Skandalöse Erlösung

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Skandalöse Erlösung
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SKANDALÖSE ERLÖSUNG
AMANDA MARIEL
Bei diesem Werk handelt es sich um Fiktion. Namen, Charaktere, Einrichtungen, Orte, Ereignisse und Vorkommnisse sind entweder Produkte der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv genutzt.
Copyright © 2016 by Amanda Mariel
Titel der englischen Originalausgabe: »Scandalous Redemption«
Für die deutschsprachige Ausgabe:
Copyright © 2019 by TekTime
Alle Rechte vorbehalten
Übersetzt von Carolin Kern
Einband Design: Melody Mulvey

Kein Teil dieses Buches darf vervielfältigt, oder in einem Datenabfragesystem gelagert, oder in irgendeiner Form oder auf irgendeine Weise übertragen werden, weder elektronisch, mechanisch, fotokopiert, aufgezeichnet noch anderweitig, ohne die ausdrückliche schriftliche Erlaubnis des Verlegers.

Herausgegeben von TekTime.

An alle Fans meiner Ladies und Halunken-Reihe, ich hoffe ihr verliebt euch in Henry und Claudia.


Wie immer könnte ich das nicht ohne mein großartiges Team von Betalesern, Einbandgestaltern, Entwurfspartnern, Formatierern und meinen Herausgeber machen. Ihr wisst alle, wer ihr seid, und jeder von euch ist großartig! Dicke Umarmungen!!

TITEL VON AMANDA MARIEL

(In Deutscher Übersetzung)
Reihe Ladies und Halunken:
Skandalöse Bemühungen
Skandalöse Absichten
Skandalöses Mauerblümchen
Skandalöse Erlösung
Erscheint bald:
Skandalöse Liaison
Reihe Sagenhafte Liebe:
Vom Kapitän gefangen
Reihe Credo der Bogenschützin:
**Amanda Mariel schreibt mit Christina McKnight**
Theodora
Georgina
Adeline
Josephine
Reihe Skandal begegnet Liebe:
Lieb’ nur mich
Alleinstehende Titel:
Eine Verabredung im Mondschein
Ein Bezaubernder Kuss
Weihnachten in den Armen des Herzogs
Verführerische Weihnachten
Reihe Wicked Earls – Club der sündhaften Grafen
** Titel von Amanda Mariel**
Graf von Edgemore
Erscheint bald:
Graf von Grayson
Durch einen Kuss verbunden:
**Diese sind so konzipiert, dass sie für sich stehen können**
Wie man einen Halunken küsst (Amanda Mariel)
Ein Kuss zur Weihnachtszeit (Christina McKnight)
Ein Kuss fürs Mauerblümchen (Dawn Brower)
Der Kuss des Schurken (Amanda Mariel)
Schau auf meiner Webseite vorbei, um meine aktuellen Sammelbände und Bücherboxen zu sehen
www.amandamariel.com

KAPITEL 1

London 1843

Lord Henry Shillington durchschritt das Musikzimmer des Landsitzes von Lord und Lady Morse, darauf erpicht seine Schwester auszumachen. Die Wucht von jemandem, der in ihn stieß, ließ ihn zurückstolpern. Er wirbelte herum, rotbraune Locken erregten seine Aufmerksamkeit, als er seine Hände ausstreckte, um sie zu stabilisieren. »Verzeihen Sie.« Er bot eine leichte Verbeugung, aber er löste seinen Griff nicht.

Die Dame sah ihn aus zusammengekniffenen, wilden grünen Augen in der Farbe von Smaragden an. »Sie sollten darauf achten, wo Sie hintreten. Wenn Sie bitte Ihre Hand von mir nehmen würden.«

Henry begegnete ihrem eisigen Blick. Sie verströmte den süßen Duft von Champagner. Er hing in der Luft um sie herum und füllte seine Sinne, so als ob sie ihn als Parfum benutzt hatte. »Gütiger Gott, Sie sind betrunken.«

Ihre Ohrringe tanzten und funkelten, während sie sich nahe zu ihm lehnte, das Feuer in ihren Augen wurde dabei intensiver. »Mein Zustand geht Sie nichts an.« Sie riss sich von seiner Hand los und machte einen Schritt zurück. Ihr blaues, juwelenfarbenes Abendkleid rauschte bei dieser plötzlichen Bewegung.

Er griff nach ihrem Arm, stoppte sie. Sein Puls hämmerte in seinen Adern. »Sie können in Ihrer Verfassung nicht hier bleiben. Sie werden für sich und unsere Gastgeber einen Skandal verursachen.«

»Was geht Sie das an?«, griff sie ihn an.

