Zwei Städte

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Zwei Städte
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The Project Gutenberg EBook of Zwei Städte, by Charles Dickens

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Title: Zwei Städte

Author: Charles Dickens

Illustrator: Hablot K. Browne

Translator: Julius Seybt

Release Date: October 21, 2018 [EBook #58145]

Language: German

*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK ZWEI STÄDTE ***

Produced by Peter Becker, Reiner Ruf, and the Online

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Anmerkungen zur Transkription

Der vorliegende Text wurde anhand der 1859/60 erschienenen Buchausgabe so weit wie möglich originalgetreu wiedergegeben. Ungewöhnliche, altertümliche und regional gefärbte Ausdrücke wurden nicht korrigiert; fremdsprachliche Zitate und Ausdrücke wurden unverändert übernommen, sofern die Verständlichkeit dadurch nicht beeinträchtigt wird. Inkonsistente Schreibweisen (z.B. erwidern/erwiedern; fünfzig/funfzig; gelegentliche Verwendung von Apostrophen vor dem ‚Plural-s‘) wurden nicht vereinheitlicht.

In Zitaten innerhalb der wörtlichen Rede wurde ein doppelter Satz Anführungszeichen („„ ... ““) verwendet; in fortlaufenden Erzählsträngen wurden diese dabei nur einfach geschlossen. Umlaute in Großbuchstaben wurden in ihrer Umschreibung (Ae, Oe und Ue) dargestellt.

Bei dem vorliegenden Werk handelt es sich um einen Roman in vier Teilen, welche ursprünglich in getrennten Büchern herausgegeben, schließlich aber zu einem Band zusammengefasst wurden. Die Seitennummerierung beginnt aber, entsprechned der ursprünglichen Textstruktur, in jedem Teil wieder von neuem. Sowohl das Inhaltsverzeichnis als auch das Verzeichnis der Illustrationen waren im Original im ersten Teil abgedruckt; in der vorliegenden Fassung wurden beide Verzeichnisse vor den gesamten Text gestellt, da diese auf alle vier Teile gleichermaßen verweisen.

Das Origial wurde in Frakturschrift gesetzt. Passagen in Antiquaschrift werden in der vorliegenden Fassung kursiv wiedergegeben. Abhängig von der im jeweiligen Lesegerät installierten Schriftart können die im Original gesperrt gedruckten Passagen gesperrt, in serifenloser Schrift, oder aber sowohl serifenlos als auch gesperrt erscheinen.

ZWEI STÄDTE

von

CHARLES DICKENS.


LEIPZIG

Verlag von J. J. Weber.

Inhalts-Verzeichniß.

Erster Theil.

Erstes Buch: Wiederauferstanden.


Seite
1. Kapitel: Die Periode 3
2. Die Postkutsche 7
3. Die Schatten der Nacht 16
4. Die Vorbereitung 24
5. Der Weinschank 43
6. Der Schuhmacher 61

Zweites Buch: Das goldene Haar.


1. Kapitel: Fünf Jahre später 83
2. Ein Schauspiel 93
3. Eine Enttäuschung 104
4. Zum Glückwunsch 127
5. Der Schakal 138
6. Hunderte von Leuten 147

Zweiter Theil.


7. Kapitel: Monsieur le Marquis in der Stadt 1
8. Monsieur le Marquis auf dem Lande 15
9. Das Medusenhaupt 24
10. Zwei Versprechen 42
11. Ein Seitenstück 55
12. Der Mann von Zartgefühl 62
13. Der Mann ohne Zartgefühl 74
14. Der ehrliche Gewerbsmann 83
15. Stricken 100
16. Immer noch stricken 117
17. Eine Nacht 135
18. Neun Tage 143

Dritter Theil.

 

19. Kapitel: Eine Meinung 1
20. Eine Bitte 13
21. Wiederhallende Schritte 19
22. Die Fluth steigt immer noch 37
23. Feuer! 46
24. Vom Magnetfelsen angezogen 57

Drittes Buch: Des Sturmes Wüthen.


1. Kapitel: Zu geheimer Haft 79
2. Der Schleifstein 98
3. Der Schatten 109
4. Eine Pause im Sturm 117
5. Der Holzmacher 126
6. Triumph 136
7. Ein Klopfen an der Thür 147

Vierter Theil.


