, Lius“, stieß sie lustvoll grinsend hervor.

„Doch. Komm.“

„Nein.“ Sie schüttelte sich und ihre Brüste tanzten. „Erst Whisky für dein Eheweib.“

„Zum Teufel, Selina!“

Sie legte ihm beide Hände auf die Schultern und drückte ihn in den Sessel zurück. Ihre Brustwarze glitt aus seinem Mund, die Spitze gerötet vom Saugen. Aurelius leckte sich die Lippen, während er ihr das Whiskyglas reichte.

Und Selina trank. Beide tranken zu viel Alkohol!

Ihre Halsmuskeln spielten, als sie schluckte. Die Brüste waren straffe Kugeln vor seinen Augen. Der Nabel und das Grübchen, das ihn immer verrückt machte. Der flache Bauch, die Leisten und das rote Nest ihrer Schamhaare.

Er berührte mit einer Hand die Innenseite ihrer Schenkel. Als er merkte, dass sie die Beine spreizte, bis der herabgezogene Slip sich spannte, ließ er die Finger aufwärtswandern, die glatte Haut entlang. Höher und höher bis an das Ende der Oberschenkel.

Selina trank das Glas Whisky mit einem Zug leer und stellte das Glas auf den Tisch.

Ihr Leib schob sich vor, sie blickte auf seine Hand. Sie lächelte, als sein Mittelfinger ihre Scham berührte, den Kitzler, der längst groß und vor Lust geschwollen war. Ihre Spalte schloss sich heiß und feucht um seine Fingerkuppe, ihr Unterleib begann zu kreisen.

„Gut, Lius, gut“, keuchte sie.

Und sein Mittelfinger stahl sich zurück, feucht von ihrem Inneren, tastete nun ihre Schamlippen entlang bis weit nach hinten zwischen die prallen Backen, krallte sich dort fest, scharf umgebogen und bohrte sich hinein.

„Oh, oh, Lius!“

„Okay?“

„Sehr. Ah ... ohhh ...“

Mit der freien Hand goss Aurelius wieder das Glas voll mit Whisky und trank einen großen Schluck.

Längst spannte sein Glied in der teuren Anzughose, rieb sich bei jeder Bewegung am Stoff. Schmerz und Lust zugleich!

Es war Zeit, dass sein Phallus freikam und doch auch wieder nicht, denn diese Vorspiele, dieses Hinauszögern machten alles so besonders. Seit der Geburt ihrer Tochter waren diese Momente selten geworden.

So lauschte er auf ihr Stöhnen, während er langsam wieder seinen Finger in ihre Vagina schob.

Selina machte sich los und trat zurück.

Atemlos schüttelte sie ihr langes rotes Haar, die Lippen über den ebenmäßigen Zähnen zu einem Lächeln verzerrt. Voller Ungeduld ließ sie den Slip an ihren Beinen entlang zu Boden gleiten. Jetzt war sie nackt bis auf den Strumpfhalter und die Nylonstrümpfe.

Aurelius sprang auf.

Er riss sein Sakko von den Schultern.

Der Mann, der jetzt sein Seidenhemd öffnete, war in diesem Moment nicht mehr der erfolgreiche Architekt mit einer Vielzahl an Angestellten und Bauprojekten. Genau in diesem Moment war er ein liebender Ehemann, der voller Lust und Erregung seine Frau begehrte.

„Nein, lass die Strümpfe an“, zischte er leise und sanft.

Selina nahm das Glas Whisky aus seiner Hand und trank einen großen Schluck. Dann war sie dicht bei ihm und presste sich an seinen Körper. Sie mochte es, wenn ihre nackte Haut am Stoff seiner Hose entlangscheuerte und sie spürte, dass sich dort etwas tat. Sie fühlte gern sein erregtes Glied durch den Stoff an ihrer Scham.

„Er steht bereits“, flüsterte sie.

„Ja, mein Schatz. Ich liebe dich so sehr“, sagte er voller Zärtlichkeit. Seine Arme schlossen sich um ihren Körper und drückten sie an sich.