Er musste sie daran hindern eine Szene zu machen. »Erlaubt mir Sie nach draußen zu begleiten. Wir können durch den Garten spazieren.« Ein Teil von ihm machte sich Gedanken wegen ihrer Gastgeber, Lord und Lady Wexil waren teure Freunde, aber, wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass er mehr über diese Schönheit erfahren wollte. Etwas an ihr nahm ihn gefangen. Vielleicht ihre außergewöhnlichen Augen oder das Leid, das er in ihnen sah.

Ein langsames Lächeln breitete sich über ihre vollen Lippen aus. »Wie Sie wünschen.«

Sie schwankte und klammerte sich an seinen Arm, während er sie durch die Verandatüren und an die Landluft führte. Was brachte eine Dame dazu so früh am Abend betrunken zu sein? Die Sonne musste dem Schein des Mondes erst noch weichen. Und wer war sie? Sicherlich waren sie sich zuvor noch nie begegnet.

Er wandte sie in Richtung eines Pfads, der mit Blumen und grünem Blattwerk gesäumt war. Einzelheiten dazu, wer sie war und warum sie mit dem Alkohol zu nachsichtig gewesen war, taten sich nicht kund. Etwas bereitete ihr offensichtlich Kummer und er beabsichtigte zu helfen, wenn er konnte. Er studierte das Profil ihres grazilen Gesichts.

»Könnten wir uns setzen … wie ist Ihr Name?« Ihr beschwingtes Lachen schwebte durch die Lücke.

Er hatte niemals ein lieblicheres Geräusch gehört. »Lord Shillington. Und Ihr Name?« Er hielt vor einer gusseisernen Bank. Er konnte nicht wegsehen, als sie sich in einem Flattern von Röcken auf den Sitz niederließ. Sie war ein Mysterium, das er aufzuklären wünschte.

»Setzen Sie sich zu mir, Lord Shillington.« Sie tätschelte die Bank neben sich.

Henry positionierte sich neben ihr, aber nicht zu nahe. Mit einer Dame ohne Begleitung einer Anstandsdame hier draußen zu sein war skandalös genug. Es war nicht sein Wunsch ihr zu schaden—oder sich selbst. Angesichts ihres Zustands hatte er keine andere Wahl, als sie von dem Treffen zu entfernen. Allerdings hatte er auch die Verantwortung die Schicklichkeit seines eigenen Verhaltens zu kontrollieren.

Eine kühle Brise brachte ihre eleganten Röcke durcheinander und zog seine Aufmerksamkeit auf ihren Körper. Hitze wallte durch ihn, als er sie betrachtete. Sie war groß und schlank, doch sie besaß an all den richtigen Stellen Kurven. Er zeigte ein höfliches Lächeln. »Ihr Name, my Lady?«

Sie blickte ihn durch verschleierte Wimpern an. »Lady Claudia Akford.«

Sein Herz setzte einen Schlag aus, während es ihm die Kehle zuschnürte. Die berüchtigte Lady Claudia Akford. Genau die, welche seinen Freunden Lord und Lady Luvington Ärger bereitet hatte? Er sollte keinesfalls in ihrer Nähe sein, am allerwenigsten versuchen ihr zu helfen. Diese skandalöse Frau hat ihre eigenen Schwierigkeiten verursacht. Er sollte sie einfach diesen überlassen.

Er schoss von der Bank hoch. »Ich werde kein Teil Ihrer Ränke sein. Lord und Lady Luvington sind meine Freunde, aber ich vermute das wussten Sie bereits.«

Sie stand auf und ergriff seinen Arm. Ein niedergeschlagener Ausdruck verdunkelte ihre lieblichen Gesichtszüge. »Tatsächlich wusste ich nichts dergleichen, noch schmiede ich Ränke. Geht, wenn Sie das müssen, aber Sie müssen auch wissen, dass Sie bei meinen Beweggründen falsch liegen.«

Er riss seinen Mantelärmel los und ging davon.

Ein leises Schniefen ließ ihn erstarren. Dreh dich nicht um. Nach einem weiteren Schritt zerriss ein kleiner Weinanfall die Luft. Er blickte über seine Schulter, nicht in der Lage sich selbst aufzuhalten. Verdammter Mist. Lady Akford saß auf der Bank, ihr Kopf hing tief, ihre Schultern bebten. Mit einem tiefen Atemzug bewegte er sich zurück an ihre Seite.

Zumindest bestand das Risiko sie zu kompromittieren nicht länger. Für eine Witwe war es vollkommen in Ordnung ohne Begleitung einer Anstandsdame zu sein. Wie dem auch sei, er war ein zu großer Gentleman, als dass er sie in einem solch heiklen Zustand alleine lassen würde. Er würde zusehen, dass sie nüchtern wurde, oder allerwenigstens sicher in ihre Kammer kam, bevor er sich von ihr abwendete. Sicherlich könnte keine Schwierigkeit daraus hervorgehen, ihr dieses eine Mal behilflich zu sein.