8. Kapitel: Gute Karte 1
9. Das Spiel ist gemacht 22
10. Das Wesen des Schattens 43
11. Dämmerung 67
12. Nacht 74
13. Zweiundfünfzig 88
14. Ausgestrickt 108
15. Die Schritte verhallen für immer 128

Illustrationen-Verzeichniß.

Erster Theil.


Seite
Titel und Titelbild 1
Die Postkutsche 14
Der Schuhmacher 73
Die Aehnlichkeit 119
Glückwünsche 129

Zweiter Theil.


Der Aufenthalt am Brunnen 11
Mr. Stryver in Tellsons Comptoir 64
Das Leichenbegängniß des Spions 87
Der Weinschank 100

Dritter Theil.


Die Mitschuldigen 12
Der Sturm bricht los 34
Zu geheimer Haft 87
Das Klopfen an der Thür 154

Vierter Theil.


Zwiefaches Erkennen 3
Nach der Verurtheilung 70

Zwei Städte.

Eine Erzählung in drei Büchern.

Von

Boz (Charles Dickens).

Mit

Sechszehn Illustrationen von Hablot K. Browne.

Aus dem Englischen von Julius Seybt.

Erster Theil.


Leipzig

Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber.

1859.

Erstes Buch. Wiederauferstanden.

Erstes Kapitel.
Die Periode.

Es war die beste Zeit, es war die schlechteste Zeit. Es war das Zeitalter der Weisheit, es war das Zeitalter der Thorheit; es war die Epoche des Glaubens, es war die Epoche des Unglaubens; es waren die Tage des Lichts, es waren die Tage der Finsterniß; es war der Lenz der Hoffnung, es war der Winter der Verzweiflung. Wir hatten Alles zu erwarten, wir hatten Nichts zu erwarten. Wir gingen Alle schnurstracks dem Himmel zu, wir gingen Alle schnurstracks den andern Weg — kurz, die Zeit war insofern der gegenwärtigen gleich, als einige ihrer lärmendsten Kenner behaupteten, es könnte im Guten oder Bösen nur in Superlativen von ihr gesprochen werden.

Ein König mit einer großen Unterkiefer und eine Königin von gewöhnlichem Aussehen saßen auf dem Throne von England; ein König mit einer großen Unterkiefer und eine Königin mit einem schönen Gesicht saßen auf dem Throne von Frankreich. In beiden Ländern erkannten die Magnaten des Landes, für welche die Fische und Brote des Landes aufbewahrt werden, auf das Klarste, daß Alles auf ewig in bester Ordnung sei.

Es war das Jahr unseres Herrn 1775. England kamen in jener glücklichen Zeit Enthüllungen aus der andern Welt zu, ebenso wie jetzt. Mrs. Southcott hatte vor Kurzem ihren fünfundzwanzigsten Geburtstag gefeiert, dessen erhabenes Tagen ein prophetischer Gemeiner aus der Leibgarde durch die Verkündigung gefeiert hatte, daß London und Westminster auf dem Punkte stünden, von der Erde verschlungen zu werden. Selbst das Cock-lane-Gespenst war seit einem vollen Dutzend Jahren zur Ruhe gegangen, nachdem es seine Botschaften durch Klopfen kundgethan, genau wie es die Geister des vorletzten Jahres thaten, so übernatürlich war ihr Mangel an Originalität. Einfache irdische Botschaften hatte neuerdings die englische Krone und das englische Volk von einem Congreß britischer Unterthanen in Amerika bekommen, die, seltsam genug, viel wichtiger für das Menschengeschlecht geworden sind, als alle Botschaften, welche von Geistern aus dem Cock-lane-Gelichter herstammen.

 

