Die ersten Marsianer

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Die ersten Marsianer
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Alfred Bekker

Die ersten Marsianer

Science Fiction Abenteuer

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Die ersten Marsianer

Gestrandet auf dem Methan-Planeten

Impressum neobooks

Die ersten Marsianer

"Wow, das geht ja ab", sagte Paul McCall, als der Gleiter in die höheren Schichten der Marsatmosphäre vorstieß.

In der Gegend um den Lowell-Krater herrschte an diesem Tag klares Wetter. Nur einige Kohlendioxid-Wölkchen standen am Himmel.

In der Ferne sah man die beiden Monde des roten Planeten am Himmel stehen, Phobos und Deimos.

Phobos, der größere der beiden Monde, brauchte zur Umkreisung des Mars nur etwas mehr als sieben Stunden. Wohingegen Deimos mehr als dreißig Stunden brauchte, um den roten Planeten zu umlaufen.

In immer wiederkehrenden Abständen standen die beiden Monde gemeinsam am Himmel. Im Moment war es gerade mal wieder so weit.

Jeff Lackey hatte an der Pilotenkonsole des Gleiters Platz genommen.

Der hypermoderne Atmosphärengleiter sollte in großer Stückzahl produziert und an die irdischen Nationen verkauft werden.

So jedenfalls war der Plan der internationalen Marsverwaltung. Auf diese Weise sollte der Mars Devisen erwirtschaften, um sich andere Gebrauchsgüter kaufen zu können, denn es war illusorisch, dass die wenigen Tausend Menschen von Mars Port sämtliche benötigten Güter selbst herzustellen vermochten.

Paul McCall blickte zurück auf das blasenförmige Gebilde, das sich über dem Lowell-Krater wölbte, gespeist aus unzähligen Projektoren, der große Prallschirm von Mars Port, der nach diversen Verstärkungsmaßnahmen nun hoffentlich stabil blieb.

Immer kleiner wurde dieses Gebilde, das eine Art 'Insel des Lebens' auf einem ansonsten eher lebensfeindlichen Planeten darstellte. Eine künstliche Insel mit irdischer Atmosphäre und einer angenehmen gemäßigten Temperatur von 18 Grad Celsius.

Außerhalb des Lowell-Kraters erreichten die marsianischen Höchsttemperaturen am Äquator gerade Mal minus dreißig Grad, was in etwa den Werten der irdischen Antarktis entsprach. Der Gleiter beschleunigte immer stärker. Der Antrieb verursachte ein dumpfes Summ-Geräusch innerhalb der Kabine. Der gesamte Gleiter vibrierte leicht.

"Hast du ein bestimmtes Ziel ins Auge gefasst, Jeff?", fragte Paul McCall.

Jeff Lackey zuckte mit den Achseln.

"Einmal um den roten Planeten herum, würde ich sagen. Schließlich testen wir für Langstreckenflüge", erwiderte er.

Paul McCall nickte.

"Warum nicht!"

Bald war Mars Port hinter dem Horizont verschwunden. Immer höher ließ Jeff Lackey den Gleiter hinaufsteigen, fast bis an die Grenze der Marsatmosphäre.

In der Kabine des Gleiters herrschte zwar Erdatmosphäre mit entsprechenden Sauerstoff- und Druckverhältnissen, aber sicherheitshalber trugen die beiden Männer an Bord des Gefährts die Druckanzüge, mit denen sie notfalls auch außerhalb der Kabine überleben konnten.

Zusätzlich gab es noch das Nano-Pack.

Es befand sich unterhalb des Druckanzugs, direkt am Körper und hatte jetzt die Form einer Münze, die direkt auf der Haut haftete.

Nach einem Absturz war es unter Umständen nicht möglich, die Verschollenen sofort aufzuspüren. Es konnte Wochen dauern. Länger als die zum Druckanzug gehörenden Sauerstoffvorräte reichten. Für diesen Fall gab es das Nano-Pack. Es enthielt extrem komprimierte Nano-Roboter, die im Notfall automatisch eine hauchdünne Schicht auf der Haut bildeten. Eine Art zweiten Anzug, der eine Quasi-Intelligenz besaß. Er bestand aus Abermilliarden Partikeln von atomarer Größe, die zusammen eine Einheit bildeten. Selbstorganisation nach einfachen Prinzipien, so lautete die Gesetzmäßigkeit, nach der sie funktionierten. Im Test hatten Menschen damit ohne Druckanzug für Stunden auf der Marsoberfläche überlebt. Die Nano-Schicht veränderte den Stoffwechsel, bildete eine zweite Haut, die Energie, Sauerstoff und Nährstoffe mit Hilfe des Sonnenlichts, der dünnen Marsatmosphäre und der Bodenminerale gewann. Kehrte der Betroffene in ein Habitat mit erdähnlichen Bedingungen zurück, bildete sich die Nano-Haut automatisch zurück.

Zumindest nach einigen Stunden.

Wie es tatsächlich nach einem Einsatz dieser Haut über Wochen oder Monate war, wusste niemand.

Lackey hatte gleich ein ungutes Gefühl gehabt, als er das Ding, wie er das münzähnliche Nano-Pack zu nennen pflegte, auf die Haut an der Schulter gesetzt hatte.

Etwas Fremdes. Ein Wesen.

Das waren seine spontanen Gedanken gewesen, obwohl ihm sein Verstand und die Gebrauchsanweisung der Herstellerfirma Martian Equipment Products Ltd. das Gegenteil sagten. Die Intelligenz der Nano-Partikel hatte nichts mit der Intelligenz eines lebenden Wesens zu tun. Eher mit Anpassungsfähigkeit eines Virus, der einfach seinem internen Programm folgte.