Sie hob ihren Kopf. »Ich bin nicht die herzlose Metze, die sie aus mir machen.«

Er hielt ihr sein seidenes Taschentuch hin, traute sich selbst nicht zu sprechen.

Sie schüttelte ihren Kopf und er steckte das seidene Viereck zurück in seine Tasche.

»Ich weiß, was die vornehme Welt über mich sagt, aber die verstehen das alle falsch.«

Irgendwie bezweifelte er, dass sie das taten. Lady Sarah Luvington würde sich niemals eine Geschichte ausdenken, um das Ansehen einer anderen Person zu beschmutzen. Sie hatte ihm alles über Lady Akford erzählt, nachdem die Femme Fatale in Lord Luvingtons Stadthaus gebummelt ist und Schwierigkeiten angezettelt hat. Sie hatte sich auf Luvington geworfen. Dann, als sie entdeckte, dass er geheiratet hatte, ging das Kindchen so weit ihn anzuflehen sie als Mätresse zu unterhalten. Die vornehme Welt hatte kein Wissen von diesem speziellen Vorfall, aber er hatte Berichte aus erster Hand. In Anbetracht dessen konnte er nur annehmen, dass ihre vorherigen Skandale mit Lord Luvington und Lord Akford zutreffend sind. Er würde zusehen, dass sie nüchtern wird, dann mit ihr fertig sein.

 

»Glaubten Sie mir, Lord Shillington?« Ihr Blick verschränkte sich mit seinem.

Der Schmerz in ihrem Gesichtsausdruck trieb ihn dazu ihre behandschuhte Hand zu tätscheln. Er konnte ihr diesen Schnitt nicht direkt geben, ungeachtet was er glaubte. »Erzählen Sie mir, warum sind Sie bereits zu dieser frühen Stunde derart betrunken? Betrauern Sie noch weiterhin Ihren verstorbenen Ehegatten?«

Sie schüttelte ihren Kopf. Ein Hickser entfloh ihr. »Manche Männer sind Monster. Lord Akford war ein solcher Mann. Feiern denn die Menschen nicht, wenn Monster erlegt worden sind?«

Henry schluckte einen Klumpen in seinem Hals herunter. »Sie … feiern?« Ihre Worte beunruhigten und verwirrten ihn zur selben Zeit. Eventuell war die Dame verrückt.

Sie lachte bitter und schwang ihren Fächer. »Nein, aber ich betrauere auch nicht seinen Verlust. Im Gegenteil, ich war erfreut ihn gehen gesehen zu haben. Ich habe nie für Akford geschwärmt. Er hat mich mit einer List zur Heirat gebracht, mich dann jahrelang schlecht behandelt. Möge seine Seele für die Ewigkeit in der Hölle schmoren.«

»Ich …« Henry hatte noch nie gehört, dass eine Dame sich so drastisch ausdrückte. Es fehlten ihm die Worte.

»Sie müssen nichts sagen. Lassen Sie mich einfach ausreden.« Sie straffte ihre Schultern und richte ihren Körper zu seinem aus.

Gott, ihre Wangen waren viel zu blass. Er atmete tief ein und stählte sich für ihre Geschichte.

»Lord Akford wusste, dass ich beabsichtigte Julian, der Marquess of Luvington, zu heiraten und hat mich vorsätzlich ruiniert. Er hat Julian und mich ausspioniert, dann, als Julian einen Antrag gemacht hatte, war Akford Zeuge davon gewesen, wie wir uns einen Kuss teilten. Wir hätten geheiratet, wenn nicht Akfords Betrügerei gewesen wäre. Er hat überall den Klatsch darüber verbreitet, was er gesehen hatte, ging dann zu meinem Vater und traf Vorkehrungen für unsere eigene Hochzeit. Ich hatte wenig andere Wahl, als es zu akzeptieren. Vater drohte mich zu enteignen, wenn ich ablehnte, und ganz London hat mich bereits als eine gefallene Frau gesehen.« Sie schlang ihre Arme um ihre Mitte. »Ich werde die Details nicht teilen, sie sind zu schmerzhaft, aber Lord Akford war ein Unmensch. Wir hatten nichts füreinander übrig.«

Henry streichelte mit der Rückseite seiner Hand über ihre warme Wange. »Sie müssen nicht fortfahren. Ich habe genug gehört.« Sprach sie die Wahrheit? Er konnte die Vorstellung, dass sie eine solche Geschichte erfand, nicht glauben. Wenn Lady Akford ehrlich war, hatte sie durch die Hölle gehen müssen. Er war es ihr schuldig ihr zu helfen, wenn auch aus keinem anderen Grund, als dass sie eine Lady war und er ein Gentleman. Aber was konnte er tun?