Ihre Lippen trafen sich, sie küssten sich mit weit offenem Mund. Aurelius Zunge spielte an ihrem Gaumen, Selinas Lippen schlossen sich schnell um sie. Er zog sich zurück und stieß zu, einmal, nochmal. Sie probten die Vereinigung mit dem Mund, atemlos, sehr konzentriert. Sie zeigten sich, wie es nachher sein würde, in wenigen Sekunden oder Minuten, wie zärtlich sie zueinander sein würden. Er, wenn er zustieß und sie, beim Auffangen seiner Stöße.

 

Aurelius legte die Hände flach auf ihr Kreuz und zog sie gegen seinen Unterleib. Ihre Hände liebkosten seine sonnengebräunten Schultern, tasteten tiefer bis zum Gürtel und schoben sich zwischen Haut und Stoff. Dann machten sie sich auf die Reise, an seinen Hüften entlang bis zu seinem Bauch, den er wie im Reflex einzog.

„Nimm ihn in die Hand“, flüsterte er.

Sie presste ihre Lippen noch fester auf seinen Mund, um ihm zu zeigen, dass sie verstanden hatte, während sie seine Hose öffnete und den Stoff herunterrutschen ließ. Behutsam drückte sie sein hartes Glied durch seine Unterhose.

Er zog scharf die Luft ein.

„Spiel daran“, zischte er.

Sie zog die Unterhose herunter und befreite seinen eingesperrten Penis, dann nahm sie seine bloße Eichel in die Handfläche, warm und schwer. Dann ließ sie ihn los und stand auf. Mit wippenden Hüften schritt sie zum Bett.

„Ich brauche jetzt deine Zunge, Lius, bitte“, flüsterte sie, mittlerweile lang auf das Bett hingestreckt, den Kopf auf die Seite gelegt und die zärtlichen Augen auf Aurelius gerichtet.

„Aber mach es mir langsam, ganz langsam und zärtlich ...“

„Oh ja, mein Schatz.“

Er entkleidete sich komplett. Nackt krabbelte er auf das Bett und spreizte ihre Beine, dann leckte er ihren Oberschenkel entlang. Seine Augen waren halb geschlossen, aber eben nur halb, um an ihrem Bein entlang den Doppelmond ihrer Hinterbacken und die nun erregt klaffende Spalte in ihrem Schoß sehen zu können. Besonders erregte ihn der Anblick des rot gekringelten Schamhaars.

„Höher, komm schon höher, Lius“, flüsterte Selina leise und erregt.

Ihre Rechte griff nach seinen kurzen Haaren und zog lockend daran.

Während seine Zungenspitze die Innenseite ihrer Oberschenkel entlang leckte, berührte seine Hand ihre Vagina.

„Lass mich mit deinem Finger ...ich mache es ...“, bat sie.

Ihre Hand ergriff seinen Mittelfinger und führte ihn in ihren Scheideneingang, stieß ihn tief ins sich hinein um ihn dann wieder heraus zu ziehen. Sie fickte sich mit seinem Finger selbst.

„Das nächste Mal, wenn wir alleine sind“, hauchte Aurelius zärtlich zu seiner Frau, „dann rasiere ich die Form deines Schamhaares zu einem roten Herz, dass unsere Liebe symbolisiert!“

Dann nahm Aurelius die Hand weg.

Ihre Spalte war feucht. Duft schlug ihm entgegen, gemischt aus Parfüm, das prickelnd ihrem Schamhaar entströmte, aus der herben Süße ihrer Haut, Geruch nach Frau und Sex und nahem Orgasmus, ein nervenlähmender Duft.

Aurelius schob seine Arme unter ihren Oberschenkeln hindurch, streichelte an Strumpfhalter und Bauch entlang, legte dann die Handflächen um ihre Brüste. Dann senkte er die Lippen hinab und schlug mit der Zunge zu!

Selina stöhnte auf, bäumte sich hoch, zuckte vor und zurück und rieb sich an seinem Mund. Seine Lippen, weit offen, massierten genüsslich ihre Spalte.

Selina packte seinen Kopf und presste ihn zwischen ihre Schenkel. Ihr rotes Schamhaar kräuselte sich an seinen Wangen. Über den Bauch hinweg sah er, wie sie den Kopf hin und her warf.