"Eines Tages wird man planetenweite Rallyes mit diesen Gleitern abhalten", meinte Paul McCall und drang damit in Lackeys Gedanken.

Jeff Lackey lachte.

"Bis dahin wird man sie wohl vorerst noch für Nützlicheres verwenden müssen", war seine Ansicht.

Ein mehrere tausend Kilometer langes Canyon zog sich unter ihnen wie eine Narbe durch die Marsoberfläche. Auf der Erde gab es nichts Vergleichbares.

Selbst Naturwunder wie das Grand Canyon verblassten gegen diese Felsformationen, von denen man vermuten konnte, dass sie vor undenklich langer Zeit mal durch Wasser, fließendes Wasser geformt worden waren.

"Du hattest recht", sagte Paul McCall schließlich während er hinunter auf die Marsoberfläche schaute.

"Womit?", fragte Jeff Lackey.

"Es ist echt toll mit dem Gleiter über die Marsoberfläche zu jagen. Bisher habe ich mich ja nur innerhalb des Prallschirms aufgehalten."

Jeff Lackey hatte den Gleiter inzwischen durch den Canyon gelenkt. Vor ihnen lag nun eine Ebene, die rötlich schimmerte.

Paul McCall bemerkte, dass die Geschwindigkeit des Gleiters sich verringerte.

"Was ist los? Probleme?", fragte er an Jeff Lackey gewandt. Jeff Lackey antwortete nicht.

Konzentriert glitten seine Finger über die Tastatur der Steuerung. Schließlich schüttelte er verneinend den Kopf.

"Alles okay, wir landen", erklärte er.

Der Gleiter senkte sich sacht auf die Marsoberfläche und landete.

"Wieso landen wir, wenn alles in Ordnung ist?" Paul McCall schaute zu dem neben ihm sitzenden Jeff Lackey.

"Ich dachte, es wäre eine gute Idee, wenn du zurückfliegst." Jeff grinste Paul McCall an.

"Ich hatte bisher keine entsprechende Schulung und halte es für keine gute Idee", erwiderte Paul McCall mit zurückhaltender Stimme.

"Ach was, das ist total einfach. Du fliegst einfach los. Ich sitze doch neben dir. Was soll da schon passieren?"

Jeff Lackey war bereits im Begriff auszusteigen. Paul McCall versuchte ihn am Arm zurückzuhalten.

"Ich möchte das nicht", sagte er.

Jeff löste seinen Gurt. "Ach komm. Jetzt sind wir soweit gekommen, nun klappt das mit dem Rückweg auch."

Er stieg nun endgültig aus und umrundete den Gleiter.

"Rutsch rüber", sagte er an Paul McCall gewandt.

Paul setzte sich an die Steuerungskonsole.

Jeff Lackey nahm neben ihm Platz.

"Gestartet wird hier", sagte er und deutete auf einen bestimmten Punkt an der Steuerungskonsole. "Dort bestimmst du die Geschwindigkeit. Und hiermit gibst du die Richtung ein. Noch Fragen?"

Paul McCall schüttelte den Kopf. Er hatte den Ausführungen von Jeff Lackey genau zugehört.

"Also, ich weiß immer noch nicht, ob ich das tun soll."

"Du tust es einfach, okay!" Jeff Lackey nickte Paul McCall aufmunternd zu.

Paul McCall fuhr mit seinen Fingern über die Konsole.

Der Gleiter startete augenblicklich und setzte sich in Bewegung.

"Klappt doch!", meinte Jeff Lackey.

Paul McCall fühlte sich von Sekunde zu Sekunde wohler in der Position des Steuermanns.

Er regelte mit wenigen Berührungen der Konsole die Geschwindigkeit.

Am Horizont war jetzt der Olympus Mons zu sehen.

"Siehst du, dort ist der größte Vulkan des Sonnensystems." Jeff Lackey deutete nach vorn. Ein beeindruckender Anblick bot sich dort. 27 Kilometer hoch ragte der Olympus Mons von der Marsoberfläche empor. Die Achttausender der Erde (inklusive Mount Everest) wirkten dagegen wie kleine Hügel, verglichen mit einem Alpenmassiv.

Einer der Gründe, warum Berge auf dem Mars derart hoch wurden, war die geringere Oberflächenschwerkraft, die auf dem Mars herrschte.

Paul McCall nickte, da er den Olympus Mons auch bereits entdeckt hatte. Er hielt mit dem Gleiter direkt auf den Vulkan zu.

"Was hältst du davon, wenn du dort wendest und wir zurück fliegen, Paul?"

Was ist das für eine Stimme? Sie klingt so fern? Paul antwortete nicht. Entrückt schaute er auf den immer näher kommenden Vulkan.

Was wäre, wenn ich hier und jetzt meinem Dasein ein Ende bereite?, dachte er.

Jeff Lackey schien meilenweit entfernt zu sein. Er hatte ihn schon fast vergessen. McCall nahm gar nicht mehr an, dass Lackey überhaupt noch anwesend war. Die Erinnerung daran, dass er nicht allein in der Kabine des Gleiters saß, war wie ein vages Bild aus einem halbvergessenen Traum. Etwas, dessen Realität schon beinahe verblasst war. Ja, warum nicht, dachte McCall. Alles loslassen, alles beenden, Dunkelheit, Erlösung, Schlaf, Ruhe.

 
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