Sie stand auf, drehte sich weg von ihm. »Ich benötige eine weitere Flöte mit Champagner. Schließen Sie sich mir doch an.«

»Das ist das Letzte, was Sie benötigen. Lassen Sie uns über etwas Angenehmeres sprechen«, forderte er sie heraus. Möglicherweise würde die frische Luft sie ausnüchtern, wenn er sie für eine Weile hier halten könnte.

»Wie Sie wünschen.« Sie ließ sich auf undamenhafte Weise wieder hinplumpsen. »Soll ich Ihnen erzählen, wie mich die Erinnerungen an Julian durch die Jahre unter Lord Akfords Hand geistig gesund gehalten haben? Oder würden Sie gerne hören wollen, wie mich Julian beiseitegeschoben hat, als ich zu ihm zurückgekommen bin?«

Eine Miene der Demütigung durchzog ihren Gesichtsausdruck, als die letzten Worte, die sie äußerte, ihre Lippen verlassen haben. Sie muss erkannt haben, dass sie zu viel gesagt hatte. Henry schloss seine Augen und atmete aus. Sie wäre nicht die erste Person, die er getroffen hatte, deren Schmerz sie zur Flasche trieb, oder die Dinge sagte, wenn sie alkoholisiert war, die sie niemals unter normalen Umständen gesagt hätte. Ihr Gewahrsein ihres Fehlers erweichte ihn irgendwie.

»Lord Luvington hat Lady Sarah geheiratet. Sie sind verliebt und erwarten ein Baby. Er könnte sie schlecht zur Seite werfen«, versuchte er mit ihr vernünftig zu reden.

Lady Akford atmete verärgert aus. »Aber ich verdiene es?«

»Sie haben falsch ausgelegt, was ich sagte. Haben Sie meinen Worten gelauscht? Er hat eine andere geheiratet, bevor sie zurückgekommen sind.« Henry rieb eine Hand über seinen Kiefer. Die Dame frustrierte ihn unglaublich.

»Ja, ich bin nicht begriffsstutzig. Ich habe schließlich angefangen seine Wahl zu akzeptieren, aber das tut nichts dazu mein Herzeleid zu lindern.« Sie lehnte sich heran, hielt Zentimeter vor seinem Gesicht inne. »Möglicherweise können Sie meinen Schmerz lindern.«

Er begegnete ihrem Blick einmal mehr. »Ich fürchte, ich kann nicht folgen.«

Sie führte ihre Lippen auf seine. Sein Blut kribbelte vor Verlangen, als sie näher rutschte, um ihre Hand auf seinen Schenkel zu legen. Als sie ihre Zunge über seine Unterlippe gleiten ließ, schlängelte sich Bedürfnis in ihm. Er teilte seine Lippen, als sie ihren Kopf schief legte, ihm besseren Zugang gewährte. Sie bewegte ihre Hand unverfroren seinen Schekel hinauf.

Er zuckte weg. »Ich bin ein Gentleman, Lady Akford. Kein Spielzeug und gewiss kein Schwerenöter.« Fehler zu machen, wenn man leidet, war eine Sache, aber das… Er drehte sich um und spazierte davon, seine Wangen brannten, sein Herz hämmerte. Sie hatte mit ihm gespielt, wie mit einem verflixten Schachspiel!

Was hatte er sich dabei gedacht es sich selbst zu erlauben auch nur einen Moment in ihrer Gesellschaft zu verbringen? Er hätte beim Erwähnen ihres Namens gehen sollen. Sie würde nichts als Ärger bringen. Er würde es ihr nicht erlauben Ruin auf ihn zu legen. Noch würde er ihr erlauben ihn zu benutzen. Ganz egal, wie sehr sie ihn in Versuchung führte. Ganz egal, wie ihre Lippen schmeckten. Und ihr Kuss war himmlisch. Weich und süß. Sein Blut erhitzte sich, als er an die Empfindungen dachte, welche sie durch ihn hatte strömen lassen. Er schüttelte die Erinnerung weg. Die Dame war Tabu.

Er betrat das Raucherzimmer und holte ein Glas Portwein. Wie würde er sie meiden? Um Gottes willen, sie besuchten dieselbe Hausgesellschaft.

Nachdem er sein Glas geleert hatte, schenkte er sich weitere zweifingerbreit Portwein ein. Er konnte es ihr einfach nicht erlauben zu ihm zu dringen.

»Was lässt dich so benebelt sein, Shillington?« Lord Keery macht sich an ihn heran und füllte sein eigenes Glas wieder auf.