„Lius, oh mein Lius!“

Seine Zunge leckte von weit hinten nach vorn, drang ein um sie dann wieder zu verlassen, immer schneller und tiefer.

„Mit den Zähnen, Lius ... fester. Tu mir weh ... ah. Ja. Gut. Gut so!“

Ihre Beine waren wie eine Schere, schnappten zu, hielten seinen Kopf umklammert, klafften wieder weit auf und dehnten sich, während ihre Hände ihn an den Haaren zurückrissen.

Mit Zeigefinger und Daumen zog sie ihre Schamlippen auseinander, um seiner Zunge Raum zu schaffen. Ganz weit gespreizt lag sie da. Dann wand sich der Orgasmus durch ihren Körper wie ein wildes Tier.

„Oh, mein Lius, wie ich dich liebe“, hauchte sie schwer atmend.

Noch einen Augenblick leckte er ihre Vagina entlang, dann zog sie ihn hoch und küsste gierig die Feuchtigkeit.

„Komm, komm. Komm in mich“

Sie ergriff sein hartes Glied, schob es zwischen ihre Schamlippen, nur leicht, sodass sich der mächtige Schwanz gleich selbst auf den Weg machen konnte.

„Los. Er ist groß und hart, stoß zu!“

Und er rammelte sie, immer schneller und tiefer. Rein und raus, immer härter und fester. Sie klammert ihre Beine um seinen Rücken und presste ihren Unterleib noch fester um ihn.

Beide erreichten gleichzeitig ihren Höhepunkt.

Es kam als rasch wachsender Strom aus seinen Lenden, hart, heiß und gewaltig. Es schoss aus seinem Glied zwischen ihre Beine, während er fest auf sie gepresst dalag. Mal um Mal von einem zuckenden Beben erschüttert, das er mit langen Stößen begleitete. Verebbend noch drängte er seinen Phallus bis zur Wurzel in sie hinein, als gäbe es noch einen Tropfen in ihm, der ihr gehörte und den sie haben musste.

Aus. Oh Gott, leer und aus.

„Ich liebe dich, mein Schatz.“

„Ich liebe dich auch, mein Lius“, antwortete sie mit zärtlicher Stimme.

Aber sie wurden unterbrochen!

Das Telefon klingelte.

Es war seine Mutter, die den Liebenden mitteilte, dass deren Tochter Clara hohes Fieber hatte. Aurelius versprach, unverzüglich das kranke Kind abzuholen zu kommen.

Dann geschah es!

Nur wenige Fahrminuten, nachdem sie das Haus seiner Eltern mit der kranken Clara verlassen hatten, verlor Aurelius die Kontrolle über den Wagen!

Eine schrille Stimme schrie vor Schmerz laut auf!

Er lag im Auto und blickte sich um. Ein Unfall!

Aurelius richtete sich auf und versuchte die Autotür zu öffnen.

Überall Scherben. Die Tür klemmte.

„Selina, bekommst du deine Tür auf?“, fragte er seine Frau.

Keine Reaktion!

„Selina!“, diesmal rief er etwas lauter.

Endlich reagierte sie, aber nur durch ein gequältes Stöhnen.

„Alles wird gut“, flüsterte er gequält und versuchte die Fensterscheibe herunter zu kurbeln, bis er bemerkte, dass gar keine Scheibe mehr vorhanden war. Er quetschte sich durch die Öffnung.

Von außen versuchte er die Beifahrertür zu öffnen um seine Frau zu befreien.

Die Tür war verklemmt.

Seine Tochter auf dem Rücksitz konnte er durch das Fenster aus dem Auto holen. Sie war völlig unverletzt.

Ganz entfernt hörte er gedämpfte Geräusche. Immer mehr Leute standen in der Nähe der Unfallstelle und starrten den Mercedes an, der frontal an einem Baum klebte.

Wie im Film, dachte Aurelius, lauter Gaffer. Er wartete darauf, dass ihn jemand in den Arm kneifen würde, damit er wieder aufwachte.

Panik kroch seinen Rücken hinauf.

Wo blieb die Feuerwehr? Wo der Krankenwagen?