Frankreich, in Sachen der Geisterwelt weniger begünstigt, als ihre Schwester mit dem Schilde und dem Dreizack, rutschte ganz gemächlich bergab, machte Papiergeld und verthat es. Unter der Anleitung seiner christlichen Seelenhirten unterhielt es sich außerdem mit so menschenfreundlichen Thaten, wie z. B. mit dem Verurtheilen eines Jünglings, daß ihm die Hände abgehackt, die Zunge mit Zangen ausgerissen und er selbst lebendig verbrannt werde, weil er nicht vor einer Prozession schmutziger Mönche, die in seinem Gesichtsbereich in einer Entfernung von fünfzig bis sechszig Schritt vorbeigegangen, im Regen niedergekniet war. Es ist wohl möglich, daß, während dieser arme Junge hingerichtet ward, in den Waldungen Frankreichs und Norwegens Bäume wuchsen, die der Holzfäller Verhängniß schon gezeichnet hatte, um sie zu fällen und zu Brettern zu sägen, um daraus ein gewisses in schrecklicher Erinnerung lebendes bewegliches Gerüst, mit einem Sack und einem Messer daran, zu verfertigen. Es ist wohl möglich, daß unter dem hinfälligen Schuppen einiger Bebauer des schweren Bodens um Paris an demselben Tage unbehülfliche Karren standen, besprützt mit Straßenschmutz, beschnüffelt von Schweinen und dem Federvieh als Sitz dienend, welche der Pächter Tod bereits bestimmt hatte, seine Karren in der Revolution zu sein. Aber dieser Holzfäller und dieser Pächter arbeiteten zwar unaufhörlich, aber stumm, und Niemand hörte sie, wie sie leisen Schrittes sich herumbewegten, um so mehr, da es reine Gottlosigkeit und Hochverrath war, nur den Verdacht zu hegen, daß sie thätig sein könnten.

In England war kaum so viel Ordnung und Schutz von Leben und Eigenthum, daß die Nation sich sehr hätte dessen rühmen können. Verwegene Hauseinbrüche von Bewaffneten und Straßenraub kamen allnächtlich in der Hauptstadt selbst vor; Familien wurden öffentlich gewarnt, die Stadt nicht zu verlassen, ohne ihren Hausrath der Sicherheit wegen dem Möbelhändler zum Aufbewahren zu geben; der Straßenräuber im Dunkel der Nacht war bei Tage ein ehrsamer Bürger der City, der, wenn er von seinem Gevatter als „Capitain“ angehalten, erkannt und genannt ward, diesem ohne Weiteres durch den Kopf schoß und davonritt; die Postkutsche wurde von sieben Räubern angehalten, der Conducteur schoß drei todt und die anderen vier schossen dann den Conducteur selbst todt, „weil er alle seine Munition verschossen hatte“, worauf die Plünderung der Postkutsche in Frieden vor sich ging; den gewaltigen Potentaten, den Lord Mayor von London, hielt ein einziger Straßenräuber auf Turnham Green an und nahm ihm Angesichts seines Gefolges die Börse ab; in Londoner Gefängnissen kam es zu Gefechten zwischen Gefangenen und Schließern und die Majestät des Gesetzes feuerte mit Donnerbüchsen, geladen mit Schrot und Kugeln, unter die Gefangenen; Diebe schnitten an Hofcourtagen Diamantkreuze von dem Halse edler Lords; Musketiere marschirten nach St. Giles, um nach geschmuggelten Waaren zu suchen, und das zusammengelaufene Volk feuerte auf die Musketiere, und die Musketiere feuerten auf das zusammengelaufene Volk; und keines dieser Ereignisse hielt irgend Jemand für etwas Ungewöhnliches. Während sie vor sich gingen, war der Henker, immer geschäftig, und immer schlimmer als nutzlos, in beständiger Arbeit; jetzt hing er ganze Reihen von allerhand Verbrechern auf; dann richtete er Sonnabends einen Hauseinbrecher hin, der Dienstag gefangen worden war; jetzt brandmarkte er in Newgate Leute dutzendweise in die Hand und dann verbrannte er vor der Thür der Westminster-Halle Flugschriften; heute brachte er einen blutgierigen Mörder vom Leben zum Tode und morgen einen armseligen Wicht, der einem Bauernknecht sechs Pence gestohlen hatte.

Alle diese Dinge und tausend ähnliche geschahen in und um das liebe alte Jahr 1775. Von ihnen umgeben und während Holzfäller und Pächter unbeirrt fortarbeiteten, machten die Beiden mit dem großen Unterkiefer und die beiden Andern mit dem gewöhnlichen und dem schönen Gesicht Lärm genug in der Welt und machten ihre göttlichen Rechte mit hochfahrendem Sinne geltend. So führte das Jahr 1775 seine größten und Myriaden von kleinen Geschöpfen — die Geschöpfe dieser Geschichte unter den übrigen — die Straßen entlang, die vor ihnen lagen.