Henry wandte sich seiner alten Bekanntschaft zu. »Nichts. Mir geht es sehr gut.«

»Hat dieses Nichts vielleicht rotbraune Locken und funkelnde smaragdgrüne Augen?«, grinste Keery.

Henrys Gesicht erwärmte sich, ob es aufgrund von Keerys verschmitzter Beobachtung oder dem Portwein war, konnte er sich nicht sicher sein. »Wie hast du es erraten?«

»Ich habe dich mit ihr das Musikzimmer verlassen sehen. Lady Claudia Akford, wenn ich nicht falsch liege.« Keery nahm einen Schluck.

Henry hob sein Glas, als ob er einen Toast ausbringen wollte. »Ebendieselbe.«

»Was ich nicht begreifen kann, ist, warum du so durch den Wind wirkst. Was hat die Dame mit dir gemacht?« Keery gluckste, bevor er sein leeres Glas auf die Anrichte stellte.

Henry zog an seinem Halstuch in dem Versuch es zu lockern. Er hatte nicht den Wunsch zu wiederholen, was passiert war. Es würde ihm recht sein, wenn er niemals wieder von oder mit der Dame sprach. »Ich … ich war einfach überrumpelt. Ich hatte zuvor noch nicht die Bekanntschaft der Dame gemacht. Ich bin dankbar, dass Lord und Lady Luvington nicht zugegen sind.«

Keery wölbte spekulativ eine Braue. »Luvington hat seine Angelegenheiten mit der Dame geklärt und seine neue Frau hat alles vergeben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie einen Groll gegen Lady Akford hegen würde. Es ist nicht so, dass Lady Akford von deren Heirat gewusst hatte, als sie in Luvingtons Stadthaus aufgetaucht war.«

Henry nahm einen weiteren Schluck. Wenn er mit seinen geklärten Angelegenheiten meinte, dass Luvington Lady Akford aus seinem Haus geworfen hatte, dann vermutete er ja. Dennoch, er konnte sich nicht vorstellen, dass Lady Luvington wünschte sich ein Dach mit Lady Akford zu teilen. Teufel, er wünschte nicht ein Dach mit der anrüchigen Dame zu teilen. »Gewiss. Gleichwohl bin ich froh, dass Lord und Lady Luvington nicht zugegen sind.«

Keery legte eine Hand auf Henrys Schulter. »Du sorgst dich zu viel. Lady Akford ist eine schöne Witwe. Genieße sie, wenn sich die Chance ergibt.« Er bewegte seine Hand zurück an seine Seite und schenkte ihm ein wissendes Zwinkern. »Das ist, was ich tun würde.«

Henry starrte Keery hinterher, die Worte des Schurken überschlugen sich in seinem Kopf. Genieße sie. Er stellte sein Glas auf die Anrichte. Wie man Zahnschmerzen genoss, vermutete er.

KAPITEL 2

Claudias Füße verharrten unbeweglich und ihr wurde bang ums Herz, als sie Lord Shillington an dem großen Mahagonitisch sitzend vorfand. Sein goldenes Haar und seine warmen braunen Augen lugten über die Oberseite des Nachrichtenblatts, das er hielt. Sie hatte nicht erwartet zu dieser späten Stunde irgendjemanden im Frühstücksraum verweilend vorzufinden. Tatsächlich hatte sie vorsätzlich in ihrem Zimmer getrödelt bis sie sicher war, dass alle Hausgäste für die Aktivitäten am frühen Nachmittag von dannen gezogen waren.

Zwischen dem Pochen in ihrem Kopf und ihrer Verlegenheit darüber, wie sie sich am Abend zuvor verhalten hatte, wünschte sie nicht mit irgendjemandem zu verkehren. Sie plante zu frühstücken und den Tag dann versteckt in ihrem Zimmer zu verbringen, weit weg von neugierigen Augen und verurteilenden Blicken.

Die Verlegenheit drohte sie zu verschlingen, als Lord Shillingtons Blick mit ihrem kollidierte. Er betrachtete sie mit kühler Gleichgültigkeit, als er aufstand. Möglicherweise sollte sie sich einfach verabschieden. Ihre gestrigen Handlungen waren verabscheuungswürdig gewesen. Damen frönten nicht zügellos dem Trinken und sie warfen sich Gentlemen nicht an den Hals, dennoch hatte sie beides getan.

Sie straffte ihre Schultern und machte einen zaghaften Schritt auf die Anrichte zu. Er war nur ein Mann, überdies würde es keinen Zweck erfüllen der Verletzung, die sie ihm bereits zugefügt hatte, einen Affront zuzufügen. Sie würde bleiben und die Entschuldigung übermitteln, die sie ihm schuldete.