Dann ertönte das Signal der kommenden Rettung.

Aurelius nahm seine Tochter in den Arm und lehnte sich gegen einen Baum.

Ungefähr zwanzig Feuerwehrleute hantierten herum. Lautes Gekreische von einer Rettungsschere war zu hören, mit der versucht wurde, seine Frau Selina aus dem Auto freizubekommen.

Das ausgelaufene Öl auf der Straße war schon mit Pulver abgedeckt.

Aurelius drängelte sich an den Feuerwehrleuten vorbei und wollte helfen.

Da zog ihn ein Mann in Uniform weg, um ihn mit überflüssigen Fragen zu belästigen.

Eine Frau, die sich zwischenzeitlich um seine Tochter Clara gekümmert hatte, zog Aurelius am Arm. Sie drückte ihm ein Mobiltelefon in die Hand und sagte ihm, dass er irgendwo anrufen sollte.

Er schaute sie verständnislos an.

Dann entstand Bewegung an seinem Mercedes. Das Dach war abgesägt und wurde angehoben.

Die Ärzte wurden hektisch und rannten zu seiner Frau.

Eine Weile später waren die Hubschrauberrotoren zu hören.

Es wurde wieder hektisch.

Aurelius lag mittlerweile in einem Krankenwagen. Einem der Ärzte war es mittlerweile gelungen, ihn auf die Pritsche zu zwingen.

Das Martinshorn jaulte laut. Dann wurde er wieder ausgeladen. Viele Ärzte wuselten um ihn herum. Alle taten nur ihre Pflicht.

Dies war der letzte gemeinsame Tag gewesen.

Die letzte Liebeserklärung, der letzte Orgasmus in ihrem Leben.

Selina von Bartenstein verstarb noch an der Unfallstelle.

Gestorben durch einen Autounfall den Aurelius von Bartenstein verursacht hatte.

Er hatte eindeutig zu viel Whisky getrunken!

Er gab sich die Schuld an ihrem Tod und hatte damit Recht!

2

25 Jahre später

Aurelius von Bartenstein inspizierte die Baustellen, für die er als Architekt verantwortlich war, am liebsten nach Feierabend. Tagsüber verbrachte er lieber seine Zeit im Büro vor dem Computer. Außerdem konnte er auf diese Weise den oft langwierigen und sinnlosen Erklärungen der mit dem Bau Beschäftigten entgehen. In aller Ruhe konnte er die Baumängel selbst herausfinden.

Auch der Büroneubau in der Landsberger Straße, zwischen den Münchner Stadtteilen Pasing und Laim gelegen, gehörte zu seinen Projekten.

Der Architekt parkte seinen Wagen am Straßenrand und näherte sich dem Rohbau. Kein Mensch war mehr auf der Baustelle zu sehen. Leer und bizarr ragte das Gerüst in den abendlichen Himmel.

Das Licht über München reichte noch aus, um auch in den oberen Stockwerken Details erkennen zu lassen. Der Architekt runzelte die Stirn, als er den Schaft eines Werkzeugs über die Laufplanke in Höhe des dritten Stockwerks herausragen sah.

Eine bodenlose Schlamperei, für die er am nächsten Tag den Bauleiter zur Rechenschaft ziehen würde!

Vorsichtshalber wollte Aurelius, der letzten Monat achtundvierzig Jahre alt geworden war, einen Bogen um die Gefahrenstelle machen, doch da geschah plötzlich etwas Seltsames mit ihm!

So sehr er sich auch bemühte, von dem noch nicht fertigen Bürgersteig hinunter auf die Straße zu gelangen, er schaffte es nicht! Unaufhaltsam näherte er sich dem Gerüst. Schon erreichte er die ersten senkrechten Pfosten.

Nur mehr wenige Schritte trennten ihn von der Stelle, über welcher der Werkzeugstiel wie eine stumme Drohung in die Luft ragte. Aurelius biss die Lippen zusammen und stemmte sich gegen den rauen Untergrund, der aus festgestampfter Erde bestand. Er strebte zur Straßenmitte, aber eine unsichtbare Kraft drängte ihn vorwärts, der tödlichen Gefahr entgegen.