Vielleicht würde er den Vorfall als den schwachen Moment akzeptieren, der er war. Sie hatte sich selbst erlaubt sich in vergangenen Schmerzen und Selbsthass zu suhlen, eine schlechte Kombination, aber nicht länger. Heute würde sie von vorne beginnen. Ein frisches Leben ohne Julian, Akford oder dem Skandal, den sie auf sie herab bewirkt haben, aufbauen. Sie waren ihre Vergangenheit und sie hegte keinen Wunsch zurückzublicken.

Mit erhobenem Haupt schritt Claudia zur Anrichte, durchsuchte ihren Geist nach angemessenen Worten, um sie zu äußern. Die Hitze von Lord Shillingtons Starren drohte ihre Robe zu versengen, als sie gekochte Eier und Schinken auf den Porzellanteller mit Goldrand legte. Er verachtete sie mit Sicherheit und sie konnte es ihm nicht verübeln, wenn man bedenkt, was er über sie gehört haben muss. Die Art, wie sie sich im Garten auf ihn geworfen hatte, konnte nicht im Geringsten von Nutzen gewesen sein. Sie schluckte ihre Beklemmung herunter und bewegte sich zum Tisch.

»Lord Shillington.« Sie zeigte ein Lächeln.

Er machte einen Schritt vom Tisch weg. »Guten Tag, Lady Akford.«

»Warten Sie.« Sie schluckte den Kloß, der sich in ihrem Hals bildete, herunter. »Bitte erlauben Sie mir mich für mein primitives Verhalten gestern zu entschuldigen.« Sie klammerte sich mit ihren behandschuhten Händen an ihren Teller.

Er wandte seinen Blick ab. »Alles ist vergeben. Nun, wenn Sie mich entschuldigen würden.« Er machte einen weiteren Schritt, stieß bei diesem Vorgang gegen seinen leeren Stuhl. Als er danach griff, stolperte er, fiel mit einem dumpfen Schlag auf den Boden. Ein Diener stürzte nach vorne.

Ihr Herz machte einen Satz, ein kleines Quietschen entsprang ihrer Kehle. Sie bewegte sich um den Tisch herum, ging dann neben ihm in die Hocke, ignorierte die Schicklichkeit. »Sind Sie verletzt?« Sie streckte eine Hand zu ihm aus, um ihm zu helfen.

Rote Flecken erblühten auf seinem Gesicht und Hals. Er schob sich hoch, ignorierte ihr Angebot.

Ihr wurde ein Stich des Bedauerns versetzt. Sie blickte zu dem Diener hoch, nicht sicher, wie sie fortfahren sollte. Nach einem solch unangenehmen Sturz machte es Sinn, dass er verletzt sein könnte. »Benötigen Sie einen Mediziner, Lord Shillington?«

 

Er stand auf und glättete seinen Tagesmantel. »Mir geht es recht gut.«

Claudia legte eine Hand auf seinen Arm. »Sind Sie sicher?«

»Nur mein Stolz leidet.« Er trat außerhalb ihrer Reichweite und bewegte sich auf die Tür zu.

Sie rief aus: »Bitte gehen Sie nicht meinetwegen. Sie haben mein Wort, ich werde nichts Ungesittetes tun. Bitte bleiben Sie und beenden ihr Getränk.« Sie konzentrierte sich auf den Staub, der in den Sonnenstrahlen tanzte, welche durch das raumhohe Fenster strömten, während sie auf seine Antwort wartete. Warum es sie kümmerte, ob er blieb, war jenseits ihres Verständnisses, aber irgendwie war es wichtig. Seine Meinung über sie war wichtig. Sie blickte ihn verstohlen an.

Er beobachtete sie, sein Gesichtsausdruck verriet nichts, als sein Blick über sie strich.

Ein kleiner Schauer schoss durch sie, so wie er sie zu bemessen schien. »Ich würde es mögen, wenn wir Freunde sein könnten. Bitte sagen Sie, dass Sie mir vergeben?«

Er ging vorsichtig durch den Raum und setzte sich wieder auf seinen Stuhl. Er erhob sein Glas, ließ es aus Versehen gegen seinen Teller klirren, beförderte Flüssigkeit über dessen Seite. Ein schiefes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, während er die Pfütze mit einer Leinenserviette aufnahm. »Ich vermute wir alle machen von Zeit zu Zeit Fehler.«

»Gleichwohl wünsche ich es wieder gut zu machen. Sagen Sie mir, gibt es etwas, dass ich tun kann?«

»Ich denke Sie haben bereits genug getan, Lady Akford.« Er blickte weg. »Ich …Entschuldigung. Das kam falsch herüber.«

»Ich glaube Sie haben exakt das gesagt, was Sie gedacht haben, Lord Shillington, und ich kann nicht widersprechen. Erlauben Sie mir die Möglichkeit Ihre Meinung zu ändern, was mich angeht?« Sie versteifte ihren Rücken gegen den Stich seiner Einschätzung. Seine Gedanken passten offensichtlich nicht zu seinen Worten, aber wenn sie die Möglichkeit bekam, wusste sie, dass sie seine Meinung ändern könnte.