Es ging so rasend schnell, dass der Architekt verstandesgemäß nicht mehr erfassen konnte, was mit ihm geschah!

Anstatt dem Gefahrenpunkt ausweichen zu können, drängte ihn etwas, dass er weder sehen noch fühlen konnte, immer weiter vorwärts.

Er riss den Kopf in den Nacken und starrte entsetzt zu dem dicken Holzstiel hinauf, der in Höhe des dritten Stockwerks wie ein Bleistift aussah. Für einen Sekundenbruchteil schoss es Aurelius durch den Kopf, welches Werkzeug wohl an diesem Stiel hängen mochte, dann geschah es auch schon!

Niemand stand da oben im dritten Stock. Die Laufplanken waren so schmal, dass der Architekt jeden Menschen hätte sehen müssen, der darauf ging oder lag.

Dennoch kippte der Werkzeugstiel, wie von unsichtbarer Hand gestoßen und sauste in die Tiefe. In den wenigen Zehntelsekunden, die bis zum Aufprall blieben, erkannte Aurelius mit Grauen, dass es ein mächtiger Vorschlaghammer war, dessen massiver Metallkopf vor allem aus dieser Höhe durchaus in der Lage war, einen menschlichen Schädel zu Brei zu schlagen.

Seinen Schädel!

Denn Aurelius stand genau unterhalb des abstürzenden Hammers. Dieses unerklärliche Etwas hielt ihn fest, verhinderte, dass er sich in Sicherheit brachte.

Mit einem letzten Aufflackern seines Lebenswillen schnellte seine rechte Hand vor. Er bekam einen Holm des Gerüsts zu fassen. Alle Muskeln anspannend, riss er sich selbst ein Stück vorwärts. Es gelang ihm, die unsichtbare Macht zu überwinden.

Der Architekt glaubte, den Luftzug zu spüren, als der schwere Hammer haarscharf an seinem Gesicht vorbeisauste. Im nächsten Augenblick bohrte sich der Metallkopf mit einem dumpfen Schlag in die festgestampfte Erde des noch nicht vollendeten Bürgersteigs.

Der Hammer verschwand bis zur Hälfte im Untergrund.

Taumelnd machte Aurelius einige Schritte hinaus auf die Straße und schaute an dem Gerüst empor. Sosehr er auch suchte, er konnte keine Anzeichen dafür entdecken, dass sich jemand dort oben befand, weder auf dem Gerüst selbst, noch irgendwo in dem Neubau, an dem noch sämtliche Außenwände fehlten. Der Schall eines Schrittes hätte auf jeden Fall bis hinab auf die Straße dringen müssen.

 

Der Architekt musterte auch prüfend die Bürgersteige und die benachbarten Häuser. Es war eine typische Münchner Gewerbestraße, tagsüber von Verkehrstaus gequält, abends und vor allem nachts jedoch ausgestorben wie ein Friedhof. Niemand hatte den Unfall beobachtet, niemand konnte bezeugen, dass der Hammer tatsächlich aus dem dritten Stock heruntergestürzt war.

Der Hammer!

Aurelius erinnerte sich an das Instrument, das ihm beinahe den Tod gebracht hätte. Er musste diesen sicherstellen, um am nächsten Tag mit den Nachforschungen beginnen zu können, wer für diesen Leichtsinn verantwortlich war.

Der Architekt senkte seinen Blick und fuhr mit einem überraschten und erschrockenen Aufschrei zurück.

Ächzend griff er zu seinem Herz.

Die Aufregung war fast zu viel für seine angegriffene Gesundheit. Der Anblick, der sich seinen Augen bot, traf ihn wie ein Schock. Deutlich zeichnete sich in dem nachgiebigen Erdreich der Abdruck des schweren Metallkopfes des Hammers ab. Das Werkzeug selbst aber war, obwohl sich kein Mensch der Unglücksstelle genähert hatte, verschwunden!

Sein Blick irrte nach oben.

Er kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. Nein! Es war kein Irrtum möglich! Das war keine optische Täuschung.

Über den Rand des Bretts im dritten Stock ragte der Stiel des massigen Vorschlaghammers heraus!