Henry dachte er musste verrückt sein, da er zustimmte einen Moment mehr in Lady Akfords Gesellschaft zu verbringen. Und jetzt, ihre Bitte zu bedenken, es war blanker Wahnsinn. Was könnte davon kommen mehr Zeit mit ihr zu verbringen? Davon eine Freundschaft mit ihr aufzubauen? Doch die Dame faszinierte ihn. Sie war schön und charismatisch und die Art, wie sie an seine Seite geeilt war, als er hingefallen war, bewies, dass sie kein Unmensch war. Möglicherweise übereilte er sein Urteil über sie.

Er begegnete ihrem Blick über den Tisch hinweg und grübelte über seine Tollpatschigkeit. Als ob es nicht genug war, dass er über seinen Stuhl gestolpert war, musste er dieser Handlung nachfolgen, indem er den Inhalt seines Glases verschüttete. Schöne Frauen hatten seine Nerven schon immer aus der Fassung gebracht, was ihn zu einem plumpen Lappen machte. Es schien, dass Lady Akford keine Ausnahme war. Seine Reaktion auf sie machte sie nur gefährlicher. Er würde bei allem mit passender Vorsicht weitermachen. »Sehr wohl. Lassen Sie uns Freunde werden.«

Ein kleines Lächeln breitete sich über ihrem Gesicht aus. »Sie werden das nicht bereuen, Lord Shillington.«

Warum fühlte es sich an, als ob er gerade einen Handel mit dem Teufel selbst geschlossen hatte? Er schluckte seine Beklommenheit herunter. Sie würden nur für zwei Wochen hier sein; er würde einfach vorsichtig sein, um nicht in irgendwelche Fallen zu tappen. Im Grunde genommen war die Zustimmung ihr Freund zu werden nicht das Gleiche als zuzustimmen all seine Zeit mit ihr zu verbringen. Dies war eine Hausgesellschaft, wobei einige seiner Standesgenossen zugegen waren, um ihn beschäftigt zu halten. Er würde in ihrer Gesellschaft freundlich sein, aber würde sie nicht aufsuchen. Er griff nach dem Nachrichtenblatt und schlug es einmal mehr auf.

»Was haben Sie gelesen?« Er blickte wieder auf. »T-The London Chronicle, ich halte mich gerne über das Kommen und Gehen in der feinen Gesellschaft auf dem Laufenden. Wer tut was und dergleichen.« Er presste seine Lippen in einer strammen Linie zusammen, um den weitschweifenden Fluss seiner Worte zu stoppen. Verdammt seien seine fürchterlichen Nerven. Er wünschte nicht sie zu umwerben. Es gab keinen Grund in ihrer Gegenwart nervös zu sein.

»Ich verstehe. Und wird irgendetwas Interessantes berichtet?« Sie hob ihre Gabel zu ihrem Mund.

Nachdem er das Blatt beiseitegelegt hatte, griff er nach seinem Glas. »Nichts Ungewöhnliches.« Er würde es nicht wagen den Artikel über Lord und Lady Luvington zu erwähnen. Dieses gewisse Thema musste zwischen ihm und Lady Akford tabu bleiben. Ungeachtet dessen, was sie vorgab, traute er ihr nicht was seine Freunde betraf. Es würde ihm besser dienen die Unterhaltung zu einem sichereren Thema zu steuern. »Sagen Sie. Was haben Sie für diesen Tag geplant?«

»Ich beabsichtigte mich mit einem Buch abzusondern.« Sie gestikulierte nach einem Diener, um ihr Wasserglas wieder zu befüllen. Ihre Ohrringe funkelten bei der Bewegung, schickten kleine Lichtblitze durch den Raum. »Und Sie? Was ist mit Ihren Plänen?«

»Ich muss gestehen, ich fühle mich heute Morgen ein wenig angeschlagen. Ich hatte gehofft der Jagd beizuwohnen, aber daraufhin entschieden im Haus zu bleiben.« Er entspannte sich in kleinen Maßen, während sie sich unterhielten. Die Gesellschaft der Dame erwies sich als angenehm, ungeachtet seiner Befürchtung.

»Ich hoffe doch Sie haben sich erholt.«

Er las Aufrichtigkeit in der Tiefe ihrer Augen. »Tatsächlich. Mir geht es viel besser jetzt und ich freue mich auf das Picknick diesen Nachmittag.«

Er blickte aus dem Fenster hinter ihr. Die Diener bereiteten bereits das Gelände vor. Ein großes weißes Zelt stand zwischen zwei Eichenbäumen aufgerichtet und türkische Teppiche übersäten das üppige grüne Gras. »Werden Sie sich dem Gewühl anschließen?« Er sollte nicht nach ihren Plänen fragen. Die Muskeln in seinem Kiefer strafften sich.

Sie runzelte die Stirn. »Das hatte ich nicht vor. Es ist kein Geheimnis, ich bin nur hierin, weil Vivian Wexil, meine Cousine, mich beschwört hat teilzunehmen. Ich konnte schwerlich ablehnen, da ich unter ihrem Dach wohne. Ich fürchte viele der feinen Gesellschaft haben meine skandalöse Vergangenheit nicht vergeben.«

In diesem Moment sauste Duchess Abernathy in den Raum, gefolgt von Lady Wexil. Als sie sich zum Tisch aufmachten, wandte Lady Wexil ihre Aufmerksamkeit Lady Akford zu. »Unsinn, Claudia. Diejenigen, die wichtig sind, machen dich nicht verantwortlich. Der Rest der Gesellschaft wird zu gegebener Zeit den Skandal vergessen.«

»Es sind Jahre vergangen.« Lady Akford schob eine verirrte Locke von ihrer Stirn.

Henry stand bei der Unterbrechung auf, verbeugte sich dann. »Euer Gnaden, Lady Wexil.«

Die Herzogin nickte und nahm Platz. »Sie sind erst kürzlich in die Gesellschaft zurückgekehrt. Geben Sie ihr etwas Zeit und sie werden alle zu einem neuen Häppchen Klatsch weiterziehen, dabei alles über Ihre kleine Jugendsünde vergessen.«

Lady Wexil legte ihre behandschuhte Hand über Lady Akfords. »Euer Gnaden hat Recht, weißt du. Der Skandal war lange vergessen, bevor du zurückgekehrt bist. Mit ein bisschen Zeit wird es jeder wieder vergessen. Merk dir meine Worte.« Sie setzte sich auf den Stuhl neben Lady Akford.

Henry konnte nicht anders, als Lady Akfords Unbehagen zu bemerken, als er sich wieder hinsetzte. Ihre Schultern waren leicht gerundet und sie nagte an ihrer vollen Unterlippe.

»Lady Akford und ich besprachen das Picknick. Es scheint, als ob alles in Ordnung sei«, sagte er in der Hoffnung deren Aufmerksamkeit von Lady Akford wegzunehmen.

Lady Wexil nahm die Teetasse aus Porzellan auf und ein Diener füllte diese für sie. »In der Tat. Und das Wetter heute ist prächtig. Euer Gnaden und ich sind gerade von einem Spaziergang hereingekommen.«

Die Herzogin wandte sich Lady Akford zu. »Sagen Sie, werden Sie sich zu uns gesellen?«

Henry beobachtete Lady Akford, während er ihre Erwiderung erwartete. Elend überzog ihre Gesichtszüge, ihre Augen blieben niedergeschlagen und ihre Wangen waren gerötet. Ihr Unbehagen zu erleben riss an seinem Herzen.

Sie blickte hoch, schenkte der Herzogin ihre Aufmerksamkeit. »Ich kann mir nicht vorstellen, was ich anderes tun könnte.«

Lady Wexil lächelte. »Wir werden eine fabelhafte Zeit haben. Du wirst sehen.«

Die Herzogin nahm einen Schluck von ihrem Glas. »Ich hoffe allerdings, dass Sie mir auch bei einem Spiel Game of Graces beiwohnen.«

»Ich wäre entzückt«, murmelte Lady Akford ihre Antwort.

Henry bemerkte die Mühe, welche das höfliche Lächeln sie kostete. Er würde wetten, dass sie ein Zimmer im Turm dem Besuchen der Tagesveranstaltungen vorziehen würde. »Lady Akford, ich wäre geehrt, wenn Sie etwas Ihrer Zeit mit mir verbringen würden. Eventuell einen Spaziergang durch den Garten?«

Ihre Augen erhielten etwas ihres Glanzes zurück. »Die Ehre wäre meinerseits, Lord Shillington.«

So viel dazu Vorsicht um die Dame herum auszuüben. Nichtsdestotrotz, er konnte sich nicht zurücklehnen und es erlauben, dass sie litt. Nicht wenn es etwas gab, das er tun konnte, um ihr Unbehagen zu mindern. Gnade ihm der Himmel, wenn er sich bei ihr irrte.